Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.02.2012, Az. IX ZR 29/11

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 8841

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IX ZR 29/11
Verkündet am:

23. Februar 2012

Kluckow

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] § 109 Abs. 1 Satz 2; [X.] §§ 412, 407 Abs. 1, §§ 566, 566c
[X.] des Insolvenzverwalters/Treuhänders, für Ansprüche aus dem Wohn-raummietverhältnis des Schuldners nach Ablauf der dreimonatigen gesetzlichen Kündigungsfrist nicht mehr mit
der Insolvenzmasse aufzukommen, wirkt auch ge-genüber dem Erwerber, auf den das Mietverhältnis infolge Veräußerung des Grundstücks übergegangen ist, wenn sie in Unkenntnis des [X.] dem alten Vermieter gegenüber abgegeben worden ist.
[X.], Urteil vom 23. Februar 2012 -
IX ZR 29/11 -
AG Schöneberg

LG Berlin

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
15. Dezember 2011
durch den Richter [X.] als Vorsitzenden,
den
Richter Raebel, die Richt[X.] [X.] und die Richter Dr.
Fischer und Dr.
[X.]

für Recht erkannt:

Auf die Rechtsmittel des [X.]n werden das Urteil der 63.
Zivil-kammer des [X.] vom 28.
Januar 2011 und das Ur-teil des [X.] vom 16.
Februar 2010 teilweise aufgehoben
und insgesamt neu gefasst.

Der [X.] wird verurteilt, an die Kläg[X.] 612

n-sen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz ab dem 6.
Januar 2009 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage
abgewiesen.

Die
weitergehenden Rechtsmittel gegen die vorbezeichneten Ur-teile werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Kläg[X.] 90 vom Hundert und der [X.] 10 vom Hundert zu tragen.

Von Rechts wegen

-
3
-
Tatbestand:

Der [X.] ist Treuhänder in dem am 1.
Oktober 2008 eröffneten ver-einfachten Insolvenzverfahren über das Vermögen des Y.

C.

(nachfol-gend: Schuldner). Dieser hatte gemeinsam mit seiner Ehefrau im Jahre 2005 von einer Zwischenmiet[X.] eine Wohnung im Haus W.

Straße

in B.

gemietet. Nach Beendigung des [X.] zum Jahresende 2005 ging das Mietverhältnis auf die früheren Eigentümer des Grundstücks über. Diese verkauften das Grundstück mit notariellem Vertrag vom 21. [X.] an die Kläg[X.], die am 15.
Oktober 2008 als neue Eigentüm[X.] ins Grundbuch eingetragen wurde.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erklärte der [X.] mit Schreiben vom 18.
Oktober 2008 gegenüber der Hausverwaltung der früheren
Eigentümer und
Vermieter, dass nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ent-stehende Ansprüche auf Mietzins nicht gegen die Masse geltend gemacht wer-den könnten. Die Kläg[X.] erstritt gegen den
Schuldner und dessen Ehefrau ein Versäumnisurteil vom 23.
September 2009, in dem diese zur Räumung und Herausgabe der Wohnung sowie zur Mietzahlung für die Monate Januar bis Juli 2009 verurteilt wurden. Nach Erlass dieses Urteils informierte der [X.] mit Schreiben vom 30.
September 2009 die Kläg[X.] über die am 1.
Oktober 2008 erfolgte Eröffnung des Insolvenzverfahrens und erklärte ihr gegenüber, dass er für den Mietzins nicht mit der Insolvenzmasse aufkomme. Der [X.] erstmals im Revisionsverfahren, dem Insolvenzgericht mit Schriftsatz vom 16. Februar 2010 Masseunzulänglichkeit angezeigt zu haben.

1
2
-
4
-

Nunmehr nimmt die Kläg[X.] den [X.]n auf Mietzahlung für die [X.] Januar bis Oktober 2009 in Anspruch. Das Amtsgericht hat den [X.]n antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Die Berufung des [X.]n gegen die Entscheidung des Amtsgerichts ist erfolglos geblieben. Mit seiner vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der [X.]
sein Abweisungsbe-gehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des [X.]n führt zur teilweisen Aufhebung der
angefoch-tenen Entscheidungen
und zur Abweisung
der
Klage, soweit der [X.] ver-urteilt worden ist, Miete für die Monate Februar bis Oktober 2009 zu zahlen.

1. Das [X.] hat ausgeführt, der [X.] sei gemäß §
535 Abs.
2 [X.] in Verbindung mit §
108 Abs.
1 Satz
1, §
55 Abs.
1 Nr.
2 Fall
2 [X.] zur Zahlung der Miete von Januar bis einschließlich Oktober 2009 verpflichtet. Die Vorschrift über das Wahlrecht des
Insolvenzverwalters

103 [X.]) sei auf das Wohnraummietverhältnis nicht anzuwenden. Soweit der [X.] mit Schreiben vom 18.
Oktober 2008 gegenüber der Hausverwaltung der früheren
Eigentümer und Vermieter
nach §
109 Abs.
1 Satz
2 [X.] erklärt habe, für die Miete mit der Insolvenzmasse nicht aufzukommen, habe dies nicht zu einer Enthaftung
der Insolvenzmasse
geführt. Im [X.]punkt der Abgabe dieser Erklärung sei die Klä-g[X.] bereits als neue Vermiet[X.] im Grundbuch eingetragen gewesen, so dass die an die früheren
Vermieter
gerichtete Erklärung ins Leere gegangen sei. Maßgeblich sei allein die am 30.
September 2009 gegenüber der Kläg[X.] [X.] Erklärung nach §
109 Abs.
1 Satz
2
[X.].

3
4
5
-
5
-

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.

a) Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Miete für den Wohnraum des Schuldners sei nach Verfahrenseröffnung aus der Masse zu bezahlen, so-fern nicht der Insolvenzverwalter eine Erklärung nach §
109 Abs.
1 Satz
2 [X.] abgebe, trifft zu.
Ansprüche aus einem nach §
108 Abs.
1 Satz 1 [X.] fortbe-stehenden Mietverhältnis sind gemäß §
55 Abs.
1 Nr.
2 Fall
2 [X.] Massever-bindlichkeiten, wenn ihre Erfüllung für
die [X.] nach der Eröffnung des [X.] erfolgen muss ([X.], Urteil vom 3.
April 2003 -
IX
ZR 163/02, Z[X.] 2003, 412; [X.]/[X.] in [X.], [X.], 2010, §
55 Rn.
150). Dies gilt auch im vereinfachten Insolvenzverfahren hinsichtlich des Wohnraummietverhältnisses des Schuldners. Eine Anwendung des §
103 [X.], wie sie in den Tatsacheninstanzen vom beklagten Treuhänder für richtig gehal-ten worden ist, kommt schon nach dem Wortlaut des §
108 Abs.
1 Satz 1 [X.] nicht in Betracht.

b) Die Pflicht des Treuhänders, die Wohnraummiete des Schuldners aus der Insolvenzmasse zu zahlen, endet
nach Abgabe der Erklärung nach §
109 Abs.
1 Satz 2 [X.] mit
Ablauf der Kündigungsfrist nach §
109 Abs.
1 Satz 1
[X.].
Die in dem Schreiben des [X.]n vom 18.
Oktober 2008 an die Haus-verwaltung der früheren Eigentümer und Vermieter
des Schuldners abgegebe-ne Enthaftungserklärung muss die Kläg[X.] -
entgegen der Auffassung der Vor-instanzen
-
gegen sich gelten lassen. Sie ist zum Ablauf des Januar 2009 wirk-sam geworden, so dass
der [X.] mit
Insolvenzmasse nicht für die ab 1.
Februar 2009 entstandenen
Mietschulden haftet.

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7
8
-
6
-

aa) [X.] des [X.]n vom 18.
Oktober 2008 kann als Enthaf-tungserklärung nach §
109 Abs.
1 Satz
2 [X.] ausgelegt werden. Er hat zwar in diesem Schreiben lediglich erklärt, dass nach §
109 Abs.
1 Satz
2 [X.] Ansprü-che auf den Mietzins, die nach Verfahrenseröffnung möglicherweise gegen den Mieter entstehen, nicht im Insolvenzverfahren gegen die Masse geltend ge-macht werden können. Dies war inhaltlich falsch. Für den Empfänger der Erklä-rung war aber erkennbar, dass eine Enthaftungserklärung jedenfalls zum nächstmöglichen [X.]punkt ausgesprochen werden sollte.

bb) Ist Gegenstand des Mitverhältnisses die Wohnung des Schuldners, so kann der Insolvenzverwalter/Treuhänder nach §
109 Abs.
1 Satz
2, §
313
[X.]
die Erklärung abgeben, dass Ansprüche, die
erst
nach Ablauf der in §
109 Abs.
1 Satz
1 [X.] genannten Frist fällig werden, nicht im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können.
Durch diese Erklärung wird der Mietvertrag nicht beendet,
sondern vom Schuldner fortgesetzt.
§
109 Abs.
1 Satz
2 [X.] verdrängt hinsichtlich der schuldnerischen Wohnung das Kündigungsrecht des Insolvenzverwalters (vgl. die Begründung BT-Drucks. 14/5680 S.
27).
Die
Re-gelung
dient der
Enthaftung der Masse für Ansprüche aus dem Mietverhältnis, denen
sie durch dessen in §
108 Abs.
1 [X.] angeordneten Fortbestand aus-gesetzt ist.
Sie soll zugleich verhindern, dass der Schuldner infolge der Eröff-nung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen obdachlos wird.
Der Mieter wird insoweit geschützt, als der Verwalter/Treuhänder
nicht zur Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt ist, sondern lediglich -
mit der für die Kündigung geltenden Frist
-
durch die Enthaftungserklärung erreichen kann, dass die [X.] ab dem Wirksamwerden der Erklärung nicht mehr für die danach fällig wer-denden Ansprüche des Vermieters haftet ([X.], Urteil vom 13.
April 2011
-
VIII
ZR 295/10, Z[X.] 2011, 968 Rn.
15; vgl. auch [X.], Urteil
vom 19.
Juni 9
10
-
7
-
2008 -
IX
ZR 84/07, Z[X.] 2008, 808 Rn.
22; vom 17.
September 2009 -
IX
ZR 63/09, Z[X.] 2009, 2104 Rn.
9).

cc) Völlig unberührt von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bleibt das Wohnraummietverhältnis des Schuldners damit nicht. Zwar wird
vereinzelt die von der Revisionsbegründung zitierte Auffassung vertreten, die auf die [X.] nach Verfahrenseröffnung entfallenden Mietforderungen seien bei der Wohn-raummiete
von vornherein
als Insolvenzforderungen zu qualifizieren (HK-[X.]/
[X.], 6.
Aufl. §
109 Rn.
11). Diese Ansicht
wird überwiegend abgelehnt (Graf-Schlicker/Breitenbücher, [X.] 2.
Aufl., §
109 Rn.
10; [X.] in [X.]/
Prütting/Bork, [X.], 2007, §
108 Rn.
16a, §
109 Rn.
11; [X.]/[X.], [X.], 13.
Aufl., §
109 Rn.
19; [X.] in [X.]/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung, 8.
Aufl., §
7 Rn.
85).
Sie ist
mit dem Gesetz nicht zu vereinbaren. Ohne eine Enthaftungserklärung nach §
109 Abs.
1 Satz
2 [X.] wäre
die für die [X.] nach Verfahrenseröffnung anfallende Miete
wegen §
108 Abs.
1, §
55 Abs.
1 Nr.
2 [X.] als Masseverbindlichkeit zu befriedigen. Der Ge-setzgeber hat die in §
109
Abs.
1 Satz
2
[X.] vorgesehene Erklärung, die bei [X.] an die Stelle des Sonderkündigungsrechts aus §
109 Abs.
1 Satz
1 [X.] tritt,
gerade damit begründet, dass eine Möglichkeit geschaffen werden sollte, dem
Mieter die Wohnung zu erhalten, aber die Masse gleichwohl nach Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist nicht mehr für "neu entstehende Mietzinsforderungen" haften zu
lassen
(BT-Drucks. 14/5680, S.
27).
Wären Mietforderungen aus der [X.] nach Verfahrenseröffnung von vornherein nur als Insolvenzforderungen zu befriedigen, hätte es einer solchen Regelung nicht bedurft.

11
-
8
-

c) [X.] ist die Auffassung des Berufungsgerichts, das Schreiben des Treuhänders vom 18.
Oktober 2008, mit dem dieser gegenüber der Haus-verwaltung des vormaligen
Eigentümers und
Vermieters die Enthaftungserklä-rung abgegeben hat, könne keine rechtlichen Wirkungen gegenüber der Kläge-rin entfaltet haben, weil diese im [X.]punkt der Abgabe der Erklärung schon als neue Vermiet[X.] im Grundbuch eingetragen gewesen sei. Dabei wird
überse-hen, dass
entsprechend
§§
412,
407 Abs.
1 [X.] der neue Gläubiger jedes Rechtsgeschäft, das
nach dem
Forderungsübergang
zwischen dem Schuldner und dem bisherigen Gläubiger in Ansehung der Forderung vorgenommen wird, gegen sich gelten
lassen muss, es sei denn, der Schuldner kennt den Forde-rungsübergang bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts.

aa) Unmittelbar ist die Erklärung des [X.]n vom 18.
Oktober 2008
nach §
109 Abs.
1 Satz
2 [X.]
nicht gegenüber der Kläg[X.] wirksam gewor-den. Soweit die Revision meint, es handele sich um eine "Erklärung gegen den, den es angehe", kann dem nicht gefolgt werden.
Die
Wirkungen der Erklärung für die Masse stehen denen einer Kündigung gleich. Abzugeben ist sie deshalb
gegenüber dem Vermieter des Schuldners (Graf-Schlicker/Breitenbücher, aaO; HmbKomm-[X.]/Ahrendt, 3.
Aufl., §
109 Rn.
22; [X.]/[X.], aaO Rn.
18; [X.] in [X.]/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwal-tung, aaO).
Dies
war zum [X.]punkt der Abgabe der Erklärung die Kläg[X.], auf die das Mietverhältnis am 15.
Oktober 2008 gemäß §
566 [X.] übergegangen ist.
In Unkenntnis dieses Übergangs war die Erklärung vom 18.
Oktober 2008 an die ursprünglichen Vermieter gerichtet, so dass sie gegenüber dem neuen Eigentümer keine Wirkungen entfalten konnte. Im Übrigen ist offen geblieben, ob sie der Kläg[X.] zugegangen ist.
Diese bestreitet, das Schreiben von der Verwalt[X.] der Voreigentümer erhalten zu haben.
Hieraus kommt es letztlich nicht an.
12
13
-
9
-

bb)
Soweit die Revision meint, die Kläg[X.]
müsse die in ihren Wirkungen für die Masse der Kündigung gleichstehende Erklärung des [X.]n schon nach § 566c [X.] gegen sich wirken lassen, kann dem
ebenfalls
nicht gefolgt werden. Nach dieser Vorschrift ist ein Rechtsgeschäft, das zwischen dem [X.] und dem Vermieter über die Mietforderung, insbesondere die Entrichtung der Miete, vorgenommen wird, gegenüber dem Erwerber wirksam, soweit es sich nicht auf die Miete für eine spätere [X.] als den Kalendermonat bezieht, in welchem der Mieter von dem Übergang des Eigentums Kenntnis erlangt. Zwar wird vereinzelt die Auffassung vertreten, die Vorschrift sei
auch auf die [X.], die in Unkenntnis des [X.] erfolgt, entspre-chend anzuwenden ([X.], NJW-RR 1997, 1171 zu § 574 [X.] aF ent-sprechend § 566c [X.] nF). Zutreffend wird ganz überwiegend eine Anwen-dung der Regelung abgelehnt, soweit es um einseitige Erklärungen des Mieters geht, etwa um Kündigungen, und um auf Dauer angelegte Vertragsänderungen ([X.], Urteil vom 28.
November 2001 -
XII
ZR 197/99, NJW-RR 2002, 730;

[X.]/[X.], [X.], 71.
Aufl.,
§
566c Rn.
4;
[X.]/[X.], [X.], Neubearbeitung 2011, §
566c Rn.
2 mwN; MünchKomm-[X.]/Häublein, 6.
Aufl., §
566c Rn.
4
f; [X.] in Prütting/Wegen/Weinreich, [X.], 6.
Aufl., §
566c Rn.
2).
Entsprechend kommt eine Anwendung auf die Enthaftungserklä-rung des Insolvenzverwalters nicht in Betracht, weil mit dieser die Mietzahlung
aus
der Masse für die Zukunft insgesamt beendet werden soll
und es damit wie bei einer Kündigung um auf Dauer angelegte Vertragsänderung geht.

cc) Die gegenüber dem ursprünglichen Vermieter in Unkenntnis des [X.] abgegebene Enthaftungserklärung ist aber in entsprechen-der Anwendung der Vorschriften
der
§§ 412,
407 Abs.
1 [X.]
zu beachten.

14
15
-
10
-

(1) Nach §
407 Abs.
1 [X.]
muss der neue Gläubiger eine Leistung, die der Schuldner nach der Abtretung an den bisherigen Gläubiger bewirkt, sowie jedes Rechtsgeschäft, das nach der Abtretung zwischen dem Schuldner und dem bisherigen Gläubiger in Ansehung der Forderung vorgenommen wird, ge-gen sich gelten lassen, es sei denn, der Schuldner kennt die Abtretung bei der Leistung oder der Vornahme des Rechtsgeschäfts. Gemäß §
412 [X.] ist diese Regelung auf den gesetzlichen Forderungsübergang entsprechend anwendbar. Die Vorschrift ist aufgrund ihrer weiten Fassung
auf jede Art von Rechtshand-lung
anzuwenden (vgl. [X.], Urteil vom 28.
November 2001 -
XII
ZR 197/99, aaO für die Ausübung einer Verlängerungsoption gegenüber dem Vermieter).
Dies gilt auch für
die Kündigungserklärung
([X.]/Sonnenschein, Miete, 10.
Aufl., §
566 Rn.
28 mwN; [X.]/[X.], [X.], 13.
Aufl. §
407 Rn.
3; MünchKomm-[X.]/[X.], 5.
Aufl., §
407 Rn.
7;
MünchKomm-[X.]/Häub-lein, 6.
Aufl., §
566b Rn.
9;
[X.]/[X.], aaO §
407 Rn.
4; [X.]/Wei-denkaff, aaO
§
566 Rn.
19; [X.]/[X.], aaO, §
566 Rn.
44 mwN; im Ergebnis auch [X.][X.], [X.] Mietrecht, 2.
Aufl., §
566 Rn.
20 unter Verweis auf §
242 [X.]).

(2) Von einer unmittelbaren Anwendung der §§ 412, 407 Abs. 1 [X.] auf die Abgabe der Erklärung nach § 109 Abs. 1 Satz 2 [X.] gegenüber dem ur-sprünglichen Vermieter kann allerdings nicht ausgegangen werden, weil §
566 [X.] bewirkt, dass im Augenblick des [X.] durch Eintragung im Grundbuch (vgl. [X.], Urteil vom 19.
Oktober 1988 -
VIII
ZR 22/88, NJW 1989, 451; vom 2.
Februar 2006 -
IX
ZR 67/02, [X.]Z 166, 125 Rn.
14) kraft Gesetzes
ein neues Mietverhältnis zwischen dem Erwerber des Grundstücks und dem Mieter entsteht, und zwar mit demselben Inhalt, den es zuvor mit dem Veräußerer besessen hat ([X.], Urteil vom
3.
Mai 2000 -
XII
ZR 42/98, [X.], 2346; vom 2.
Februar 2006, aaO).
Damit fehlt eine Rechtsnachfolge des 16
17
-
11
-
neuen Eigentümers, die Voraussetzung für die
unmittelbare
Anwendung der §§
412, 407 Abs.
1 [X.] ist.

(3) Die Situation, in der sich der Mieter befindet,
wenn er
in Unkenntnis des Übergangs des Mietverhältnisses auf einen Erwerber gegenüber dem ur-sprünglichen
kündigt, unterscheidet sich aber nicht wesentlich von derjenigen des Schuldners, dem der Forderungsübergang unbekannt geblieben ist.
Hat dieser gegenüber dem ursprünglichen Gläubiger eine Rechtshandlung in [X.] vorgenommen, muss sie der
neue
Gläubiger gegen sich wirken lassen.
Dies
gilt auch für die gegenüber dem ursprünglichen [X.] erklärte Kündigung, die dem neuen gegenüber wirksam
ist.
Insoweit [X.] eine planwidrige Regelungslücke, welche durch die entsprechende An-wendung der §§
412, 407 Abs.
1 [X.] zu schließen ist
(so im Ergebnis auch [X.], Urteil vom 28.
November 2001 -
XII
ZR 197/99, aaO).
Auf die Frage, ob der ursprüngliche Vermieter die Erklärung an den Erwerber weiterleitet, kommt es
dabei
nicht an.
Wusste der Mieter nichts von dem Eigentumsübergang, muss seine Kündigung als wirksam angesehen werden. Der neue Eigentümer kann sich nicht darauf berufen, ihm gegenüber sei keine Kündigung erklärt worden ([X.][X.], [X.] Mietrecht, aaO). Entsprechendes gilt auch für die Erklärung des Insolvenzverwalters/Treuhänders nach §
109 Abs.
1 Satz
2 [X.]. Auch diese wirkt gegenüber dem neuen Vermieter, sofern sie in Unkenntnis des [X.] gegenüber dem alten Vermieter
abge-geben wird.

Soweit der [X.] in der Entscheidung vom 2.
Februar 2006 (IX
ZR 67/02, [X.]Z 166, 125 Rn.
15) eine entsprechende Anwendung des §
404 [X.] über §
412 [X.] nicht in Betracht gezogen hat, steht dies der [X.] nicht entgegen. Nach §
566 [X.] tritt der [X.] tritt nur in 18
19
-
12
-
solche Rechte und Pflichten ein, die sich aus dem Mietverhältnis ergeben ([X.], Urteil vom 24.
März 1999 -
XII ZR 124/97, [X.]Z 141, 160, 165
f), also in dem Mietvertrag selbst festgelegt sind oder auf einer Zusatzvereinbarung beru-hen, die in einem unlösbaren Zusammenhang mit dem Mietvertrag steht. [X.], die lediglich aus Anlass des [X.] getroffen wurden oder in wirtschaftlichem Zusammenhang mit ihm stehen, fallen hierunter nicht
([X.], Urteil vom 21.
September 1965 -
V
ZR 65/63, [X.], 1064, 1066; vom 24.
März 1999, aaO S.
165
ff).

(4) Die Kläg[X.] muss sich die Erklärung des [X.]n vom 18.
Oktober 2008 zurechnen lassen.
Der [X.] hat diese in Unkenntnis des Übergangs des
Mietverhältnisses
auf die Kläg[X.],
der mit der Eintragung des neuen Eigen-tümers in das Grundbuch am 15.
Oktober 2008 eingetreten ist, abgegeben.
Die Kläg[X.] hat nicht vorgetragen, den Schuldner oder den [X.]n selbst über ihre Eintragung in das Grundbuch
zeitnah
informiert zu haben. Zwar hatte
die Hausverwaltung
der Kläg[X.]
den Schuldner mit Schreiben vom 28. Dezember 2007 über den
Verkauf an die Kläg[X.] informiert und mitgeteilt, dass sie auf-grund des schuldrechtlich vereinbarten Nutzen-
und Lastenwechsels zum
1.
Dezember 2007 ihre neue Hausverwalt[X.] sei.
Diese Mitteilung reichte
aber nicht aus, um dem Schuldner Kenntnis von dem Eigentumsübergang zu [X.].
Dieser erfolgte
erst gut zehn
Monate später am 15.
Oktober 2008. Bis zu diesem [X.]punkt musste eine Kündigungserklärung -
und damit auch eine Erklärung nach §
109 Abs.
1 Satz
2 [X.]
-
gegenüber den ursprünglichen [X.] und Vermietern abgegeben werden. Die Veräußerungsanzeige
vom 1.
Dezember 2007
ist deshalb
für die Entscheidung des Rechtsstreits
unerheb-lich.
Eine Nachforschungspflicht des [X.]n, vor Abgabe der Erklärung fest-zustellen, ob die ursprüngliche Vermiet[X.] noch Eigentüm[X.] oder ein neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen war, bestand nicht.
Dem [X.]n 20
-
13
-
würde nur die Kenntnis des [X.] schaden, die Kenntnis von Umständen, dass es zu einem solchen Übergang kommen könnte, ist unerheb-lich.
Auf die Frage, ob der [X.] überhaupt Kenntnis von der Mitteilung vom 28.
Dezember 2007 an den Schuldner erhalten hat oder sich diese zurechnen lassen muss, kommt es nicht an. Damit konnte die Miete nach Ablauf der ge-setzlichen Kündigungsfrist ab
1.
Februar 2009 nicht mehr als sonstige Masse-verbindlichkeit geltend gemacht werden.

2.
Die Revision ist unbegründet, soweit sie sich auch gegen die Gel-tendmachung der Miete als Masseforderung für den Monat Januar 2009 wen-det. Die Kündigungsfrist
des §
109 Abs.
1 Satz
1 [X.]
war im Januar 2009 noch nicht abgelaufen.

Bedenken gegen die Geltendmachung der Miete für Januar 2009 im We-ge der Leistungsklage ergeben sich nicht.
Zwar entfällt das [X.] für eine Leistungsklage, wenn der Insolvenzverwalter nach §
208 Abs.
1 [X.] Masseunzulänglichkeit angezeigt hat ([X.], Urteil vom 3.
April 2003
-
IX
ZR 101/02, [X.]Z 154, 358, 360
ff).
Hier hat der [X.] jedoch erstmals im Revisionsverfahren behauptet,
dem
Insolvenzgericht
mit Schreiben
vom 16.
März 2010
Masseunzulänglichkeit angezeigt zu haben.
Die Kläg[X.]
hat diese, im Berufungsverfahren nicht mitgeteilte Anzeige mit Nichtwissen bestrit-ten. Da die Anzeige bereits unmittelbar nach Erlass des erstinstanzlichen Ur-teils erfolgt sein soll, handelt es
sich um eine
Tatsache, die
der [X.]
im Be-rufungsverfahren hätte vortragen müssen. Eine Berücksichtigung im Revisions-

21
22
-
14
-
verfahren scheidet deshalb gemäß §
559 Abs.
1 Satz
1 ZPO aus
(vgl. [X.], Urteil vom 14.
Oktober 2009 -
XII
ZR 146/08, [X.], 3783 Rn.
26
f).

[X.]

Raebel

[X.]

Fischer
[X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.02.2010 -
4 C 262/09 -

LG Berlin, Entscheidung vom 28.01.2011 -
63 [X.]/10 -

Meta

IX ZR 29/11

23.02.2012

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.02.2012, Az. IX ZR 29/11 (REWIS RS 2012, 8841)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8841

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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