Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.01.2004, Az. IXa ZB 285/03

IXa- Zivilsenat | REWIS RS 2004, 4783

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[X.]BESCHLUSS [X.]/03 vom 30. Januar 2004 in dem Zwangsversteigerungsverfahren

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

[X.] § 83 Nr. 6

§ 83 Nr. 6 [X.] stellt einen Auffangtatbestand für sämtliche Fälle dar, in denen die Zwangsversteigerung oder die Fortsetzung des Verfahrens aus einem anderen Grunde als den in § 83 Nr. 1 bis 5 [X.] genannten [X.] unzulässig ist. Ein [X.] im Sinne von § 83 Nr. 6 [X.] ist auch das Fehlen der Ausfertigung des Titels im Versteigerungstermin. Wird trotz dieses Mangels der Zuschlag erteilt, legt der [X.] die Ausfertigung aber spätestens im Verfahren über die Zuschlagsbeschwerde vor, so ist der Zuschlag nicht zu versagen, wenn festgestellt wird, daß der Titel während des ge-samten [X.] unverändert Bestand hatte. In einem solchen Fall werden trotz des an sich gegebenen [X.] die Rechte des Schuldners nicht beeinträchtigt, so daß sich der Versagungsgrund nicht auswirkt.

[X.], Beschluß vom 30. Januar 2004 - [X.]/03 - [X.]

AG [X.]

- 2 - [X.] des [X.] hat durch [X.] Kreft, [X.], [X.], [X.] und die Richterin Dr. [X.]

am 30. Januar 2004 beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der [X.]. Zivilkammer
des [X.]s Karlsruhe vom 21. Oktober 2003 wird auf Ko-sten des Schuldners zurückgewiesen.

Der Antrag des Schuldners auf Erlaß einer einstweiligen Anord-nung ist erledigt.

Wert des [X.]: 521.000 •.

Gründe:
[X.]

Die Beteiligte zu 2 betreibt aus der notariellen Urkunde des Notariats [X.]vom 19. Januar 2000 - 8 UR 112/00 -, in der der Schuldner eine Grundschuld über 705.000 DM bestellt und sich der sofortigen [X.] unterworfen hat, die Zwangsversteigerung seiner Miteigentumsantei-le. Das Vollstreckungsgericht hat mit Beschluß vom 25. Juli 2002 die Be-schlagnahme des Grundbesitzes angeordnet. Mit Verfügung vom gleichen Tag hat das Vollstreckungsgericht die vollstreckbare Ausfertigung an die Gläubige-- 3 - rin zurückgegeben. In dem Versteigerungstermin vom 11. September 2003 hat das Vollstreckungsgericht den Beteiligten zu 3 als den mit einem Gebot von 310.000 • Meistbietenden den Zuschlag zu je ½ Miteigentum erteilt.

Der Schuldner hat gegen den [X.] sofortige Beschwerde mit der Begründung eingelegt, im Versteigerungstermin sei der [X.] nicht bei den Akten gewesen. Während des Beschwerdeverfahrens hat die Gläubigerin die vollstreckbare Ausfertigung der notariellen Urkunde wieder zu den Akten gereicht. Das [X.] hat die sofortige Beschwerde zurückge-wiesen. Hiergegen wendet sich der Schuldner mit der zugelassenen Rechtsbe-schwerde.

Mit seinem Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung begehrt er die Einstellung der von der Gläubigerin aus dem [X.] betriebe-nen Räumungsvollstreckung. Zwischenzeitlich hat er das Objekt vollständig ge-räumt.

I[X.]

Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Damit ist der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung erledigt.

1. Nach Auffassung des [X.] ist der [X.] wirksam. Im Zwangsversteigerungsverfahren habe die betreibende Gläubigerin dem Antrag auf Zwangsversteigerung nach § 16 Abs. 2 [X.] den [X.] 4 - kungstitel beigefügt. Nach der Anordnung der Zwangsversteigerung könne der Titel im weiteren Verfahren wieder an den Gläubiger herausgegeben werden. Allerdings müsse der Titel im Versteigerungstermin zum Schutz des [X.] wieder vorliegen, damit der Nachweis geführt werden könne, daß der titu-lierte Anspruch (noch) bestehe. Das Nichtvorliegen des Vollstreckungstitels hindere den Fortgang der Zwangsvollstreckung bis zur Behebung des Mangels und könne ein Versagungsgrund nach § 83 Nr. 6 [X.] sein. Werde aber wie hier die Vollstreckungsurkunde zurückgegeben, könne der Verfahrensmangel in der Beschwerdeinstanz, die eine vollwertige zweite Tatsacheninstanz sei, mit Rückwirkung geheilt werden, denn die Wirksamkeit der Zuschlagserteilung werde insgesamt überprüft. So werde auch die - vom Schuldner nicht [X.] - Tatsache überprüft, daß die Versteigerungsvoraussetzungen schon zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung vorgelegen hätten. Bei dieser [X.] durch das Versäumnis des Vollstreckungsgerichts keine schutzwürdigen Interessen des Schuldners verletzt.

2. Die Rechtsbeschwerde meint, der Verfahrensfehler nach § 83 Nr. 6 [X.] sei ein absoluter Versagungsgrund; das Vollstreckungsgericht hätte den Zuschlag nicht erteilen dürfen. Die vom Beschwerdegericht angenommene Hei-lung des festgestellten [X.] im Beschwerdeverfahren sei mit dem Zwangsversteigerungsgesetz nicht vereinbar. Nach dem Wortlaut des § 84 [X.] seien nur die in § 83 Nr. 1 bis 5 [X.] genannten relativen Versa-gungsgründe heilbar; ein einmal erwachsener absoluter Versagungsgrund nach § 83 Nr. 6 [X.] sei dagegen nachträglich nicht heilbar. Auf die Prüfung, ob schutzwürdige Interessen des Schuldners beeinträchtigt seien, komme es nicht an.
- 5 - 3. Der angefochtene Beschluß des [X.]s ist im Ergebnis recht-lich nicht zu beanstanden.

a) Es gehört zu den tragenden Grundsätzen des Zwangsversteigerungs-verfahrens, daß die vollstreckbare Ausfertigung des Titels und der [X.] sowohl im Zeitpunkt der Anordnung der Zwangsversteigerung als auch im Versteigerungstermin vorliegen müssen. Das Vollstreckungsgericht muß in der Lage sein zu prüfen, ob diese Vollstreckungsvoraussetzungen noch bei der Versteigerung und der Zuschlagserteilung vorliegen. [X.] es dies, liegt darin ein Versagungsgrund im Sinne von § 83 Nr. 6 [X.]. Im Streitfall hat das Vollstreckungsgericht die vollstreckbare Titelausfertigung nach der Anord-nung der Zwangsversteigerung an die betreibende Gläubigerin [X.]. Im Versteigerungstermin lag die notarielle Urkunde nicht vor.

Aus der Vorschrift des § 84 [X.], nach der die Versagungsgründe in § 83 Nr. 1 bis 5 [X.] der Erteilung des Zuschlags nicht entgegenstehen, wenn das Recht des Beteiligten nicht beeinträchtigt wird oder er das Verfahren ge-nehmigt, wird gefolgert, daß die in § 84 [X.] nicht in Bezug genommenen [X.] nach § 83 Nr. 6 [X.] als absolute Versagungsgründe nachträg-lich nicht "heilbar" seien ([X.] Rpfleger 2000, 171, 172; [X.] 1930, 657, 658). Zur Begründung wird unter Hinweis auf die Denk-schrift angeführt, § 83 Nr. 6 [X.] erfasse alle Gesetzesverletzungen, bei denen sich der Umfang der Beeinträchtigung, welche den Rechten der Beteiligten drohe, nicht mit Sicherheit übersehen lasse. Bei einem solchen Verfahrens-mangel müsse stets die Versagung des Zuschlags erfolgen ([X.], [X.] 17. Aufl. § 83 Rn. 4.1.; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.] 12. Aufl. § 83 Rn. 1; vgl. Denkschrift zu dem Entwurf eines Gesetzes über die [X.] - steigerung und die Zwangsverwaltung, Materialien zum [X.] über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung nebst dem [X.]).

b) Dieser Auffassung folgt der Senat nicht. Sie wird den Fällen nicht [X.], in denen die vollstreckbare Ausfertigung des Titels zwar an den [X.] zurückgereicht wurde, aber während des gesamten Zwangsversteige-rungsverfahrens vorhanden und in seiner Wirksamkeit nie beeinträchtigt war und entweder zwischen dem Versteigerungstermin und der Zuschlagserteilung oder im Laufe des [X.] vor der Entscheidung über den Zuschlag oder der Entscheidung über die Zuschlagsbeschwerde dem [X.] oder Beschwerdegericht wieder vorgelegt wird. Wie die [X.] zu 3 zutreffend ausführen, stellt § 83 Nr. 6 [X.] einen Auffangtatbe-stand für sämtliche Fälle dar, in denen die Zwangsversteigerung oder die Fort-setzung des Verfahrens aus einem anderen Grunde als den in § 83 Nr. 1 bis 5 [X.] genannten [X.] unzulässig ist. Die Frage, ob ein Verfah-rensmangel nach § 83 Nr. 6 [X.] zur Versagung des Zuschlags führt, ist unter Betrachtung des jeweiligen [X.] anhand einer Interessenabwä-gung im Einzelfall zu beurteilen. [X.] sich der Umfang der Beeinträchtigung der Verfahrensrechte der Beteiligten genau übersehen und kann spätestens in der Beschwerdeinstanz festgestellt werden, daß trotz des Verfahrensfehlers die Rechte des Schuldners nicht verkürzt wurden, wirkt sich der Versagungsgrund nach § 83 Nr. 6 [X.] nicht aus und kann deshalb nicht zur Versagung des [X.] führen. Das trifft hier zu. Im Beschwerdeverfahren wurde durch die Vorlage des vollstreckbaren Titels nachgewiesen, daß die [X.] während des gesamten [X.] unverändert vor-gelegen haben. Deshalb ist der bloße formale Verfahrensfehler der vorüberge-henden Entnahme des Vollstreckungstitels aus den Vollstreckungsakten kein Grund, der zur Aufhebung des [X.] zwingt.

Kreft

[X.]

[X.]

Boetticher

[X.]

Meta

IXa ZB 285/03

30.01.2004

Bundesgerichtshof IXa- Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.01.2004, Az. IXa ZB 285/03 (REWIS RS 2004, 4783)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 4783

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