Bundespatentgericht, Beschluss vom 05.10.2017, Az. 30 W (pat) 23/15

30. Senat | REWIS RS 2017, 4408

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Cosima/KOSMICA (Unionswortmarke)" – Einrede mangelnder Benutzung – Dienstleistungsidentität – zur Kennzeichnungskraft - klangliche Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2011 035 856

hat der 30. Senat (Marken- und [X.]) des [X.] in der Sitzung vom 5. Oktober 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]s Prof. Dr. Hacker sowie der [X.] [X.] und Dr. Meiser

beschlossen:

[X.] Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 45 des [X.] vom 20. Februar 2015 (Erinnerungsbeschluss) aufgehoben.

Die Erinnerung der Markeninhaberin gegen den Beschluss derselben Markenstelle vom 22. Mai 2013 ([X.]) wird zurückgewiesen.

I[X.] Der Antrag der Markeninhaberin, die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Widersprechenden aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Gegen die Eintragung der für die Waren und Dienstleistungen

2

„[X.]lasse 16:

3

Druckereierzeugnisse, Bücher, Zeitschriften, alle vorgenannten Waren ausschließlich für den Bereich der Parapsychologie, Astrologie, Esoterik, des [X.]artenlegens, [X.] und der Numerologie;

4

[X.]lasse 38:

5

Telekommunikation, nämlich Telekommunikationsdienstleistungen im Bereich der Beratung auf dem Gebiet der Parapsychologie, Astrologie, Esoterik, [X.]inesologie, des [X.]artenlegens, [X.], der Numerologie und des Reiki;

6

[X.]lasse 45:

7

Lebensberatung, nämlich persönliche Beratung unter Anwendung von Methoden der Parapsychologie, Astrologie, Esoterik, [X.]inesologie, des [X.]artenlegens, [X.], der Numerologie und des Reiki; Erstellung von Horoskopen; esoterische Therapie; esoterische Beratungen per Telefon; astrologische Beratung; Beratung auf dem Gebiet der Parapsychologie, Astrologie, Esoterik, des [X.]artenlegens, des [X.], der Numerologie“

8

bestimmten Wortmarke 30 2011 035 856

9

[X.]

ist aus der am 12. Juni 2009 für die Dienstleistungen

„[X.]lasse 35:

Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Online-Werbung für Dritte; Vermarktung von Lebensberatungsdienstleistungen; Vermittlung von Verträgen für Dritte über die Erbringung von Lebensberatungsdienstleistungen; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Sammeln, Analysieren, Aktualisieren von Daten; Wartung von Datenbanken, nämlich Aktualisierung des Inhalts;

[X.]lasse 38:

Telekommunikation; Bereitstellen eines Zugangs zu Informationen im [X.]; E-Mail-Dienstleistungen; [X.]; Fernübertragung von Informationen; digitale [X.]ommunikationsdienste; elektronische Daten- und Nachrichtenübermittlung; Telefondienste; Vermittlung von Telefondiensten; [X.]ommunikationsdienste mittels Telefon, insbesondere im Zusammenhang mit der Vermittlung von Informations-, Beratungs- oder Unterhaltungsdienstleistungen; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Übermitteln von Daten;

[X.]lasse 42:

Aktualisieren von [X.]seiten; Bereitstellen von Plattformen im [X.]; redaktionelle Betreuung von [X.]auftritten, nämlich Bearbeitung von Texten zur Veröffentlichung im [X.]; Betrieb und Bereitstellung einer internetbasierten Plattform zur Vermittlung von Beratungs- und Informationsangeboten;

[X.]lasse 45:

von [X.] erbrachte persönliche und [X.] Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse; Lebensberatung; Erstellen von Horoskopen; Tarot und [X.]artenlegen; Wahrsagen und Hellsehen; Astrologie; Bereitstellen von Informationen im [X.] im Bereich persönliche Lebensberatung“

eingetragenen [X.] 6 988 034

[X.]

Widerspruch erhoben worden.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat mit [X.] vom 18. Juli 2012 die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten.

Die Markenstelle für [X.]lasse 45 des [X.] hat zunächst mit Beschluss vom 22. Mai 2013 die Teillöschung der angegriffenen Marke für die Dienstleistungen

„[X.]lasse 38:

Telekommunikation, nämlich Telekommunikationsdienstleistungen im Bereich der Beratung auf dem Gebiet der Parapsychologie, Astrologie, Esoterik, [X.]inesologie, des [X.]artenlegens, [X.], der Numerologie und des Reiki;

[X.]lasse 45:

Lebensberatung, nämlich persönliche Beratung unter Anwendung von Methoden der Parapsychologie, Astrologie, Esoterik, [X.]inesologie, des [X.]artenlegens, [X.], der Numerologie und des Reiki; Erstellung von Horoskopen; esoterische Therapie; esoterische Beratungen per Telefon; astrologische Beratung; Beratung auf dem Gebiet der Parapsychologie, Astrologie, Esoterik, des [X.]artenlegens, des [X.], der Numerologie“

angeordnet.

Auf die Erinnerung der Inhaberin der angegriffenen Marke hat der [X.] der Markenstelle für [X.]lasse 45 mit Beschluss vom 20. Februar 2015 den Beschluss vom 22. Mai 2013 aufgehoben und den Widerspruch zurückgewiesen. Eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken liege in Bezug auf die vorgenannten Dienstleistungen der angegriffenen Marke nicht vor, auch soweit sich beide Marken nach der [X.] bei identischen Dienstleistungen begegnen könnten.

[X.] für die vorliegend relevanten, überwiegend esoterikbezogenen Dienstleistungen allenfalls über das für eine Eintragung als Marke erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft verfüge. Denn die vorliegend angesprochenen Verkehrskreise - in erster Linie das esoterisch interessierte Publikum - würden der Widerspruchsmarke [X.] nicht zuletzt wegen ihrer bis auf die Schreibweise am Wortanfang vorhandenen Übereinstimmung mit dem [X.] bzw. [X.] Adjektiv „cosmica“ bzw. „cósmica“ ohne weiteres einen Hinweis auf den in seiner Bedeutung mit den vorgenannten Adjektiven übereinstimmenden [X.] Begriff „kosmisch“ entnehmen, dem in seiner Bedeutung „das Weltall betreffend“ bzw. „im Weltall herrschend/stattfindend“, „aus dem Weltall stammend“, „zum Weltall gehörend“ oder „auf den Weltraum gerichtet“ im Bereich der Esoterik eine ganz zentrale Bedeutung zukomme. [X.] werde daher vom Verkehr in Zusammenhang mit den vorliegenden Dienstleistungen als beschreibender Hinweis auf den [X.]osmos, auf kosmische Bezüge o. ä. verstanden.

Vor diesem Hintergrund sei der Abstand zwischen den Vergleichsmarken dann aber deutlich genug, um Verwechslungen in rechtserheblichem Umfang zu vermeiden.

[X.] bildenden Buchstaben allesamt in [X.] enthalten. Beide Wörter würden auch auf der ersten Silbe betont. Dennoch wirke [X.] schriftbildlich - abgesehen von den Unterschieden durch Groß- bzw. [X.]leinschreibung - schon allein durch den Anfangsbuchstaben „[X.]“, der die Widerspruchsmarke optisch präge und in der jüngeren Marke keine Entsprechung finde, ganz anders als [X.]. Hinzu kämen die vertauschten Positionen der Buchstaben „m“ und „c“, ferner die Tatsache, dass bei der Widerspruchsmarke zwei [X.]onsonanten unmittelbar aufeinander folgten („[X.]“), während bei der jüngeren Marke jeweils ein Vokal auf einen [X.]onsonanten folge, sowie die etwas geringere Wortlänge bzw. Buchstabenzahl der angegriffenen Marke im Vergleich zur Widerspruchsmarke.

[X.] auf Grund der „[X.]“-Laute sowohl zu Wortbeginn als auch in der letzten Silbe insgesamt deutlich härter als [X.]. Auf Grund der jeweiligen Stellung im Wort werde zudem der Vokal „O“ bzw. „o“ bei der Widerspruchsmarke offen, bei der angegriffenen Marke hingegen geschlossen ausgesprochen; dementsprechend werde der [X.]onsonant „S“ bzw. „s“ bei der Widerspruchsmarke stimmlos, bei der angegriffenen Marke stimmhaft wiedergegeben. Zusätzlich sei auch in dieser Hinsicht die andersartige Reihenfolge der [X.]onsonanten zu berücksichtigen.

[X.] an den Begriff „kosmisch“ erinnere, sei [X.] mühelos als althergebrachter Mädchen- bzw. Frauenname zu erkennen.

Für eine Verwechslungsgefahr aus sonstigen Gründen lägen keine Anhaltspunkte vor.

Hiergegen hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, dass der Widerspruchsmarke entgegen der Auffassung des [X.]s eine durchschnittliche [X.]ennzeichnungskraft nicht abgesprochen werden könne. So werde der Verkehr die Widerspruchsmarke nicht mit dem Begriff „kosmisch“ bzw. dem gleichbedeutenden, jedoch bereits anders geschriebenen [X.] bzw. [X.] Adjektiv „cosmica/cósmica“ gleichsetzen. Zudem komme dem Begriff „kosmisch“ in Bezug auf die für die Widerspruchsmarke eingetragenen Dienstleistungen keine beschreibende Bedeutung zu.

[X.] allesamt in der Widerspruchsmarke enthalten; insoweit bestehe lediglich ein visueller Unterschied in der Schreibweise „[X.]“ statt „C“.

In Anbetracht der nach der [X.] vorliegenden Dienstleistungsidentität sei dann aber von einer Verwechslungsgefahr auszugehen.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

den Erinnerungsbeschluss der Markenstelle für [X.]lasse 45 des [X.] vom 20. Februar 2015 aufzuheben und die Erinnerung der Markeninhaberin gegen den Beschluss derselben Markenstelle vom 22. Mai 2013 zurückzuweisen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen und die [X.]osten des Beschwerdeverfahrens der Widersprechenden aufzuerlegen.

Zur Begründung verweist sie auf ein Urteil des [X.]ammergerichts Berlin vom 20. März 2015 (5 U 68/14), welches einen zwischen den Beteiligten geführten Rechtsstreit zu der von Inhaberin der angegriffenen Marke im Rahmen einer [X.]domain benutzten Bezeichnung „kartenlegen-cosima“ betrifft, sowie auf ihr Vorbringen vor der Markenstelle, wo sie im Wesentlichen geltend gemacht hat, dass ausgehend von einer unterdurchschnittlichen [X.]ennzeichnungskraft die Ähnlichkeit beider Zeichen zu gering sei, um auch im Bereich identischer Dienstleistungen eine Verwechslungsgefahr zu begründen.

Die auf Antrag der Widersprechenden anberaumte mündliche Verhandlung am 5. Oktober 2017 wurde nach Rücknahme des Antrags auf Durchführung der mündlichen Verhandlung durch die Widersprechende mit [X.] vom 31. August 2017 zunächst aus Gründen der Sachdienlichkeit (§ 69 Nr. 3 [X.]) aufrechterhalten. Mit [X.] vom 28. September 2017 beantragte auch die Inhaberin der angegriffenen Marke die Aufhebung des Termins und erklärte gleichzeitig ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren. Daraufhin wurde mit Verfügung des Vorsitzenden vom 28. September 2017 der Verhandlungstermin vom 5. Oktober 2017 aufgehoben und eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren angekündigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde, über die aufgrund der Zustimmung beider Beteiligter mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren ohne weitere mündliche Verhandlung zu entscheiden ist, hat in der Sache Erfolg, da im [X.] an die Entscheidung des [X.] auch nach Auffassung des Senats zwischen den Vergleichsmarken in Bezug auf die von der angegriffenen Marke zu den [X.]lassen 38 und 45 beanspruchten Dienstleistungen eine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 1 [X.] besteht. Daher hat der [X.] insoweit zu Recht die Teillöschung der angegriffenen Marke angeordnet (§ 43 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Auf die Beschwerde der Widersprechenden ist somit der den Widerspruch zurückweisende Erinnerungsbeschluss der Markenstelle für [X.]lasse 45 vom 20. Februar 2015 aufzuheben und die Erinnerung der Markeninhaberin zurückzuweisen.

Soweit der [X.] auf den unbeschränkt erhobenen Widerspruch hin die Teillöschung der angegriffenen Marke allein in Bezug auf die zu den [X.]lassen 38 und 45 beanspruchten Dienstleistungen angeordnet hatte, nicht jedoch hinsichtlich der weiteren von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren der [X.]lasse 16, lag insoweit eine - vom [X.] nicht ausdrücklich festgestellte - Zurückweisung des Widerspruchs vor. Da die Widersprechende gegen diese Teilzurückweisung keine Erinnerung eingelegt hat, ist diese bestandskräftig. Gegenstand des Erinnerungs- wie auch des Beschwerdeverfahrens sind demnach allein die von der angegriffenen Marke zu den [X.]lassen 38 und 45 beanspruchten und nach dem Beschluss des [X.] der Löschung unterfallenden Dienstleistungen. Dementsprechend hat die Widersprechende auch mit der Beschwerde beantragt, den Erinnerungsbeschluss aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke hinsichtlich der Dienstleistungen der [X.]lassen 38 und 45 anzuordnen.

A. Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des [X.] unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. z. [X.] [X.] 2010, 1098, Nr. 44 - [X.]/[X.]; [X.], 933, Nr. 32 - [X.]; [X.] 2011, 915, Nr. 45 - [X.]; [X.] 2012, 1040, Nr. 25 - pjur/pure; [X.], 930, Nr. 22 - Bogner B/Barbie B; [X.] 2012, 64, Nr. 9 - Maalox/[X.]; [X.] 2010, 235, Nr. 15 - [X.]/ [X.]). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die [X.]ennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (st. Rspr., z. B. [X.] 2013, 833, Nr. 30 - Culinaria/Villa Culinaria; [X.] 2012, 1040, Nr. 25 - pjur/pure; [X.], 930, Nr. 22 - Bogner B/ Barbie B; [X.] 2012, 64, Nr. 9 - Maalox/[X.]; [X.] 2010, 1103, Nr. 37 - Pralinenform II; [X.] [X.] 2008, 343 Nr. 48 - Il [X.]/[X.]).

Nach diesen Grundsätzen ist eine markenrechtlich relevante unmittelbare Gefahr von Verwechslungen zwischen den Vergleichsmarken für die von der angegriffenen Marke zu den [X.]lassen 38 und 45 beanspruchten Dienstleistungen zu besorgen, weshalb die angegriffene Marke insoweit nach § 43 Abs. 2 Satz 1 [X.] zu löschen ist.

1. Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Dienstleistungen ist von der [X.] und nicht von der tatsächlichen Benutzungslage auszugehen, da die mit [X.] vom 18. Juli 2012 geltend gemachte Einrede der Nichtbenutzung wegen der zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufenen Benutzungsschonfrist der am 12. Juni 2009 eingetragenen Widerspruchsmarke nicht wirksam erhoben worden ist, worauf die Markenstelle mit Schreiben vom 31. Juli 2012 hingewiesen hat. Die insoweit verfrüht erhobene Einrede entfaltet auch mit dem Ablauf der maßgeblichen Frist (am 12. Juni 2014) nicht die Rechtswirkung einer zulässigen Einrede ([X.] 2005, 773, 775 - [X.]/[X.]; Ströbele/[X.], [X.], 11. Aufl., § 43 Rn. 29 m. w. N.). Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat nach Ablauf der „Benutzungsschonfrist“ auch nicht in irgendeiner Form ausdrücklich oder konkludent zum Ausdruck gebracht, dass sie an der verfrüht erhobenen Einrede festhalten wolle.

2. Ausgehend von der [X.] können sich die Vergleichsmarken bei identischen Dienstleistungen begegnen.

So umfasst der für die Widerspruchsmarke zu [X.]lasse 38 ohne jede Einschränkung eingetragene weite Dienstleistungsoberbegriff

3. Entgegen der Auffassung des Erinnerungsprüfers kann aber nicht ohne weiteres von einer [X.]ennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke in Bezug auf die vorliegend relevanten Dienstleistungen der [X.]lassen 38 und 45 ausgegangen werden. Mit dem Erinnerungsprüfer ist zwar davon auszugehen, dass der vorliegend maßgebliche allgemeine Verkehr in der Widerspruchsmarke naheliegend einen Hinweis auf „kosmisch“ erkennen wird, da diesem Begriff in seiner Bedeutung „das Weltall betreffend“ bzw. „im Weltall herrschend/stattfindend“ im [X.]ontext von esoterischen, astrologischen Dienstleistungen - wie sie die Widerspruchsmarke zu [X.]lasse 45 beansprucht - eine durchaus zentrale Bedeutung zukommt. Allerdings beschreibt dieser Begriff nicht unmittelbar Merkmale und Eigenschaften der jeweiligen Dienstleistungsprodukte, sondern beschränkt sich auf eine vage Andeutung, aus kosmischen [X.]onstellationen bzw. Energien oder Ähnlichem persönlich relevante Informationen abzuleiten.

Letztlich kann diese Frage aber offen bleiben. Denn auch wenn man zugunsten der Inhaberin der angegriffenen Marke dem Begriff „kosmisch“ in Bezug auf die vorliegend relevanten Dienstleistungen einen beschreibenden Sinn- und Aussagegehalt zuweist, so dass die Widerspruchsmarke sowohl bei den Dienstleistungen der [X.]lasse 45, als auch bei den Telekommunikationsdienstleistungen der [X.]lasse 38 - zu denen nach dem Verständnis des Verkehrs neben der rein technischen [X.]omponente auch die inhaltliche Bereitstellung und Übermittlung von Informationen gehört (vgl. dazu [X.] W (pat) 548/14 v. 16. Juni 2016 - DRIVE & TRAC[X.], veröffentlicht auf der [X.]seite des [X.]) - lediglich über eine eingeschränkte [X.]ennzeichnungskraft verfügen würde, besteht zwischen den Vergleichsmarken aus den nachfolgenden Gründen eine Verwechslungsgefahr in Bezug auf die vorliegend relevanten Dienstleistungen der [X.]lassen 38 und 45.

4. Von Bedeutung dafür ist, dass die [X.] eine jedenfalls durchschnittliche Zeichenähnlichkeit aufweisen.

Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist grundsätzlich vom jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen auszugehen (vgl. z. B. [X.] 2013, 833, Nr. 45 - Culinaria/[X.]; [X.] 2012, 1040, Nr. 25 - pjur/pure; [X.] 2012, 930, Nr. 22 - [X.]/[X.]; [X.] 2012, 64, Nr. 15 - Maalox/[X.]; [X.] 2010, 729, Nr. 23 - [X.]). Dabei ist von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen. Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in [X.]lang, ([X.] und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. [X.] [X.] 2006, 413, Nr. 19 -ZIRH/SIR; [X.] 2005, 1042, Nr. 28 - [X.] LIFE; [X.]. 2004, 843, Nr. 29 - [X.]; [X.] 2015, 1009 Nr. 24 - BMW-Emblem; [X.] 2010, 235, Nr. 15 - [X.]/[X.]; [X.] 2009, 484, Nr. 32 - [X.]; [X.] 2006, 60, Nr. 17 - coccodrillo; [X.] 2004, 779, 781 - Zwilling/[X.]). Dabei genügt für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Richtung (st. Rspr. vgl. z. B. [X.] 2015, 1009, Nr. 24 - BMW-Emblem; [X.] 2015, 1114, Nr. 23 - Springender Pudel; [X.] 2010, 235, Nr. 18 - [X.]/[X.] m. w. N.; vgl. [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl. § 9 Rdn. 254 m. w. N.). Abzustellen ist dabei auf die Wahrnehmung des angesprochenen Durchschnittsverbrauchers, der eine Marke regelmäßig in ihrer Gesamtheit erfasst und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (vgl. [X.] 2016, 283 Rn. 37 - BioGourmet m. w. N.).

Ausgehend davon kommen sich entgegen der Auffassung der Inhaberin der angegriffenen Marke beide Marken jedenfalls im [X.]langbild so nahe, dass eine mittlere (durchschnittliche) Zeichenähnlichkeit nicht verneint werden kann.

[X.] und [X.] besitzen eine identische, das [X.] maßgeblich beeinflussende Vokalfolge „[X.]“; sie stimmen weiterhin in der [X.], den [X.]onsonanten „S“ und „M“ sowie im Anlaut, welcher auch bei der angegriffenen Marke sprachregelgerecht wie „[X.]“ artikuliert wird, überein. Im Verhältnis zu diesen erheblichen Übereinstimmungen stellen die Abweichungen im Anlaut der Endsilbe („-ma“ bzw. „-[X.]A“) sowie im Wortinnern kein ausreichendes Gegengewicht dar, um ein sicheres [X.] der Markenwörter in klanglicher Hinsicht zu ermöglichen. Zwar hat die „vertauschte“ Position der Buchstaben „I“ und „M“ im Wortinnern der Markenwörter zur Folge, dass der Vokal „O“ bei der Widerspruchsmarke, bei der er sich mit dem nachfolgenden [X.]onsonanten „S“ zu einer Silbe verbindet, kurz ausgesprochen wird („[X.]OSS“), während dieser Vokal bei der angegriffenen Marke, als Endlaut der ersten Silbe („Co-“) eher gedehnt gesprochen wird; jedoch tritt der dadurch bewirkte Unterschied insbesondere im Sprech- und Betonungsrhythmus gegenüber dem insbesondere durch den übereinstimmenden Wortanfang sowie der identischen Vokalfolge geprägten [X.] beider Markenwörter nicht so deutlich hervor, um für eine hinreichende klangliche Differenzierung beider Marken zu sorgen. Ebenso wird die konsonantische Abweichung im Anlaut der Endsilben beider Markenwörter („-m(a)“ bzw. „-(C)A“) durch die sie umgebende übereinstimmende klangtragende Vokalfolge „[X.]“ überlagert und ist daher ebenfalls nicht geeignet, einem weitgehenden Gleichklang beider Marken maßgeblich entgegenzuwirken. Durch diese gegenüber den weitreichenden klanglichen Zeichenübereinstimmungen eher geringfügigen Unterschiede wird der [X.]langeindruck beider Marken daher insgesamt nicht so prägnant beeinflusst, dass ein Verhören mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Dies gilt umso mehr, als die [X.] im Verkehr nicht gleichzeitig nebeneinander aufzutreten pflegen, sondern ein Vergleich aufgrund eines undeutlichen Erinnerungsbildes erfolgt (vgl. u. a. [X.] [X.]. 1999, 734 [X.]. 26 - [X.]; [X.] 2000, 506 - ATTACHÉ/[X.]; [X.] 2003, 1047 - [X.]ellogg`s/ [X.]s).

[X.] um einen durchaus bekannten Frauennamen handelt. Zudem kann auch in rechtlicher Hinsicht grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden, dass lediglich der Sinn- und Bedeutungsgehalt einer der gegenüberstehenden Marken zu einer die Unterscheidbarkeit erleichternden Abgrenzung der Zeichen beitragen kann (vgl. dazu Ströbele/[X.], a. a. O., § 9 Rn. 294). Jedoch kann der Sinngehalt einer Marke einer Verwechslungsgefahr mit einer anderen Marke nur entgegenwirken, sofern letztere vom Verkehr deutlich anders als die erstgenannte wahrgenommen wird, da im Falle eines angesichts weitgehender Überschneidungen und Gemeinsamkeiten beider Zeichen ohne weiteres möglichen Verhörens bei mündlicher Wiedergabe bzw. Übermittlung der begriffliche Anklang gerade nicht erfasst bzw. bemerkt wird (vgl. Ströbele/[X.], a. a. O., § 9 Rn. 295 m. w. N.).

5. Bei dieser Sachlage kann in der Gesamtabwägung auch unter Zugrundelegung einer unterdurchschnittlichen [X.]ennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken jedenfalls insoweit nicht verneint werden, als diese sich bei identischen Dienstleistungen begegnen können, wie es vorliegend nach der [X.] der Fall ist.

B. Hinsichtlich der [X.]osten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 [X.], da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der [X.]osten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind. Der [X.]ostenantrag der Markeninhaberin war daher zurückzuweisen.

Meta

30 W (pat) 23/15

05.10.2017

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 05.10.2017, Az. 30 W (pat) 23/15 (REWIS RS 2017, 4408)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 4408

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