Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.10.2015, Az. 2 StR 495/14

2. Strafsenat | REWIS RS 2015, 4064

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Gegenstand

Nachträgliche Gesamtstrafenbildung: Zäsurwirkung durch eine erledigte Vorverurteilung


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 16. Juni 2014, soweit es ihn betrifft, aufgehoben, soweit darin zwei Gesamtfreiheitsstrafen von elf Monaten und von einem Jahr und acht Monaten verhängt wurden.

Die Aufhebung erfolgt mit der Maßgabe, dass eine nachträgliche Entscheidung durch Beschluss gemäß §§ 460, 462 StPO über die Gesamtstrafenbildung sowie über die Kosten des Rechtsmittels zu treffen ist.

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in elf Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, und in zwei Fällen die gewerbsmäßige Hehlerei in Tateinheit mit Urkundenfälschung begangen wurde, sowie wegen Unterschlagung verurteilt. Es hat unter Aufhebung früherer Gesamtstrafen und unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus früheren Urteilen und Strafbefehlen eine erste Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten, eine zweite Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten, eine einzelne Freiheitsstrafe von sechs Monaten, eine dritte Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten und eine weitere Freiheitsstrafe von acht Monaten verhängt. Eine früher verhängte Sperre für die Erteilung der Fahrerlaubnis hat es aufrechterhalten.

2

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung zweier Gesamtstrafen. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

3

1. Der Schuldspruch, die verhängten Einzelstrafen und die erste Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten sind rechtlich nicht zu beanstanden.

4

Zutreffend hat das [X.] aus den Einzelstrafen in den Fällen II.2., II.3., [X.], [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.] unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Strafbefehl des [X.] vom 24. August 2011 – 3 Ds 607 Js 120603/11, dem Strafbefehl des [X.] vom 16. September 2011 – 955 Js 3193/11 – 916 Cs ([X.]: 20. Oktober und 1. November 2010), dem Urteil des [X.] vom 16. Juli 2012 – 1100 Js 77020/11 – 201 Ds – ([X.]: 20. Juli, 20. September und 7. November 2010) und dem Strafbefehl des [X.] vom 14. Dezember 2012 – 3540 [X.] – 988 Ds – (Tatzeit: 29. März 2011) eine erste Gesamtfreiheitsstrafe gebildet.

5

Die im Tatzeitraum vor dem 24. August 2011 (Zäsurwirkung des Strafbefehls des [X.]) anderweitig ergangenen Strafbefehle sind jeweils durch Zahlung der verhängten Geldstrafen vollstreckt. Nach der Rechtsprechung des [X.] kommt erledigten Vorverurteilungen keine Zäsurwirkung zu (vgl. etwa [X.], Urteil vom 30. Juni 1987 – 1 [X.], NJW 1988, 1801, 1802; Beschluss vom 2. März 2010 – 3 [X.], [X.], 202, 203; Beschluss vom 26. Juni 2014 – 1 [X.]). Eine Zäsurwirkung entfaltet, wie es das [X.] zu Recht angenommen hat, deshalb erst der Strafbefehl des [X.] vom 24. August 2011 – 3 Ds 607 Js 120603/11, weil die dort verhängte Geldstrafe noch nicht erledigt ist. Die Aufrechterhaltung der mit Urteil des [X.] angeordneten Sperrfrist gemäß § 69a StGB lässt keinen Rechtsfehler erkennen (zur Entscheidung über die Sperrfrist bei der nachträglichen Gesamtstrafenbildung vgl. [X.], Beschluss vom 19. September 2000 – 4 StR 320/00, [X.], 3654, 3655).

6

2. Im Hinblick auf die Gesamtstrafenbildung rechtlich zu beanstanden sind dagegen die zweite Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten aus den [X.] von sieben und acht Monaten für die Fälle [X.] und [X.] der Urteilsgründe sowie die dritte Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten aus den Einzelstrafen der Vorverurteilungen durch das Urteil des [X.] vom 15. August 2012 – 3340 Js 217883/12 – 988 Ds – (Tatzeit: 17. April 2012) und das Urteil des [X.] vom 19. August 2013 – 3350 Js 209625/13 ([X.]: 11. Mai und 13. Mai 2012).

7

Zu Unrecht hat das [X.] angenommen, dass der Verurteilung durch das [X.] vom 16. Juli 2012 – 1100 Js 77020/11 – 201 Ds – eine Zäsurwirkung zukomme. Die dort verhängten Strafen hätten mit Blick auf die [X.] (20. Juli, 20. September und 7. November 2010) bereits mit der Strafe aus dem Strafbefehl des [X.] vom 24. August 2011 in eine Gesamtstrafe einbezogen werden müssen. Daher entfaltet erst das Urteil des [X.] vom 15. August 2012 – 3340 Js 217883/12 – 988 Ds – eine Zäsurwirkung.

8

Die Strafe aus dem Urteil des [X.] vom 15. August 2012 – 3340 Js 217883/12 – 988 Ds – kann mit der Strafe aus dem Urteil des [X.] vom 19. August 2013 – 3350 Js 209625/13 ([X.] 11. Mai und 13. Mai 2012) und den Einzelstrafen in den Fällen [X.], [X.] und [X.] der Urteilsgründe in eine Gesamtstrafe einbezogen werden, weil die dort abgeurteilten Taten vor dem Erlass des Urteils des [X.] vom 15. August 2012 begangen wurden.

9

Die Einzelfreiheitsstrafe im [X.] der Urteilsgründe ist rechtsfehlerfrei.

3. Die genannten Rechtsfehler zwingen nicht zur Zurückverweisung der Sache gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO. Die neu zu treffende Entscheidung über die Gesamtstrafe kann gemäß § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO dem Beschlussverfahren nach den §§ 460, 462 StPO überlassen werden. Dabei wird zu prüfen sein, ob inzwischen auch das Urteil des [X.] vom 17. Februar 2014 – 304 [X.] einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung zugänglich ist.

Appl                       Eschelbach                        Ott

               Zeng                              Bartel

Meta

2 StR 495/14

13.10.2015

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Frankfurt, 16. Juni 2014, Az: 5/17 KLs 30/13

§ 55 Abs 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.10.2015, Az. 2 StR 495/14 (REWIS RS 2015, 4064)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 4064

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