Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.04.2007, Az. VIII ZB 100/05

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 4274

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[X.] ZB 100/05 vom 17. April 2007 in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 17. April 2007 durch den Vorsitzenden [X.], [X.], die Richterinnen [X.] und [X.] sowie [X.] [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss des [X.] - 14. Zivilkammer - vom 16. November 2005 aufgehoben. [X.]: 4.695,65 • Gründe: [X.] Die Klägerin macht gegen den Beklagten restliche Kaufpreisansprüche für den Erwerb von Einrichtungsgegenständen in Höhe von 4.500 • und außer-gerichtliche Rechtsanwaltskosten von 195,65 •, jeweils nebst Zinsen, geltend. Das Amtsgericht hat der Klage durch Urteil vom 27. April 2005 in vollem [X.] stattgegeben. Dagegen hat der Beklagte am 26. Mai 2005 Berufung [X.], die er am 20. Juli 2005 begründet hat. 1 Das [X.], mit dem der erstinstanzliche Prozessbevoll-mächtigte des Beklagten die Aushändigung des amtsgerichtlichen Urteils bestä-tigt hat, gibt als Zustelldatum den 25. Mai 2005 an; an diesem Tag ist das [X.] auch per Telefax an das Amtsgericht zurückgesandt worden. In dem [X.] ist dagegen als Zustelldatum der 4. Mai 2005 an-2 - 3 - gegeben. Die Verfügung, mit der die Zustellung des Urteils an die [X.] angeordnet worden ist, ist am 2. Mai 2005 ausge-führt worden; das [X.] des erstinstanzlichen Prozessbevoll-mächtigten der Klägerin datiert vom 3. Mai 2005. 3 Das [X.] hat die Berufung des Beklagten mit der Begründung als unzulässig verworfen, die Frist zur Begründung der Berufung (§ 520 Abs. 2 ZPO) sei nicht gewahrt, weil davon auszugehen sei, dass das erstinstanzliche Urteil bereits am 4. Mai 2005 zugestellt worden sei. Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner Rechtsbeschwerde. I[X.] 1. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statt-hafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. ZPO). Die Annahme des Berufungsgerichts, der [X.] habe die zweimonatige Berufungsbegründungsfrist des § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO versäumt, verletzt den Beklagten in seinem Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsst[X.]tsprinzip). 4 2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet, so dass die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzu-verweisen ist (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Entgegen der Auffassung des [X.] ist die Frist des § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO erst am 25. Mai 2005 in [X.] gesetzt worden, so dass die Berufungsbegründung am 20. Juli 2005 [X.] beim [X.] eingegangen ist. 5 - 4 - a) Die Frist beginnt nach § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils. Die Zustellung ist gemäß § 174 Abs. 1 ZPO gegen [X.] an den Prozessbevollmächtigten des Beklagten erfolgt. Das [X.] erbringt Beweis nicht nur für die Entgegennahme des darin bezeichneten Schriftstücks als zugestellt, sondern auch für den Zeitpunkt der Entgegennahme durch den Unterzeichner und damit der Zustellung ([X.], Urteil vom 18. Januar 2006 - [X.] ZR 114/05, [X.], 1206, unter [X.] m.w.[X.]). Nach dem [X.] ist die Zustellung des amtsgerichtlichen Urteils am 25. Mai 2005 bewirkt worden. 6 b) Zwar ist der Gegenbeweis der Unrichtigkeit der im [X.] enthaltenen Angaben zulässig. Dieser setzt jedoch voraus, dass die [X.] des § 174 ZPO vollständig entkräftet und jede Möglichkeit ausge-schlossen ist, dass die Angaben des [X.]ses richtig sein [X.]; hingegen ist dieser Gegenbeweis nicht schon dann geführt, wenn lediglich die Möglichkeit der Unrichtigkeit besteht, die Richtigkeit der Angaben also nur erschüttert ist (Urteil vom 18. Januar 2006, [X.]O, unter [X.]). Diesen Maßstäben wird die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts nicht gerecht. 7 [X.]) Das Berufungsgericht hat den Umstand, dass die Zustellung bereits am 4. Mai 2005 bewirkt worden ist, aus der entsprechenden Angabe im [X.] des Beklagten und den damit in Einklang stehenden Zeitpunk-ten der Absendung des Urteils durch das Gericht und der Zustellung bei der Klägerin hergeleitet. Diese Gesichtspunkte begründen zwar Zweifel daran, dass die Angaben im [X.] zutreffend sind. Der erstinstanzliche Pro-zessbevollmächtigte des Beklagten hat jedoch geltend gemacht, das im [X.] genannte Zustelldatum beruhe auf einem Büroversehen. Es liegt auch nicht außerhalb jeder Lebenserfahrung, dass die Dauer des Postlaufs zu den Prozessbevollmächtigten uneinheitlich ist. Es ist deshalb jedenfalls nicht 8 - 5 - ausgeschlossen, dass die Zustellung nicht vor dem 25. Mai 2005 bewirkt [X.] ist. 9 [X.]) Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Zeitpunkt der Zustellung ei-nes Urteils gegen [X.] (§ 174 ZPO) nicht identisch ist mit dem-jenigen des Eingangs in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten. Die Zustel-lung gegen [X.] ist erst dann als bewirkt anzusehen, wenn der Rechtsanwalt das ihm zugestellte Schriftstück mit dem Willen entgegenge-nommen hat, es als zugestellt gegen sich gelten zu lassen, und dies auch durch Unterzeichnung des [X.]ses beurkundet. [X.] ist also der Tag, an dem der Rechtsanwalt als Zustellungsadressat vom Zugang des übermittelten Schriftstücks Kenntnis erlangt und es empfangsbereit entge-gengenommen hat (Urteil vom 18. Januar 2006, [X.]O, unter [X.]). Das muss nicht unmittelbar am [X.] geschehen sein. Dass die Zustellung in diesem Sinne erst am 25. Mai 2005 erfolgt ist, hat der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte des Beklagten zudem im [X.] vom 15. November 2005 anwaltlich versichert. Da bei der Prüfung der Zu-lässigkeitsvoraussetzungen eines Rechtsmittels, auch soweit es um die [X.] der Begründung des Rechtsmittels geht, der so genannte Freibeweis gilt und das Gericht deshalb weder von einem Beweisantritt der Parteien ab-hängig noch auf die gesetzlichen Beweismittel beschränkt ist, ist auch diese anwaltliche Versicherung im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen, auch wenn sie für sich genommen als Mittel der Glaubhaftmachung zum Nach-weis der Fristwahrung nicht ausreicht ([X.], Beschluss vom 16. Januar 2007 - [X.] ZB 75/06, zur [X.] bestimmt, unter [X.] a m.w.[X.]). Danach 10 - 6 - kann insgesamt die Beweiswirkung des [X.]ses hier nicht als widerlegt angesehen werden. Ball [X.] [X.] [X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 27.04.2005 - 21 [X.] - [X.], Entscheidung vom 16.11.2005 - 14 S 136/05 -

Meta

VIII ZB 100/05

17.04.2007

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.04.2007, Az. VIII ZB 100/05 (REWIS RS 2007, 4274)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 4274

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