Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 22.09.2015, Az. 6 VR 2/15

6. Senat | REWIS RS 2015, 5105

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Gegenstand

Presserechtlicher Auskunftsanspruch; Bundesnachrichtendienst; Verletzung von Geheimschutzvorschriften; gesteigertes öffentliches Interesse


Gründe

I

1

Der Kläger ist Redakteur einer Tageszeitung. Die stellvertretende Sprecherin der [X.]regierung gab Anfang Dezember 2014 in einer Regierungspressekonferenz auf die Frage eines Journalisten an, es seien in den vergangenen Wochen immer wieder Dokumente, die nur an bestimmte, dafür vorgesehene Gremien hätten gehen sollen, auch in die Öffentlichkeit gelangt; die Prüfung, ob Strafanzeige erstattet werde, sei noch nicht abgeschlossen. Hieran anknüpfend wandte der Antragsteller sich unter anderem an das [X.] und bat dieses schließlich um Auskunft darüber, wie viele Verletzungen von Geheimschutzvorschriften (§ 44 Abs. 1 Satz 1 [X.]) es nach Kenntnis des [X.]s im Jahr 2014 aufgeschlüsselt nach Monaten im [X.], beim [X.], beim [X.] und beim [X.] gegeben hat, in wie vielen dieser Fälle nach Kenntnis des [X.]s jeweils eine Veröffentlichung in den Medien der Feststellung des Sachverhalts zugrunde liegt, um welche Medienveröffentlichungen bzw. um Veröffentlichungen in welchen Medien es sich dabei jeweils handelt und welche weiteren Kenntnisse das [X.] darüber hinaus über Verstöße gegen die [X.] in anderen Bereichen der [X.]verwaltung hat.

2

Das [X.] beantwortete diese Anfrage dahin: Wie durch zahlreiche Presseveröffentlichungen bekannt sei, sei im Jahr 2014 mehrmals über Inhalte aus eingestuften Unterlagen des [X.]s berichtet worden. Soweit dabei zuvor Geheimschutzvorschriften verletzt worden seien, lägen dem [X.] keine Hinweise auf deren Urheber vor. Insbesondere gebe es keine Erkenntnisse, wonach Mitarbeiter des [X.]s Geheimschutzvorschriften verletzt hätten. Das [X.] führe weder Statistiken zu der Frage, auf welcher Grundlage Verstöße gegen die [X.] im [X.] bekannt geworden seien, noch Statistiken über die Verletzung von Geheimschutzvorschriften beim [X.], beim [X.] und in weiteren Bereichen der [X.]verwaltung. Auf weitere Nachfrage des Antragstellers teilte ihm das [X.] mit: Über etwaige Verstöße gegen die [X.] und über möglichen Geheimnisverrat in nachrichtendienstlichen Angelegenheiten des [X.]es berichte die [X.]regierung lediglich den zuständigen Gremien des [X.]. Eine Auskunftspflicht allgemeiner Art nach Art. 5 GG oder den Vorschriften des [X.] bestehe insoweit nicht.

3

Der Antragsteller hat beim Verwaltungsgericht um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht und beantragt,

1. wie viele Verletzungen von Geheimschutzvorschriften (vgl. § 44 Abs. 1 Satz 1 [X.]) es nach Kenntnis des [X.]s im Jahr 2014 in folgenden Bereichen gegeben hat (aufgeschlüsselt nach Monaten)

a) im [X.]

b) beim [X.]

2. in wie vielen dieser Fälle nach Kenntnis des [X.]s jeweils eine Medienveröffentlichung der Feststellung des Sachverhalts (vgl. § 44 Abs. 1 Satz 1 [X.]) zugrunde liegt,

3. um welche Medienveröffentlichungen es sich dabei handelt

hilfsweise

um Veröffentlichungen in welchen Medien es sich dabei jeweils handelt.

4

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

die Anträge abzulehnen.

5

In einem Erörterungstermin vor dem Verwaltungsgericht machte die Antragsgegnerin Angaben zur Anzahl von Verstößen gegen Geheimschutzvorschriften im [X.] und zur Anzahl der Fälle, in denen der Feststellung des Sachverhalts Medienveröffentlichungen zugrunde lagen. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin haben daraufhin den Antrag zu 1. a) und zu 2. in der Hauptsache für erledigt erklärt.

6

Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren bezogen auf die Anträge zu 1. b) und zu 2. abgetrennt, soweit mit diesen Anträgen Auskünfte über den [X.] begehrt werden, und die Sache an das [X.] verwiesen.

II

7

1. Das Verfahren war einzustellen, soweit der Antragsteller mit dem Antrag zu 2. von der Antragsgegnerin eine Auskunft (auch) darüber begehrt hat, in wie vielen Fällen einer Verletzung von [X.] im Bereich des [X.]es nach Kenntnis des [X.]s jeweils eine Medienveröffentlichung der Feststellung des Sachverhalts zugrunde liegt. Der Antragsteller hat den Antrag zu 2. uneingeschränkt für erledigt erklärt, also auch insoweit, als er sich auf Fälle einer Verletzung von [X.] im Bereich des [X.]es bezogen hat.

8

2. Der Antrag zu 1. b) ist begründet. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO).

9

a) Der Antragsteller kann verlangen, dass das [X.] ihm die begehrte Auskunft darüber erteilt, wie viele Verletzungen von Geheimschutzvorschriften im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 1 der [X.] [X.] zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen ([X.] - [X.]) es nach Kenntnis des [X.]s im Jahr 2014 aufgeschlüsselt nach Monaten im Bereich des [X.]s gegeben hat.

Der Anspruch auf die begehrte Auskunft ergibt sich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.

In Ermangelung einer einfachgesetzlichen Regelung des [X.]gesetzgebers verleiht das Grundrecht der Pressefreiheit der Presse einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf Auskunft gegenüber [X.]behörden, soweit auf sie die [X.] wegen einer entgegenstehenden Gesetzgebungskompetenz des [X.] nicht anwendbar sind, wie dies für den [X.] zutrifft ([X.], Urteil vom 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 - [X.]E 146, 56). Dem [X.] steht die ausschließliche Kompetenz für die Gesetzgebung in auswärtigen Angelegenheiten sowie in Angelegenheiten der Verteidigung zu (Art. 73 Abs. 1 Nr. 1 GG). Zu dieser Materie gehört auch der gesetzliche Auftrag an den [X.] zur Gewinnung von Erkenntnissen über das Ausland mit außen- und sicherheitspolitischer Relevanz ([X.], Urteil vom 14. Juli 1999 - 1 BvR 2226/94 u.a. - [X.]E 100, 313, <368 ff.>; [X.], Urteil vom 23. Januar 2008 - 6 A 1.07 - [X.]E 130, 180 Rn. 33). Die Kompetenz zur Regelung der Sachmaterie "[X.]" schließt als Annex die Befugnis ein, Voraussetzungen und Grenzen zu regeln, unter denen der Öffentlichkeit einschließlich der Presse Informationen zu erteilen sind oder erteilt werden dürfen. Damit sind auch Ansprüche gegen das [X.] auf der Grundlage landespresserechtlicher Vorschriften ausgeschlossen, soweit diese Auskünfte sich auf Informationen aus dem Geschäftsbereich des [X.]es beziehen und über die das [X.] als oberste Aufsichtsbehörde über den [X.] verfügt.

Aufgrund des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs können Pressevertreter in geeigneter Form behördliche Auskünfte verlangen, soweit berechtigte schutzwürdige Interessen Privater oder öffentlicher Stellen an der Vertraulichkeit von Informationen nicht entgegenstehen ([X.], Urteil vom 25. März 2015 - 6 C 12.14 [[X.]:[X.]:[X.]] - [X.] 2015, 529 Rn. 24).

Der begehrten Auskunft stehen berechtigte schutzwürdige Interessen des [X.]es oder des [X.]es an der Vertraulichkeit der streitigen Information nicht entgegen.

Welche Interessen an der Vertraulichkeit von Informationen dazu berechtigen, den verfassungsunmittelbaren Anspruch auf Auskunft zu versagen, bestimmt sich in Abhängigkeit von dem Regelungsspielraum, über den der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung behördlicher Auskunftspflichten verfügt. Der verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch der Presse ist durch [X.]n ausgeschlossen, welche der Gesetzgeber für die gegebene Fallgestaltung als Ausschlussgrund normieren dürfte ([X.], Urteil vom 25. März 2015 - 6 C 12.14 - [X.] 2015, 529 Rn. 26).

Zwar können die gesetzlich geregelten allgemeinen und bereichsspezifischen Ausschlussgründe der [X.]e ([X.], [X.], [X.]) als Orientierungshilfe herangezogen werden, um den Stellenwert zu bestimmen, der bestimmten [X.]n zukommt. Diese Gesetze begründen Informationszugangsansprüche, die nicht grundrechtlich fundiert sind ([X.], Urteil vom 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 - [X.]E 146, 56 Rn. 28). Kann diesen Ansprüchen ein vom Gesetzgeber als schutzwürdig erachtetes [X.] nicht entgegengehalten werden, weil kein gesetzlicher Ausschlussgrund eingreift, muss dies erst recht für den grundrechtlich gewährleisteten Auskunftsanspruch der Presse gelten. Hat der Gesetzgeber den Informationszugang nach dem [X.] oder nach bereichsspezifischen Gesetzen zugunsten bestimmter [X.]n ausgeschlossen, besagt diese Entscheidung des Gesetzgebers hingegen nicht, dass es verfassungskonform wäre, diesen Interessen auch Vorrang vor dem [X.] einzuräumen. Ob ein solcher Vorrang zulässig wäre, bedarf der eigenständigen Prüfung anhand der Maßgabe, dass eine effektive funktionsgemäße Betätigung der Presse gesichert sein muss ([X.], Urteil vom 25. März 2015 - 6 C 12.14 - [X.] 2015, 529 Rn. 29). Hier ist deshalb entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ein verfassungsunmittelbarer Auskunftsanspruch des Antragstellers nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil ein Informationszugang nach dem [X.] gemäß § 3 Nr. 8 [X.] gegenüber den Nachrichtendiensten nicht besteht, auch wenn diese Ausnahmevorschrift auf Informationen aus dem Geschäftsbereich eines Nachrichtendienstes bezogen wird, die nicht bei ihm, sondern der für ihn zuständigen Aufsichtsbehörde angefragt werden.

Der Gesetzgeber ist zwar unter besonderen Umständen berechtigt, einzelne behördliche Funktionsbereiche von Auskunftspflichten auszunehmen ([X.], Urteil vom 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 - [X.]E 146, 56 Rn. 27). Aber er ist nicht berechtigt, ganze Verwaltungsbereiche auszunehmen. Dem verfassungsrechtlich anerkannten Vermittlungs- und Kontrollauftrag der Presse ist nur dann in genügender Weise Rechnung getragen, wenn - von einzelnen behördlichen Funktionsbereichen besonderen Charakters abgesehen - Ausschlussgründe einen punktuellen Zuschnitt aufweisen, mit dem der Gesetzgeber konkret umrissenen gegenläufigen Schutzgütern Rechnung trägt, und zwar beschränkt auf das Maß, in dem bei materieller Betrachtung tatsächlich ein Schutzbedarf erkennbar ist. Derartige besondere Umstände bestehen zwar für operative Vorgänge im Bereich des [X.]es, nämlich die Beschaffung und Auswertung von Informationen von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung. Der Gesetzgeber dürfte deshalb für diesen behördlichen Funktionsbereich Auskünfte an die Presse generell ausschließen, ohne insoweit eine einzelfallbezogene Abwägung mit gegenläufigen Informationsinteressen der Presse vorsehen zu müssen ([X.], Beschluss vom 20. Juli 2015 [[X.]:[X.]:[X.]] - juris Rn. 9). Für die hier begehrten Informationen lässt sich aber kein Funktionsbereich besonderen Charakters identifizieren, der [X.] gegen Auskunftsbegehren abgeschirmt werden dürfte.

Die deshalb erforderliche Abwägung fällt zugunsten des Informationsinteresses des Antragstellers aus.

Zwar bestehen berechtigte schutzwürdige Interessen öffentlicher Stellen an der Vertraulichkeit von Informationen, wenn und soweit deren Herausgabe die künftige Erfüllung der Aufgaben der Sicherheitsbehörden einschließlich deren Zusammenarbeit mit anderen Behörden erschweren oder gefährden würde (vgl. zu § 99 Abs. 2 VwGO: [X.], Beschluss vom 19. April 2010 - 20 F 13.09 - [X.]E 136, 345 Rn. 8).

Aus dem Vortrag der Antragsgegnerin ist jedoch nicht erkennbar, dass die Herausgabe der hier begehrten Information die künftige Erfüllung der Aufgaben des [X.]es erschweren oder gefährden könnte. Die Antragsgegnerin befürchtet zum einen, werde die Zahl bekannt, in welcher [X.] im Bereich des [X.]es verletzt seien, könne dies dahin missverstanden werden, es gebe mehrere Schwachstellen in der Sicherheitsarchitektur des [X.]es, was wiederum das Interesse ausländischer Nachrichtendienste auf solche vermeintlichen Schwachstellen lenken könnte. Die Antragsgegnerin befürchtet zum anderen, mit der Bekanntgabe, in wie vielen Fällen [X.] im Bereich des [X.]es verletzt worden seien, werde der [X.] an Vertrauenswürdigkeit verlieren mit entsprechenden schädlichen Auswirkungen auf die weitere Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten.

Dass Nachrichtendienste gegen eine Verletzung der für sie geltenden [X.] nicht schlechthin gefeit sind, sondern davon in unterschiedlichem Ausmaß und Gewicht betroffen sein können, ist eine offenkundige Tatsache, die hier nicht zuletzt durch die stellvertretende Sprecherin der [X.]regierung konkret bestätigt wurde. Dass solche Verstöße vorkommen, ist das Schicksal nahezu jeden Nachrichtendienstes und für sich allein nicht geeignet, das Vertrauen in die Zuverlässigkeit des [X.]es in den Augen anderer Nachrichtendienste herabzusetzen. Ebenso offenkundig ist, dass Nachrichtendienste Schwachstellen bei anderen Nachrichtendiensten auszunutzen bemüht sind. Die Auskunft über die bloße Zahl einer Verletzung von [X.] ist aber ungeeignet, derartige Bemühungen zu fördern. Die Vorschriften der [X.] decken nahezu das gesamte Tätigkeitsfeld des [X.]es ab, mit der Folge, dass auch Verstöße gänzlich unterschiedliches Gewicht haben können. Anders als bei einer Aufschlüsselung möglicher Verstöße nach Tätigkeitsfeld und Art des Verstoßes bietet die aggregierte Zahl von Verstößen keinen Ansatz, um Schwachstellen in der Sicherheitsarchitektur des [X.]es auszumachen, die einerseits von anderen Nachrichtendiensten ausgenutzt werden könnten oder andererseits das Vertrauen in den [X.] nachhaltig zu erschüttern vermöchten.

Der geltend gemachte Auskunftsanspruch scheitert nicht daran, dass die begehrte Information erst noch durch interne Untersuchungen beschafft werden müsste (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 - [X.]E 146, 56 Rn. 30). Die Antragsgegner hat nicht vorgebracht, die Gesamtzahl der dem [X.] zur Kenntnis gelangten Verletzungen von Geheimschutzvorschriften beim [X.] im Jahr 2014 erst durch umfangreichere [X.] ermitteln zu müssen.

b) Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Der Erlass der einstweiligen Anordnung ist nötig, um wesentliche Nachteile abzuwenden (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Ein solcher Nachteil ist in Fällen presserechtlicher Auskunftsansprüche anzunehmen, wenn für die begehrte Auskunft ein gesteigertes öffentliches Interesse sowie ein starker Gegenwartsbezug besteht, der dazu führt, dass bei einem Abwarten der Klärung im Hauptsacheverfahren die begehrte Auskunft ihren Nachrichtenwert verliert und allenfalls noch von historischem Interesse ist (vgl. [X.], Beschluss vom 8. September 2014 -1 BvR 23/14 - NJW 2014, 3711).

Der Antragsteller hat in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit Hinweisen der [X.]regierung auf Verletzung von [X.] seine auf Konkretisierung zielenden Nachfragen angebracht. An dem Thema war ein gesteigertes öffentliches Interesse anzunehmen, weil die [X.]regierung ankündigte, zu prüfen, wie der Umgang mit geheim zu haltenden Informationen optimiert werden könnte und ob Strafverfahren eingeleitet werden sollen. Dadurch war zugleich ein fortdauernder Gegenwartsbezug der Informationen gewahrt. Dem könnte nicht entgegengehalten werden, dass mit der hier allein noch in Rede stehenden Information das angesprochene Thema nicht erschöpft wird. Es ist Sache der Presse, selbst zu beurteilen, welche Informationen für sie vonnöten sind, um ein bestimmtes Thema zum Zweck einer möglichen Berichterstattung im [X.] aufzubereiten. Die Bedeutung einer Information kann vielfach im Stadium vor ihrer Erhebung und zuweilen selbst im unmittelbaren [X.] hieran noch nicht abschließend bewertet werden. Es liegt im Wesen der journalistischen Recherche, dass sie teilweise von unbewiesenen Hypothesen ausgeht und sich so ihr Zweck auch in der Falsifizierung bzw. darin erfüllen kann, dass von einer Publikation Abstand genommen wird. Der Aussagegehalt einzelner Informationen ergibt sich unter Umständen erst aus der Verknüpfung mit anderen, möglicherweise später gewonnenen Informationen. Einzelne Informationen können, auch wenn sie selbst nicht [X.] sind, Anhaltspunkte für die Gewinnung weiterer Informationen liefern oder zur Neubewertung bereits vorliegender Informationen führen. Aus alledem ergibt sich die Notwendigkeit journalistischer Freiräume im Rahmen von [X.] und hier insbesondere bei der Beurteilung der sachlichen Notwendigkeit angefragter Informationen. Der Komplexität und möglichen [X.] von Rechercheprozessen wird es nicht gerecht, wenn das Gewicht eines geltend gemachten [X.] von einer journalistischen Relevanzprüfung abhängig gemacht würde (vgl. auch [X.], Urteil vom 1. Oktober 2014 - 6 C 35.13 - [X.] 11 Art. 5 Abs. 1 GG Nr. 3 Rn. 41).

3. Soweit über den Antrag in der Sache zu entscheiden war, beruht die Kostenentscheidung auf § 154 Abs. 1 VwGO. Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, folgt die Kostenentscheidung aus § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Es entspricht billigem Ermessen, die Kosten auch insoweit der Antragsgegnerin aufzuerlegen. Sie hat die begehrte Information in dem Erörterungstermin vor dem Verwaltungsgericht erteilt und dadurch zu erkennen gegeben, dass kein Grund für die Versagung der Auskunft bestand. Eventuelle Mehrkosten, welche durch die Anrufung des sachlich unzuständigen [X.] entstanden sind, hat gemäß § 173 VwGO, § 281 Abs. 3 Satz 2 ZPO der Antragsteller zu tragen. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.

Meta

6 VR 2/15

22.09.2015

Bundesverwaltungsgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: VR

Art 5 Abs 1 S 2 GG, § 3 Nr 8 IFG, § 123 Abs 1 VwGO, § 123 Abs 3 VwGO, § 44 Abs 1 S 1 VSA

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 22.09.2015, Az. 6 VR 2/15 (REWIS RS 2015, 5105)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 5105

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