Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.03.2019, Az. II ZB 19/18

2. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 9520

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Gegenstand

Zulässigkeit der Berufung: Beschwer bei der Kostentragungspflicht und Spielabsetzung eines Schiedsrichters


Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des [X.] vom 20. Juli 2018 wird auf seine Kosten verworfen.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt bis zu 300 €.

Gründe

I.

1

Der Kläger war Schiedsrichter im Spielbetrieb des [X.], eines eingetragenen Vereins. Mit E-Mail vom 18. März 2014 zog ein Vizepräsident der [X.] den Kläger wegen fehlender Kader-Kleidung bis zum [X.] der korrekten Hemden von allen Spielen ab. Wegen einer Beschwerde der Vereine B.     und M.            kündigte der Vizepräsident weiter an, den Kläger bis zur endgültigen Klärung bei allen Spielen dieser Vereine nicht mehr einzusetzen.

2

Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Berufung beim Rechtsausschuss des [X.] ein. Im laufenden Verfahren wurde die angegriffene Entscheidung insoweit aufgehoben, als der Kläger wegen fehlender Kader-Kleidung bis auf weiteres von allen Spielen abgesetzt worden ist. Mit Entscheidung vom 22. Mai 2014 stellte der Rechtsausschuss des [X.] fest, dass der Antrag des [X.] in der Hauptsache teilweise erledigt ist, wies seine weitergehende Berufung zurück und erlegte dem Kläger die Verfahrenskosten in Höhe von 104 € auf.

3

Der Kläger hat sich vor dem Amtsgericht gegen die Entscheidung des Rechtsausschusses gewandt und, soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Bedeutung, die Feststellung der Nichtigkeit der Entscheidung sowie Zahlung von 104 € begehrt. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und den Streitwert auf bis 2.000 € festgesetzt. Die gegen das erstinstanzliche Urteil gerichtete Berufung des [X.] hat das Berufungsgericht wegen Nichterreichens der [X.] als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des [X.].

II.

4

Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO), form- und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde des [X.] (§ 575 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 3 ZPO) ist nicht zulässig. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert keine Entscheidung des [X.] (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO).

5

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft, aber unzulässig. Es fehlt an dem nach § 574 Abs. 2 ZPO erforderlichen Zulassungsgrund. Die Rechtsbeschwerde macht unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) eine Verletzung der Verfahrensgrundrechte auf Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG geltend. Solche Rechtsverletzungen liegen jedoch nicht vor.

6

1. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

7

Die in § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO bestimmte [X.] von 600 € sei nicht erreicht. Die Beschwer aus der Abweisung einer Nichtigkeitsklage entspreche der Beschwer, die sich für die [X.] aus den ihr nachteiligen Entscheidungen des [X.] ergebe. Die Entscheidung des Vizepräsidenten vom 18. März 2014 sei im laufenden Verfahren durch den Schiedsrichterwart teilweise aufgehoben worden, so dass insoweit abgesehen von den Kosten in Höhe von 104 € keine konkrete Beschwer ersichtlich sei. Die weitere Entscheidung lasse eine über 175 € hinausgehende Beschwer nicht erkennen. Dies sei der Betrag, den der Kläger selbst für die ihm entzogenen acht Spiele angesetzt habe. Eine höhere Beschwer des [X.] ergebe sich weder aus dem Umstand, dass er nach eigenen Angaben eine bekannte Person im Basketball sei, noch aus seiner Behauptung, er sei noch immer teilweise gesperrt, nämlich für Spiele, an denen bestimmte Teams beteiligt seien. Eine Sperre für Spiele von bestimmten Teams sei weder in diesem Zivilverfahren noch im Verfahren vor dem Rechtsausschuss des [X.] gegenständlich gewesen. Auch eine über acht Spiele hinausgehende Sperre sei weder ausgesprochen noch vom Kläger zur Überprüfung gestellt worden. Ein Zulassungsgrund nach § 511 Abs. 4 ZPO sei nicht gegeben. Die Sache habe keine grundsätzliche Bedeutung.

8

2. Das Berufungsgericht hat die Berufung des [X.] rechtsfehlerfrei als unzulässig verworfen.

9

Zutreffend hat das Berufungsgericht die mit der Berufung geltend gemachte Beschwer des [X.] mit 104 € und 175 €, mithin insgesamt 279 € bestimmt und insoweit die Grenzen des ihm nach § 3 ZPO eingeräumten tatrichterlichen Ermessens nicht überschritten.

a) Soweit die Zulässigkeit einer Berufung vom Wert des [X.] abhängt (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und das Berufungsgericht diesen zulässigerweise nach freiem Ermessen (§ 3 ZPO) festgesetzt hat, beschränkt sich die Prüfungskompetenz des [X.] darauf, ob das Berufungsgericht von dem nach § 3 ZPO eingeräumten Ermessen rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht hat; dies ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn das Gericht bei der Bewertung des [X.] maßgebliche Tatsachen verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt oder erhebliche Tatsachen unter Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) nicht festgestellt hat. Denn der Sinn des dem Berufungsgericht eingeräumten Ermessens würde verfehlt, wenn das Rechtsbeschwerdegericht berechtigt und verpflichtet wäre, ein vom Berufungsgericht fehlerfrei ausgeübtes Ermessen durch eine eigene Ermessensentscheidung zu ersetzen. Diese Beschränkung begrenzt zugleich die Möglichkeit des [X.], Tatsachen zu berücksichtigen, die erstmals im Verfahren der Rechtsbeschwerde geltend gemacht werden ([X.], Beschluss vom 15. Juni 2011 - [X.], NJW 2011, 2974 Rn. 4 mwN).

Für die Festsetzung der Beschwer ist das wirtschaftliche Interesse des Rechtsmittelklägers an dem Erfolg seines Rechtsmittels maßgebend. Dabei ist grundsätzlich auf den unmittelbaren Gegenstand der Entscheidung abzustellen. Der tatsächliche oder rechtliche Einfluss der Entscheidung auf andere Rechtsverhältnisse bleibt außer Betracht ([X.], Beschluss vom 7. November 2006 - [X.], [X.], 707 Rn. 11 mwN).

b) Gemessen hieran ist die Bewertung der Beschwer durch das Berufungsgericht nicht rechtsfehlerhaft. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das Berufungsgericht alle maßgeblichen Tatsachen verfahrensfehlerfrei berücksichtigt. Die Rechtsbeschwerde verkennt bereits im Ansatz, dass Gegenstand der Entscheidung des Berufungsgerichts allein die Entscheidung des Rechtsausschusses der [X.] vom 22. Mai 2014 über die Entscheidung des Vizepräsidenten vom 18. März 2014, soweit sie nicht durch den Schiedsrichterwart aufgehoben worden ist, und die dem Kläger durch die Teilaufhebung entstandenen Kosten sind.

aa) Der Kläger wird durch die Erledigung der Entscheidung über den Abzug von [X.] im sportgerichtlichen Verfahren über die ihm dort auferlegten Kosten in Höhe von 104 € hinaus vermögensrechtlich nicht beschwert. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Zeitraum von drei [X.] der Entscheidung des Vizepräsidenten am 18. März 2014 und deren Erledigung am 21. März 2014. Es ist vom Kläger weder vorgetragen noch im Übrigen ersichtlich, ob in diesem Zeitraum überhaupt ein Spiel stattgefunden hat, für das eine Ansetzung des [X.] als Schiedsrichter in Betracht gekommen wäre.

bb) Eine 175 € übersteigende Beschwer ergibt sich auch nicht aus dem Einwand der Rechtsbeschwerde, wonach unberücksichtigt geblieben sei, dass der Kläger nicht nur in den angeführten acht Spielen der Vereine B.     und M.           nicht eingesetzt worden, sondern seine Tätigkeit bei dem [X.] als Schiedsrichter bis zum heutigen Tage eingeschränkt sei.

Entgegen den Ausführungen der Rechtsbeschwerde handelt es sich bei der Entscheidung des Vizepräsidenten vom 18. März 2014 bereits nicht um eine Absetzung und Nichtberücksichtigung des [X.] im gesamten Bereich des [X.]. Vielmehr heißt es dort ausdrücklich, dass die Absetzung des [X.] von allen Spielen der beiden beschwerdeführenden Vereine nur bis zur endgültigen Klärung erfolge. Gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Kläger nur für acht Spiele der Vereine B.     und M.            abgesetzt worden ist, ist von Rechts wegen nichts zu erinnern. Damit ist der Kläger keiner dauerhaften Einschränkung seiner Schiedsrichtertätigkeit beim [X.] unterworfen worden. Gegenstand der Berufung des [X.] war auch nicht die Verpflichtung des [X.], ihn bei weiteren Spielen als Schiedsrichter einzusetzen. Dementsprechend hat das Berufungsgericht zutreffend festgestellt, dass sich das Rechtsschutzbegehren des [X.] insoweit auf den Entzug von acht Spielen und den dadurch eingetretenen, vom Kläger selbst für diese Spiele so bezifferten Vermögensschaden in Höhe von 175 € beschränkt.

Es sind entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde auch keine Parallelen zur Wertbemessung bei einem Vereinsausschluss zu ziehen. Der Kläger ist weder aus einem Verein ausgeschlossen worden noch ist er nach den getroffenen Feststellungen dauerhaft für eine Schiedsrichtertätigkeit beim [X.] gesperrt worden.

cc) Soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, dass der Kläger eine bekannte Schiedsrichterpersönlichkeit und die ihn belastende Entscheidung im gesamten Bereich des [X.] bekannt gegeben worden sei, so dass sämtliche Vereine, Teams und Spieler von dieser Absetzung Kenntnis erhalten hätten, könnte selbst die Berücksichtigung eines Affektionsinteresses des [X.] wegen der vorübergehenden Absetzung von nicht mehr als acht Spielen nicht zu einer Erhöhung der Beschwer über 300 € hinaus führen.

Drescher     

        

Wöstmann     

        

Born   

        

Bernau     

        

V. Sander     

        

Meta

II ZB 19/18

12.03.2019

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Duisburg, 20. Juli 2018, Az: 7 S 54/18

§ 3 ZPO, § 511 Abs 2 Nr 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.03.2019, Az. II ZB 19/18 (REWIS RS 2019, 9520)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 9520


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 2 BvR 847/19

Bundesverfassungsgericht, 2 BvR 847/19, 26.05.2020.


Az. II ZB 19/18

Bundesgerichtshof, II ZB 19/18, 12.03.2019.


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II ZB 20/10

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