Bundessozialgericht, Beschluss vom 04.04.2012, Az. B 12 SF 1/10 R

12. Senat | REWIS RS 2012, 7453

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Rechtsweg - Auskunftsanspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz - Insolvenzverwalter gegen gesetzliche Krankenkasse - vom Insolvenzschuldner abgeführte Sozialversicherungsbeiträge an Einzugsstelle


Leitsatz

Für die allein auf Auskunft nach dem Informationsfreiheitsgesetz über die vom Insolvenzschuldner an die Einzugsstelle abgeführten Sozialversicherungsbeiträge gerichtete Klage eines Insolvenzverwalters gegen eine Krankenkasse ist der Rechtsweg zu den allgemeinen Verwaltungsgerichten gegeben.

Tenor

Die weitere Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des [X.] vom 12. November 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

I. Streitig ist der Rechtsweg für die [X.]lage eines Insolvenzverwalters gegen eine [X.]rankenkasse (Einzugsstelle), welche seinen Antrag nach § 1 Abs 1 [X.] Informationsfreiheitsgesetz ([X.]; vom 5.9.2005, [X.] 2722) auf Auskunft über die vom Insolvenzschuldner an die Beklagte abgeführten Sozialversicherungsbeiträge und auf Überlassung einer [X.]ontoübersicht, aus der die jeweilige Zahlung und das entsprechende Datum ersichtlich sind, ablehnte.

2

Der [X.]läger hat nach erfolglosem Widerspruch entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung [X.]lage vor dem [X.] erhoben und gleichzeitig die Verweisung des Rechtsstreits an das [X.] beantragt. Mit Beschluss vom [X.] hat das [X.] den Rechtsweg zu den Sozialgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das [X.] verwiesen. Die Beschwerde der Beklagten hat das L[X.] mit Beschluss vom 12.11.2010 zurückgewiesen, da für die Entscheidung über den geltend gemachten Auskunftsanspruch nach dem [X.] die Verwaltungsgerichte zuständig seien. Es handele sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art. Das [X.] enthalte keine Zuweisung an eine andere Gerichtsbarkeit. Eine Zuweisung an die Sozialgerichtsbarkeit ergebe sich weder aus § 51 Abs 1 [X.] [X.]G noch aus [X.] dieser Norm. Das dem Streit zugrundeliegende Rechtsverhältnis sei keine Angelegenheit der gesetzlichen [X.]rankenversicherung ([X.]), weil der geltend gemachte Auskunftsanspruch weder im [X.]B V geregelt sei, noch im Rahmen eines [X.]rankenversicherungsverhältnisses erhobene Daten betreffe. Der Streit gehöre auch nicht zu den sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung. Er stehe nicht im engen sachlichen Zusammenhang mit einem Sozialverwaltungsverfahren. Der Anspruch nach dem [X.] sei voraussetzungslos und stehe jedermann, also auch nicht an einem Verfahren beteiligten [X.], zu und könne außerhalb laufender Verfahren geltend gemacht werden. Es werde auch nicht um Beiträge zur Sozialversicherung gestritten. Gegenstand des Streits sei vielmehr ein gegenüber der Aufgabenwahrnehmung nach dem [X.]B eigenständiger, speziell geregelter Auskunftsanspruch, über den ein selbstständiges, im [X.] geregeltes Verwaltungsverfahren zu führen sei, für das ausschließlich auf die VwGO Bezug genommen werde. Der Verweisung stehe auch nicht entgegen, dass das [X.] über den Anspruch unter allen rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden habe, da es für das geltend gemachte Informationsbegehren keine der Sozialgerichtsbarkeit zugeordnete Grundlage - insbesondere nicht aus § 83, § 25 [X.]B X oder aus dem aus allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen hergeleiteten verfahrensunabhängigen Akteneinsichtsrecht - gebe.

3

Mit der weiteren Beschwerde rügt die Beklagte sinngemäß eine Verletzung des § 17a Abs 2 [X.] [X.], wonach eine Verweisung nur dann statthaft sei, wenn der beschrittene Rechtsweg schlechthin, dh für den [X.] mit allen in Betracht kommenden [X.]lagegründen, ausgeschlossen sei. Vorliegend sei das Begehren auf Einsicht in das bei der Beklagten über den Insolvenzschuldner geführte [X.] gerichtet, also auf Akteneinsicht iS des § 25 [X.]B X. Hierfür sei der Rechtsweg zu den [X.]en gegeben, die dann gleichzeitig über das rechtswegfremde Auskunftsersuchen nach [X.] mitzuentscheiden hätten. Ergänzend nimmt sie Bezug auf die Gründe des Beschlusses des L[X.] Nordrhein-Westfalen vom 26.4.2010 - L 16 [X.]/09 SV.

4

Die Beklagte beantragt,
die Beschlüsse des [X.] vom 15. März 2010 und des [X.] vom 12. November 2010 aufzuheben und festzustellen, dass der Rechtsweg zum [X.] zulässig ist.

5

Der [X.]läger stellt keinen Antrag. Er verteidigt den angefochtenen Beschluss und macht sich dessen Begründung zu eigen. Er hebt hervor, keinen Anspruch auf Akteneinsicht nach § 25 [X.]B X geltend zu machen. Er begehre einzig Auskunft darüber, welche Zahlungen in einem gewissen [X.]raum an die Beklagte erbracht wurden. Zudem scheide § 25 [X.]B X als Anspruchsgrundlage im vorliegenden Fall von vornherein aus, da danach der Anspruch auf Akteneinsicht auf ein anhängiges Verwaltungsverfahren beschränkt sei und nicht selbstständig im [X.]lageverfahren geltend gemacht werden könne.

6

II. Die weitere Beschwerde der Beklagten, über die der Senat ohne Zuziehung [X.] entscheiden konnte (§ 12 Abs 1 S 2, § 153 Abs 1, § 165 [X.]G), ist nach § 177 und § 202 [X.]G iVm § 17a Abs 4 S 4 [X.] statthaft, weil das L[X.] den Rechtsbehelf zugelassen hat und die Entscheidung für das B[X.] bindend ist (§ 202 [X.]G iVm § 17a Abs 4 S 6 [X.]). Sie ist auch fristgerecht erhoben worden, weil sie in entsprechender Anwendung des § 173 [X.]G sowohl beim L[X.] als auch beim B[X.] eingelegt werden konnte (B[X.] [X.] 3-1500 § 51 [X.]4; B[X.] [X.]-1720 § 17a [X.]; [X.] in Meyer-Ladewig/[X.]/[X.], [X.]G, 10. Aufl 2012, § 51 Rd[X.] 61) und beim B[X.] innerhalb der Monatsfrist eingegangen ist.

7

In der Sache erweist sich die weitere Beschwerde der Beklagten als unbegründet. Nach § 202 [X.]G iVm § 17a Abs 2 [X.] [X.] spricht das Gericht, wenn der zu ihm beschrittene Rechtsweg unzulässig ist, dies aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Eine Verweisung des Rechtsstreits ist jedoch nur dann geboten und zulässig, wenn der beschrittene Rechtsweg schlechthin, dh für den [X.] mit allen in Betracht kommenden [X.]lagegründen, unzulässig ist (BVerwG vom 15.12.1992 - 5 [X.]/91 - [X.] 44, 53 = [X.] 1993, 800 mwN). Anderenfalls entscheidet das angegangene Gericht des zulässigen Rechtsweges nach § 17 Abs 2 [X.] [X.] den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden - also auch für ihn rechtswegfremden - rechtlichen Gesichtspunkten.

8

Vorliegend hat das L[X.] zu Recht die Beschwerde gegen den Beschluss des [X.], mit dem dieses den Rechtsstreit an das [X.] verwiesen hat, zurückgewiesen. Für den mit der [X.]lage geltend gemachten Anspruch (hierzu 1.) ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet (§ 40 Abs 1 [X.] VwGO), denn der Rechtsstreit ist öffentlich-rechtlicher Natur und nichtverfassungsrechtlicher Art (hierzu 2.); er ist auch nicht durch [X.] einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen, insbesondere fällt er nicht nach § 51 [X.]G in den Zuständigkeitsbereich der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit (hierzu 3.). Soweit wegen des Sitzes der Beklagten im dortigen Gerichtsbezirk das [X.] örtlich zuständig sein dürfte (§ 52 [X.] [X.] VwGO) und nicht das [X.], an welches das [X.] den Rechtsstreit hinsichtlich des Rechtsweges zutreffend verwiesen hat, wäre eine ggf notwendige [X.]orrektur durch (weitere) Verweisung wegen örtlicher Unzuständigkeit dem [X.] vorbehalten (vgl [X.], 374 = AP [X.]9 zu § 36 ZPO; BAG AP [X.]3 zu § 17a [X.] = NJW 1996, 742).

9

1. Die Zulässigkeit des Rechtsweges richtet sich nach dem Streitgegenstand. Dieser wird durch den geltend gemachten prozessualen Anspruch, dh durch den [X.]lageantrag und den [X.]lagegrund im Sinne eines bestimmten Sachverhalts bestimmt (stRspr zB B[X.] [X.]-1500 § 51 [X.] Rd[X.]6 mwN; vgl auch B[X.] [X.]-1500 § 51 [X.] Rd[X.]7 mwN).

Der Streitgegenstand ist vorliegend der vom [X.]läger erhobene Anspruch auf Auskunftserteilung über vom Insolvenzschuldner an die Beklagte auf das [X.] zur Betriebsnummer 62008309 in der [X.] vom 1.7.2007 bis 14.4.2008 bzw danach entrichtete Zahlungen. Hierfür beruft sich der [X.]läger in ausdrücklicher Abgrenzung gegenüber dem Anspruch auf Akteneinsicht nach § 25 [X.]B X ausschließlich auf § 1 Abs 1 [X.] [X.], wodurch er den geltend gemachten Anspruch weiter konkretisiert (anders im Beschluss des [X.] vom 10.2.2011 - [X.]/10 - ZIP 2011, 883, in dem der Insolvenzverwalter - für die Rechtswegzuordnung aus Sicht des [X.] offenbar entscheidend - allgemeine Einsicht in die beim Finanzamt über den Schuldner geführten Vollstreckungsakten begehrt hat). Andere, unbestritten dem sozialgerichtlichen Rechtsweg zugewiesene "Informations"-Rechte, insbesondere aus § 25 und § 83 [X.]B X oder § 14, § 15 [X.]B I, stehen einer Verweisung des Rechtsstreits auch mit Rücksicht auf § 17 Abs 2 [X.] [X.] nicht entgegen. Insofern kommt es entgegen der Ansicht der Beklagten, nicht darauf an, ob die Voraussetzungen der genannten Vorschriften (im Ergebnis) "offensichtlich" nicht gegeben sind. Der im Beschluss des L[X.] Nordrhein-Westfalen vom 26.4.2010 - L 16 [X.]/09 SV -, auf den die Beklagte ihre Ansicht stützt, wiedergegebenen Rechtsprechung zu § 17 Abs 2 [X.] [X.] ist ein solches Erfordernis nicht zu entnehmen. Denn diese Rechtsprechung betrifft nur die Vermeidung aufdrängender [X.], weshalb offensichtlich von vornherein nicht gegebene Anspruchsgrundlagen, auf die sich ein [X.]läger beruft und für die der beschrittene Rechtsweg zulässig wäre, einer Verweisung nicht entgegenstehen sollen ([X.] vom [X.] - [X.] - [X.] 1991, 227; BVerwG Beschluss vom 15.12.1992 - 5 [X.]/91 - [X.] 44, 53 = [X.] 1993, 800 mwN). Vorliegend ist jedoch darüber zu befinden, ob eine vom [X.]läger ausdrücklich nicht herangezogene Anspruchsgrundlage des eingeschlagenen Rechtsweges der Verweisung entgegensteht, die vom Streitgegenstand umfasst und deshalb durch das angegangene Gericht zu prüfen ist. Um insoweit unzulässige Rechtswegverschiebungen auszuschließen genügt es schon, wenn die mit einer alternativen Anspruchsgrundlage verbundene Rechtsfolge inhaltlich nicht dem mit der [X.]lage geltend gemachten Begehren entspricht. So verhält es sich hier.

Vorliegend geht nämlich der mit der [X.]lage geltend gemachte Auskunftsanspruch über den sozialrechtlichen Anspruch auf Akteneinsicht nach § 25 [X.]B X hinaus. Zwar ist die Verweigerung der Akteneinsicht, wenn sie - was hier allenfalls in Frage kommt - außerhalb eines konkreten Verwaltungsverfahrens beantragt wird, auch isoliert mit der [X.]lage anfechtbar (B[X.] [X.] 3-1500 § 144 [X.] S 9 f mwN), jedoch ist der Anspruch - entgegen dem auf eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung gerichteten [X.]lagebegehren - auf eine Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen beschränkt (vgl B[X.] [X.] 3-1300 § 25 [X.] [X.]3; noch offengelassen B[X.] [X.] 3-1500 § 144 [X.] S 8; vgl [X.] in [X.]/[X.], [X.]B X, Stand der Einzelkommentierung 7/2010, [X.] § 25 Rd[X.]a; [X.]rasney in [X.]asseler [X.]omm, Stand der Einzelkommentierung 12/2003, § 25 [X.]B X Rd[X.]; [X.]/[X.]allerhoff in [X.]/[X.]/Sachs, [X.], 7. Aufl 2008, § 29 Rd[X.]8, 38). Darüber hinaus begehrt der [X.]läger nicht die Einsicht in Unterlagen oder Dateien der Beklagten, sondern Auskunft über die in einem bestimmten [X.]raum tatsächlich vom Insolvenzschuldner geleisteten Zahlungen. Dies setzt eine Auswertung der Akten bzw des elektronisch geführten [X.]s durch die Beklagte voraus, die vom Recht auf Akteneinsicht nicht umfasst ist (vgl B[X.] [X.] 3-1300 § 25 [X.] [X.]1).

Auch der Auskunftsanspruch nach § 83 [X.]B X entspricht nicht dem vom [X.]läger verfolgten [X.]lageziel. § 83 [X.]B X dient unter bereichsspezifischer Übertragung der datenschutzrechtlichen Auskunftsrechte des § 19 [X.] (BD[X.]) dazu, die Rechte der Betroffenen in den Sozialleistungsbereichen zu verstärken, insbesondere durch erweiterte Auskunftsrechte; so soll der Betroffene sich die [X.]enntnis von der Verarbeitung seiner [X.] verschaffen können, etwa um die Zulässigkeit der Verarbeitung und Richtigkeit der Daten überprüfen zu können (vgl Gesetzentwurf der [X.]regierung zur Änderung von Vorschriften des [X.] über den Schutz der [X.] sowie zur Änderung anderer Vorschriften, BT-Drucks 12/5187 [X.] unter [X.] S 27 unter [X.] 3. und [X.] zu § 83). Voraussetzung des § 83 [X.]B X ist demzufolge, dass der Betroffene (§ 67 Abs 1 [X.] [X.]B X) Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten [X.] verlangt (vgl B[X.]E 107, 86 = [X.]-1300 § 83 [X.], Rd[X.]5). Als Rechtsfolge ist dem Betroffenen Auskunft ua über die zu seiner Person gespeicherten [X.] zu erteilen. Das Begehren des [X.]lägers ist jedoch nicht auf Auskünfte über die zu seiner (eigenen) Person gespeicherten Daten, sondern über [X.] des Insolvenzschuldners gerichtet.

Auch die Beratungs- und Auskunftsansprüche nach § 14 und § 15 [X.]B I entsprechen nicht dem vom [X.]läger verfolgten [X.]lageziel und Anspruch, denn die Beratungspflicht der Sozialleistungsträger erstreckt sich grundsätzlich nur auf die Gewährleistung der [X.] Rechte nach dem [X.]B (B[X.] [X.]-1200 § 14 [X.] = [X.]-1200 § 46 [X.]). Die Auskunftspflicht - wie auch die Beratungspflicht - bezieht sich jedoch nicht auf Angelegenheiten, die keine [X.] Angelegenheiten nach dem [X.]B darstellen (B[X.]E 59, 76 = [X.] 1300 § 67 [X.]). Dies gilt insbesondere auch für Auskünfte an Dritte, die zur Durchsetzung anderer als der [X.] Rechte nach dem [X.]B dienen, wie sie auch hier vom [X.]läger beansprucht werden.

2. Für den Rechtsstreit, dessen Streitgegenstand somit allein ein Auskunftsanspruch nach § 1 Abs 1 [X.] [X.] bildet, ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

Dies ergibt sich allerdings nicht schon aus § 9 [X.], obwohl die amtliche Überschrift anderes nahelegt. Denn der insoweit allenfalls einschlägige § 9 Abs 4 [X.] enthält - jedenfalls in Abgrenzung zu den besonderen Verwaltungsgerichten (diese übersieht [X.], [X.], § 9 Rd[X.]3) - keine Rechtswegzuweisung zugunsten der (allgemeinen) Verwaltungsgerichte (vgl [X.], [X.], § 9 Rd[X.] 62, 66 ff mwN; [X.] [X.]/[X.], [X.], § 9 Rd[X.]4). Der Inhalt der Norm beschränkt sich vielmehr auf die Festschreibung eines Rechtsschutzes durch Benennung bestimmter Rechtsbehelfe und eine Sonderregelung zum Widerspruchsverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der VwGO. Auch wenn die ausdrückliche Erwähnung der VwGO in § 9 Abs 4 S 2 [X.] und in der Entwurfsbegründung hierzu (Gesetzentwurf der Fraktionen [X.] und [X.][X.] zum [X.], BT-Drucks 15/4493 [X.]6 zu § 9 Abs 4) in Zusammenschau mit dem Fehlen einer entsprechenden Sonderregelung zu § 78 [X.]G den Schluss nahelegt, der Gesetzgeber habe - in erster Linie - an Rechtsschutz durch die (allgemeinen) Verwaltungsgerichte gedacht, hat dieses - anders als zB in § 6 Abs 1 [X.] - keinen hinreichend deutlichen Niederschlag im Wortlaut der Norm gefunden.

Der Verwaltungsrechtsweg ist hier gleichwohl nach § 40 Abs 1 [X.] VwGO eröffnet. Nach dieser Vorschrift ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeit nicht durch [X.] einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist.

Das mit dem Auskunftsersuchen des [X.]lägers zwischen den Beteiligten begründete Rechtsverhältnis, aus dem der [X.] hergeleitet wird, ist öffentlich-rechtlicher Natur (zur Abgrenzung zwischen öffentlich- oder bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten vgl [X.] [X.]Z 102, 280 = [X.] 1500 § 51 [X.]7 S 82 ff mwN). Dabei kommt es nicht darauf an, dass der [X.]läger zum Insolvenzverwalter über das Vermögen des (Beitrags-)Schuldners bestellt worden ist, über dessen Zahlungen an die Beklagte er Auskünfte begehrt. Gleichzeitig ist unerheblich, ob die Beklagte möglicherweise Gläubigerin in diesem Insolvenzverfahren ist. Denn weder Grund noch Gegenstand des mit der [X.]lage geltend gemachten Anspruchs liegen im Insolvenzrecht, sondern in dem durch den Antrag des [X.]lägers begründeten verwaltungsrechtlichen Verfahrensverhältnis. In diesem stehen sich die Beklagte und der [X.]läger in einem Verhältnis der Über- und Unterordnung gegenüber und bedient sich die Beklagte als Trägerin hoheitlicher Gewalt der besonderen, ihr durch das [X.] zugeordneten Rechtssätze des öffentlichen Rechts. Die Streitigkeit ist nichtverfassungsrechtlicher Art, weil sie nicht auf Grund verfassungs- oder einfachgesetzlicher Rechtsvorschriften in die [X.]ompetenz der Verfassungsgerichte fällt und auch die Auslegung und Anwendung verfassungsrechtlicher Normen nicht [X.] des Rechtsstreits bildet bzw das streitige Rechtsverhältnis nicht entscheidend vom Verfassungsrecht geformt wird (vgl BVerwGE 50, 124, 130; 80, 355, 357).

3. Der allein über einen Auskunftsanspruch nach § 1 Abs 1 [X.] [X.] geführte Rechtsstreit ist nicht iS des § 40 Abs 1 [X.] Halbs 2 VwGO durch [X.] einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen. Insbesondere besteht keine Sonderzuweisung gemäß § 51 [X.]G zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, da die Voraussetzungen hierfür nach § 51 Abs 1 [X.] oder [X.] [X.]G, die insoweit allein in Betracht kommen, nicht gegeben sind.

Eine Zuständigkeit der [X.]e ergibt sich nicht aus § 51 Abs 1 [X.] [X.]G. Danach entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit ua über öffentlich-rechtliche und iVm § 51 Abs 2 [X.] [X.]G auch privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der [X.], auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen sind. Der umfassende Wortlaut, der alle die [X.] betreffenden Angelegenheiten erfasst, seien sie privat- oder öffentlich-rechtlicher Art, weist Rechtsstreitigkeiten aus dem öffentlich-rechtlichen Rechts- und [X.] der [X.]rankenkassen, der unmittelbar ihre öffentlichen Aufgaben betrifft, den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zu (zB B[X.] [X.]-1500 § 51 [X.] Rd[X.]4 ff mwN). Der geltend gemachte Auskunftsanspruch betrifft auch keine Angelegenheit des Sozialversicherungsrechts iS von § 51 Abs 1 [X.] [X.]G, der als Auffangregelung öffentlich-rechtliche Streitigkeiten des Sozialversicherungsrechts erfasst, die nicht den einzelnen Versicherungszweigen zugeordnet werden können (Regierungsentwurf zum 6. [X.]GÄndG, [X.] [X.] zu [X.]2).

Um eine solche Streitigkeit iS der vorgenannten Normen handelt es sich hier nicht, weil insbesondere kein Anspruch nach §§ 28a ff [X.]B IV umstritten ist, der die Beklagte als Einzugsstelle in ihrem besonderen sozialrechtsspezifischen [X.] gegenüber dem [X.]läger als Insolvenzverwalter betrifft. Allein die Tatsache, dass Adressat des geltend gemachten Auskunftsanspruchs eine [X.]rankenkasse - hier die Beklagte in ihrer Funktion als Einzugsstelle iS von § 28h [X.]B IV - ist und Sachverhalte im Zusammenhang mit der Erhebung von Beiträgen auf Grundlage von Normen des Sozialversicherungsrechts den inhaltlichen Gegenstand des Auskunftsanspruchs bilden, genügt hierfür nicht. Vielmehr kommt es vorrangig darauf an, ob die Vorschriften, die zur [X.]lärung der streitigen Rechtsfragen heranzuziehen und auszulegen sind, zumindest im Grundsatz im [X.]B geregelt sind (so für die Pflegeversicherung vgl B[X.] [X.] 3-1500 § 51 [X.]5 S 62, 64; B[X.] [X.]-1500 § 51 [X.] Rd[X.] 8). Dies ist bei dem vorliegend allein streitgegenständlichen Auskunftsanspruch nach dem [X.] gerade nicht der Fall; denn Anspruchsgrundlage, Anspruchsberechtigung, sachlicher Anwendungsbereich, Ausnahme- und Beschränkungstatbestände dieses Anspruchs sowie das diesbezügliche Verfahren sind umfassend und speziell in diesem Gesetz geregelt (vgl [X.], [X.], [X.] Rd[X.]27 f), nicht aber im [X.]B IV. Zudem ergibt sich aus § 1 Abs 3 [X.], wonach Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen mit Ausnahme des § 29 [X.] und § 25 [X.]B X dem Anspruch nach dem [X.] vorgehen, dass der [X.]-Anspruch ein aliud gegenüber den bereichsspezifischen Informationszugangsrechten darstellt und in seinen Voraussetzungen unabhängig von diesen Rechten besteht. Die [X.]lärung der streitigen Rechtsfragen wird daher anhand von Vorschriften zu erfolgen haben, die gerade nicht dem materiellen oder formellen Sozialrecht angehören.

Es ist auch keine andere Begründung für einen spezifischen Bezug des geltend gemachten Auskunftsanspruchs zum sozialrechtlich begründeten Rechts- und [X.] der [X.]rankenkassen zu erkennen. Der Auskunftsanspruch trifft nach § 1 Abs 1 [X.] unabhängig vom jeweiligen Zuständigkeits- bzw Tätigkeitsbereich oder den ihrer Errichtung zugrundeliegenden Vorschriften alle Behörden, Organe und Einrichtungen des [X.], letztere, soweit sie öffentlich-rechtliche [X.]n wahrnehmen (§ 1 Abs 1 S 2 [X.]). Anknüpfungspunkt für den vom [X.]läger geltend gemachten Auskunftsanspruch ist auch im Falle der Beklagten nur deren Eigenschaft als Teil der [X.]verwaltung (§ 4 Abs 1 [X.]B V, § 29 [X.]B IV iVm Art 86, 87 Abs 2 GG; zum Begriff Behörden des [X.] vgl allg [X.], [X.], § 1 Rd[X.] 77 ff), nicht jedoch ihr im Sozialversicherungsrecht begründeter Status als Leistungsträger der [X.] (§ 12 iVm § 21 Abs 2 [X.]B I) oder ihr Aufgabenkreis nach §§ 28h ff [X.]B IV. Ein Bezug zum Sozialversicherungsrecht fehlt auch dem Gegenstand des Auskunftsanspruchs, der primär auf Zugang (eines [X.]) zu amtlichen Informationen gerichtet ist (§ 1 Abs 1 [X.] [X.]), also zu einer amtlichen Zwecken dienenden Aufzeichnung (§ 2 [X.] [X.]). Das Rechtsgebiet, aus dem die Information, die Grundlage oder der Zweck ihrer Aufzeichnung oder die im Zusammenhang mit ihr verfolgte [X.] entstammen, ist für den Auskunftsanspruch grundsätzlich unbeachtlich, denn der bloß äußere Zusammenhang der vorliegend begehrten Informationen mit den (Beitrags-)Zahlungspflichten des Insolvenzschuldners nach § 28e [X.]B IV ist kein gesetzlicher Anknüpfungspunkt für den geltend gemachten Anspruch nach dem [X.]. Ebenso muss für die Frage der Rechtswegzuordnung unbeachtlich bleiben, ob dem Anspruch nach dem [X.] möglicherweise sozialrechtliche Hindernisse - zB des [X.]schutzes oder aus §§ 28a ff [X.]B IV - entgegenstehen (zur Unbeachtlichkeit von [X.] insoweit allg B[X.] [X.]-1500 § 51 [X.] Rd[X.]7).

4. Die [X.]ostenentscheidung (zu deren Notwendigkeit vgl B[X.] [X.] 3-1500 § 51 [X.]5 und 27; B[X.] [X.]-1720 § 17a [X.]; BVerwGE 103, 26, 32; [X.], NJW 1993, 2541) beruht auf § 197a Abs 1 [X.] [X.]G iVm § 154 Abs 2 VwGO (entsprechende Anwendung).

5. Für die Festsetzung eines Streitwerts nach § 197a Abs 1 [X.] [X.]G iVm § 63 Abs 2 [X.] iVm Abs 1 [X.] G[X.]G bestand keine Veranlassung, weil sich die Gerichtsgebühr nicht nach einem Streitwert richtet; für Beschwerden der vorliegenden Art (Verfahren über nicht besonders aufgeführte Beschwerden, die nicht nach anderen Vorschriften gebührenfrei sind) wird nach [X.] 7504 der Anlage 1 zum G[X.]G vielmehr eine Festgebühr von 50 Euro erhoben, wenn die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird (ebenso B[X.] [X.]-1780 § 40 [X.] Rd[X.]3 mwN).

Meta

B 12 SF 1/10 R

04.04.2012

Bundessozialgericht 12. Senat

Beschluss

Sachgebiet: SF

vorgehend SG Heilbronn, 15. März 2010, Az: S 10 KR 503/10, Beschluss

§ 1 Abs 1 S 1 IFG, § 1 Abs 1 S 2 IFG, § 1 Abs 3 IFG, § 9 Abs 4 IFG, § 28a SGB 4, §§ 28aff SGB 4, § 51 Abs 1 Nr 2 SGG, § 51 Abs 1 Nr 5 SGG, § 40 Abs 1 S 1 VwGO, § 17a Abs 2 S 1 GVG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 04.04.2012, Az. B 12 SF 1/10 R (REWIS RS 2012, 7453)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7453

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