Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 15.09.2011, Az. 2 B 33/11

2. Senat | REWIS RS 2011, 3315

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Gegenstand

Vorgriffsstundenregelung; Arbeitszeit der Lehrer; Dienstherrnwechsel aus persönlichen Gründen


Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin kann keinen Erfolg haben. Der geltend gemachte [X.] der grundsätzlichen [X.]edeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor.

2

Die Klägerin stand als beamtete Grundschullehrerin im Dienst des [X.]. Mit Wirkung vom 1. August 2008 wechselte sie in den Dienst des [X.]. [X.]is zum Ende des Schuljahres 2004/2005 hatte die Klägerin nach den Vorgaben des [X.]es des [X.]eklagten über die regelmäßige wöchentliche [X.] hinaus zusätzlichen Unterricht erteilt (sog. [X.]). Der [X.] sieht einen zeitlichen Ausgleich der [X.]n durch entsprechende Absenkung der [X.] ab dem Schuljahr 2009/2010 vor. [X.]ei bevorstehender Versetzung zu einem anderen Dienstherrn sollen die geleisteten [X.]n in einem kürzeren Zeitraum als dem Erteilungszeitraum durch Dienstbefreiung ausgeglichen werden. Ein Ausgleich in Geld ist ausgeschlossen. Die Klage mit dem Antrag festzustellen, dass die Klägerin durch die Ablehnung eines finanziellen Ausgleichs für die zeitlich nicht mehr ausgleichbaren [X.]n in ihren Rechten "aus Art. 3 und 33 GG" verletzt wird, ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. In dem [X.]erufungsurteil heißt es, die beantragte Feststellung komme nicht in [X.]etracht, wenn die Festsetzung der [X.]n als Konkretisierung der Arbeitszeit angesehen werde. Unabhängig davon verlange das Gebot der Gleichbehandlung jedenfalls in den Fällen des Dienstherrnwechsels aus persönlichen Gründen nicht, dass eine finanzielle Entschädigung an die Stelle des zeitlichen Ausgleichs trete.

3

Mit der [X.]eschwerde wirft die Klägerin als rechtsgrundsätzlich bedeutsam die Frage auf, ob das [X.] zur Wahrung der Rechte "aus Art. 3 und Art. 33 GG" verpflichtet ist, auch in den Fällen des Dienstherrnwechsels aus persönlichen Gründen einen finanziellen Ausgleich für die nicht mehr durch Zeitausgleich kompensierbaren [X.]n zu gewähren.

4

Der [X.] der grundsätzlichen [X.]edeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Rechtssache eine konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf ([X.]eschluss vom 2. Oktober 1961 - [X.]VerwG 8 [X.] 78.61 - [X.]VerwGE 13, 90 <91> = [X.] 310 § 132 VwGO Nr. 18; stRspr).

5

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben, weil über die aufgeworfene Frage in einem Revisionsverfahren nicht zu entscheiden wäre. Denn das [X.]erufungsurteil erweist sich jedenfalls im Ergebnis als richtig. Der Senat macht daher von der Möglichkeit Gebrauch, die Regelung des § 144 Abs. 4 VwGO im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde entsprechend anzuwenden (stRspr; vgl. [X.]eschlüsse vom 22. August 1996 - [X.]VerwG 8 [X.] 100.96 - [X.] 310 § 144 VwGO Nr. 62 und vom 10. Juni 2009 - [X.]VerwG 2 [X.] 26.09 - juris Rn. 8).

6

[X.]nregelungen dienen der Deckung eines vorübergehenden Personalmehrbedarfs, der durch die zwischenzeitliche Steigerung der Schülerzahlen entstanden ist. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass damit wegen des späteren zeitlichen Ausgleichs keine allgemeine Erhöhung der Arbeitszeit für Lehrer verbunden ist. Die vorübergehende Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit der Lehrer ([X.]) und der zeitliche Ausgleich durch die Ermäßigung der Arbeitszeit nach Wegfall des Mehrbedarfs stehen in einem untrennbaren Zusammenhang. Durch [X.]nregelungen wird die insgesamt gleich bleibende Arbeitszeit langfristig ungleichmäßig verteilt (Urteil vom 28. November 2002 - [X.]VerwG 2 CN 1.01 - [X.]VerwGE 117, 219 <222 f.> = [X.] 237.6 § 80 NdsL[X.]G Nr. 3 S. 4 f.).

7

Daraus folgt die Verpflichtung des Dienstherrn, Lehrern, die den zeitlichen Ausgleich in dem dafür vorgesehenen Zeitraum nicht mehr in Anspruch nehmen können, aus Gründen der Gleichbehandlung einen anderen Ausgleich anzubieten (vgl. Urteil vom 28. November 2002 a.a.[X.] bzw. S. 7 f.). Allerdings liegt auf der Hand, dass bei derartigen Störungen des [X.] aus Art. 3 Abs. 1 GG nicht ohne Weiteres ein Anspruch auf Ausgleich durch finanzielle Entschädigung hergeleitet werden kann. Vielmehr obliegt dem Dienstherrn zu entscheiden, welche Ausgleichsmaßnahme an die Stelle des nicht (vollständig) möglichen zeitlichen Ausgleichs in dem dafür vorgesehenen Zeitraum treten soll. So kann der Dienstherr in diesen Fällen den zeitlichen Ausgleich vorziehen und in komprimierter Form gewähren. Ein finanzieller Ausgleich ist dann nur erforderlich, wenn und soweit auch dieser besondere zeitliche Ausgleich nicht in [X.]etracht kommt. Nehmen Lehrer diesen vorrangigen Ausgleich aus von ihnen zu vertretenden Gründen nicht in Anspruch, können sie nicht stattdessen finanzielle Entschädigung verlangen.

8

Der [X.] des [X.]eklagten sieht einen besonderen zeitlichen Ausgleich vor, wenn wegen des [X.], des Erreichens der Altersgrenze, des Ausscheidens aus dem Dienstverhältnis, der Versetzung zu einem anderen Dienstherrn oder eines Wechsels in [X.]ereiche, in denen die [X.] nicht gilt, ein zeitlicher Ausgleich über einen kürzeren Zeitraum als den Erteilungszeitraum erforderlich wird (sog. Verblockung des zeitlichen Ausgleichs). Nach der vom [X.]eklagten dargelegten Verwaltungspraxis sind Lehrer, die einen Wechsel zu einem anderen Dienstherrn anstreben, gehalten, dies möglichst bis zum 15. November eines Jahres mitzuteilen. Ergeben die Verhandlungen mit dem anderen Dienstherrn, dass ein Wechsel zum neuen Schuljahr in [X.]etracht kommt, so wird der Lehrer im laufenden Schuljahr im Umfang der geleisteten [X.]n von seiner Unterrichtsverpflichtung entbunden.

9

Die von der Klägerin geleisteten [X.]n hätten vor ihrem Wechsel nach [X.] durch Dienstbefreiung ausgeglichen werden können, wenn sie dem [X.]eklagten ihre [X.] mitgeteilt hätte. Die Klägerin hat diese Möglichkeit des vorgezogenen zeitlichen Ausgleichs aber nicht in Anspruch genommen. Sie hat nicht dargelegt, aus welchen Gründen sie sich ab 12. Februar 2008 bis zu ihrem Wechsel in den Dienst des [X.] zum 1. August 2008 ohne Dienstbezüge hat beurlauben lassen. Aufgrund dessen ist es sachlich gerechtfertigt, ihr eine finanzielle Entschädigung zu versagen, sodass sie durch deren Ausschluss im [X.] des [X.]eklagten nicht in ihrem Grundrecht auf Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG verletzt wird. Die Frage, ob dieser generelle Ausschluss auch in denjenigen Fällen, in denen der Lehrer die Unmöglichkeit des besonderen zeitlichen Ausgleichs nicht zu vertreten hat, mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, stellt sich im Fall der Klägerin nicht.

Meta

2 B 33/11

15.09.2011

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, 10. Dezember 2010, Az: 3 LB 47/09, Urteil

Art 3 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 15.09.2011, Az. 2 B 33/11 (REWIS RS 2011, 3315)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3315

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Wird zitiert von

12 A 221/18

2 VR 4/11

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