Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 13.02.2019, Az. 1 B 2/19

1. Senat | REWIS RS 2019, 10378

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Gegenstand

Kein rechtsgrundsätzlicher Klärungsbedarf zu nationalem Abschiebungsverbot Afghanistan


Gründe

1

Die [X.]eschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen [X.]edeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 Vw[X.]O) liegt nicht vor.

3

Eine Rechtssache hat grundsätzliche [X.]edeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 Vw[X.]O, wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen [X.]edeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn sich die aufgeworfene Frage im Revisionsverfahren nicht stellen würde, wenn sie bereits geklärt ist bzw. aufgrund des [X.]esetzeswortlauts mithilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der [X.]rundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann oder wenn sie einer abstrakten Klärung nicht zugänglich ist ([X.]Verw[X.], [X.]eschlüsse vom 1. April 2014 - 1 [X.] 1.14 - AuAS 2014, 110 und vom 14. Februar 2018 - 1 [X.] 1.18 - juris Rn. 3).

4

a) Die [X.]eschwerde hält zunächst für grundsätzlich klärungsbedürftig,

"ob es für die Annahme einer unmenschlichen oder erniedrigenden [X.]ehandlung iSd § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.] und/oder eines Abschiebungsverbots gem. § 60 Abs. 5 [X.] Voraussetzung ist, dass sich mit der erforderlichen (beachtlichen) Wahrscheinlichkeit ([X.]) prognostizieren lässt, dass eine Abschiebung stets zu einer ernsthaften, schnellen und irreversiblen Verelendung namentlich des [X.]esundheitszustandes des [X.]etroffenen führen würde, die ein schweres Leiden oder eine erhebliche Verringerung der Lebenserwartung zur Folge hätte."

5

Diese Frage rechtfertigt mangels Klärungsbedürftigkeit nicht die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 Vw[X.]O. Denn sie ist bereits hinreichend durch die Rechtsprechung des [X.] ([X.]) und des [X.]undesverwaltungsgerichts geklärt, ohne dass die [X.]eschwerde weiteren oder neuerlichen Klärungsbedarf darlegt.

6

Für die Kriterien einer unmenschlichen oder erniedrigenden [X.]ehandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 [X.] i.V.m. Art. 3 [X.] und § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.] ist auf die Rechtsprechung des [X.] zu Art. 3 [X.] zurückzugreifen. Soweit § 60 Abs. 5 [X.] die völkerrechtliche Verpflichtung der [X.]undesrepublik Deutschland wiederholt, bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen die [X.]efahr der unmenschlichen oder erniedrigenden [X.]ehandlung oder [X.]estrafung zu berücksichtigen (Art. 3 [X.]), ist der sachliche Regelungsbereich weitgehend identisch mit dem Regelungsbereich des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.] (vgl. [X.]Verw[X.], Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 - [X.]Verw[X.]E 146, 12 Rn. 36), wobei allerdings eine den subsidiären Schutz begründende [X.]efahr eines ernsthaften Schadens in Form von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender [X.]ehandlung oder [X.]estrafung stets von einem Akteur im Sinne des § 4 Abs. 3 und § 3c [X.] ausgehen muss ([X.]Verw[X.], Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 - [X.]Verw[X.]E 146, 12 Rn. 29). Nach der Rechtsprechung des [X.] haben die sozio-ökonomischen und humanitären [X.]edingungen im Abschiebezielstaat weder notwendig noch ausschlaggebenden Einfluss auf die Frage, ob eine Person tatsächlich [X.]efahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 [X.] widersprechenden [X.]ehandlung ausgesetzt zu sein (vgl. [X.], Urteile vom 28. Juni 2011 - Nr. 8319/07 und 11449/07, Sufi und [X.]/[X.] - Rn. 278 und vom 29. Januar 2013 - Nr. 60367/10, S.H.H./[X.] - Rn. 74). Der Umstand, dass im Fall einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des [X.]etroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reicht nach dieser Rechtsprechung allein nicht aus, um einen Verstoß gegen Art. 3 [X.] annehmen zu können. Denn die Konvention zum Schutz der Menschenrechte und [X.]rundfreiheiten ([X.]) zielt hauptsächlich darauf ab, bürgerliche und politische Rechte zu schützen. Anderes gilt nur in besonderen Ausnahmefällen, in denen humanitäre [X.]ründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechen ([X.] <[X.]K>, Urteil vom 27. Mai 2008 - Nr. 26565/05, [X.]/[X.] - NVwZ 2008, 1334 Rn. 42; [X.], Urteil vom 28. Juni 2011 - Nr. 8319/07 und 11449/07, Sufi und [X.]/[X.] - Rn. 278; [X.]Verw[X.], Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 - [X.]Verw[X.]E 146, 12 Rn. 23, 25). Der [X.] (vgl. <[X.]K>, Urteil vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, [X.]/[X.] - NVwZ 2008, 1330 Rn. 125 ff.; [X.], Urteil vom 28. Juni 2011 - Nr. 8319/07 und 11449/07, Sufi und [X.]/[X.] - Rn. 212) stellt darauf ab, ob es ernsthafte und stichhaltige [X.]ründe dafür gibt, dass der [X.]etroffene im Falle seiner Abschiebung tatsächlich [X.]efahr ("real risk") läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 [X.] widersprechenden [X.]ehandlung ausgesetzt zu sein. Dies entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. [X.]Verw[X.], Urteile vom 27. April 2010 - 10 C 5.09 - [X.]Verw[X.]E 136, 377 Rn. 22; vom 17. November 2011 - 10 C 13.10 - [X.]uchholz 451.902 Europ. [X.]. Asylrecht Nr. 58 Rn. 20 und vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 - [X.]Verw[X.]E 146, 67 Rn. 32). Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten [X.] die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres [X.]ewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine "qualifizierende" [X.]etrachtungsweise im Sinne einer [X.]ewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer [X.]edeutung anzulegen ([X.]Verw[X.], Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 - [X.]Verw[X.]E 146, 67 Rn. 32). Wie der [X.] (Urteil vom 9. Januar 2018 - Nr. 36417/16, [X.] - Rn. 50) jüngst klargestellt hat, ist ein gewisser [X.]rad an Mutmaßung dem präventiven Schutzzweck des Art. 3 [X.] immanent und kann daher nicht ein eindeutiger, über alle Zweifel erhabener [X.]eweis verlangt werden, dass der [X.]etroffene im Falle seiner Rückkehr einer Art. 3 [X.] widersprechenden [X.]ehandlung ausgesetzt wäre.

7

Die von der [X.]eschwerde zitierten Passagen des [X.]erufungsurteils stellen sich auch nicht als widersprüchlich dar. In ihnen wird vielmehr der nach obigen Ausführungen anzulegende Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit auf den Eintritt bestimmter Ereignisse bezogen, die ihrerseits mit hoher Wahrscheinlichkeit ("stets", "in großer Zahl", "typischerweise", "zwangsläufig") eintreten; insoweit vernachlässigt die [X.]eschwerde auch den [X.]ezug des [X.]erufungsgerichts auf eine bestimmte, näher umschriebene Personengruppe, sofern nicht besondere, individuell erschwerende Umstände festgestellt werden können.

8

b) Auch die von der [X.]eschwerde mit der [X.]rundsatzrüge aufgeworfene Frage,

"ob in den Fällen schlechter humanitärer Verhältnisse im Zielstaat, bei denen auch die Sicherheitslage geprüft wird, für die Annahme einer unmenschlichen oder erniedrigenden [X.]ehandlung iSd § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.] und/oder die Feststellung eines Abschiebungsverbots gem. § 60 Abs. 5 [X.] in Verbindung mit Art. 3 [X.] im Hinblick auf die [X.]efahrendichte allein der Maßstab des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 [X.] anzulegen ist,"

führt nicht zur Zulassung der Revision; sie würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Die [X.]eschwerde rügt, das [X.]erufungsgericht habe sich auf den allgemeinen Rechtsstandpunkt gestellt, dass für die Feststellung des Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 [X.] i.V.m. Art. 3 [X.] im Hinblick auf die Sicherheitslage stets die [X.]efahrendichte derjenigen entsprechen müsse, die im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zur [X.]ewährung subsidiären Schutzes (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 [X.]) erforderlich wäre. Dies begegne rechtlichen [X.]edenken, da hierdurch die Sicherheitslage von der [X.]esamtschau der Vielzahl der zu berücksichtigenden Faktoren ausgeschlossen werde.

9

Das [X.]erufungsgericht hat diesen mit der Frage implizierten Maßstab seiner Entscheidung nicht zugrunde gelegt. Ausgehend von der vom [X.]erufungsgericht zitierten Rechtsprechung des [X.] ([X.]), wonach schlechte humanitäre [X.]edingungen im Zielgebiet, die nicht auf direkte oder indirekte Handlungen oder Unterlassungen staatlicher oder nichtstaatlicher Akteure zurückzuführen sind, nur in ganz besonderen Ausnahmefällen, in denen humanitäre [X.]ründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechen, im Rahmen von Art. 3 [X.] berücksichtigungsfähig sind, hat das [X.]erufungsgericht darauf abgestellt (S. 33 ff. [X.]), dass hierbei eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen sind, darunter etwa die allgemeine wirtschaftliche Lage und die Versorgungslage betreffend Nahrung, Wohnraum, [X.]esundheitsversorgung, Umweltbedingungen wie Klima und Naturkatastrophen sowie die Sicherheitslage. Einen Rechtssatz des Inhalts, wonach bei der [X.]eurteilung, ob zwingende humanitäre [X.]ründe gegen eine Aufenthaltsbeendigung sprechen, nicht auch eine [X.]esamtschau der für die [X.]eurteilung der Sicherheitslage zu berücksichtigen Faktoren erforderlich ist, hat das [X.]erufungsgericht - entgegen der Annahme der [X.]eschwerde - nicht aufgestellt. Es hat auch nicht angenommen, dass im Hinblick auf die [X.]efahrendichte allein der Maßstab des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 [X.] anzulegen ist. Vielmehr hat es lediglich darauf verwiesen, dass die [X.]efahrendichte insbesondere nicht derjenigen entspreche, wie sie im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zur [X.]ewährung subsidiären Schutzes (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 [X.]) erforderlich wäre. Die als rechtsfehlerhaft kritisierte, vermeintliche Trennung von allgemeiner [X.]ewalt und [X.]eurteilung der humanitären Lage gründet zudem auf der Annahme, dass die durch die Sicherheitslage bewirkten Effekte auf die humanitäre Lage bei deren [X.]ewertung auszublenden seien, ohne dies anhand der angegriffenen Entscheidung darzulegen.

Im Übrigen unterlegt die [X.]eschwerde auch der herangezogenen Rechtsprechung des [X.] zur Maßstabsfrage Inhalte, die dieser so nicht entsprechen. Aus der Rechtsprechung des [X.] (Urteil vom 28. Juni 2011 - Nr. 8319/07 und 11449/07, Sufi und [X.]/[X.] - Rn. 278) und des [X.]undesverwaltungsgerichts (Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 - [X.]Verw[X.]E 146, 12 Rn. 23) folgt, dass die Annahme einer unmenschlichen [X.]ehandlung allein durch die humanitäre Lage und die allgemeinen Lebensbedingungen ein sehr hohes [X.]efährdungsniveau voraussetzt. Nur dann liegt ein außergewöhnlicher Fall vor, in dem die gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechenden humanitären [X.]ründe zwingend sind. Diesen strengen Prüfungsmaßstab hat der [X.] bislang auch für Abschiebungen nach [X.] zugrunde gelegt und in jüngerer [X.] mehrfach entschieden, dass die allgemeine Lage in [X.] nicht als so ernsthaft anzusehen ist, dass eine Abschiebung dorthin eine Verletzung von Art. 3 [X.] nach sich ziehen würde ([X.], Urteile vom 11. Juli 2017 - Nr. 46051/13, [X.] - Rn. 53; - Nr. 77691/11, [X.] - Rn. 39 und - Nr. 41509/12, [X.] u.a./Niederlande - Rn. 51). Hinsichtlich der allgemeinen Sicherheitslage in [X.] hat der [X.]erichtshof die Frage, ob jede Aufenthaltsbeendigung notwendig eine Verletzung von Art. 3 [X.] nach sich ziehen würde, verneint ([X.], Urteil vom 11. Juli 2017 - Nr. 77691/11, [X.] - Rn. 39).

c) Die [X.]eschwerde hält schließlich für grundsätzlich klärungsbedürftig,

"ob für die Annahme eines ernsthaften Schadens iSd § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.] erforderlich ist

- kein einem Akteur zuzurechnendes Handeln

- ein einem Akteur zurechenbares Handeln im Sinne eines direkten oder indirekten Anlastens oder

- ein zielgerichtetes Handeln eines Akteurs

- oder gar ein absichtliches Handeln eines Akteurs, wobei die in Frage stehende Handlung - wie z.[X.]. in Fällen der Korruption - als solche absichtlich ausgeführt wird, der drohende Schaden aber nur Nebenfolge des Handelns ist, oder aber der drohende Schaden selbst von der Absicht umfasst sein muss."

Diese Frage, die schon nicht im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 Vw[X.]O ordnungsgemäß dargelegt ist, führt auch in der Sache nicht zur Zulassung der Revision, weil sie in der vom [X.]erufungsgericht zugrunde gelegten Rechtsprechung des [X.]erichtshofs der [X.] ([X.]) geklärt ist, ohne dass die [X.]eschwerde neuerlichen oder weitergehenden Klärungsbedarf darlegt.

Danach ist der mit § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.] wortgleiche Art. 15 [X.]uchst. b der Richtlinie 2011/95/[X.] des [X.] und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Qualifikationsrichtlinie) dahingehend auszulegen, dass es einer direkten oder indirekten Aktion eines Akteurs bedarf, die die unmenschliche Lebenssituation im Sinne einer Zurechenbarkeit, die jenseits nicht intendierter Nebenfolgen ein auf die bewirkten Effekte gerichtetes Handeln oder gar Absicht erfordert, zu verantworten hat. In dem Urteil vom 18. Dezember 2014 (- [X.]/13 [[X.]:[X.]:[X.]], M'[X.]odj - Rn. 35, 41) hat der [X.] entschieden, dass der in Art. 15 [X.]uchst. [X.] genannte ernsthafte Schaden nicht bloß die Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten des [X.]esundheitssystems des Herkunftslandes sein darf. Dies folgt aus dem Zusammenhang mit Art. 6 Qualifikationsrichtlinie, der eine Liste der Akteure enthält, von denen ein ernsthafter Schaden ausgehen kann. Der [X.]erichtshof verneint das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 15 [X.]uchst. [X.], solange einem erkrankten Ausländer die medizinische Versorgung nicht "absichtlich" verweigert wird ([X.], Urteil vom 18. Dezember 2014 - [X.]/13 - Rn. 41). Dies bekräftigend führt der [X.]eneralanwalt [X.]ot aus, dass der ernsthafte Schaden im Sinne des Art. 15 [X.]uchst. [X.] durch direktes oder indirektes [X.]ehördenhandeln verursacht werden muss. Die [X.]efahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden [X.]ehandlung müsse auf Faktoren beruhen, die den [X.]ehörden des [X.] direkt oder indirekt anzulasten und ihnen stets bewusst seien, und zwar entweder weil die [X.]ehörden des Staates, dem der [X.]etroffene angehöre, ihn persönlich bedrohten oder diese [X.]edrohung tolerierten, oder weil diese [X.]edrohung auf unabhängige [X.]ruppen zurückgehe, vor denen die [X.]ehörden ihre Staatsangehörigen nicht wirksam schützen könnten (Schlussanträge des [X.]eneralanwalts [X.]ot vom 24. Oktober 2017 - [X.]/16, M.P./[X.] - Rn. 30 ff.). In dem Urteil vom 24. April 2018 (- [X.]/16 [[X.]:[X.]:[X.]], M.P./[X.] - Rn. 51) hat der [X.] ausgeführt, dass die [X.]efahr der Verschlechterung des [X.]esundheitszustandes eines an einer schweren Krankheit leidenden Drittstaatsangehörigen, die auf das Fehlen angemessener [X.]ehandlungsmöglichkeiten in seinem Herkunftsland zurückzuführen ist, ohne dass diesem Drittstaatsangehörigen die Versorgung vorsätzlich verweigert würde, keine ausreichende Rechtfertigung dafür sein kann, ihm den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen. Dieser Rechtsprechung zufolge muss die schadenszufügende Handlung oder Unterlassung des Akteurs bewusst und zielgerichtet ("absichtlich" bzw. "vorsätzlich") ausgeführt werden. Ähnlich wie in der Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts zur Feststellung einer Verfolgungshandlung (Art. 9 Qualifikationsrichtlinie) im Rahmen der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 Asyl([X.])[X.] ([X.]Verw[X.], Urteil vom 19. Januar 2009 - 10 C 52.07 - [X.]Verw[X.]E 133, 55 Rn. 24) ist ein zielgerichtetes Handeln bzw. Unterlassen eines Akteurs erforderlich, das die schlechte humanitäre Lage hervorruft oder erheblich verstärkt (vgl. auch [X.]roscheit/[X.]ormik, ZAR 2018, 302 <305 f., 307>.

2. Eine Abweichung von der Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts (Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 2 Vw[X.]O) ist ebenfalls nicht dargetan.

Eine Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 Vw[X.]O hinreichend bezeichnet, wenn die [X.]eschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts oder eines anderen in der Vorschrift genannten [X.]erichts aufgestellten ebensolchen entscheidungstragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Die nach Auffassung des [X.]eschwerdeführers divergierenden Rechtssätze müssen einander präzise gegenübergestellt werden (stRspr, [X.]Verw[X.], [X.]eschluss vom 21. November 2017 - 1 [X.] 148.17 - juris Rn. 16 m.w.[X.]). Allein das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 Vw[X.]O genannten [X.]erichte genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer [X.] nicht.

Diesen Anforderungen wird die geltend gemachte [X.] nicht gerecht. In dem von der [X.]eschwerde (S. 5 des [X.]eschwerdeschriftsatzes vom 3. Januar 2019) herangezogenen Urteil vom 27. April 2010 - 10 C 5.09 - (Rn. 22) hat das [X.]undesverwaltungsgericht ausgeführt, dass der [X.] bei der Prüfung des Art. 3 [X.] auf die tatsächliche [X.]efahr ("real risk") abstellt und dies dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entspricht. Die [X.]eschwerde führt insoweit aus, dass das angegriffene Urteil (S. 35 [X.]) zwar diesen allgemeinen Rechtssatz anführe, aber im Weiteren seiner Prüfung einen anderen Maßstab, nämlich den der "Zwangsläufigkeit", zugrunde gelegt habe. Hierdurch wird der Sache nach allenfalls eine fehlerhafte Anwendung eines nicht bestrittenen Rechtssatzes im Einzelfall geltend gemacht, auf die eine [X.] nicht gestützt werden kann.

3. Schließlich greift auch die Rüge eines Verstoßes gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 Vw[X.]O) nicht durch.

[X.]emäß § 108 Abs. 1 Satz 1 Vw[X.]O entscheidet das [X.]ericht nach seiner freien, aus dem [X.]esamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Die Freiheit, die der Überzeugungsgrundsatz dem [X.] zugesteht, bezieht sich auf die [X.]ewertung der für die Feststellung des Sachverhalts maßgebenden Umstände. Sie ist nach der einen Seite hin begrenzt durch das jeweils anzuwendende Recht und dessen Auslegung. Nach der anderen Seite hin ergibt sich die [X.]renze daraus, dass der Überzeugungsgrundsatz nicht für eine Würdigung in Anspruch genommen werden kann, die im Vorgang der Überzeugungsbildung an einem Fehler leidet, z.[X.]. an der Missachtung gesetzlicher [X.]eweisregeln oder an der [X.]erücksichtigung von Tatsachen, die sich weder auf ein [X.]eweisergebnis noch sonst wie auf den Akteninhalt stützen lassen. Dabei ist die Sachverhalts- und [X.]eweiswürdigung selbst dem jeweils anzuwendenden sachlichen Recht zuzurechnen; Verfahrensfehler können insoweit in [X.]estalt einer im Einzelfall willkürlichen Würdigung - etwa wegen widersprüchlicher oder aktenwidriger Feststellungen oder wegen Verstößen gegen Natur- oder Denkgesetze - vorliegen ([X.]Verw[X.], [X.]eschlüsse vom 15. August 2006 - 1 [X.] 61.06 - [X.]uchholz 402.242 § 31 [X.] Nr. 1 Rn. 5 und vom 1. Juni 2010 - 6 [X.] 77.09 - juris Rn. 14 m.w.[X.]).

[X.]emessen an diesen [X.]rundsätzen legt das [X.]eschwerdevorbringen keinen Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 Vw[X.]O dar. Die Rüge, das angefochtene Urteil sei in sich widersprüchlich, da auf den Seiten 18 und 33 f. einerseits ausgeführt werde, dass die humanitären Verhältnisse in [X.] keinem Akteur (nach § 3c [X.]) zugeordnet werden könnten, aber andererseits aus den auf Seite 50 f. in [X.]ezug genommenen [X.] Egilibility [X.]uidelines vom 30. August 2018 [X.]egenteiliges hervorgehe, nämlich ein Zusammenhang zwischen schlechten humanitären Verhältnissen und staatlichem Versagen, greift nicht durch. Eine Widersprüchlichkeit kann sich daraus bereits deswegen nicht ergeben, da sich die von der [X.]eschwerde zitierten Textpassagen auf unterschiedliche [X.]esetzestatbestände beziehen. Die Ausführungen auf den Seiten 18 und 33 f. konkretisieren die Annahme des [X.]erichts, dass die humanitären Verhältnisse in [X.] keinem Akteur im Sinne des § 3c [X.] zuzuordnen sind, während die Ausführungen auf den Seiten 36 ff. und 50 f. sich mit der hiervon zu trennenden Frage beschäftigen, ob ein besonderer Ausnahmefall vorliegt, in dem humanitäre [X.]ründe der Aufenthaltsbeendigung zwingend entgegenstehen. Das [X.]erufungsgericht hat hierbei eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigt (u.a. die wirtschaftliche und humanitäre Situation sowie die Versorgungs- und Sicherheitslage). Hinsichtlich der Versorgungslage und der humanitären Situation hat es dann u.a. auf Seite 50 f. auf die von der [X.]eschwerde angeführten [X.] Egilibility [X.]uidelines vom 30. August 2018 abgestellt. Ein Widerspruch dieser, im Rahmen des § 60 Abs. 5 [X.] i.V.m. Art. 3 [X.] ergangenen Ausführungen zur Frage des Vorliegens schlechter humanitärer Verhältnisse und der Ausführungen zur Frage des Vorliegens eines Akteurs im Sinne des § 3c [X.] folgt hieraus nicht.

Auch soweit die [X.]eschwerde (S. 20 des [X.]eschwerdeschriftsatzes vom 3. Januar 2019) aus den von ihr zitierten Textpassagen einen Zurechnungszusammenhang zwischen staatlichem Versagen und humanitären Verhältnissen als festgestellt ansieht, wird ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 Vw[X.]O nicht dargelegt. Denn die Einhaltung der sich aus dieser [X.]estimmung ergebenden Verpflichtungen des Tatrichters wird nicht schon dann infrage gestellt, wenn ein [X.]eteiligter aus dem vorliegenden Tatsachenmaterial andere Schlüsse ziehen will als das [X.].

4. Von einer weiteren [X.]egründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 Vw[X.]O).

5. [X.] beruht auf § 154 Abs. 2 Vw[X.]O; [X.]erichtskosten werden gemäß § [X.] [X.] nicht erhoben. Der [X.]egenstandswert ergibt sich aus § 30 RV[X.]; [X.]ründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RV[X.] liegen nicht vor.

Meta

1 B 2/19

13.02.2019

Bundesverwaltungsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 23. Oktober 2018, Az: A 11 S 316/17, Urteil

§ 4 Abs 3 AsylVfG 1992, § 3c AsylVfG 1992, Art 3 MRK

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 13.02.2019, Az. 1 B 2/19 (REWIS RS 2019, 10378)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 10378

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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