Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.10.2009, Az. V ZB 88/09

V. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 1148

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[X.][X.] vom 15. Oktober 2009 in dem [X.]- 2 - Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 15. Oktober 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und Dr. [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den [X.]uss der 4. Zivilkammer des [X.] vom 6. Mai 2009 wird zurückgewiesen. Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 1.274,41 • festgesetzt. Gründe: [X.] Der Antragsteller wurde mit [X.]uss des Vollstreckungsgerichts vom 27. April 2006 als "Dr. C.
" zum Zwangsverwalter bestellt. Nach der Zwangsversteigerung der Eigentumswohnung wurde die Zwangsverwaltung mit [X.]uss vom 17. Juni 2008 aufgehoben. Das Vollstreckungsgericht setzte mit [X.]uss vom 5. September 2007 die Vergütung des Antragstellers für die Tä-tigkeit in der [X.] vom 26. Mai 2006 bis zum 31. Dezember 2006 und die ihm für diesen [X.]raum zu erstattenden Auslagen fest. Dieser [X.]uss blieb unange-fochten. 1 Mit [X.]uss vom 3. Dezember 2008 hat das Vollstreckungsgericht die Vergütung des Antragstellers für die Tätigkeit in der [X.] vom 1. Januar 2007 bis zum 8. Juli 2008 einschließlich zu erstattender Auslagen auf 1.274,41 • [X.] - 3 - setzt. Mit der sofortigen Beschwerde macht die Gläubigerin geltend, der [X.] sei verwirkt, weil er zur Führung des Doktortitels nicht berechtigt gewesen sei. Das [X.] hat die Festsetzung des [X.] aufgehoben und dem Antragsteller die Vergütung und den Er-satz von Auslagen für den [X.]raum vom 1. Januar 2007 bis zum 8. Juli 2008 wegen Verwirkung versagt. Mit der von dem [X.] zugelassenen Rechts-beschwerde möchte der Antragsteller die Wiederherstellung der Festsetzung des Vollstreckungsgerichts erreichen. Die Gläubigerin beantragt, das [X.] zurückzuweisen. I[X.] Das Beschwerdegericht hält den Anspruch des Antragstellers auf Vergü-tung und auf Ersatz von Auslagen (fortan: Vergütungsanspruch) mit dem [X.] für verwirkt. Es macht sich dazu die Ausführungen des Amts-gerichts Duisburg in seinem - von dem Senat bestätigten ([X.]. v. 23. Sep-tember 2009, [X.], zur Veröffentlichung best.) - [X.]uss vom [X.] (NJW-RR 2009, 1137) zu eigen. Entsprechend einem Rechtsgedan-ken, der unter anderem in § 654 BGB seinen Ausdruck finde, sei ein Anspruch auf Vergütung für Dienstleistungen verwirkt, wenn das Dienstverhältnis beson-dere [X.] begründe und der Dienstleistende gegen eine solche Pflicht in besonders schwerwiegender Weise verstoßen habe. Diese Grundsätze [X.] auch für den Zwangsverwalter. Der Antragsteller habe über Jahre hinweg unbefugt den Doktortitel geführt und sei deswegen bestraft worden. Damit habe er sich als unzuverlässig erwiesen. Das rechtfertige auch die vollständige Aber-kennung des Vergütungsanspruchs, soweit über ihn noch nicht rechtskräftig entschieden worden sei. 3 - 4 - II[X.] Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung stand. 4 1. [X.] Einwände gegen den Vergütungsanspruch des [X.] sind zwar im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 153 [X.] i.V.m. § 22 [X.] grundsätzlich nicht zu prüfen (Senat, [X.]. v. 18. Januar 2007, [X.], [X.] 2007, 249, 251). Anders liegt es aber beim Einwand der Verwirkung ([X.]Z 159, 122, 127; Senat, [X.]. v. 23. September 2009, [X.], Rdn. 7). 5 2. Der Vergütungsanspruch des Antragstellers nach § 152a [X.] i.V.m. §§ 18, 21 [X.] ist verwirkt (vgl. [X.]. v. 23. September 2009, [X.], Rdn. 11, 13). 6 a) Zur Verwirkung führt eine schwerwiegende [X.], die den [X.] seines Lohnes als "unwürdig" erweist ([X.], Urt. v. 19. Mai 2005, [X.], NJW-RR 2005, 1423, 1424; Senat, [X.]. v. 23. September 2009, [X.], Rdn. 15). Ein solcher [X.] liegt nicht nur bei strafbaren Handlungen (z.B. Unterschlagungen) zum Nachteil der [X.], sondern auch bei einer strafbaren Täuschung über die Qualifikation vor; auf eine materielle Schädigung der Gläubiger kommt es dafür nicht an ([X.]Z 159, 122, 132 f.; Senat, [X.]. v. 23. September 2009, aaO). 7 b) Eine Täuschung über die Qualifikation hat das Beschwerdegericht zu-treffend angenommen. 8 aa) Der Antragsteller hat das Vollstreckungsgericht über seine fachliche Qualifikation getäuscht. Er hat, wie sich aus dem Verfahren [X.], auf das sich das Beschwerdegericht bezogen hat, ergibt, in den Jahren 2004 und 2005 unbefugt den Titel eines Doktors der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften 9 - 5 - geführt und sich nach § 132a StGB strafbar gemacht. Er ist deswegen [X.], nämlich mit [X.] vom 24. Juni 2005 und vom 7. September 2006, bestraft worden. Damit hat er dem Vollstreckungsgericht eine fachliche Qualifi-kation vorgetäuscht, die er nicht hatte. Mit der Führung eines Titels, der eine erfolgreiche (universitäre oder sonstige geregelte) Berufsausbildung voraus-setzt, weist der Titelträger auf eine nach einer solchen Ausbildung zu [X.] fachliche Qualifikation hin. Zu diesen Titeln gehört auch der Doktortitel (Se-nat, [X.]. v. 23. September 2009, [X.], Rdn. 19). [X.]) Der Antragsteller hat das Vollstreckungsgericht über seine persönli-che Qualifikation getäuscht. 10 (1) Nach § 1 Abs. 2 [X.] kommt es nicht nur auf die Sachkunde an. Gewähr für die ordnungsgemäße Gestaltung und Durchführung der Zwangs-verwaltung bietet im Sinne dieser Vorschrift nur, wer zuverlässig ist. Diese [X.] setzt persönliche Integrität und insbesondere Ehrlichkeit voraus (Senat, [X.]. v. 23. September 2009, Rdn. 22; [X.]Z 159, 122, 128 f. für In-solvenzverwalter). Beide fehlen einem Zwangsverwalter, der eine akademische Ausbildung vortäuscht und sich dabei wegen Missbrauchs von Titeln gemäß § 132a Abs. 1 StGB strafbar macht, um seine Bestellung zu erschleichen. Ei-nem solchen Zwangsverwalter ist der eigene Vorteil wichtiger ist als die Einhal-tung der Rechtsvorschriften. Ohne das Bemühen um die Einhaltung von Rechtsvorschriften ist ein Zwangsverwalter nicht zuverlässig. Damit war der Antragsteller für das Amt des [X.] nicht (mehr) persönlich geeig-net. 11 (2) Der von der Rechtsbeschwerde hervorgehobene Umstand, dass der Antragsteller seit vielen Jahren und in zahlreichen Verfahren zum [X.] bestellt worden ist, ist unerheblich. Es mag sein, dass der Antragsteller 12 - 6 - früher Gewähr für eine ordnungsgemäße Gestaltung und Durchführung der Zwangswaltung geboten hat. Entscheidend ist, dass er diese Gewähr bei [X.] in dem vorliegenden Verfahren nicht mehr bot. [X.]) [X.] hat zu seiner Bestellung als Zwangsverwalter geführt. 13 (1) Das Beschwerdegericht hat sich, wie erwähnt, die Feststellungen des [X.] im [X.]uss vom 2. Februar 2009 zu eigen gemacht. Dieses wiederum hat festgestellt, dass der Antragsteller den Doktortitel von April 2004 bis Juli 2008 und damit auch schon zu dem [X.]punkt unbefugt ge-führt hat, als die Zwangsverwaltung in dem vorliegenden Verfahren angeordnet und der Antragsteller hier zum Zwangsverwalter bestellt wurde. Daran ändert es nichts, dass die Bestellung des Antragstellers zum Zwangsverwalter nach den Angaben in dem Nichtabhilfebeschluss des Vollstreckungsgerichts vom 3. Dezember 2008 auf einen - in dem Antrag auf Anordnung der Zwangsverwal-tung noch nicht enthaltenen - Vorschlag der betreibenden Gläubigerin zurück-geht. Auch im vorliegenden Verfahren beruht die Bezeichnung des [X.] mit "[X.]" nicht auf einem Versehen der Gläubigerin. Der [X.] bezeichnete sich nämlich in dem [X.]raum, in dem seine Bestellung zum Zwangsverwalter in dem vorliegenden Verfahren erfolgte, selbst als "Dr. H. C. ". In dieser Form bestätigte er dem [X.] unter dem 2. Mai 2006 seine Bestellung. Eine entsprechende Bezeichnung des Antragstellers trägt der [X.]agnahmebericht vom 20. Mai 2006. 14 (2) Die Tatsache, dass der Antragsteller zur Führung des Doktortitels nicht berechtigt war, war bei seiner Bestellung zum Verwalter im vorliegenden Verfahren nicht bekannt. Sie ist in das Verfahren erstmals durch einen zu den 15 - 7 - Akten gelangten Schriftsatz des Antragstellers in der [X.]/03 des [X.] vom 10. Oktober 2008 eingeführt [X.]. Damit steht fest, dass das Vollstreckungsgericht die Bestellung des [X.]s auf Grund einer unerkannt unzutreffenden Tatsachengrundlage vor-genommen hat. Das wiederum bedeutet, dass die Täuschung des [X.] zu einer Verkürzung der Ermessensausübung durch das [X.] geführt hat. Diese Einwirkung des Antragstellers auf den Entscheidungs-vorgang könnte allenfalls dann folgenlos bleiben, wenn feststünde, dass das Vollstreckungsgericht den Antragsteller dennoch bestellt hätte. (3) Das ist entgegen der Annahme der Rechtsbeschwerde jedoch nicht der Fall. Ihr ist zwar einzuräumen, dass der Antragsteller auf Grund der zahlrei-chen Zwangsverwaltungen, die er seit der Aufnahme seiner Tätigkeit durchge-führt hat, von den Vollstreckungsgerichten seines Tätigkeitsbereichs, auch von dem hier zuständigen Vollstreckungsgericht, als geschäftskundig angesehen worden ist. Es spricht ferner viel dafür, dass der Antragsteller auch ohne Dok-tortitel in dem vorliegenden Verfahren zum Zwangsverwalter bestellt worden wäre. Das Vollstreckungsgericht ist nämlich nach dem Inhalt seines schon er-wähnten Nichtabhilfebeschlusses dem Vorschlag der Gläubigerin gefolgt. Die Voraussetzungen für die Bestellung des Antragstellers sind aber gerade [X.] entfallen, dass der Antragsteller mit der unberechtigten Führung des [X.] eine Sachkunde in Anspruch nahm, die er nicht hatte, und unzuverläs-sig wurde. Das Vollstreckungsgericht hätte ihn jetzt auch auf einen entspre-chenden Vorschlag der Gläubigerin hin nicht mehr bestellen dürfen. [X.] dafür, dass es den Antragsteller unter Verstoß gegen § 1 Abs. 2 [X.] bestellt hätte, wenn er sein (strafbares) Verhalten offen gelegt hätte, sind weder dem Nichtabhilfebeschluss des Vollstreckungsgerichts zu entnehmen noch vor-getragen oder sonst ersichtlich. 16 - 8 - ee) Die vollständige Verwirkung des Anspruchs auf Vergütung und Er-satz von Auslagen nach § 152a [X.] i.V.m. §§ 18, 21 [X.] ist auch verhält-nismäßig. Die Täuschung über die formale Qualifikation ist ein besonders schwerwiegender [X.]. Er führt zu einer erheblichen Gefährdung der Be-lange des Schuldners und der Gläubiger. Diese und die in dem Zurückstellen dieser vorrangigen Belange hinter die eigenen wirtschaftlichen Vorteile zum Ausdruck kommende grob rücksichtslose Haltung rechtfertigen es, dem Zwangsverwalter den Rechtsanspruch auf eine Vergütung zu versagen, die er anderenfalls auf Kosten der Gläubiger, die auf seine berufliche Lauterkeit ver-traut haben, erzielen würde. Entsprechendes gilt für den Anspruch auf Ersatz von Auslagen (Senat, [X.]. v. 23. September 2009, [X.], Rdn. 31). 17 IV. In einem Rechtsbeschwerdeverfahren über die Höhe der Zwangsverwal-tervergütung ist eine Kostenentscheidung regelmäßig auch dann nicht veran- 18 - 9 - lasst, wenn es um die Anspruchsverwirkung geht (Senat, [X.]. v. 23. Sep-tember 2009, [X.], Rdn. 33). [X.] [X.] Lemke

Schmidt-Räntsch [X.]
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 03.12.2008 - 30 L 11/06 - [X.], Entscheidung vom 06.05.2009 - 4 [X.]/09 -

Meta

V ZB 88/09

15.10.2009

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.10.2009, Az. V ZB 88/09 (REWIS RS 2009, 1148)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 1148

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