Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.10.2013, Az. IX ZR 30/12

9. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 2142

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Gegenstand

Herausgabeprozess des Nachlassinsolvenzverwalters gegen den Erben: Bindung des Prozessgerichts durch den Eröffnungsbeschluss des Insolvenzgerichts und durch ein Forderungsfeststellung zur Insolvenztabelle


Leitsatz

1. Im Herausgabeprozess des Nachlassinsolvenzverwalters gegen den Erben ist nicht zu prüfen, ob die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens zu Recht erfolgt ist. Das Prozessgericht ist an den rechtskräftigen Eröffnungsbeschluss des Insolvenzgerichts gebunden.

2. Wird im Nachlassinsolvenzverfahren die Forderung eines Gläubigers widerspruchslos zur Insolvenztabelle festgestellt, ist das Prozessgericht im Rechtsstreit zwischen Nachlassinsolvenzverwalter und Erben, in dem um die Herausgabe des durch eine Verwaltungsmaßnahme Erlangten gestritten wird, an die Feststellung gebunden.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] in [X.] des [X.] vom 27. Januar 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über den Nachlass des am 4. September 2004 verstorbenen [X.]       (nachfolgend Erblasser). Er nimmt die Beklagte, die als Mutter des Erblassers gemeinsam mit ihrem damals noch lebenden und von ihr beerbten Ehemann und der Ehefrau des Erblassers [X.](jetzt [X.]  ) [X.] geworden ist, im Wege der [X.] auf Zahlung von 350.000 € in Anspruch. In einem privatschriftlichen Teilerbauseinandersetzungsvertrag vom 31. März 2005 vereinbarten die Miterben, dass die Ehefrau des Erblassers als [X.] zu 3/4 zum Ausgleich für die von ihr übernommenen Geschäftsbeteiligungen des Erblassers einen Betrag von 1 Mio. €, der sich aus fünf verschiedenen Einzelbeträgen zusammensetzte, an die Beklagte und ihren Ehemann, die jeweils Miterben zu 1/8 geworden waren, zahlen sollte. Ferner schlossen die Miterben am 31. März 2005 einen notariell beurkundeten Vertrag, in dem die Beklagte und ihr Ehemann ihre als Miterben erworbenen Geschäftsanteile an zwei Gesellschaften für einen Kaufpreis von 171.875 € auf die Ehefrau des Erblassers übertrugen. Am 4. Juni 2007 setzte das Finanzamt [X.]gegen die [X.] P.   W.     die Erbschaftssteuer in Höhe von 515.793 € fest. Diese konnte die Erbschaftssteuer nicht bezahlen. Sie beantragte deshalb am 9. Juni 2008 die Eröffnung des [X.], das mit Beschluss vom 11. September 2008 eröffnet worden ist. In diesem Verfahren hat das Finanzamt [X.] eine Erbschaftssteuerforderung in Höhe von 482.126,60 € zuzüglich Kosten angemeldet, die widerspruchslos zur Insolvenztabelle festgestellt worden ist.

2

Der Insolvenzverwalter macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung eines Teilbetrages von 350.000 € geltend. Er ist der Auffassung, die Beklagte sei verpflichtet, den aufgrund der Teilauseinandersetzung im Jahr 2005 erhaltenen Betrag zurückzuzahlen. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung gegen dieses Urteil ist erfolglos geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

A.

3

Die Revision ist uneingeschränkt zulässig.

4

Das Berufungsgericht hat die Revision im [X.] ohne beschränkenden Zusatz zugelassen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt, die Revision werde hinsichtlich der Frage, ob eine [X.] eines Miterben Nachlassverbindlichkeit und damit vorliegend in Gestalt des [X.] [X.] ein Nachlassgläubiger vorhanden sei, zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen. Damit ist die Nachprüfung des angefochtenen Urteils nicht auf diese Frage beschränkt.

5

Zwar kann die Beschränkung der Zulassung der Revision - auch nach der Rechtsprechung des Senats - in den Gründen des angefochtenen Urteils erfolgen (vgl. [X.], Urteil vom 7. Juli 1983 - [X.], NJW 1984, 615; vom 3. März 2005 - [X.], NJW-RR 2005, 715, 716; Beschluss vom 8. Mai 2012 - [X.], NJW 2012, 2446 Rn. 5 ff; Urteil vom 10. Mai 2012 - [X.], NJW 2012, 2435 Rn. 11; vom 25. April 2013 - [X.], [X.], 1081 Rn. 7). Voraussetzung hierfür ist aber, dass die Beschränkung rechtlich zulässig ist und sie sich klar und eindeutig aus dem Berufungsurteil ergibt ([X.], Urteil vom 7. Juli 1983, aaO; vom 3. März 2005, aaO; vom 10. Mai 2012, aaO; vom 25. April 2013, aaO). Jedenfalls an der ersten Voraussetzung fehlt es.

6

Die Zulassung der Revision kann nicht auf die Klärung einer einzelnen Rechtsfrage begrenzt werden; sie muss sich auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen, abtrennbaren Teil des [X.] beziehen, über den in einem besonderen Verfahrensabschnitt durch Teil- oder Zwischenurteil entschieden werden kann (vgl. [X.], Urteil vom 29. Juni 1981 - [X.], NJW 1981, 2243 unter [X.]; vom 7. Dezember 1989 - [X.], NJW-RR 1990, 277 unter I; vom 5. November 2002 - [X.], NJW-RR 2004, 426, 427; vom 10. Februar 2011 - [X.], NJW 2011, 1228 Rn. 11). Nach diesen Grundsätzen konnte die Zulassung der Revision nicht auf die Frage beschränkt werden, ob die [X.] eines Miterben Nachlassverbindlichkeit ist. Diese Frage ist eine rechtliche Vorfrage, die - sofern sie im Verfahren überhaupt beantwortet werden muss - für den gesamten Streitstoff von Bedeutung ist. Sie betrifft damit nicht einen abtrennbaren Teil, der einem Teilurteil zugänglich gewesen wäre. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Beschränkung der Zulassung der Revision zielt vielmehr auf eine einzelne Rechtsfrage ab und ist deshalb unwirksam (vgl. [X.], Urteil vom 27. September 1995 - [X.], NJW 1995, 3380, 3381; vom 21. September 2006 - [X.], NJW-RR 2007, 182 Rn. 19). Fehlt eine wirksame Beschränkung der Zulassung, so ist allein die Beschränkung, nicht aber die Zulassung unwirksam; die Revision ist daher unbeschränkt zugelassen ([X.], Urteil vom 5. April 2005 - [X.], [X.], 1024 f; vom 4. April 2006 - [X.], NJW-RR 2006, 1098, Rn. 8; vom 21. September 2006, aaO Rn. 20).

B.

7

Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

8

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger könne sich nicht auf einen Herausgabeanspruch nach § 1978 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 667 [X.] stützen, weil es zum Zeitpunkt der Eröffnung des [X.] keinen Nachlassgläubiger mehr gegeben habe. Zwar sei der Auffassung der [X.], bei der Veräußerung der von ihr ererbten Gesellschaftsanteile im März 2005 habe es sich um einen Teil der Auseinandersetzung des Nachlasses und nicht um eine Verwaltungsmaßnahme gehandelt, nicht zu folgen, weil jede Entnahme von Nachlassgeldern "Verwaltung" im Sinne des § 1978 [X.] sei. Hierzu gehöre auch die aufgrund der Vereinbarung erfolgte Entnahme der in den Nachlass fallenden Gewinne in Höhe von jedenfalls 600.000 €.

9

Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Nachlassinsolvenzeröffnung sei jedoch kein Nachlassgläubiger mehr vorhanden gewesen, dem die Beklagte im Sinne von § 1978 Abs. 1 Satz 1 [X.] hätte verantwortlich sein können. Eine originäre Nachlassgläubigerstellung des [X.] wegen der [X.] eines Miterben komme entgegen der Rechtsprechung des [X.] und verschiedener Oberlandesgerichte im Hinblick darauf, dass das Finanzamt gegenüber dem Nachlass wegen einer [X.] eines Miterben nicht Gläubiger sei, nicht in Betracht. Das Finanzamt [X.]sei wegen der Auseinandersetzung des Nachlasses kein Nachlassgläubiger (mehr) gewesen; die sekundäre Haftung des Nachlasses gemäß § 20 Abs. 3 [X.] habe mit der Auseinandersetzung geendet. Ein Wiederaufleben dieses Anspruchs nach Eröffnung des [X.] komme nicht in Betracht. Die Auseinandersetzung des Nachlasses sei zu einem im Einzelnen unbekannten Zeitpunkt zwischen der Teilauseinandersetzung am 31. März 2005 und vor dem Insolvenzantrag am 9. September 2008 erfolgt. Es sei ausreichend, dass der Nachlass bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise als aufgelöst angesehen werden könne. Eventuelle Zahlungen von Miterben auf Nachlassverbindlichkeiten seien nicht im Zuge der Verwaltung, sondern zur Auseinandersetzung des Nachlasses erfolgt. Die Feststellung der Forderung des Finanzamts zur Insolvenztabelle sei materiell zu Unrecht erfolgt. Sie mache das Finanzamt nicht zur Nachlassgläubigerin im Sinne des § 1978 [X.], sondern ermögliche ihm allenfalls eine Vollstreckung in Höhe der Quote in den nicht mehr vorhandenen Nachlass.

II.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Frage, ob die Eröffnung des [X.] zu Recht erfolgte, ist nicht Gegenstand des [X.] nach § 1978 Abs. 1 [X.]. Das Berufungsgericht ist an die im Nachlassinsolvenzverfahren mit [X.] getroffenen Feststellungen gebunden. Auf die vom Berufungsgericht formulierte Rechtsfrage, wegen derer es die Revision zugelassen hat, kommt es nicht an. Das Finanzamt hat gegen den Nachlass eine zur Insolvenztabelle festgestellte Erbschaftssteuerforderung in Höhe von 482.126,60 €, die im Rahmen der Herausgabeklage des [X.] gegen die Miterben nicht mehr in Frage gestellt werden kann.

Gemäß § 1978 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist der Erbe den [X.] für die bisherige Verwaltung des Nachlasses so verantwortlich, wie wenn er von der Annahme der Erbschaft an die Verwaltung für sie als Beauftragter zu führen gehabt hätte, wenn die Nachlassverwaltung angeordnet oder das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet ist. Zweck dieser Vorschrift ist es, den Nachlass den [X.] möglichst ungeschmälert zur Verfügung stehen zu lassen; zwar bleiben von den Erben als Berechtigten vorgenommene Verfügungen erhalten, diese werden aber für ihre Verwaltungsmaßnahmen den [X.] gegenüber so verantwortlich gemacht, als hätten sie den Nachlass von der Annahme der Erbschaft an im Auftrag der Nachlassgläubiger verwaltet ([X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 1978 Rn. 3; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 1978 Rn. 1; MünchKomm-[X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., § 1978 Rn. 1). Aufwendungen, welche die Erben bei der Verwaltung des Nachlasses gehabt haben, können sie nach § 1978 Abs. 3 [X.] ersetzt verlangen.

1. Voraussetzung für die Anwendung des § 1978 Abs. 1 [X.] ist - neben der Anordnung einer Nachlassverwaltung, um die es vorliegend nicht geht - die Eröffnung eines [X.], die hier am 11. September 2008 erfolgt ist. Das Berufungsgericht setzt sich zwar mit der Frage auseinander, ob die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Recht erfolgt ist. Jedenfalls ist dies mittelbar seinen Ausführungen zu der Frage zu entnehmen, ob es noch Insolvenzgläubiger gibt, oder ob die Verfahrenseröffnung ins Leere gegangen ist, weil keine Nachlassgläubiger mehr vorhanden sind. Hierauf kommt es aber nicht an. Der rechtskräftige Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist vom Prozessgericht grundsätzlich auch dann als gültig hinzunehmen, wenn er [X.] ergangen ist; denn als in dem dafür vorgesehenen Verfahren ergangener hoheitlicher Akt beansprucht er Geltung gegenüber jedermann, sofern der Entscheidung nicht ausnahmsweise ein Fehler anhaftet, der zur Nichtigkeit führt ([X.], Urteil vom 14. Januar 1991 - [X.], [X.]Z 113, 216, 218; vom 22. Januar 1998 - [X.], [X.]Z 138, 40, 44; vom 9. Januar 2003 - [X.], [X.], 178 f; [X.] in [X.], [X.], 2007, § 27 Rn. 34 f, 60 ff; [X.], [X.], 13. Aufl., § 27 Rn. 19; jeweils mwN). Ein Fall, in dem ganz ausnahmsweise die Bindungswirkung des [X.] nicht eintritt, ist hier nicht gegeben. Gründe - etwa die fehlende Unterschrift des Richters -, die zur Nichtigkeit des Beschlusses führen können, sind nicht ersichtlich. Die Streitsache ist nicht mit dem Fall vergleichbar, in dem der [X.] einen Eröffnungsbeschluss für nichtig und damit für das Prozessgericht nicht bindend gehalten hat, weil er sich auf eine voll beendete Gesellschaft bezog ([X.], Urteil vom 7. Juli 2008 - [X.], Z[X.] 2008, 973 Rn. 13). Dort wurde das Verfahren über das Vermögen einer nicht mehr existenten Partei eröffnet. Vorliegend bestehen keine Zweifel hinsichtlich der Existenz des Nachlasses, über den das Verfahren eröffnet worden ist.

a) Auf die Frage, ob die Erbengemeinschaft schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens auseinandergesetzt worden ist, kommt es nicht an. Nach § 316 Abs. 2 [X.] ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch dann noch zulässig, wenn bei einer Mehrheit von Erben die Teilung des Nachlasses bereits erfolgt ist. Damit wird ausgeschlossen, dass eine schnelle Teilung des Nachlasses zum Nachteil der Gläubiger vorgenommen wird; der Verwalter hat im Fall der bereits vollzogenen Teilung des Nachlasses bei Eröffnung der Nachlassinsolvenz sämtliches Vermögen in Besitz zu nehmen (§§ 80, 148, 159 [X.]) und die Erben sind verpflichtet, das in ihrem Besitz [X.] an ihn herauszugeben ([X.] in [X.], [X.], 2011, § 316 Rn. 12 f; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2012, § 316 Rn. 7; [X.]/[X.], aaO, § 316 Rn. 5 f).

b) Im Streitfall wurde der Insolvenzantrag von einer [X.] gestellt. Deren Antragsberechtigung ergibt sich aus § 317 Abs. 1 [X.]. Soweit eine Frist von zwei Jahren seit Annahme der Erbschaft für Insolvenzanträge von [X.] gilt (§ 319 [X.]), ist diese Vorschrift auf den Insolvenzantrag eines Miterben nicht anzuwenden, deren Anträge sind ohne zeitliche Beschränkung zulässig ([X.] in [X.], aaO Rn. 12). Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit des Insolvenzantrags wegen Fristablaufs bestehen damit nicht. Der Eröffnungsbeschluss ist nicht angefochten. Die Verfahrenseröffnung ist wirksam. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger mangels wirksamer Bestellung zum [X.] nicht prozessbefugt gewesen sein könnte, wie sie von der Revisionserwiderung geltend gemacht werden, bestehen nicht. Der Kläger ist verpflichtet, die von den Miterben bei der Verwaltung des Nachlasses veräußerten Vermögensgegenstände wieder zur Masse zu ziehen oder Ersatzansprüche geltend zu machen (vgl. [X.] in [X.], aaO Rn. 13; MünchKomm-[X.]/[X.], 2. Aufl., § 316 Rn. 4; [X.]/[X.], aaO Rn. 6)

2. Auf die Frage, ob die Finanzverwaltung wegen der Erbschaftssteuerverbindlichkeit Nachlassgläubigerin war und die Forderung zur Insolvenztabelle anmelden konnte, kommt es nicht an. Die Erbschaftssteuerverbindlichkeit ist im Rechtsstreit infolge der Feststellung zur Tabelle als Insolvenzforderung zugrunde zu legen.

a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Forderung unwidersprochen zur Tabelle festgestellt. Die Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle hat für den Insolvenzverwalter und die Gläubiger gemäß § 178 Abs. 3 [X.] die Wirkungen eines rechtskräftigen Urteils (vgl. [X.], Urteil vom 11. Dezember 2008 - [X.], Z[X.] 2009, 142 Rn. 10 mwN; vom 19. Januar 2012 - [X.], Z[X.] 2012, 488 Rn. 13). Die festgestellte Forderung kann von ihnen nur noch mit solchen Rechtsbehelfen angefochten werden, die gegen ein rechtskräftiges Urteil wirken ([X.]/[X.], in [X.], [X.], 2010, § 178 Rn. 14 ff; [X.] in [X.]/Uhländer, [X.], § 178 Rn. 21; [X.]/[X.], aaO, § 178 Rn. 25 ff). Für eine derartige Anfechtung ist nichts vorgetragen. Entsprechende Rechtsbehelfe sind auch nicht einmal ersichtlich.

b) Der Streit um die Frage, ob im Nachlassinsolvenzverfahren Erbschaftssteuerforderungen gegen Miterben als Nachlassverbindlichkeiten zu qualifizieren sind, hätte nur im Tabellenfeststellungsverfahren oder in dem Streitverfahren zur Beseitigung des Widerspruchs ausgetragen werden können, wenn die Forderung durch einen nach § 178 Satz 1 [X.] Berechtigten bestritten worden wäre.

In diesem Verfahren wäre auch die Beklagte berechtigt gewesen, die Forderung zu bestreiten, weil die Miterben einer Erbengemeinschaft im Nachlassinsolvenzverfahren die Stellung des Schuldners einnehmen ([X.], Urteil vom 16. Mai 1969 - [X.], NJW 1969, 1349; [X.], aaO § 315 Rn. 5 f). Bei mehreren Miterben gilt dies für jeden von ihnen ([X.], aaO). Ein Widerspruch der [X.] hätte zwar gemäß § 178 Abs. 1 Satz 2 [X.] der Feststellung zur Tabelle nicht entgegengestanden. Er hätte jedoch der [X.] gegenüber den Eintritt der [X.] nach § 201 Abs. 2 [X.] verhindert, solange der Widerspruch nicht durch Urteil beseitigt worden wäre. Ein entsprechendes Bestreiten durch die Beklagte ist jedoch unterblieben, so dass die Eintragung in die Insolvenztabelle auch ihr gegenüber wie ein rechtskräftiges Urteil wirkt (vgl. [X.], Urteil vom 30. Januar 1961 - [X.], [X.], 427, 429; [X.], [X.], 597, 599; Graf-Schlicker, [X.], 3. Aufl., § 178 Rn. 15; [X.]/[X.], [X.], 5. Aufl. 2010, § 178 Rn. 53; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2012, § 178 Rn. 24; [X.]/[X.], aaO Rn. 32; [X.]/[X.]/Voigt-Salus, Insolvenzrecht, 2. Aufl., [X.]. 28 Rn. 22).

aa) Zwar ergibt sich die [X.] für den Schuldner nicht aus § 178 Abs. 3 [X.], weil dieser dort nicht genannt ist. Sie folgt aber mittelbar aus § 201 Abs. 2 [X.] ([X.]/[X.], aaO). Nach dieser Vorschrift können Insolvenzgläubiger, deren Forderungen festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfungstermin bestritten worden sind, nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens aus der Eintragung in die Tabelle wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben, wobei einer nicht bestrittenen Forderung eine Forderung gleichsteht, bei der ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. Diese Wirkung tritt auch außerhalb des Insolvenzverfahrens ein ([X.], Urteil vom 30. Januar 1961, aaO). § 201 Abs. 2 [X.] regelt nur die während des Insolvenzverfahrens nicht mögliche Vollstreckung (§ 89 [X.]) nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Die [X.] außerhalb der Vollstreckung besteht aber schon vor Aufhebung des Verfahrens, sobald die Feststellung zur Tabelle erfolgt ist ([X.], aaO; [X.]/[X.], aaO). Vorliegend war die Beklagte im Prüfungstermin vertreten und hat es unterlassen, die auch sonst nicht bestrittene Steuerforderung der Finanzverwaltung zu bestreiten. Die Gründe, aus denen dieses Bestreiten unterblieben ist, sind unerheblich. Ebenso, wie bei einer offenen Handelsgesellschaft die Wirkungen des § 201 Abs. 2 [X.] für alle Gesellschafter der Schuldnerin gelten ([X.], Urteil vom 30. Januar 1961, aaO), erstrecken sie sich auch im Fall der Erbengemeinschaft, bei der die Mitglieder die Stellung des Schuldners einnehmen, auf sämtliche Miterben.

bb) Der [X.] entsprechend § 201 Abs. 2 [X.] steht nicht entgegen, dass die [X.] einer Feststellung zur Insolvenztabelle gemäß § 178 Abs. 3 [X.] grundsätzlich nur für Insolvenzforderungen gilt und eine Forderung, die aus Rechtsgründen nicht zur Insolvenztabelle angemeldet werden kann, nicht ohne weiteres durch eine versehentliche Eintragung in die Tabelle zur Insolvenzforderung wird (vgl. zu § 145 Abs. 1 KO: [X.], Urteil vom 21. Februar 1991 - [X.], [X.]Z 113, 381, 382 f; zu § 178 Abs. 3 [X.]: [X.]/[X.], aaO § 178 Rn. 18 ff). Der Grund hierfür ist darin zu sehen, dass die rechtliche Einordnung einer Forderung als Insolvenzforderung, soweit sie sich zum Nachteil der Masse auswirkt, nicht der Disposition der Beteiligten unterliegt.

Im vorliegenden Fall war über eine Erbschaftssteuerforderung der Finanzverwaltung zu entscheiden, die sich gegen die [X.] richtet. Eine derartige Forderung stellt grundsätzlich eine Insolvenzforderung im Sinne des § 38 Abs. 1 [X.] dar. Für die Steuer der am Erbfall Beteiligten haftet der Nachlass gemäß § 20 Abs. 3 [X.] zumindest bis zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft. Sie kann also im Nachlassinsolvenzverfahren zur Insolvenzmasse angemeldet werden. Zwar ist umstritten, ob eine Haftung des Nachlasses auch nach dessen Auseinandersetzung noch in Betracht kommt. Gleichwohl handelt es sich um eine Forderung, deren Anmeldung im Nachlassinsolvenzverfahren nicht gesetzlich ausgeschlossen ist. Die Feststellung, ob die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft beendet ist, unterliegt dagegen der Disposition der Beteiligten (vgl. [X.], Urteil vom 21. Februar 1991, aaO S. 383). Mit der Eintragung in die Insolvenztabelle ist die streitbefangene Forderung als Nachlassverbindlichkeit und damit als Insolvenzforderung rechtskräftig festgestellt worden.

cc) Die Rechtsprechung des [X.]s, nach der Masseforderungen auch durch Anmeldung, Anerkennung und Feststellung nicht zu Insolvenzforderungen werden und die [X.] gemäß § 178 Abs. 3, § 183 [X.] die spätere Geltendmachung desselben Anspruchs als Masseforderung nicht ausschließt ([X.], Urteil vom 13. Juni 2006 - [X.], [X.]Z 168, 112 Rn. 15 ff), steht der [X.] nicht entgegen. Um eine Masseverbindlichkeit konnte es sich bei der [X.] nicht handeln.

dd) Soweit der [X.] entschieden hat, dass sich der Insolvenzverwalter gegenüber einem aus Durchgriffshaftung in Anspruch genommenen GmbH-Gesellschafter, der keine Gelegenheit zu einem Widerspruch im Sinne von § 178 Abs. 3 [X.] hatte, auf die [X.] der Eintragung der Gläubigerforderungen in die Insolvenztabelle nicht berufen kann ([X.], Urteil vom 14. November 2005 - [X.], [X.]Z 165, 85, 95 f; vom 9. Oktober 2006 - [X.], Z[X.] 2007, 35 Rn. 11), ergibt sich hieraus kein Recht der [X.], die Forderung trotz Feststellung zur Insolvenztabelle zu bestreiten. Die Beklagte ist im [X.] beteiligt gewesen und gehört worden. Eine Gehörsverletzung (Art. 103 Abs. 1 GG) scheidet aus. Deshalb sind keine Gründe ersichtlich, die einer Bindung der [X.] an die Feststellung der Erbschaftssteuerforderung zur Insolvenztabelle entgegenstehen könnten.

3. Die weiteren Voraussetzungen des § 1978 Abs. 1 Satz 1 [X.] sind erfüllt. Das Berufungsgericht hat die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft und die Auszahlung der insoweit geschuldeten Beträge zutreffend als Verwaltungsmaßnahme angesehen, die unter § 1978 [X.] fällt. Hiergegen wendet sich die Revisionserwiderung nicht. Soweit die Erwiderung meint, der einzelne Miterbe sei nur insoweit zur Herausgabe des Empfangenen verpflichtet, als das Erlangte zur Befriedigung der Nachlassverbindlichkeiten erforderlich sei, folgt aus den vorstehenden Ausführungen, dass der Betrag von 350.000 € benötigt wird, um den Anspruch des [X.] zu befriedigen. Eines Verschuldens des Erben bedarf es nicht ([X.], Beschluss vom 13. März 2008 - [X.], [X.] 2008, 237 unter Bezugnahme auf [X.], Urteil vom 2. Juli 1992 - [X.], [X.], 2020, 2022).

III.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann deshalb keinen Bestand haben. Sie ist aufzuheben. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif und deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine eigene Sachentscheidung (§ 563 Abs. 3 ZPO) kann der Senat nicht treffen, weil das Berufungsgericht sich bisher nicht mit den von der [X.] in der Klageerwiderung hilfsweise geltend gemachten aufrechenbaren Gegenansprüchen befasst hat.

Vill                      [X.]                          Fischer

            [X.]                           Möhring

Meta

IX ZR 30/12

10.10.2013

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Frankfurt, 27. Januar 2012, Az: 24 U 38/11

§ 667 BGB, § 1978 Abs 1 S 1 BGB, § 178 Abs 3 InsO, § 201 InsO, § 316 Abs 2 InsO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.10.2013, Az. IX ZR 30/12 (REWIS RS 2013, 2142)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2142

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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