Bundessozialgericht, Urteil vom 27.10.2022, Az. B 9 SB 1/20 R

9. Senat | REWIS RS 2022, 8767

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

(Sozialgerichtliches Verfahren - Begutachtung von Amts wegen - Recht auf Anwesenheit einer Vertrauensperson bei der Untersuchung - Beschränkung bei Erschwerung oder Behinderung einer effektiven und geordneten Beweiserhebung - Entscheidungskompetenz des Gerichts - erforderliche Abwägung - fachliche Gründe nach aktuellem wissenschaftlichem Erkenntnisstand - Handlungsfreiheit - allgemeines Persönlichkeitsrecht - Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Mitwirkungslast - Vereitelung einer Amtsbegutachtung - Pflicht des Gerichts zur Vornahme der noch möglichen Ermittlungen - Anhörung eines bestimmten Arztes - kein von vornherein unterschiedlicher Beweiswert von Amtsgutachten nach § 103 SGG und Arztgutachten nach § 109 SGG - keine Beweislastumkehr - Beweiserleichterung zugunsten der Behörde - Zurückverweisung)


Leitsatz

1. Den Beteiligten steht es grundsätzlich frei, eine Vertrauensperson zu einer gerichtlich angeordneten gutachterlichen Untersuchung mitzunehmen, sofern deren Anwesenheit eine geordnete und effektive Beweiserhebung nicht objektiv erschwert oder verhindert.

2. Die Entscheidung über die Anwesenheit eines Dritten während einer gerichtlich angeordneten gutachterlichen Untersuchung liegt im Streitfall allein in der Kompetenz des Gerichts.

3. Mangelnde Mitwirkung eines Beteiligten entbindet das Gericht nicht von der Pflicht, die noch möglichen Ermittlungen anzustellen.

4. Ein Antrag auf Anhörung eines bestimmten Arztes ist nicht allein deshalb als rechtsmissbräuchlich abzulehnen, weil eine Begutachtung von Amts wegen nicht zustande gekommen ist.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 11. Dezember 2019 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Herabsetzung des [X.]rads der Behinderung ([X.]dB) von 50 auf 30.

2

Dem 1958 geborenen Kläger wurde im Juni 2011 ein Tumor der rechten Schulter operativ entfernt. Der Beklagte stellte ausgehend von der Funktionsbeeinträchtigung "Schulterblattteilentfernung mit Bewegungseinschränkung der Schulter im Stadium der [X.]" einen [X.]dB von 50 ab Juli 2011 fest (Bescheid vom 24.5.2013). Nach Anhörung des [X.] setzte der Beklagte den [X.]dB mit Wirkung ab 1.11.2016 auf 20 herab, weil die vorgesehene Zeit der [X.] abgelaufen sei und der [X.]dB nur noch nach der tatsächlich bestehenden Funktionsbeeinträchtigung "Schulterblattteilentfernung mit Bewegungseinschränkung der Schulter rechts" zu beurteilen sei. Weitere Funktionsbeeinträchtigungen und [X.]esundheitsstörungen wirkten sich nicht aus oder seien für die Bildung des [X.]dB ohne Bedeutung (Bescheid vom 19.10.2016). Auf den Widerspruch des [X.] berücksichtigte der Beklagte als weitere Funktionsbeeinträchtigung eine "Funktionseinschränkung der Wirbelsäule" mit einem Einzel-[X.]dB von 20 und setzte den [X.]dB ab 1.11.2016 auf 30 fest (Teilabhilfebescheid vom 24.2.2017). Im Übrigen wies er den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 14.3.2017).

3

Mit seiner Klage hat der Kläger Funktionsbeeinträchtigungen auf orthopädischem, [X.] sowie augenärztlichem Fachgebiet geltend gemacht und sich auf ein von ihm bereits im Vorverfahren vorgelegtes Privatgutachten von R berufen, wonach der [X.] mindestens 50 betrage. Das [X.] hat den Orthopäden [X.] mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt (Beweisanordnung vom 27.9.2017). Zur gutachterlichen Untersuchung ist der Kläger in Begleitung seiner Tochter erschienen und hat auf deren Anwesenheit im Rahmen der Anamneseerhebung und der Untersuchung bestanden. Daraufhin hat [X.] die Entpflichtung als Sachverständiger beantragt. Die Anwesenheit Dritter in gutachtlichen Untersuchungen stoße bei ihm prinzipiell auf erhebliche Bedenken, weil die Erhebung objektiver Befunde dadurch erschwert werde. Das [X.] hat die Beweisanordnung geändert und den [X.] zum neuen Sachverständigen ernannt (Beschluss vom 10.4.2018). Zur Begutachtung ist der Kläger in Begleitung seines [X.] erschienen und hat auf dessen Anwesenheit bestanden. [X.] hat die Untersuchung abgelehnt, weil durch die Anwesenheit einer Vertrauensperson eine "Zeugenungleichheit" entstehe. Nachdem der Kläger bekräftigt hat, mit keiner Begutachtung ohne Anwesenheit einer Vertrauensperson einverstanden zu sein, hat das [X.] die Beweisanordnung aufgehoben und die Klage abgewiesen. Aufgrund der abgelaufenen [X.] sei eine wesentliche Änderung in den entscheidungserheblichen Verhältnissen eingetreten. Ein höherer [X.]dB als 30 sei zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht gerechtfertigt. Weitere Ermittlungen seien nicht zu veranlassen, weil der Kläger an der vom [X.]ericht angeordneten Beweiserhebung nicht mitgewirkt habe, obwohl dies - auch in Abwesenheit einer Vertrauensperson - für ihn zumutbar gewesen sei. Ein [X.]utachten nach Lage der Akten sei nicht zielführend ([X.]erichtsbescheid vom 17.12.2018).

4

Das L[X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen und ausgeführt, der Beklagte habe den [X.] nach Eintritt der [X.] auf der vorliegenden Erkenntnisgrundlage nicht mit mehr als 30 feststellen können. Die verbleibenden Zweifel aufgrund der bislang nicht ausreichenden medizinischen Ermittlungen gingen in der [X.] zwar grundsätzlich zulasten des sich auf eine wesentliche Änderung der Verhältnisse berufenden Beklagten. Hier sei aber eine Umkehr der Beweislast eingetreten, weil der Kläger die weitere Aufklärung des Sachverhalts vereitelt habe. Er habe keinen Anspruch auf die Anwesenheit seiner Tochter oder seines [X.] während der gutachterlichen Untersuchung. Deren [X.]estaltung und damit die Beurteilung, ob die Unverfälschtheit der Untersuchungssituation durch die Anwesenheit einer Vertrauensperson gefährdet werde, unterliege der Fachkompetenz der Sachverständigen. Der vom Kläger gestellte Antrag nach § 109 [X.][X.] auf Begutachtung durch den von ihm benannten Orthopäden sei angesichts der Vereitelung der von Amts wegen in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachten als rechtsmissbräuchlich abzulehnen (Urteil vom 11.12.2019).

5

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine fehlende angemessene medizinische Sachaufklärung. Aus [X.]ründen des fairen Verfahrens (Art 2 Abs 1, Art 20 Abs 3 [X.][X.] und Art 6 Abs 1 Satz 1 EMRK) müsse es ihm grundsätzlich erlaubt sein, eine Vertrauensperson an der Untersuchung, der Anamnese und den Unterredungen mit dem Sachverständigen teilnehmen zu lassen. Durch die Anwesenheit einer Vertrauensperson (Tochter oder [X.]) habe er die für ihn höchst unangenehme Begutachtung erträglicher gestalten und dem [X.]efühl entgegenwirken wollen, dem Sachverständigen ausgeliefert zu sein. Er sei auch bereit gewesen, die Anwesenheit einer Vertrauensperson des Sachverständigen (zB einer Hilfsperson) oder eines Vertreters des Beklagten zu akzeptieren. Anders als bei einer psychiatrischen bestehe bei einer orthopädisch-chirurgischen Begutachtung kein genereller [X.]rund, die Anwesenheit einer sich still und unauffällig verhaltenden Vertrauensperson abzulehnen.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des [X.] vom 11.12.2019 und den [X.]erichtsbescheid des [X.] vom 17.12.2018 sowie den Bescheid des Beklagten vom 19.10.2016 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 24.2.2017 und in [X.]estalt des Widerspruchsbescheids vom 14.3.2017 aufzuheben.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er verteidigt das angegriffene Urteil und hält die Revision für nicht ausreichend begründet.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des [X.] ist zulässig und im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 [X.]).

A. [X.]egenstand des Revisionsverfahrens ist das Urteil des [X.], mit dem es die Berufung gegen den die Klage abweisenden [X.]erichtsbescheid des [X.] zurückgewiesen und die Herabsetzung des [X.]dB des [X.] auf 30 durch den Bescheid des Beklagten vom 19.10.2016 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 24.2.2017 und in [X.]estalt des Widerspruchsbescheids vom 14.3.2017 (§ 95 [X.]) für rechtmäßig befunden hat.

B. Die Revision des [X.] ist zulässig. Die Revisionsbegründung genügt den Anforderungen des § 164 Abs 2 Satz 3 [X.]. Danach muss die Begründung einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben. Sie ist nicht an den strengen formalen Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 [X.] zu messen, die das B[X.] in Bezug auf die Begründung einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision entwickelt hat (stRspr; zB [X.] vom 14.11.2013 - [X.] SB 5/12 R - [X.], 18 = [X.]-1300 § 13 [X.], Rd[X.]2 f; s zu diesen Anforderungen zB B[X.] Beschluss vom 20.5.2022 - [X.] Ü[X.] 1/22 B - juris Rd[X.] ff). Hierauf jedoch bezieht sich der überwiegende Teil der Revisionserwiderung des Beklagten.

Die Anforderungen an die Rüge einer Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes werden mit der Revisionsbegründung noch erfüllt, obwohl diese keine ausdrückliche Angabe der aus Sicht des [X.] verletzten Rechtsnormen enthält. Jedoch genügt es, wenn sich - wie im vorliegenden Fall - die Bestimmung aus dem Sinnzusammenhang der Revisionsbegründung ergibt (stRspr; zB [X.] vom 30.9.2021 - [X.] V 3/21 R - [X.]-1500 § 164 [X.]0 Rd[X.]4 mwN). Mit dem Vorbringen, dass eine angemessene medizinische Sachaufklärung nicht erfolgt sei, weil die entsprechenden Begutachtungen nicht durchgeführt worden seien, rügt der Kläger sinngemäß einen Verstoß des [X.] gegen § 103 [X.]. Die weiteren Anforderungen an die Rüge eines [X.] (vgl hierzu [X.] vom 30.9.2021 - [X.] V 3/21 R - [X.]-1500 § 164 [X.]0 Rd[X.]3 ff; zu den Anforderungen an die Revisionsbegründung bei Sachrügen B[X.] <[X.]roßer [X.]> Beschluss vom 13.6.2018 - [X.] 1/17 - [X.], 133 = [X.]-1500 § 164 [X.], Rd[X.]3 ff) werden erfüllt. Die Revisionsbegründung enthält neben einem bestimmten Antrag die Schilderung des entscheidungserheblichen Sachverhalts, die Darlegung der Rechtsauffassung des [X.] und eine substanziierte Auseinandersetzung hiermit sowie Ausführungen dazu, warum das angefochtene [X.]-Urteil auf dem gerügten Mangel beruhen kann.

[X.]. Die Revision des [X.] ist im Sinne einer Aufhebung des Urteils des [X.] und Zurückverweisung des Rechtsstreits begründet.

Der Kläger verfolgt den geltend gemachten Anspruch zulässigerweise mit einer isolierten Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Alt 1 [X.]), deren Erfolg den zuvor mit Bescheid vom 24.5.2013 festgestellten [X.]dB von 50 wieder aufleben ließe.

Ob der Beklagte berechtigt war, mit den angefochtenen Bescheiden den [X.]dB auf 30 herabzusetzen (zu den Voraussetzungen unter 1), kann der [X.] nicht abschließend entscheiden. Die vom Kläger gerügte Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 103 [X.]) liegt vor, worauf das angegriffene Urteil beruht. Das [X.] hätte die Berufung des [X.] nicht ohne weitere Erforschung des Sachverhalts zurückweisen dürfen (hierzu unter 2).

1. Rechtsgrundlage für die Herabsetzung des [X.]dB des [X.], die der Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden vorgenommen hat, ist § 48 Abs 1 Satz 1 [X.]B X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - hierunter fallen auch solche über die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft ([X.] vom 11.8.2015 - [X.] SB 2/15 R - [X.]-1300 § 48 [X.] Rd[X.]3 mwN) - mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass - dies ist der [X.]punkt der Bekanntgabe des Verwaltungsakts an den Adressaten (§§ 37, 39 Abs 1 [X.]B X; [X.] vom [X.] - B 5 R 28/21 R - [X.], 64 = [X.]-2600 § 56 [X.]1, Rd[X.]3; [X.] vom [X.] - [X.] [X.] 76/05 R - [X.], 285 = [X.]-4300 § 122 [X.], Rd[X.]3; [X.] vom 14.3.1996 - 7 [X.] - juris Rd[X.]0; [X.] vom [X.] - 7 [X.] - [X.], 20 = [X.] 3-1300 § 48 [X.] - juris Rd[X.]9) - vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. [X.] ist der [X.]punkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids als letzte maßgebliche Verwaltungsentscheidung ([X.] vom 16.12.2021 - [X.] SB 6/19 R - [X.]-1300 § 48 [X.]0 - juris Rd[X.]6; [X.] vom 12.10.2018 - [X.] SB 1/17 R - [X.]-1200 § 66 [X.] Rd[X.]4).

Beruht die Höhe des [X.]dB - wie im Bescheid des Beklagten vom 24.5.2013 - auf einer Erkrankung, für die ein (pauschal) erhöhter [X.]dB-Wert während des [X.]raums der [X.] angesetzt worden ist, ändert allein das Verstreichen dieses [X.]raums die wesentlichen, dh rechtserheblichen tatsächlichen Verhältnisse, die der Feststellung des [X.]dB zugrunde lagen (Teil [X.] b Anlage zu § 2 [X.] "[X.] [X.]rundsätze" , hier idF durch das [X.] vom 23.12.2016, [X.] 3234; [X.] vom 11.8.2015 - [X.] SB 2/15 R - [X.]-1300 § 48 [X.] Rd[X.]5).

Für die [X.] nach Ablauf der [X.] ist der [X.]dB nach den konkreten Auswirkungen der vorliegenden [X.]esundheitsstörungen zu bemessen (vgl Teil [X.]; [X.] vom 11.8.2015 - [X.] SB 2/15 R - [X.]-1300 § 48 [X.] Rd[X.]5; B[X.] Beschluss vom 9.12.2010 - [X.] SB 35/10 B - juris Rd[X.] 7). Dazu ist der [X.]dB gemäß § 69 Abs 3 Satz 1 [X.] in seiner hier noch maßgeblichen, bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung des [X.] ([X.] 1046; seit 1.1.2018 § 152 Abs 3 Satz 1 [X.] idF des [X.], [X.] 3234) nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer [X.]esamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen (vgl [X.] vom 16.12.2021 - [X.] SB 6/19 R - [X.]-1300 § 48 [X.]0 - juris Rd[X.]7 mwN). Dabei sind die Maßstäbe der Anlage [X.] entsprechend heranzuziehen (vgl § 159 Abs 7 [X.] idF des [X.], [X.]I 15). Die Bemessung des [X.]dB ist grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe. Hierzu müssen die Tatsachengerichte ([X.] und [X.]) bei der Feststellung der einzelnen nicht nur vorübergehenden [X.]esundheitsstörungen in der Regel ärztliches Fachwissen heranziehen (stRspr; zB [X.] vom 16.12.2021 - [X.] SB 6/19 R - [X.]-1300 § 48 [X.]0 - juris Rd[X.]7 f mwN).

2. Die vom [X.] getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu den beim Kläger vorliegenden [X.]esundheitsstörungen und den hiermit verbundenen Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der [X.]esellschaft sind zur Bemessung des [X.]dB nicht ausreichend. Durch den Verzicht auf eine weitere Sachverhaltsaufklärung hat das [X.] gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 [X.]) verstoßen, worauf das angegriffene Urteil beruht.

Nach § 103 Satz 1 [X.] erforscht das [X.]ericht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Das Ausmaß der Aufklärung und die Wahl der Beweismittel steht im pflichtgemäßen Ermessen des [X.]erichts und hängt weitgehend vom Einzelfall ab. Jedoch muss vom [X.]ericht verlangt werden, dass es alle in Betracht kommenden Erkenntnisquellen ausschöpft (vgl B[X.] Beschluss vom [X.] - B 3 P 7/07 B - juris Rd[X.]), sofern es bereits eingeholte Auskünfte nicht als fundiert und erschöpfend ansieht (vgl B[X.] <[X.]roßer [X.]> Beschluss vom [X.] - [X.] 2/68 - [X.], 192 = [X.] [X.]0 zu § 1247 [X.] - juris Rd[X.] 73). Letzteres war hier der Fall, denn das [X.] hat im angefochtenen Urteil die medizinischen Ermittlungen ausdrücklich als bislang nicht ausreichend bezeichnet, weshalb es keine volle Überzeugung davon gewinnen konnte, dass beim Kläger ein [X.]dB von wenigstens 40 unter keinem medizinischen [X.]esichtspunkt mehr gerechtfertigt war. Ob das Berufungsgericht mit seiner Beweislastentscheidung zuungunsten des [X.] wegen Beweisvereitelung seine Pflicht zur Amtsermittlung bereits deshalb verletzt hat, weil es von einer Begutachtung des [X.] von Amts wegen abgesehen hat, kann der [X.] nicht abschließend entscheiden (hierzu unter a). Jedoch hat das [X.] andere zur Verfügung stehende Beweismittel nicht ausgeschöpft, obwohl es sich ausgehend von seiner materiellen Rechtsauffassung hierzu hätte gedrängt fühlen müssen (hierzu unter b).

a) Ob das [X.] zu Recht von einer Begutachtung des [X.] von Amts wegen abgesehen hat, weil dieser die Anwesenheit seiner Tochter oder seines [X.] als Vertrauensperson bei der Begutachtung durch die Sachverständigen verlangt hat, kann anhand der tatsächlichen Feststellungen des [X.] nicht abschließend beurteilt werden.

Im Rahmen ihrer Mitwirkungslast bei der Erforschung des Sachverhalts (§ 103 Satz 1 Halbsatz 2 [X.]) obliegt es den Beteiligten, sich im gerichtlichen Verfahren ärztlich untersuchen zu lassen, soweit ihnen dies zumutbar ist ([X.] vom 11.11.1971 - 1 RA 63/70 - [X.] [X.]5 zu § 103 [X.] - juris Rd[X.]2 f; [X.] in [X.][X.], [X.], 2. Aufl 2022, § 103 Rd[X.]8, Stand 26.9.2022; B. [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 13. Aufl 2020, § 103 [X.] Rd[X.]4a). Zwar steht es den Beteiligten dabei im [X.]rundsatz frei, eine Vertrauensperson zu einer gutachterlichen Untersuchung mitzunehmen (hierzu unter aa). Das Recht auf Anwesenheit einer Vertrauensperson bei einer Begutachtung besteht aber nicht unbeschränkt. Eine solche Person ist von der Begutachtung auszuschließen, wenn ihre Anwesenheit eine geordnete und effektive Beweiserhebung erschwert oder verhindert (hierzu unter [X.]). Die Entscheidung über die Anwesenheit einer Vertrauensperson während der Begutachtung durch den Sachverständigen obliegt im Streitfall allein dem [X.]ericht (hierzu unter [X.]). Ob vorliegend fachlich-sachliche [X.]ründe gegen die vom Kläger geforderte Anwesenheit seiner Tochter oder seines [X.] bei der vom [X.] angeordneten orthopädischen Begutachtung sprachen, hat das [X.] nicht festgestellt (hierzu unter dd).

aa) Entgegen der Auffassung des [X.] steht es dem Beteiligten im [X.]rundsatz frei, eine Vertrauensperson zu einer gutachterlichen Untersuchung mitzunehmen. Dies folgt für [X.] volljährige Familienangehörige (§ 15 Abgabenordnung <[X.]>, § 11 Lebenspartnerschaftsgesetz <§ 11 LPart[X.]>) aus § 73 Abs 2 Satz 2 [X.] [X.] und für sonstige nahestehende Personen als Beistand aus § 73 Abs 7 Satz 3 [X.], durch welche das Recht auf ein faires Verfahren für die Sozialgerichtsbarkeit konkretisiert wird (hierzu unter <1>). Dieses Recht ist aber nicht allein auf die Verhandlung vor dem [X.] beschränkt, sondern gilt - jedenfalls entsprechend - auch bei der Durchführung einer vom [X.] angeordneten Begutachtung durch einen Sachverständigen. In diesem Kontext ist auch zu berücksichtigen, dass die Entscheidung, sich von einer Vertrauensperson zu einer Begutachtung begleiten zu lassen, Ausdruck der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art 2 Abs 1 [X.]) ist und die gerichtliche Anordnung einer medizinischen Begutachtung als Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 [X.]) dem [X.] unterliegt (hierzu unter <2>).

(1) Nach § 73 Abs 2 Satz 2 [X.] [X.] können sich die Beteiligten vor dem [X.] und dem [X.] ua durch volljährige Familienangehörige (§ 15 [X.], § 11 LPart[X.]) als Bevollmächtigte vertreten lassen. Zudem können sie in der mündlichen Verhandlung mit [X.] erscheinen (§ 73 Abs 7 Satz 1 [X.]). Als solche können ebenfalls volljährige Familienangehörige agieren (§ 73 Abs 7 Satz 2 iVm Abs 2 Satz 2 [X.] [X.]). Darüber hinaus kann das [X.]ericht andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht (§ 73 Abs 7 Satz 3 [X.]). Die Zulassung kann formlos, auch stillschweigend erfolgen (Begründung des Entwurfs der Bundesregierung eines [X.]esetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts, BT-Drucks 16/3655 [X.] zu Abs 7; allg Auffassung: [X.] in [X.]/[X.]/[X.], BeckO[X.]K [X.], § 73 Rd[X.]87, Stand 1.8.2022; [X.] in [X.][X.], [X.], 2. Aufl 2022, § 73 Rd[X.]5, Stand 15.6.2022; B. [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 13. Aufl 2020, § 73 Rd[X.] 78).

In dem Recht auf Vertretung durch Bevollmächtigte und auf Begleitung durch einen Beistand verwirklicht sich das durch das Rechtsstaatsprinzip des [X.] (Art 20 Abs 3 [X.]) iVm dem Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art 2 Abs 1 [X.]) sowie durch Art 6 Abs 1 Satz 1 [X.] garantierte Recht auf ein faires Verfahren. Dieses zählt - wie das [X.] wiederholt betont hat - zu den wesentlichen [X.]rundsätzen eines rechtsstaatlichen Verfahrens (stRspr; zB [X.] Beschluss vom [X.] - 2 BvR 1246/07 - juris Rd[X.]; [X.] Beschluss vom 19.10.1977 - 2 BvR 462/77 - [X.]E 46, 202 - juris Rd[X.]). Es schützt die Beteiligten davor, als bloßes Objekt eines rechtsstaatlich geordneten Verfahrens behandelt zu werden. Den Beteiligten muss vielmehr die Möglichkeit gegeben werden, zur Wahrung ihrer Rechte mit der - durch Bevollmächtigte und Beistände vermittelten - erforderlichen Kompetenz auf den [X.]ang und das Ergebnis des Verfahrens Einfluss nehmen zu können (vgl stRspr; zB [X.] Beschluss vom 12.11.2020 - 2 BvR 1616/18 - juris Rd[X.], 34; [X.] Beschluss vom 8.10.1974 - 2 BvR 747/73 - [X.]E 38, 105 - juris Rd[X.]6, 18, 22 f). Der [X.]rundsatz der fairen Verfahrensgestaltung verpflichtet die [X.]erichte darüber hinaus allgemein zur Rücksichtnahme gegenüber den Verfahrensbeteiligten in ihrer konkreten Situation (stRspr; zB [X.] Beschluss vom [X.] - 2 BvQ 1/19 - juris Rd[X.]4; [X.] Beschluss vom 26.4.1988 - 1 BvR 669/87 ua - [X.]E 78, 123 - juris Rd[X.]; B[X.] Beschluss vom 8.12.2020 - B 1 [X.] 58/19 B - juris Rd[X.]2; B[X.] Beschluss vom 9.10.2012 - B 5 R 196/12 B - [X.]-1500 § 67 [X.]0 Rd[X.]).

(2) Das Recht auf Vertretung durch Bevollmächtigte und auf einen Beistand ist nicht allein auf die Verhandlung einschließlich der Beweisaufnahme vor dem [X.] beschränkt, sondern umfasst - jedenfalls entsprechend - auch die Durchführung der vom [X.] angeordneten Begutachtung durch einen Sachverständigen als Teil des sozialgerichtlichen Verfahrens. Bei einer solchen Begutachtung gelten rechtsstaatliche [X.]rundsätze wie insbesondere der des rechtlichen [X.]ehörs und des fairen Verfahrens genauso wie bei einer Beweisaufnahme durch das [X.]ericht in der Verhandlung (vgl BVerw[X.] Beschluss vom 12.4.2006 - 8 [X.]1.05 - juris Rd[X.]; [X.] Beschluss vom 2.3.2000 - 3 W 35/00 - juris Rd[X.]; vgl zur [X.]leichsetzung der Tatsachenfeststellung durch das [X.]ericht und durch Sachverständige im Hinblick auf den [X.]rundsatz der Parteiöffentlichkeit BVerw[X.] Beschluss vom 18.3.2014 - 10 B 11.14 - juris Rd[X.]1; [X.] Urteil vom [X.]/79 - [X.]E 130, 366 - juris Rd[X.]2; [X.] Urteil vom [X.] - juris Rd[X.]0; [X.] in [X.], ZPO, 34. Aufl 2022, § 357 Rd[X.]; [X.] in [X.], ZPO, 23. Aufl 2015, § 357 Rd[X.]; Schnapp in [X.]/[X.]/von [X.], Festschrift für [X.]hristian-Friedrich Menger, 1985, [X.], 564 ff; kritisch: [X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 4. Aufl 2013, § 404a Rd[X.]9, 31). Denn der Sachverständige wird nach § 118 Abs 1 Satz 1 [X.] iVm § 404 Abs 1 Satz 1, § 404a ZPO als "[X.]ehilfe" ([X.] vom 7.9.2017 - [X.] Ü[X.] 1/16 R - B[X.]E 124, 136 = [X.]-1720 § 198 [X.]6, Rd[X.]1; [X.] vom 25.8.1955 - 4 RJ 120/54 - [X.] [X.] zu § 128 [X.] - juris Rd[X.]2) bzw als "Berater" ([X.] Urteil vom [X.] - [X.] - juris Rd[X.]4) des [X.]erichts tätig, weil diesem die Sachkunde für den zu begutachtenden Bereich fehlt.

Als Ausfluss des Rechts auf ein faires Verfahren gibt die Anwesenheit einer Vertrauensperson - sei es als Bevollmächtigter oder Beistand - bei der gutachterlichen Untersuchung dem Beteiligten die Möglichkeit, sich nicht nur unmittelbar vor dem [X.]ericht der für die Wahrnehmung prozessualer Rechte und Möglichkeiten erforderlichen sachkundigen Unterstützung zu bedienen, sondern auch bei einer gerichtlich angeordneten Begutachtung. [X.]leiches gilt im Hinblick auf eine durch § 73 Abs 7 Satz 3 [X.] anerkannte, aus anderen [X.]ründen als sachdienlich und erforderlich angesehene persönliche Unterstützung des Beteiligten, insbesondere durch eine ihm nahestehende Person (im [X.]rundsatz ebenso für die Anwesenheit einer Vertrauensperson bei der Begutachtung: [X.] Berlin-Brandenburg Beschluss vom [X.] 1292/09 B - juris Rd[X.] 6; [X.] Rheinland-Pfalz Urteil vom [X.] - L 5 [X.] 39/05 - juris Rd[X.]9; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Der [X.] im Sozialrecht, 2. Aufl 2017, § 2 Rd[X.]8; [X.], jurisPR-[X.] 20/2012 [X.] 4 ; Roller, [X.] 2007, 30; aA [X.] Baden-Württemberg Urteil vom [X.] - juris Rd[X.]6 zu psychiatrischen [X.]utachten; [X.] Baden-Württemberg Urteil vom 24.10.2011 - L 11 R 4243/10 - juris Rd[X.]5 mit Aussagen zu möglichen Ausnahmen im Einzelfall; [X.] Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 20.11.2009 - L 2 R 516/09 B - juris Rd[X.]2, 21; [X.] Beschluss vom [X.] - 3 UF 1069/20 - Rd[X.] ff zur gutachterlichen Untersuchung eines Elternteils nach §§ 1666, 1666a B[X.]B; [X.]/[X.]/[X.], [X.] 2022, 58, 59 f; [X.] in [X.] zur ZPO, 6. Aufl 2020, § 404a Rd[X.]2; [X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 4. Aufl 2013, § 404a Rd[X.]7).

Zudem unterliegt die gerichtliche Anordnung einer medizinischen Begutachtung, auch ohne Zwang zur Mitwirkung (vgl [X.] Beschluss vom 7.12.2010 - 1 BvR 2157/10 - juris Rd[X.]0 f), als Eingriff in das durch Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 [X.] gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht (vgl [X.] Beschluss vom [X.] - 1 BvR 683/09 - juris Rd[X.]1; [X.] Beschluss vom [X.] - 1 BvR 2222/01 - juris Rd[X.]0; [X.] Beschluss vom 24.6.1993 - 1 BvR 689/92 - [X.]E 89, 69 - juris Rd[X.]1, 56 f) dem [X.]. Dies gilt ebenso für die hoheitliche Einschränkung der Entscheidung des Beteiligten, sich von einer Vertrauensperson zu einer Begutachtung begleiten zu lassen, die Teil der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art 2 Abs 1 [X.]) ist. Die richterliche Entscheidung über die streitige Anwesenheit einer Vertrauensperson erfordert deshalb eine Verhältnismäßigkeitsprüfung. Dabei kommt dem durch § 73 Abs 7 Satz 3 [X.] anerkannten [X.]edanken besonderes [X.]ewicht zu, dass aufgrund der oft sehr persönlich geprägten Verfahrensmaterie im Sozialgerichtsprozess häufig ein berechtigtes Bedürfnis des Beteiligten nach Unterstützung durch eine ihm nahestehende Person besteht (vgl Begründung des Entwurfs der Bundesregierung eines [X.]esetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts, BT-Drucks 16/3655 [X.] zu Abs 7), das anders als im Zivilprozess nicht nur auf eng umgrenzte Ausnahmefälle beschränkt ist (vgl aaO, [X.] f zu [X.]).

Ein rechtlich relevantes persönliches Unterstützungsbedürfnis besteht besonders dann, wenn der zu begutachtende Beteiligte in der Fähigkeit, seine gesundheitliche Situation darzustellen, gehemmt oder behindert ist. [X.]erade bei ängstlichen oder mit der Befragungssituation überforderten Beteiligten kann eine Vertrauensperson auch dazu beitragen, Aussagefehler, Missverständnisse oder versehentliche Aussparungen in der Schilderung durch den Beteiligten zu vermeiden und damit dem Ziel, ein möglichst wirklichkeitsgetreues Bild der Situation des Beteiligten zu erstellen, näher zu kommen (vgl [X.] Beschluss vom 8.10.1974 - 2 BvR 747/73 - [X.]E 38, 105 - juris Rd[X.]6). Angesichts der regelmäßig tief in das Persönlichkeitsrecht des zu [X.] eingreifenden Beweisaufnahme durch einen ärztlichen Sachverständigen kann grundsätzlich schon das subjektiv empfundene Bedürfnis des Beteiligten nach Unterstützung die Anwesenheit einer Vertrauensperson rechtfertigen. Dies kann im Einzelfall selbst dann gelten, wenn dieses Bedürfnis für Außenstehende rational nicht ohne Weiteres erklärbar ist (vgl zu "unsachlichen [X.]ründen" [X.] Rheinland-Pfalz Beschluss vom 23.2.2006 - L 4 [X.]/06 SB - juris Rd[X.] 7; [X.], [X.] 2006, 62, 65). Entspricht das Begehren, zu einer Begutachtung begleitet zu werden, hingegen lediglich dem Anliegen der Bezugsperson, nicht "außen vor gelassen" zu werden oder sogar eigene Interessen vertreten zu können, kann dies kein Recht auf Anwesenheit während der Begutachtung des Beteiligten begründen (vgl zutreffend [X.], Leitlinien für die sozialmedizinische Begutachtung, [X.] Beurteilung bei psychischen und Verhaltensstörungen, August 2012 incl Update 2018, [X.]).

Darüber hinaus kann das Recht auf Anwesenheit einer Vertrauensperson bei Untersuchungen oder Explorationsgesprächen auch der [X.]ewährung effektiven Rechtsschutzes gegenüber zumindest abstrakt immer denkbaren Wahrnehmungsfehlern des Sachverständigen dienen (vgl [X.] Beschluss vom [X.] - II-14 UF 135/14, 14 UF 135/14 - juris Rd[X.] 7). Solche Fehler lassen sich grundsätzlich nicht ohne Weiteres durch die vom Berufungsgericht angeführte Möglichkeit der schriftlichen und/oder mündlichen Befragung des Sachverständigen nach § 116 Satz 2, § 118 Abs 1 Satz 1 [X.] iVm §§ 397, 402, 411 Abs 3 und 4 ZPO und der eigenen abweichenden Darstellung des [X.] sowie eine Antragstellung nach § 109 [X.] ausgleichen. Möglichen Bedenken von Sachverständigen im Hinblick auf eine "Zeugenungleichheit" können diese durch Hinzuziehen zB einer Sprechstundenhilfe begegnen.

Dem grundsätzlichen Recht auf Begleitung durch eine Vertrauensperson auch während der Begutachtung durch einen Sachverständigen im sozialgerichtlichen Verfahren steht nicht entgegen, dass nach der Rechtsprechung des [X.] in Strafsachen im Rahmen der Begutachtung der Schuldfähigkeit und der [X.]efährlichkeit des Beschuldigten kein Anwesenheitsrecht des Verteidigers bei der Exploration besteht. Dies wird damit begründet, dass die Exploration mit einer Vernehmung bei Polizei, Staatsanwaltschaft und [X.]ericht nicht gleichzusetzen sei und es keinen wissenschaftlichen Standard gebe, der die Anwesenheit Dritter bei Schuldfähigkeits- und Prognosegutachten vorsehe (vgl [X.] Beschluss vom 12.9.2007 - 1 StR 407/07 - juris Rd[X.]4 f; [X.] Beschluss vom [X.] - 3 StR 239/02 - juris Rd[X.] 7 ff; kritisch: [X.], Sachverständigengutachten im Strafverfahren zur [X.]laubwürdigkeit und zur Schuldfähigkeit im Falle der Untersuchungsverweigerung des zu [X.], 2014, [X.] ff). Insbesondere die vom [X.] ebenfalls angesprochene mögliche "Verfälschung des Ergebnisses der Exploration" ([X.] Beschluss vom [X.] - 3 StR 239/02 - juris Rd[X.]) kann auch nach Auffassung des [X.]s den Ausschluss von Bevollmächtigten und [X.] und damit von Vertrauenspersonen allgemein bei der Begutachtung durch einen Sachverständigen im sozialgerichtlichen Verfahren rechtfertigen (dazu sogleich).

[X.]) Das Recht auf Begleitung durch eine Vertrauensperson besteht auch bei der Begutachtung durch einen Sachverständigen nicht unbeschränkt. Vielmehr ist der Ausschluss einer solchen Person dann mit den genannten [X.]rundsätzen vereinbar, wenn er unter Wahrung des [X.]s zur Aufrechterhaltung einer funktionsfähigen, wirksamen Rechtspflege erforderlich ist (vgl [X.] Beschluss vom 12.11.2020 - 2 BvR 1616/18 - juris Rd[X.]5, 59; [X.] Beschluss vom 8.10.1974 - 2 BvR 747/73 - [X.]E 38, 105 - Leitsatz 1 und juris Rd[X.]3, 27). Dabei ist insbesondere der Aufklärungszweck der Beweisanordnung mit dem Ziel zu berücksichtigen, ein gerichtlich verwertbares Beweisergebnis zu erreichen ([X.], DVfR Forum [X.]-[X.]/2014, [X.]). So sind Vertrauenspersonen von der Begutachtung auszuschließen, wenn ihre Teilnahme eine geordnete und effektive Beweiserhebung verhindert oder maßgeblich erschwert, jedenfalls soweit dies das Auffinden einer materiell richtigen und gerechten Entscheidung beeinträchtigt (vgl [X.] Beschluss vom 8.10.1974 - 2 BvR 747/73 - [X.]E 38, 105 - juris Rd[X.]). Dies gilt insbesondere, wenn von vornherein die auf Tatsachen gestützte [X.]efahr besteht oder sich dafür im Verlauf der Begutachtung belastbare Anhaltspunkte ergeben, dass durch die Anwesenheit eines [X.] das Ergebnis der Exploration und Begutachtung verfälscht werden kann (vgl [X.] [X.] Beschluss vom 4.4.2019 - L 7 U 396/16 - juris Rd[X.]3; [X.] Baden-Württemberg Urteil vom 22.9.2016 - L 7 R 2329/15 - juris Rd[X.]0; [X.] Rheinland-Pfalz Urteil vom [X.] - L 5 [X.] 39/05 - juris Rd[X.]9; daher die Anwesenheit Dritter bei psychiatrischen und psychosomatischen Begutachtungen generell ablehnend: Thüringer [X.] Urteil vom 26.5.2015 - L 6 R 1362/12 - juris Rd[X.]3). Werden etwa sensible Bereiche aus der persönlichen Biografie angesprochen, erscheint es plausibel, dass die Anwesenheit Dritter dazu führen kann, dass Informationen nicht oder inhaltlich verändert mitgeteilt werden, sei es aus Scham, Angst oder Rücksicht auf die [X.]efühle der Vertrauensperson (vgl [X.] Bund, [X.], Das ärztliche [X.]utachten für die gesetzliche Rentenversicherung - Hinweise zur Begutachtung, September 2018, [X.]; [X.], Leitlinien für die sozialmedizinische Begutachtung, [X.] Beurteilung bei psychischen und Verhaltensstörungen, August 2012 incl Update 2018, [X.]; Hausotter, [X.] 2007, 27 ff; [X.]/[X.], [X.] in standardisierten Umfragen, 2015, [X.] f).

Mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz darf aber nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die Anwesenheit Dritter stets die gesamte Untersuchungssituation unzumutbar beeinträchtigt. Vielmehr ist eine Differenzierung im Einzelfall ua nach der Beziehung zwischen dem zu [X.] und der Vertrauensperson, dem ärztlichen Fachgebiet, dem [X.]egenstand der Begutachtung und deren unterschiedlichen Phasen - zB (Teilen) der Anamnese, der körperlichen Untersuchung oder der Durchführung von Testverfahren - erforderlich (vgl [X.] [X.] Beschluss vom 4.4.2019 - L 7 U 396/16 - juris Rd[X.]3, 15; [X.] [X.] Beschluss vom 20.11.2013 - L 2 SF 155/12 B - juris Rd[X.]5; vgl zur notwendigen Barrierefreiheit der Kommunikation B[X.] Beschluss vom 14.11.2013 - [X.] SB 5/13 B - juris Rd[X.]4 f). Der Ausschluss von Vertrauenspersonen ist deshalb grundsätzlich nur auf die Teile der Untersuchung und Exploration zu beschränken, bei denen dies sachlich begründbar ist (vgl [X.] in [X.]/[X.], Neurowissenschaftliche Begutachtung, 3. Aufl 2018, [X.]0).

Inwieweit das Recht auf Anwesenheit einer Vertrauensperson während der Begutachtung zur Wahrung einer geordneten und effektiven Beweiserhebung auf die bloße Anwesenheit des Begleiters als "stiller Beisitzer" im Hintergrund beschränkt ist oder darüber hinaus auch dessen aktive Beteiligung durch Fragen, Vorhalte, eigene Antworten im Sinne einer Fremdanamnese, sonstige Äußerungen oder sonstiges Mitwirken umfasst, ist hier nicht zu entscheiden, weil der Kläger dies nicht verlangt (vgl zur Verfälschung des Untersuchungsergebnisses durch Hilfeleistungen der Vertrauensperson [X.] Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 20.11.2009 - L 2 R 516/09 B - juris Rd[X.]3; vgl zu einer protokollierenden Vertrauensperson OV[X.] Rheinland-Pfalz Beschluss vom 30.9.1999 - 2 B 11735/99 - juris Rd[X.]; vgl zur Fremdanamnese [X.]/[X.]/[X.], [X.] 2022, 58, 62). [X.]rundsätzlich kann aber nicht angenommen werden, dass ein Bevollmächtigter oder Beistand im Rahmen der Begutachtung weitergehende Rechte in Anspruch nehmen könnte als in der mündlichen Verhandlung (vgl Roller, [X.] 2007, 30, 31). Eine [X.]renze findet eine aktive Beteiligung des Bevollmächtigten oder Beistands jedenfalls dort, wo sie den [X.]ang der Begutachtung maßgeblich erschwert oder behindert und damit den Aufklärungszweck der gerichtlichen Beweisanordnung objektiv gefährdet. Zur Wahrung seiner Rechte verbleiben dem begutachteten Beteiligten in diesem Fall die Möglichkeit zur nachträglichen Stellungnahme einschließlich eigener abweichender Darstellung des [X.] und der Anspruch auf schriftliche und/oder mündliche Befragung des Sachverständigen (§ 116 Satz 2, § 118 Abs 1 Satz 1 [X.] iVm § 411 Abs 3 und 4 ZPO; vgl [X.] Beschluss vom [X.] - II-14 UF 135/14, 14 UF 135/14 - juris Rd[X.]).

[X.]) Die Entscheidung über die Anwesenheit eines [X.] während der Begutachtung durch den Sachverständigen liegt im Streitfall allein in der Kompetenz des [X.]erichts. Dies ergibt sich aus § 118 Abs 1 Satz 1 [X.] iVm § 404a Abs 1 und 4 ZPO.

Nach § 404a Abs 1 ZPO hat das [X.]ericht die Tätigkeit des Sachverständigen zu leiten und kann ihm für Art und Umfang seiner Tätigkeit Weisungen erteilen. Soweit es erforderlich ist, bestimmt das [X.]ericht auch, wann der Sachverständige den Beteiligten die Teilnahme an seinen Ermittlungen zu gestatten hat (§ 404a Abs 4 ZPO). Zwar sollen die verbindlichen Anordnungen des [X.]erichts die fachliche Unabhängigkeit und Verantwortlichkeit des Sachverständigen nicht berühren (Begründung des Entwurfs der Bundesregierung eines [X.], BT-Drucks 11/3621 [X.] zu Nummer 21). Dies führt aber nicht dazu, dass die Entscheidung über die Anwesenheit einer Vertrauensperson dem Sachverständigen zu überlassen ist (ebenso [X.] [X.] Beschluss vom 4.4.2019 - L 7 U 396/16 - juris Rd[X.]; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 13. Aufl 2020, § 118 Rd[X.]1m; [X.], [X.] 2014, 46, 49; Roller, [X.] 2007, 30, 31; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Der [X.] im Sozialrecht, 2. Aufl 2017, § 11 Rd[X.] 65; aA [X.] Baden-Württemberg Urteil vom 24.10.2011 - L 11 R 4243/10 - juris Rd[X.]5; [X.] Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 20.11.2009 - L 2 R 516/09 B - juris Rd[X.]2; [X.]/[X.]/ [X.], [X.] 2022, 58, 60; vgl auch [X.] in [X.]/[X.]/[X.], BeckO[X.]K [X.], § 118 Rd[X.]02, Stand 1.11.2022, der sich für eine Formulierung der Beweisanordnung ausspricht, die dem Sachverständigen die Entscheidung überlässt).

Das Verbot der Erteilung fachlicher Weisungen schließt zwar auch Anordnungen des [X.]erichts dazu aus, auf welchem Weg der Sachverständige das [X.]utachten zu erarbeiten hat (vgl [X.] Baden-Württemberg Urteil vom 24.10.2011 - L 11 R 4243/10 - juris Rd[X.]5; [X.] Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 20.11.2009 - L 2 R 516/09 B - juris Rd[X.]2; vgl [X.] Beschluss vom [X.] - 3 StR 239/02 - juris Rd[X.] zu § 78 StPO, der anders als § 404a Abs 1 ZPO explizit nur die Leitung des Sachverständigen, nicht die Erteilung von Weisungen anspricht). Dennoch trägt das [X.]ericht die Verantwortung für die Einhaltung rechtsstaatlicher Verfahrensgrundsätze bei der von ihm angeordneten Begutachtung (in diesem Sinne auch [X.] [X.] Beschluss vom 4.4.2019 - L 7 U 396/16 - juris Rd[X.]). Hierbei hat es nicht nur das Anwesenheitsrecht der Beteiligten bei [X.] zu berücksichtigen ([X.] in [X.], ZPO, 34. Aufl 2022, § 357 Rd[X.] und § 404a Rd[X.]; [X.] in [X.], ZPO, 23. Aufl 2015, § 357 Rd[X.]; [X.], [X.] durch den Sachverständigen, 1997, [X.]), sondern insbesondere auch deren grundsätzliches Recht auf Begleitung durch Bevollmächtigte und Beistände (§ 73 Abs 2 und Abs 7 [X.], dazu bereits oben unter aa) und damit auch durch Vertrauenspersonen bei einer gerichtlich angeordneten Begutachtung.

Lehnt der [X.]utachter die Untersuchung unter Anwesenheit eines [X.] ab und kann (ggf durch ein klärendes [X.]espräch) auch kein Einvernehmen über dessen (partielle) [X.] erzielt werden (vgl hierzu [X.] in [X.], Einführung in die medizinische Sachverständigentätigkeit vor Sozialgerichten, 2015, [X.]; [X.], [X.] 2014, 46, 49; Roller, [X.] 2007, 30, 31), hat das [X.]ericht zunächst die vom Sachverständigen im Einzelfall gegen die Anwesenheit eines [X.] während der Begutachtung angeführten fachlichen [X.]ründe ([X.] in [X.], Einführung in die medizinische Sachverständigentätigkeit vor Sozialgerichten, 2015, [X.], 389; [X.], [X.] 2014, 46, 49; vgl auch [X.] Rheinland-Pfalz Urteil vom 8.7.2020 - L 4 R 149/19 - juris Rd[X.]1) unter Beachtung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands (vgl [X.] vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - [X.], 196 = [X.]-2700 § 8 [X.]7, Rd[X.]8) zu prüfen. Sodann hat es diese [X.]ründe unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gegen die Rechte des Beteiligten abzuwägen. Falls der Sachverständige nach der Untersuchung unter Anwesenheit eines [X.] zu der begründbaren Auffassung gelangen sollte, dass eine Beeinflussung erfolgt sei und das Untersuchungsergebnis deshalb eine geringere Aussagekraft habe, als wenn es ohne Anwesenheit einer Vertrauensperson gewonnen worden wäre, hat er dies in seinem [X.]utachten darzulegen. Dies zu würdigen, ist allein Aufgabe des [X.]erichts (vgl [X.] Beschluss vom [X.] - II-14 UF 135/14, 14 UF 135/14 - juris Rd[X.] 7).

dd) Ob vorliegend sachlich-fachliche [X.]ründe gegen die vom Kläger geforderte Anwesenheit seiner Tochter oder seines [X.] bei der vom [X.] angeordneten orthopädischen Begutachtung sprachen, kann der [X.] auf [X.]rundlage der bisherigen Feststellungen des [X.] nicht beurteilen. Durch die vom [X.] als Sachverständige beauftragten [X.] und [X.] ist deren Anwesenheit lediglich pauschal abgelehnt worden. Den von [X.] ohne Bezug auf den Einzelfall geäußerten "fachlichen Bedenken", dass durch die Anwesenheit Dritter bei der gutachterlichen Untersuchung die Erhebung objektiver Befunde erschwert werde, ist das [X.] nicht weiter nachgegangen.

b) Unabhängig davon, ob die vom Kläger geforderte Anwesenheit einer Vertrauensperson während der Begutachtung aus sachlich-fachlichen [X.]ründen der Durchführung einer Begutachtung von Amts wegen entgegenstand, hätte das [X.] nicht auf jegliche weitere Sachverhaltsaufklärung verzichten und auf [X.]rundlage einer Beweislastumkehr entscheiden dürfen. Vielmehr hätte das [X.] auch die Möglichkeit eines Sachverständigengutachtens nach Aktenlage in Betracht ziehen müssen (dazu unter aa). Auch hätte es den Antrag des [X.] nach § 109 [X.] auf Begutachtung durch den von ihm benannten Orthopäden nicht allein deshalb als rechtsmissbräuchlich ablehnen dürfen, weil eine Begutachtung von Amts wegen nicht zustande gekommen ist (dazu unter [X.]).

Mangelnde Mitwirkung eines Beteiligten entbindet das [X.]ericht nicht von der Pflicht, die noch möglichen Ermittlungen anzustellen (B[X.] Beschluss vom [X.] [X.] 17/15 B - juris Rd[X.] 6; B[X.] Beschluss vom 14.11.2013 - [X.] SB 5/13 B - juris Rd[X.]3; [X.] vom [X.] - [X.]/7 [X.] 102/04 R - [X.]-1500 § 103 [X.] Rd[X.]4). Zwar ist in Fällen unverschuldeter Beweisnot auch im sozialgerichtlichen Verfahren im Einzelfall eine Beweiserleichterung denkbar, sodass sich das [X.]ericht über Zweifel hinwegsetzen und eine Tatsache als bewiesen ansehen kann. Eine Beweiserleichterung analog § 444 ZPO kann jedoch nur angenommen werden, wenn zuvor alle Möglichkeiten, den Sachverhalt festzustellen, ausgeschöpft sind ([X.] vom 2.9.2004 - B 7 [X.] 88/03 R - [X.]-1500 § 128 [X.] Rd[X.]0, 15 f).

aa) Hierzu gehört es auch, die behandelnden Ärzte des Beteiligten anzuhören und ein Sachverständigengutachten nach Lage der bereits vorhandenen oder noch [X.] ärztlichen Untersuchungsbefunde und [X.]utachten erstellen zu lassen ([X.] vom [X.] - [X.]/7 [X.] 102/04 R - [X.]-1500 § 103 [X.] Rd[X.]4; [X.] vom 11.11.1971 - 1 RA 63/70 - [X.] [X.]5 zu § 103 [X.] - juris Rd[X.]3). Dass solche Maßnahmen hier nicht sachdienlich sein könnten, hat das [X.] nicht festgestellt. Soweit das [X.] eine solche Feststellung getroffen hat, hat es hierfür keine [X.]ründe genannt. Solche sind zumindest nicht ohne Weiteres erkennbar, zumal es angesichts des entscheidungserheblichen [X.]punkts der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids im März 2017 auf den damaligen [X.]esundheitszustand des [X.] und nicht auf die Erhebung aktueller medizinischer Befunde ankommt.

[X.]) Überdies war der Antrag des [X.] nach § 109 [X.] auf Begutachtung des von ihm benannten Orthopäden nicht allein deshalb als rechtsmissbräuchlich abzulehnen, weil eine Begutachtung von Amts wegen nicht zustande gekommen ist (aA [X.] Baden-Württemberg Urteil vom 14.12.2018 - L 8 R 2569/17 - juris Rd[X.]9).

Nach § 109 Abs 1 Satz 1 [X.] muss das [X.]ericht - abweichend von § 103 Satz 2 [X.] - einen von einem berechtigten Beteiligten benannten Arzt als [X.]utachter gemäß § 118 Abs 1 Satz 1 [X.] iVm §§ 402 ff ZPO hören. Zwar obliegt die Auswahl des Sachverständigen wegen des Vorrangs der Ermittlungen von Amts wegen (B[X.] Beschluss vom 23.9.1997 - 2 BU 177/97 - [X.] 3-1500 § 109 [X.] - juris Rd[X.] 7) - wie vom [X.] zutreffend ausgeführt - grundsätzlich dem [X.]ericht (§ 118 Abs 1 Satz 1 [X.] iVm § 404 Abs 1 Satz 1 ZPO). § 109 [X.] bedeutet insoweit aber eine Einschränkung des [X.]erichts in der freien Auswahl der ärztlichen Sachverständigen ([X.] vom [X.]/3 [X.] 22/08 R - B[X.]E 106, 81 = [X.]-1500 § 109 [X.], Rd[X.]6; [X.] vom 14.3.1956 - 9 RV 226/54 - B[X.]E 2, 255 - juris Rd[X.]0).

Die Bestimmung dient in erster Linie dazu, aus rechtsstaatlichen [X.]ründen einen Ausgleich bei der Beschaffung von Beweismitteln ("[X.]rundsatz der Waffengleichheit") zugunsten des Beteiligten zu sichern, der nicht wie ein Versicherungsträger oder eine Versorgungsbehörde auf ärztlichen Sachverstand im eigenen Bereich zurückgreifen kann (vgl [X.] vom [X.]/3 [X.] 22/08 R - B[X.]E 106, 81 = [X.]-1500 § 109 [X.], Rd[X.]5; [X.] vom 14.3.1956 - 9 RV 226/54 - B[X.]E 2, 255 - juris Rd[X.]0; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], BeckO[X.]K [X.], § 109 Rd[X.], Stand 1.11.2022). Dazu wird den Beteiligten die Möglichkeit eröffnet, insbesondere nach Abschluss der Ermittlungen von Amts wegen, eine (weitere) Bewertung durch einen Arzt ihres Vertrauens in das Verfahren einzubringen (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.], BeckO[X.]K [X.], § 109 Rd[X.], Stand 1.11.2022; [X.] in [X.][X.], [X.], 2. Aufl 2022, § 109 Rd[X.] 7, Stand [X.]; [X.]roth in [X.]/[X.]/[X.]roth/Meßling, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 8. Aufl 2022, [X.] Rd[X.] 78). Zudem kann § 109 [X.] den Rechtsfrieden fördern, indem das oft "diffuse Misstrauen" vieler Kläger gegen die Objektivität der behördlich oder seitens des [X.]erichts beauftragten Ärzte aufgefangen wird (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.], BeckO[X.]K [X.], § 109 Rd[X.], Stand 1.11.2022; Roller, [X.] 2007, 30, 31).

Dass ein [X.]utachten nach § 109 [X.] auf der Antragstellung eines Beteiligten basiert und ggf von diesem zu finanzieren ist, nimmt ihm nicht den [X.]harakter eines [X.]erichtsgutachtens (B[X.] Beschluss vom 30.8.1958 - 11/10 RV 1269/56 - [X.] [X.]2 zu § 109 [X.] - juris Rd[X.] 6; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], BeckO[X.]K [X.] § 109 Rd[X.], Stand 1.11.2022; [X.] in [X.][X.], [X.], 2. Aufl 2022, § 109 Rd[X.] 7, Stand [X.]; [X.]roth in [X.]/[X.]/[X.]roth/Meßling, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 8. Aufl 2022, [X.] Rd[X.] 76). Ein nach § 109 [X.] erstattetes [X.]utachten ist kein "Parteigutachten"; denn auch im Fall des § 109 [X.] handelt es sich um eine Beweiserhebung durch das [X.]ericht ([X.] vom 27.1.1970 - 9 RV 80/69 - [X.] [X.]8 zu § 109 [X.] - juris Rd[X.]2; [X.] in [X.], [X.], 6. Aufl 2021, § 109 Rd[X.]). Ein [X.]utachten nach § 109 [X.] unterscheidet sich von einem von Amts wegen eingeholten [X.]utachten nur dadurch, dass es vom [X.]ericht abweichend vom Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 Satz 2 [X.]) eingeholt werden muss und dass es von einem Kostenvorschuss sowie endgültiger Kostentragung durch den Antragsteller vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des [X.]erichts abhängig gemacht werden kann (§ 109 Abs 1 Satz 2 [X.]; [X.] in [X.], [X.], § 109 Rd[X.]2, Stand September 2010). Der Beweiswert eines [X.]utachtens, welches das [X.]ericht nach § 109 [X.] bei einem von einem Beteiligten vorgeschlagenen Arzt eingeholt hat, ist nicht schon allein deshalb geringer als der eines [X.]utachtens, das vom [X.]ericht bei einem von ihm selbst ausgewählten Sachverständigen eingeholt worden ist. Maßgebend ist allein der Wert des [X.]utachtens selbst, der durch die Sachkunde des Sachverständigen sowie dessen Sorgfalt bei der Untersuchung und bei der Erstattung des [X.]utachtens bestimmt wird. Über diesen Wert entscheidet das [X.]ericht gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 [X.] nach seiner freien, aus dem [X.]esamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (B[X.] Beschluss vom 30.8.1958 - 11/10 RV 1269/56 - [X.] [X.]2 zu § 109 [X.] - juris Rd[X.] 6).

Vor diesem Hintergrund bleibt die Anhörung eines nach § 109 Abs 1 Satz 1 [X.] benannten Arztes auch dann ein geeignetes Beweismittel, wenn eine Begutachtung durch von Amts wegen ausgewählte Sachverständige gescheitert ist. Jedoch wäre der Antrag des [X.] - sofern keine anderen Ablehnungsgründe, insbesondere nach § 109 Abs 1 Satz 2 und Abs 2 [X.] vorlagen - im Ergebnis zu Recht von den Vorinstanzen abgelehnt worden, wenn von vornherein festgestanden hätte, dass das dann in Anwesenheit einer Vertrauensperson erstellte [X.]utachten aufgrund sachlich-fachlicher Mängel nicht verwertbar gewesen wäre. Feststellungen hierzu hat das [X.] - wie oben bereits ausgeführt - nicht getroffen.

3. Im wieder eröffneten Berufungsverfahren wird das [X.] die unterbliebene Begutachtung des [X.] nachholen müssen, soweit es diese für erforderlich hält und nicht sachlich-fachliche [X.]ründe gegen die vom Kläger verlangte Anwesenheit seiner Tochter oder seines [X.] während der Begutachtung sprechen. Sollte dies der Fall sein und sich aufgrund der Weigerung des [X.], sich einer Begutachtung ohne Anwesenheit einer Vertrauensperson zu unterziehen, auch im Übrigen keine ausreichende Tatsachengrundlage für die Bestimmung des [X.]dB zum entscheidungserheblichen [X.]punkt im März 2017 ergeben, wird das [X.] auch die in der Rechtsprechung des B[X.] entwickelten [X.]rundsätze zu Beweiserleichterungen zulasten dessen zu beachten haben, der den Beweis vereitelt hat (vgl hierzu [X.] vom [X.] - B 14 A[X.]/18 R - [X.]-4200 § 37 [X.] Rd[X.]3; [X.] vom [X.] - [X.]/7 [X.] 102/04 R - [X.]-1500 § 103 [X.] Rd[X.]4 f; [X.] vom 2.9.2004 - B 7 [X.] 88/03 R - [X.]-1500 § 128 [X.] Rd[X.]7 f; [X.] vom [X.] [X.] - [X.] 3-1750 § 444 [X.] - juris Rd[X.]4 f; s zur Abgrenzung gegenüber einer Beweislastumkehr zB B[X.] Beschluss vom [X.] - B 5 R 424/12 B - juris Rd[X.] mwN).

4. Bei seiner erneuten Entscheidung wird das [X.] auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Kaltenstein Othmer [X.]h. [X.]

Meta

B 9 SB 1/20 R

27.10.2022

Bundessozialgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: SB

vorgehend SG Osnabrück, 17. Dezember 2018, Az: S 9 SB 124/17, Gerichtsbescheid

§ 404a Abs 1 ZPO, § 404a Abs 4 ZPO, § 404 Abs 1 S 1 ZPO, § 444 ZPO, § 118 Abs 1 S 1 SGG, § 73 Abs 2 S 2 Nr 2 SGG, § 73 Abs 7 S 3 SGG, § 103 S 1 Halbs 1 SGG, § 103 S 1 Halbs 2 SGG, § 103 S 2 SGG, § 109 Abs 1 S 1 SGG, § 109 Abs 1 S 2 SGG, § 128 Abs 1 S 1 SGG, § 170 Abs 2 S 2 SGG, § 69 Abs 1 S 1 SGB 9, § 69 Abs 3 S 1 SGB 9, § 152 Abs 1 S 1 SGB 9 2018, § 48 Abs 1 S 1 SGB 10, § 2 VersMedV, Anlage Teil A Nr 7 Buchst b VersMedV, Anlage Teil A Nr 7 Buchst h VersMedV, § 242 BGB, Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, Art 6 Abs 1 S 1 MRK

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 27.10.2022, Az. B 9 SB 1/20 R (REWIS RS 2022, 8767)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 8767

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2 BvQ 1/19

1 BvR 2157/10

1 BvR 689/92

14 UF 135/14

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