Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.11.2010, Az. 5 StR 396/10

5. Strafsenat | REWIS RS 2010, 1536

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

5 StR 396/10 [X.]BESCHLUSS vom 10. November 2010 in der Maßregelvollstreckungssache gegen - 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 10. November 2010 beschlossen: Das Verfahren ruht bis zur Erledigung des mit Anfragebe-schluss des Senats vom 9. November 2010 [X.] 5 StR 394, 440, 474/10 [X.] eingeleiteten Verfahrens nach § 132 [X.]. Bis dahin werden die Akten an das [X.] zur Fortführung der nach § 67e Abs. 1 Satz 1, § 67d Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 StGB gebotenen Überprüfungen zurückgege-ben. G r ü n d e
1 Gegen den Verurteilten wird die Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung aus dem Urteil des [X.] vom 2. Mai 1990 vollstreckt, in dem gegen ihn wegen schweren Raubes eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren verhängt worden war. [X.] waren [X.] nach zwischenzeitlich anderweitig verhängter und ver-büßter Strafhaft wegen in der Haft begangenen [X.] [X.] am 4. Juni 2010 vollzogen. Nach Rechtskraft des Urteils des [X.] für [X.] vom 17. Dezember 2009 ([X.], 25), das die rückwir-kende Anwendung des § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB in der Fassung des [X.] zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26. Januar 1998 ohne Beachtung der nach § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB a.F. bei Tatzeit geltenden Höchstfrist von zehn Jahren für die Dauer der [X.] Unterbringung in der Sicherungsverwahrung als Verstoß gegen die [X.] - 3 - wertet, hat das [X.] am 28. Mai 2010 die Fortdauer der Maßregelvollstreckung über zehn Jahre hinaus angeordnet. Das Oberlan-desgericht [X.] möchte die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Verurteilten verwerfen. Im Blick auf entgegenstehende Rechtsprechung an-derer Oberlandesgerichte, die im [X.] an das Urteil des [X.] für Menschenrechte für die Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung eine abweichende Regelung von der grundsätzlich geltenden Rückwirkung im Sinne des § 2 Abs. 6 StGB angenommen haben, hat es die Sache dem [X.] gemäß § 121 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3 [X.] vorgelegt. Beim Senat sind bislang 15 gleichartige [X.] anhän-gig. Mit zur [X.] in BGHSt bestimmtem [X.] vom 9. November 2010 [X.] 5 StR 394, 440 und 474/10 [X.] hat der Senat, der eine rückwirkende Anwendbarkeit des § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB n.F. grundsätz-lich bejaht, wegen von seiner Auffassung zur Auslegung des § 2 Abs. 6 StGB divergierender Rechtsprechung des 4. Strafsenats des [X.] zur identischen Rechtsfrage bei Auslegung des § 66b StGB und wegen grundsätzlicher Bedeutung dieser Rechtsfrage das Verfahren nach § 132 [X.] eingeleitet. Dabei hat der Senat § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB n.F. aller-dings weiter einschränkend dahin ausgelegt, dass in [X.] die erstmalige Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach zehnjährigem Vollzug für erledigt zu erklären ist, sofern nicht eine hochgradige Gefahr schwerster Ge-walt- oder Sexualverbrechen aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Untergebrachten abzuleiten ist (Leitsatz 2 des genannten Beschlusses). Bei diesem Maßstab kommt nur in Ausnahmefällen auch eine Aussetzung der weiteren Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung in Betracht (§ 67d Abs. 2 StGB). 3 Bis zur Erledigung des Verfahrens nach § 132 [X.] hat der Senat in den drei Verfahren, die Gegenstand der Anfrage sind, die Akten den vorle-genden Oberlandesgerichten zurückgegeben. Die Parallelverfahren, die we-4 - 4 - gen möglicher identischer Entscheidungserheblichkeit des Anfragegegen-standes bis zur Erledigung des Verfahrens nach § 132 [X.] zu ruhen haben, sind in gleicher Weise zu behandeln. 1. Das Verfahren nach § 132 [X.] [X.] und damit das anzuordnende Ruhen der Parallelsachen [X.] wird voraussichtlich mehrere Monate andauern. Während dieser [X.] wird die Unterbringung gegen die Verurteilten weiterhin vollstreckt, der Eingriff in das [X.], dessen Zulässigkeit in den [X.] in Zweifel steht, mithin stetig weiter vertieft. Dies erfor-dert, dass die Oberlandesgerichte bereits vor Klärung der [X.] aktuell unabhängig von ihr zu überprüfen haben, ob die Freiheitsentziehung gegen den Verurteilten zu beenden oder die Vollstreckung zur Bewährung auszusetzen ist. Die Prüfung hat den vorstehend bezeichneten, für die Ober-landesgerichte wegen der ausschließlichen Zuständigkeit des Senats nach § 121 Abs. 2 Nr. 3 [X.] verbindlichen Maßstäben zu folgen. 5 6 Geboten ist eine neue Sachentscheidung nach § 67e Abs. 1 Satz 1 StGB aus Anlass des Urteils des [X.] für Menschen-rechte. Ihr ist ein aktuelles Sachverständigengutachten zugrunde zu legen (§ 463 Abs. 3 Satz 4 StPO), das sich an den engeren Kriterien zu [X.] zu orientieren hat. 2. Im vorliegenden Fall bestehen Bedenken, ob die erhöhten [X.] an eine konkrete Gefahr schwerster Gewalttaten im Sinne der Maß-stäbe des Senats und damit an eine weitere Fortdauer der Maßregelvollstre-ckung erfüllt sind. 7 3. Für den Fall, dass die aktuelle Sachprüfung auch unter Zugrundele-gung der Grundsätze konkreter höchster Gefährlichkeit des Verurteilten für die Allgemeinheit eine weitere Vollstreckung der Maßregel unerlässlich er-scheinen lässt, weist der Senat auf Folgendes hin: 8 - 5 - a) Auf etwa während des [X.]s einschließlich des Verfahrens nach § 132 [X.] auftretende neue Entwicklungen, die für die Be-urteilung der Gefährlichkeit des Verurteilten bedeutsam sein können, muss unverzüglich mit einer neuen Sachprüfung der Unerlässlichkeit weiterer Frei-heitsentziehung reagiert werden. 9 b) Es ist denkbar, dass die Prüfung im Verfahren nach § 132 [X.] entgegen dem Votum des erkennenden Senats zum Ergebnis genereller Un-zulässigkeit weiterer Maßregelvollstreckung gelangt. Dies zöge die sofortige Entlassung aller betroffenen Untergebrachten nach sich. Im Hinblick darauf ist eine vorsorgliche Vorbereitung sofort umsetzbarer, im [X.] [X.] insbesondere fürsorglicher [X.] Maßnahmen zwingend geboten, die einer [X.] Gefährdung entlassener Verurteilter und einer damit einherge-henden Gefährdung der Allgemeinheit entgegenzuwirken vermögen. Durch eine unvorbereitete Eilentlassung würde diesen Gefahren Vorschub geleistet. Auf geeignete Maßnahmen hinzuwirken, ist auch Aufgabe der im [X.] sowie der vorlegenden Ober-landesgerichte. 10 [X.] [X.] König

Meta

5 StR 396/10

10.11.2010

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.11.2010, Az. 5 StR 396/10 (REWIS RS 2010, 1536)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1536

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.