Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.12.2005, Az. VI ZB 52/05

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 331

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[X.] vom 13. Dezember 2005 in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 13. Dezember 2005 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.], die Richterin [X.] und [X.], [X.] und Zoll beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des [X.] wird der Beschluss der 6. Zivilkammer des [X.] vom 4. Juli 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidung - auch über die Kosten des [X.] - an das [X.] zurückverwiesen. [X.]: 802,50 • Gründe:[X.] Der Kläger hat gegen das seine Klage abweisende Urteil des Amtsge-richts vom 22. März 2005, das seinem Prozessbevollmächtigten am 24. März 2005 zugestellt worden ist, am Montag, dem 25. April 2005, Berufung eingelegt. Mit Verfügung vom 25. Mai 2005 wies der Vorsitzende der Berufungskammer den Kläger darauf hin, dass die Berufung nicht innerhalb der am 24. Mai 2005 endenden Berufungsbegründungsfrist begründet worden sei. Mit einem am 6. Juni 2005 bei Gericht eingegangenen Schreiben berief sich der [X.] darauf, dass er am 20. Mai 2005 einen Antrag auf Verlängerung der [X.] - 3 - fungsbegründungsfrist um einen Monat gestellt habe. Er beantragte außerdem vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung des [X.] trug er unter anwaltlicher Versicherung vor, dass er am 20. Mai 2005 den Antrag auf Fristverlängerung zusammen mit anderer Ge-schäftspost zwischen 19.00 Uhr und 20.00 Uhr in den Briefkasten eingeworfen habe. Der Verlängerungsantrag müsse bei der Post oder im Bereich des [X.] abhanden gekommen sein. Einer Rückfrage bei Gericht, ob die [X.] bewilligt werde, habe es nicht bedurft, da darauf bei einem begründeten ersten Antrag ohne weiteres vertraut werden dürfe. Dem Schreiben war in der Anlage ein Fristverlängerungsantrag vom 20. Mai 2005 beigefügt, in dem der Klägervertreter wegen der derzeitigen Arbeitsüberlastung infolge einer Häufung von Gerichtsterminen und Fristsachen die Verlängerung der am 24. Mai 2005 ablaufenden Berufungsbegründungsfrist um einen Monat beantragt hat. Die [X.] ging am 8. Juni 2005 beim [X.] ein. Das [X.] hat mit Beschluss vom 4. Juli 2005 den Antrag auf [X.] in den vorigen Stand wegen schuldhafter Versäumung der Beru-fungsbegründungsfrist zurückgewiesen und die Berufung des [X.] als unzu-lässig verworfen. Der Prozessbevollmächtigte des [X.] habe, nachdem er an einem Freitagabend den Schriftsatz zur Post gebracht habe, gewusst, dass am Montag, dem 23. Mai 2005 eine Sachbearbeitung beim Rechtsmittelgericht faktisch ausgeschlossen sei. Damit sei der vorletzte Tag der Frist erreicht [X.]. Da gegen Fristende die Sorgfaltspflichten des Anwalts zunähmen, hätte der Prozessbevollmächtigte des [X.] spätestens am Morgen des 24. Mai 2005 beim Prozessgericht nachfragen müssen, ob sein Antrag vorliege und ob er bearbeitet werde. Den Antrag auf Verlängerung der [X.] hat das Berufungsgericht mit Verfügung vom 22. Juni 2005 als unzulässig verworfen. 2 - 4 - 3 Der Beschluss vom 4. Juli 2005 ist dem Klägervertreter am 7. Juli 2005 zugestellt worden. Der Kläger hat dagegen am 3. August 2005 Rechtsbe-schwerde eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist um zwei Monate mit Schriftsatz vom 16. September 2005, eingegangen am 21. September 2005, begründet. I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist gemäß den §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 238, 574 Abs. 1 Satz 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (vgl. §§ 574 ff. ZPO). Sie ist auch begründet und führt zu einer Aufhebung der angefochtenen Ent-scheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht (§ 577 Abs. 4 ZPO). 4 1. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] darf der Zugang zu den in den Gerichtsordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise, er-schwert werden. Eine solche unzumutbare Erschwerung liegt vor, wenn [X.] bei der Entscheidung über [X.] und über die Wiedereinset-zung in den vorigen Stand ein Verhalten als schuldhaft ansehen, das nach der Rechtsprechung eines Obersten Bundesgerichts eindeutig nicht zu [X.] ist. Nur wenn dem betroffenen Rechtsanwalt bekannt sein muss, dass bei dem angerufenen Gericht eine strengere Handhabung von [X.] zu erwarten ist, kann eine andere Beurteilung gerechtfertigt sein ([X.], 372, 376; [X.], NJW 2000, 1634 und NJW 1998, 3703 m.w.N.). 5 2. Im vorliegenden Fall durfte sich der Prozessbevollmächtigte des [X.] für die Entscheidung über seinen [X.] - 5 - rungsantrag auf die gefestigte Rechtsprechung des [X.] verlas-sen, wonach seinem Verlängerungsantrag hätte stattgegeben werden müssen. Zwar muss der Rechtsmittelführer grundsätzlich damit rechnen, dass der [X.] des Rechtsmittelgerichts in Ausübung seines pflichtgemäßen Ermes-sens eine beantragte Verlängerung der Rechtsmittelbegründungsfrist versagt. Der Rechtsanwalt kann jedoch nach ständiger Rechtsprechung des [X.] im allgemeinen erwarten, dass einem ersten Verlängerungsantrag dann entsprochen wird, wenn ein erheblicher Grund vorgetragen wird (vgl. Se-natsbeschluss vom 18. September 2001 - [X.] ZB 26/01 - VersR 2001, 1579; [X.], Beschluss vom 21. Februar 2000 - [X.] - [X.], 1433 und vom 1. August 2001 - [X.]II ZB 24/01 - [X.], 1576; v. [X.], NJW 2003, 858, 865; [X.], NJW 2005, 2042, 2047). Vorliegend handelte es sich um die erstmalige Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist; nach dem Inhalt des Antrags war er nach üblicher Praxis ausreichend mit dem Hinweis auf die Ar-beitsüberlastung durch eine Vielzahl von Terminen begründet worden (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 7. Mai 1991 - [X.] - NJW 1991, 2080, 2081 und vom 5. Juli 1989 - [X.] - NJW-RR 1989, 1280). Durfte der [X.] hiernach die Bewilligung eines erstmals gestellten und ausreichend be-gründeten Gesuchs auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist erwarten, so ist ihm kein Vorwurf daraus zu machen, dass er sich nicht innerhalb des Laufs der Berufungsbegründungsfrist erkundigt hat, ob dem [X.] stattgegeben wurde. Auch im Übrigen traf den Prozessbevollmächtigten keine Erkundigungs-pflicht, da er auf die Einhaltung der normalen Postlaufzeiten vertrauen durfte und deshalb damit rechnen konnte, dass sein Verlängerungsantrag rechtzeitig bei Gericht einging (vgl. Senatsbeschluss vom 30. September 2003 - [X.] ZB 60/02 - [X.], 354). Über einen rechtzeitig bei Gericht einge-gangen Fristverlängerungsantrag kann im Übrigen - was auch das [X.] - gericht annimmt - auch noch nach Ablauf der Frist entschieden werden ([X.]Z 83, 217, 219 ff.), so dass nicht entscheidend ist, ob der Antrag am letz-ten Tag der Frist tatsächlich bearbeitet worden wäre. [X.]

[X.] [X.] [X.] Zoll Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 22.03.2005 - 1 C 392/04 - [X.], Entscheidung vom 04.07.2005 - 6 S 15/05 -

Meta

VI ZB 52/05

13.12.2005

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.12.2005, Az. VI ZB 52/05 (REWIS RS 2005, 331)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 331

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