Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28.05.2014, Az. 6 A 1/13

6. Senat | REWIS RS 2014, 5205

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Gegenstand

Rechtsschutz gegen Anordnung einer strategischen Beschränkung des Telekommunikationsverkehrs durch den Bundesnachrichtendienst


Leitsatz

1. Nach § 43 Abs. 1 VwGO muss die Feststellungsklage sich auf einen konkreten, gerade den Kläger betreffenden Sachverhalt beziehen. Mit der Feststellungsklage kann nicht allgemein, also losgelöst von einer eigenen, konkret feststehenden Betroffenheit die Rechtmäßigkeit einer behördlichen Maßnahme einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung zugeführt werden.

2. Eine Klage auf Feststellung, dass die strategische Beschränkung des Telekommunikationsverkehrs durch den Bundesnachrichtendienst nach § 5 G 10 (juris: G10 2001) in einem bestimmten Jahr rechtswidrig gewesen ist, ist nur zulässig, wenn zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden kann, dass der Telekommunikationsverkehr des Klägers im Zuge dieser strategischen Beschränkung tatsächlich erfasst worden ist.

3. Der Grundsatz effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG gebietet nicht, bei Klagen gegen eine strategische Beschränkung des Telekommunikationsverkehrs durch den Bundesnachrichtendienst das Beweismaß für das Vorliegen einer konkreten Betroffenheit des Klägers wegen der Schwierigkeit zu verringern, die Erfassung gerade seines Telekommunikationsverkehrs durch die Maßnahme nachzuweisen, weil die damit im Ergebnis eröffnete allgemeine, vom konkreten Fall losgelöste Kontrolle der strategischen Beschränkung des Telekommunikationsverkehrs schon durch die unabhängige und mit effektiven Kontrollbefugnissen ausgestattete G 10-Kommission des Deutschen Bundestages gewährleistet ist.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die strategische Beschränkung des [X.] durch den [X.] im Jahre 2010.

2

Das [X.] unterrichtete unter dem 10. Februar 2012 den [X.] gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 des [X.]esetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10-[X.]esetz - [X.]) über Art und Umfang der im Berichtszeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2010 vorgenommenen [X.] nach den §§ 3, 5, 7a und 8 [X.] (BTDrucks 17/8639). Zur strategischen Beschränkung nach § 5 [X.] wurde mitgeteilt, dass zu drei der in § 5 Abs. 1 Satz 3 [X.] genannten [X.]efahrenbereichen Maßnahmen angeordnet und durchgeführt worden seien (BTDrucks 17/8639 S. 6 f.). Im [X.]efahrenbereich "Internationaler Terrorismus" (§ 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 [X.]) hätten sich anhand von 1 944 Suchbegriffen im ersten Halbjahr und 1 808 Suchbegriffen im zweiten Halbjahr insgesamt 10 213 329 Telekommunikationsverkehre "qualifiziert", davon 10 208 525 E-Mails. 29 der erfassten Telekommunikationsverkehre seien als nachrichtendienstlich relevant eingestuft worden (7 Metadatenerfassungen, 17 Webforenerfassungen, 5 [X.]). Im [X.]efahrenbereich "Proliferation und konventionelle Rüstung" (§ 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 [X.]) seien im ersten Halbjahr 12 843 und im zweiten Halbjahr 13 304 Suchbegriffe angeordnet worden, anhand derer sich insgesamt 27 079 533 Telekommunikationsverkehre "qualifiziert" hätten, 180 davon (12 E-Mail-, 94 Fax- und 74 [X.]) seien schließlich als nachrichtendienstlich relevant eingestuft worden. Im [X.]efahrenbereich "Illegale Schleusung" (§ 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 [X.]) seien im ersten Halbjahr 313 und im zweiten Halbjahr 321 Suchbegriffe angeordnet, insgesamt 45 655 Telekommunikationsverkehre, darunter 45 599 E-Mails, selektiert und schließlich vier [X.] als nachrichtendienstlich relevant eingestuft worden. Zu dem Anstieg der Anzahl der selektierten Telekommunikationsverkehre im Vergleich zum Vorjahr 2009, für das der Vorgängerbericht (BTDrucks 17/4278 S. 7) insgesamt 6 841 725 Erfassungen (1 807 580 im [X.]efahrenbereich "Internationaler Terrorismus" + 5 034 145 im [X.]efahrenbereich "Proliferation und konventionelle Rüstung") und 278 (69 + 209) als nachrichtendienstlich relevant eingestufte Telekommunikationsverkehre ausweist, habe ein sehr hoher Spam-Anteil beigetragen. Die zur Selektion unerlässliche Verwendung inhaltlicher Suchbegriffe, bei denen es sich auch um gängige und mit dem aktuellen Zeitgeschehen einhergehende Begriffe handeln könne, führe unweigerlich zu einem relativ hohen Spam-Anteil, da viele Spam-Mails solche Begriffe ebenfalls beinhalten könnten.

3

Der Kläger ist Rechtsanwalt. Mit seiner am 25. Februar 2013 erhobenen Klage wendet er sich gegen die strategische Beschränkung des [X.] 2010. Zur Begründung trägt er vor: Er habe 2010 häufig per E-Mail mit Kollegen, Mandanten und anderen Personen im Ausland kommuniziert, vielfach in Angelegenheiten, die dem [X.] unterlegen hätten. Er müsse damit rechnen, dass diese Auslandskommunikation von strategischen [X.] nach § 5 [X.], von denen er durch Presseberichte frühestens am 25. Februar 2012 Kenntnis erlangt habe, betroffen gewesen sei. Angesichts der Verwendung tausender auch allgemein gängiger Suchbegriffe und ca. 37 Mio. "Treffern" müsse er davon ausgehen, dass auch seine eigene, insbesondere anwaltliche E-Mail-Korrespondenz erfasst und auf nachrichtendienstliche Relevanz hin ausgewertet worden sei. Die Klage sei zulässig, weil er danach mit einiger Wahrscheinlichkeit in seinem [X.]rundrecht aus Art. 10 Abs. 1 [X.][X.] betroffen worden sei. Eine stärkere Substantiierung der eigenen Betroffenheit sei ihm wegen der Heimlichkeit der Maßnahmen nicht möglich und könne deshalb auch nicht verlangt werden.

4

Die Klage sei auch begründet. Die angeordneten Telekommunikationsbeschränkungen hätten gegen das Übermaßverbot verstoßen. Insoweit sei bereits die Verfassungsmäßigkeit der zugrunde liegenden gesetzlichen Regelungen zur strategischen Fernmeldeüberwachung zweifelhaft. Jedenfalls aber sei die exzessive Überwachungspraxis des Jahres 2010 unverhältnismäßig. Zwar habe das [X.] in seinem Urteil vom 14. Juli 1999 - 1 BvR 2226/94 u.a. - ([X.] 100, 313) die strategische Fernmeldeüberwachung im [X.] für verfassungsgemäß erachtet. Jedoch habe der [X.]esetzgeber die Überwachungsbefugnisse inzwischen erheblich ausgeweitet, insbesondere durch umfassende Einbeziehung auch der leitungsgebundenen Telekommunikation einschließlich des [X.] sowie durch Erhöhung des zulässigen Überwachungsvolumens auf bis zu 20 v.[X.] (vgl. § 10 Abs. 4 Satz 4 [X.]). Im Zusammenspiel mit größeren Überwachungs- und Auswertungskapazitäten infolge des technischen Fortschritts und mangels effektiver gesetzlicher Vorkehrungen zur Eingrenzung des Umfangs der Überwachungsmaßnahmen sei die [X.]renze zur Unverhältnismäßigkeit damit überschritten worden. Im Übrigen fehle es an einer dem § 3b [X.] entsprechenden Regelung zum Schutz des [X.]ses im Rahmen der nachrichtendienstlichen Auswertung erfasster Telekommunikationsverkehre. Jedenfalls aber sei die Überwachungspraxis im Jahr 2010 in Anbetracht des [X.] von 37 Mio. "Treffern" - sowie der dahinter stehenden, noch wesentlich größeren Zahl überwachter Telekommunikationsverkehre - auf der einen Seite und nur 12 als nachrichtendienstlich relevant eingestufter E-Mails auf der anderen Seite verfassungswidrig. Der im Vergleich zu den Vorjahren exorbitante Anstieg der "Trefferzahl" sei weder auf ein Mehr an Suchbegriffen noch auf ein erhöhtes Spam-Aufkommen zurückzuführen und lasse sich deshalb nur mit einer Vergrößerung der technischen Überwachungskapazitäten und/oder der Verwendung besonders gängiger, unspezifischer Suchbegriffe erklären. Diese Ausweitung der Überwachung ohne ein Mehr an verwertbaren Ergebnissen sei willkürlich und unverhältnismäßig gewesen. Den angeordneten Maßnahmen habe bereits die Eignung gefehlt, weil angesichts des zahlenmäßigen [X.] von überwachten E-Mails und als nachrichtendienstlich relevant eingestuften E-Mails allenfalls von einer zufälligen Förderung des [X.]s des § 5 [X.] die Rede sein könne. Die weitgehende Erfolglosigkeit der Überwachung lasse sich mit dem Einsatz von Verschlüsselungstechnologien erklären. Die mit der strategischen Überwachung des [X.] 2010 verbundene Beeinträchtigung des Fernmeldegeheimnisses habe auch außer Verhältnis zu den damit verfolgten Zielen gestanden. Die Beeinträchtigung sei schwerwiegend gewesen, weil eine Vielzahl auch unbeteiligter Personen anlasslos, verdachtsunabhängig und weit im Vorfeld einer drohenden Rechtsgutsverletzung betroffen gewesen sei. Der Einzelne habe bei jedem Auslandskontakt per E-Mail mit der Möglichkeit einer Erfassung durch den [X.] rechnen müssen, sodass sich ein [X.]efühl ständigen Überwachtwerdens mit nachteiligen Folgen für die individuelle wie auch die gesamtgesellschaftliche Kommunikation habe einstellen können. Unter Berücksichtigung auch der mangelhaften Effizienz der Überwachungsmaßnahmen habe der damit verfolgte [X.] diese Beeinträchtigungen nicht aufwiegen können. Dies gelte jedenfalls im Hinblick auf seine - des [X.] - besondere Situation als Rechtsanwalt, weil die Auswertungspraxis des [X.]es der besonderen Sensibilität anwaltlicher E-Mail-Korrespondenz nicht ansatzweise Rechnung getragen habe, was die Eingriffsintensität zusätzlich erhöht habe.

5

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass der [X.] im Jahre 2010 das Fernmeldegeheimnis des [X.] verletzt hat, indem er im Zuge der strategischen Fernmeldeüberwachung [X.] des [X.] erfasst und weiterbearbeitet hat.

6

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

7

Die Beklagte hält die Klage für unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Ob der [X.] von Maßnahmen der strategischen Fernmeldeüberwachung betroffen gewesen sei, wisse sie nicht. Nicht auszuschließen sei eine Betroffenheit dergestalt, dass ein oder mehrere seiner Telekommunikationsverkehre erfasst, unverzüglich geprüft (§ 6 Abs. 1 Satz 1 [X.]) und sodann unverzüglich gelöscht (§ 6 Abs. 1 Satz 2 [X.]) worden seien. Selbst wenn man dies unterstelle, fehle es an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Vw[X.]O. Der [X.]esetzgeber habe mit dem [X.] den Rechtsweg im Sinne von Art. 19 Abs. 4 [X.][X.] dahin ausgestaltet, dass in Fällen, in denen Telekommunikationsverkehre nur zufällig und nicht final erfasst sowie unverzüglich geprüft und gelöscht würden, eine Feststellungsklage unzulässig sei. Dies ergebe sich bereits aus § 13 [X.]. Wenn danach in den dort genannten Fällen der Rechtsweg vor der Mitteilung der [X.] an den Betroffenen nicht zulässig sei, lasse sich dem im Umkehrschluss nicht nur entnehmen, dass in allen anderen Fällen der Rechtsweg auch schon vor der Mitteilung offen stehe, sondern darüber hinaus auch, dass nur in Bezug auf mitteilungspflichtige Fernmeldeerfassungen der Rechtsweg eröffnet sei. Derartige mitteilungspflichtige Fernmeldeerfassungen stünden hier nicht in Rede, weil etwaige erfasste Telekommunikationsverkehre des [X.] jedenfalls unverzüglich gelöscht worden seien und deshalb nach § 12 Abs. 2 Satz 1 [X.] keine Mitteilungspflicht bestanden habe.

8

Die Beklagte hat auf Anforderung des [X.]s den § 5 [X.]-Jahreshauptantrag 2010 für den [X.]efahrenbereich der Begehung internationaler terroristischer Anschläge mit unmittelbarem Bezug zur [X.] in Kopie vorgelegt. Dabei sind unter anderem die beantragten Suchbegriffe geschwärzt worden. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung unter anderem beantragt, zum Beweis der Tatsache, dass der [X.] im Jahr 2010 im Zuge der strategischen Fernmeldeüberwachung nach § 5 Abs. 1 [X.]-Suchbegriffe wie zum Beispiel Atom, Bombe oder Schleusung verwendet hat, die im allgemeinen Sprachgebrauch Verwendung finden und aufgrund ihrer Alltagsgebräuchlichkeit nicht geeignet sind, zwischen Telekommunikationsverkehren zu differenzieren, die eine Relevanz für die der Überwachung unterliegenden [X.]efahrenbereiche/[X.] haben und solchen Telekommunikationsverkehren, unter anderem derjenigen des [X.], die keine diesbezügliche Relevanz aufweisen, den § 5 [X.]-Jahreshauptantrag des Jahres 2010 für den [X.]efahrenbereich "Internationaler Terrorismus", den § 5 [X.]-Jahreshauptantrag des Jahres 2010 für den [X.]efahrenbereich "Proliferation und konventionelle Rüstung" sowie den § 5 [X.]-Jahreshauptantrag des Jahres 2010 für den [X.]efahrenbereich "Illegale Schleusung" beizuziehen. Der [X.] hat den Beweisantrag insoweit abgelehnt, weil die unter Beweis gestellte Tatsache nicht entscheidungserheblich ist, da die Klage unzulässig ist und die aufzuklärenden Suchbegriffe für den Nachweis eines tatsächlich erfolgten Eingriffs nicht relevant sind. Der Kläger hat sodann beantragt durch Beschluss festzustellen, ob die lediglich geschwärzte Vorlage des § 5 [X.]-Jahreshauptantrag des Jahres 2010 für den [X.]efahrenbereich "Internationaler Terrorismus" insoweit rechtmäßig ist, als dort inhaltliche Suchworte geschwärzt sind. Der [X.] hat den Antrag nach Abschluss des Verfahrens dem [X.] für Entscheidungen nach § 99 Abs. 2 Vw[X.]O vorgelegt.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der [X.]erichtsakte und des teilgeschwärzt vorgelegten § 5 [X.]-Jahreshauptantrag des Jahres 2010 für den [X.]efahrenbereich "Internationaler Terrorismus" verwiesen.

Entscheidungsgründe

1. Der [X.] konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung über die Klage abschließend durch Urteil entscheiden. Zwar hatte der Kläger in der mündlichen Verhandlung den Antrag gestellt, festzustellen, ob die Vorlage des § 5 [X.]-[X.] des Jahres 2010 für den Gefahrenbereich "Internationaler Terrorismus" insoweit rechtmäßig ist, als dort die inhaltlichen Suchbegriffe geschwärzt sind. Über die Zulässigkeit und Begründetheit dieses Antrags hatte nicht der [X.], sondern hat der [X.] des [X.] für Entscheidungen nach § 99 Abs. 2 [X.] zu entscheiden. Der [X.] war aber nicht verpflichtet, das bei ihm anhängige Verfahren der Hauptsache auszusetzen, bis der [X.] über den gestellten Antrag im Zwischenverfahren nach § 99 [X.] entschieden hat. Denn die Entscheidung des [X.]s im Zwischenverfahren nach § 99 [X.] ist in der hier gegebenen Fallgestaltung nicht vorgreiflich für die Entscheidung in der Hauptsache. Über diese Vorgreiflichkeit und damit über die Aussetzung des Verfahrens zu befinden, lag allein in der Zuständigkeit des [X.]s als Gericht der Hauptsache.

Dass die Entscheidung des [X.]s im Zwischenverfahren in der hier gegebenen Fallgestaltung nicht vorgreiflich für die Entscheidung in der Hauptsache ist, folgt aus der Aufgabenverteilung zwischen dem Gericht der Hauptsache und dem [X.]. Eine Entscheidung des [X.]s nach § 99 Abs. 2 [X.] setzt zum einen voraus, dass das Gericht der Hauptsache die beklagte Behörde gemäß § 99 Abs. 1 [X.] auffordert, bestimmte Urkunden oder Akten vorzulegen oder bestimmte elektronische Dokumente zu übermitteln oder bestimmte Auskünfte zu erteilen, und dabei die Entscheidungserheblichkeit dieser Unterlagen - in der Regel förmlich, insbesondere durch Beweisbeschluss - verlautbart (Beschlüsse vom 24. November 2003 - BVerwG 20 F 13.03 - BVerwGE 119, 229 <230 f.> = [X.] 310 § 99 [X.] Nr. 36 S. 27; vom 2. November 2010 - BVerwG 20 F 4.10 - juris Rn. 16; vom 15. März 2013 - BVerwG 20 F 8.12 - juris Rn. 11 und vom 17. Februar 2014 - BVerwG 20 F 1.14 - juris Rn. 8). Eine Entscheidung nach § 99 Abs. 2 [X.] setzt zum anderen voraus, dass die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage der Urkunden oder Akten, die Übermittlung der elektronischen Dokumente oder die Erteilung der Auskünfte verweigert, weil das Bekanntwerden ihres Inhalts dem Wohl des [X.] oder eines [X.] Nachteile bereiten würde oder weil die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen (sogenannte Sperrerklärung). Gegenstand des Verfahrens nach § 99 Abs. 2 [X.] ist diese Sperrerklärung. Das Gericht der Hauptsache entscheidet mithin zunächst darüber, ob Unterlagen wegen ihrer Entscheidungserheblichkeit beizuziehen sind, der [X.] im [X.] daran gegebenenfalls darüber, ob eine Weigerung der Behörde, die angeforderten Unterlagen vorzulegen, rechtmäßig ist.

Hier hat der [X.] als Gericht der Hauptsache auf den Beweisantrag des [X.] bereits die Beiziehung des ungeschwärzten [X.] abgelehnt, weil für seine Entscheidung die Kenntnis der nur geschwärzt vorgelegten Suchbegriffe nicht erheblich ist. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob die Beiziehung eines insoweit ungeschwärzten [X.] darüber hinaus auch deshalb unterbleiben müsste, weil die Beklagte dessen Vorlage aus den Gründen des § 99 Abs. 1 Satz 2 [X.] rechtmäßig verweigern dürfte. Ob eine solche bisher nicht ausgesprochene Weigerung rechtmäßig oder rechtswidrig wäre, war ohne Einfluss auf den Fortgang des Verfahrens in der Hauptsache. Selbst wenn im Falle einer Aussetzung des Verfahrens der Hauptsache der [X.] im Zwischenverfahren den Antrag des [X.] für zulässig und eine Weigerung der [X.], den [X.] ungeschwärzt vorzulegen, für rechtswidrig gehalten hätte, wäre dessen Beiziehung unterblieben, weil der [X.] als insoweit allein zuständiges Gericht der Hauptsache die vorrangig festzustellende Entscheidungserheblichkeit verneint hat.

Das Verfahren nach § 99 Abs. 2 [X.] hat nur die Funktion, zu überprüfen, ob die Behörde die Vorlage von Unterlagen rechtmäßig verweigert, die das Gericht der Hauptsache als entscheidungserheblich beiziehen will. Hingegen hat das Verfahren nach § 99 Abs. 2 [X.] nicht die Funktion, dem Kläger des Hauptsacheverfahrens eine Möglichkeit an die Hand zu geben, die Vorlage von Akten zu erzwingen, deren Entscheidungserheblichkeit das Gericht der Hauptsache verneint und die es deshalb nicht von der Behörde angefordert hat (Beschluss vom 23. Juli 2013 - BVerwG 20 PKH 1.13 - juris Rn. 8).

2. Die Klage ist unzulässig. Zwar ist der Rechtsweg für das Begehren des [X.] nicht ausgeschlossen (a). Auch ist das [X.]verwaltungsgericht für die Entscheidung über die Klage sachlich zuständig (b). Jedoch liegen die besonderen Sachurteilsvoraussetzungen des § 43 Abs. 1 [X.] für eine Feststellungsklage nicht vor (c).

a) Der Rechtsweg für das vom Kläger geltend gemachte Begehren ist nicht nach § 13 [X.] ausgeschlossen. Nach dieser Bestimmung ist gegen die Anordnung von [X.] nach den §§ 3 und 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 [X.] und ihren Vollzug der Rechtsweg vor der Mitteilung an den Betroffenen (vgl. § 12 [X.]) nicht zulässig. Dieser partielle [X.] ist gestützt auf Art. 10 Abs. 2 Satz 2 GG, wonach bei einer gesetzlich angeordneten Beschränkung des in Art. 10 Abs. 1 GG verbürgten Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses, die dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des [X.] oder eines [X.] dient, das Gesetz bestimmen kann, dass sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und dass an die Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane tritt. In Fällen des § 13 [X.] erfolgt die parlamentarische Kontrolle im Bereich des [X.] durch das [X.] (§ 14 [X.]) und die [X.]-Kommission (§ 15 [X.]).

Ein in § 13 [X.] ausdrücklich behandelter Fall liegt hier nicht vor. Aus dem Bereich der strategischen Überwachung nennt § 13 [X.] nur [X.] nach § 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 [X.], also solche zur Aufklärung der Gefahr eines bewaffneten Angriffs auf die [X.]republik Deutschland. Derartige [X.] hat der [X.]nachrichtendienst im [X.] nicht vorgenommen. Ausweislich des Berichts des [X.] gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 [X.] (BTDrucks 17/8639 S. 6) wurden im Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2010 strategische [X.] nur in den Gefahrenbereichen "Internationaler Terrorismus" (§ 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 [X.]), "Proliferation und konventionelle Rüstung" (§ 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 [X.]) sowie "[X.]" (§ 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 [X.]) angeordnet.

Entgegen der Auffassung der [X.] darf aus anderen Gesetzesbestimmungen nicht gefolgert werden, dass der [X.] gemäß § 13 [X.] sich weitergehend auf sämtliche Fälle erstreckt, in denen - ungeachtet des betroffenen Gefahrenbereichs - im Rahmen strategischer Beschränkungen nach § 5 [X.] erhobene Daten nach unverzüglicher Prüfung unverzüglich gelöscht worden sind (§ 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.]). Die Regelung über den Mitteilungsausschluss in § 12 Abs. 2 Satz 1 [X.] sowie die Regelung in § 6 Abs. 1 Satz 6 [X.] deuten zwar an, dass der Gesetzgeber den als nachrichtendienstlich relevant bewerteten und aus diesem Grund längerfristig gespeicherten Daten größere Bedeutung für den gerichtlichen Rechtsschutz als den gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 [X.] unverzüglich gelöschten Daten beigemessen hat. Dass im Falle der letztgenannten Daten ein gerichtlicher Rechtsschutz gänzlich ausgeschlossen sein soll, hat jedoch im Gesetzeswortlaut an keiner Stelle hinreichenden Niederschlag gefunden.

b) Das [X.]verwaltungsgericht ist für die Entscheidung gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 [X.] erstinstanzlich zuständig. Bei den hier streitigen strategischen Beschränkungen des Fernmeldeverkehrs nach § 5 [X.] handelt es sich um Vorgänge im Geschäftsbereich des [X.]nachrichtendienstes. Daran ändert der Umstand nichts, dass diese Maßnahmen nicht in die alleinige Zuständigkeit des [X.]nachrichtendienstes fielen, sondern auf dessen Antrag (§ 9 [X.]) hin vom [X.]ministerium des Innern anzuordnen (§ 10 [X.]) und von der [X.]-Kommission auf ihre Zulässigkeit und Notwendigkeit hin zu überprüfen (§ 15 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 6 Satz 3 [X.]) waren (Urteil vom 23. Januar 2008 - BVerwG 6 A 1.07 - BVerwGE 130, 180 Rn. 25 = [X.] 402.9 [X.] Nr. 2).

c) Die Sachurteilsvoraussetzungen des § 43 Abs. 1 [X.] für die erhobene Feststellungsklage liegen nicht vor.

aa) Gemäß § 43 Abs. 1 [X.] kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden. Danach muss die Feststellungsklage sich auf einen konkreten, gerade den Kläger betreffenden Sachverhalt beziehen. Unter einem Rechtsverhältnis in diesem Sinne sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von natürlichen oder juristischen Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (Urteil vom 23. August 2007 - BVerwG 7 [X.] 2.07 - BVerwGE 129, 199 Rn. 21 = [X.] 451.221 § 24 KrW-/AbfG Nr. 5; stRspr). Gegenstand der Feststellungsklage kann auch ein vergangenes Rechtsverhältnis sein (Urteil vom 29. April 1997 - BVerwG 1 [X.] 2.95 - [X.] 310 § 43 [X.] Nr. 127 S. 7). Derartige rechtliche Beziehungen wären zwischen dem Kläger und der [X.] dann entstanden, wenn feststünde, dass einer oder mehrere seiner E-Mail-Verkehre Gegenstand der strategischen Fernmeldeüberwachung im [X.] gewesen sind (vgl. Urteil vom 23. Januar 2008 a.a.[X.] Rn. 26, zur strategischen Überwachung von Telefongesprächen).

Ist allerdings nicht sicher, sondern lediglich möglich, dass auch die Telekommunikation gerade des [X.] von strategischen [X.] betroffen war, fehlt es an der notwendigen Konkretisierung des Rechtsverhältnisses. Gegenstand der Feststellungsklage kann nur ein konkretes Rechtsverhältnis sein, d.h. es muss die Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren Sachverhalt streitig sein (Urteile vom 8. Juni 1962 - BVerwG 7 [X.] 78.61 - BVerwGE 14, 235 <236> = [X.] 451.45 § 30 [X.] Nr. 1 S. 1; vom 7. Mai 1987 - BVerwG 3 [X.] 53.85 - BVerwGE 77, 207 <211> = [X.] 418.711 [X.] Nr. 16 S. 33; vom 16. November 1989 - BVerwG 2 [X.] 23.88 - [X.] 310 § 43 [X.] Nr. 106 S. 14 und vom 23. Januar 1992 - BVerwG 3 [X.] 50.89 - BVerwGE 89, 327 <329> = [X.] 418.711 [X.] Nr. 30 S. 87). Die Feststellungsklage dient hingegen nicht der Klärung abstrakter Rechtsfragen auf der Grundlage eines nur erdachten oder als möglich vorgestellten Sachverhalts (Urteile vom 8. Juni 1962, 7. Mai 1987 und 16. November 1989 jeweils a.a.[X.]; [X.]/[X.], [X.], 19. Aufl. 2013, § 43 Rn. 17; [X.], in: [X.]/[X.] , [X.], 4. Aufl. 2014, § 43 Rn. 43 f.). Damit soll die [X.] im Verwaltungsprozess verhindert werden, bei der sich der Kläger zum Sachwalter öffentlicher Interessen oder rechtlich geschützter Interessen Dritter macht ([X.], Verwaltungsprozessrecht, 12. Aufl. 2009, Rn. 490). Ferner sollen dadurch die [X.] auf tatsächlich vorhandene - statt lediglich hypothetische - Streitfälle konzentriert werden.

bb) Zwar lässt sich die Möglichkeit nicht ausschließen, dass auch vom Kläger versandte oder an ihn gerichtete E-Mails im [X.] von der strategischen Beschränkung des [X.] erfasst waren.

Jede Kenntnisnahme, Aufzeichnung und Verwertung von Kommunikationsdaten durch den Staat ist ein Eingriff in das Grundrecht aus Art. 10 GG ([X.], Urteil vom 14. Juli 1999 - 1 BvR 2226/94 u.a. - [X.]E 100, 313 <366>), durch den zugleich ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 [X.] begründet würde. Eingriff ist dabei schon die Erfassung selbst, insofern sie die Kommunikation für den [X.]nachrichtendienst verfügbar macht und die Basis des nachfolgenden Abgleichs mit den Suchbegriffen bildet. An einem Eingriff fehlt es nur, soweit [X.] zwischen [X.] Anschlüssen ungezielt und allein technikbedingt wieder spurlos ausgesondert werden. Dagegen steht es der Eingriffsqualität nicht entgegen, wenn die erfassten Daten nicht sofort bestimmten Personen zugeordnet werden können. Denn auch in diesen Fällen lässt sich der Personenbezug ohne Schwierigkeit herstellen.

Wie sich aus den Erläuterungen ergibt, welche die Beklagte hierzu in der mündlichen Verhandlung gegeben hat, werden in diesem Sinne [X.]e erfasst, sobald der dazu verpflichtete Betreiber des in der Anordnung bezeichneten Übertragungsweges (Telekommunikationsleitung) den Datenstrom in Gestalt einer Verdoppelung dem [X.]nachrichtendienst zuleitet. Damit stehen die [X.]e dem [X.]nachrichtendienst zur Verfügung, der sie dann selektiert und anhand der angeordneten Suchbegriffe durchsucht. Mithin werden [X.]e nicht erst anhand der Suchbegriffe erfasst. Vielmehr dienen die Suchbegriffe nach einer ersten technischen Selektion, bei der Inlandsverkehre aus den erfassten [X.]en ausgeschieden werden sollen, einer Durchsuchung der schon erfassten Verkehre auf sogenannte Treffer.

cc) Der [X.] kann jedoch nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen, dass über eine bloße nicht auszuschließende Möglichkeit hinaus im [X.] [X.]e unter Beteiligung des [X.] im Rahmen strategischer [X.] nach § 5 Abs. 1 [X.] in diesem Sinne tatsächlich erfasst worden sind.

Feststeht, dass kein [X.] des [X.] sich unter denjenigen befand, die sich im Ergebnis als nachrichtendienstlich relevant erwiesen und vom [X.]nachrichtendienst insoweit weiterverarbeitet worden sind. Die Beklagte hat mitgeteilt, dass sich unter den im Bericht des [X.] vom 10. Februar 2012 ausgewiesenen 213 [X.]en, die im [X.] als nachrichtendienstlich relevant eingestuft wurden, keiner des [X.] befinde. Dies stellt auch der Kläger nicht in Abrede.

Nicht mehr ermitteln lässt sich hingegen, ob ein [X.] des [X.] zwar zunächst erfasst, anhand angeordneter Suchbegriffe selektiert, gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] unverzüglich auf nachrichtendienstliche Relevanz überprüft und sodann aber, weil diese Prüfung negativ verlief, als irrelevant gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 [X.] unverzüglich gelöscht worden ist. Aufklärungsbemühungen des [X.]s waren insoweit nicht erfolgversprechend. Zwar sind sowohl Erfassung und Abgleich mit angeordneten Suchbegriffen als auch die Löschung erhobener personenbezogener Daten zu protokollieren (§ 5 Abs. 2 Satz 4, § 6 Abs. 1 Satz 3 [X.]). Die Protokolldaten sind jedoch am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Protokollierung folgt, zu löschen (§ 5 Abs. 2 Satz 6, § 6 Abs. 1 Satz 5 [X.]), so dass hier möglicherweise beweiskräftige Protokolldaten seit Ende 2011, spätestens aber - soweit eine Protokollierung erst im Laufe des Jahres 2011 erfolgt wäre - seit Ende 2012 nicht mehr zur Verfügung stehen.

Die danach verbleibende Wahrscheinlichkeit für eine solche Erfassung ist jedoch nicht so hoch, dass sie als überwiegend eingestuft werden müsste und damit dem [X.] die erforderliche Überzeugung dafür vermitteln könnte, dass die Voraussetzungen eines konkreten Rechtsverhältnisses erfüllt sind. Die Vorschriften über die strategische Beschränkung des [X.] sorgen dafür, dass nur ein geringer Bruchteil aller [X.]e von dieser Beschränkung erfasst wird.

Strategische Beschränkungen gemäß § 5 Abs. 1 [X.] weisen fragmentarischen [X.]harakter auf. Sie sind auf die Übertragungswege beschränkt, die in der Anordnung bezeichnet werden (§ 10 Abs. 4 Satz 1 [X.]). Von der Übertragungskapazität, die auf diesen Übertragungswegen zur Verfügung steht, darf ein Anteil von höchstens 20 v.H. überwacht werden (§ 10 Abs. 4 Satz 4 [X.]). Nach Angaben der [X.] wird in der Praxis ein deutlich geringerer Anteil tatsächlich überwacht. Der in der mündlichen Verhandlung anwesende stellvertretende Vorsitzende der [X.]-Kommission hat dies bestätigt. Zwar mag theoretisch nicht auszuschließen sein, dass - wie der Kläger vermutet - bei nur geringer Ausnutzung der Übertragungskapazität durch die Betreiber der Übertragungswege mehr als 20 v.H. des tatsächlichen Übertragungsvolumens erfasst werden. Das lässt sich indes nicht mit Hilfe der Jahresanträge weiter aufklären, weil diese nur die Vorgaben dafür enthalten, in welchem Maß die Übertragungskapazität der Übertragungswege erfasst werden darf, aber keine Kenntnisse über das tatsächlich erfasste Übertragungsvolumen vermitteln. Die beantragte Beiziehung der [X.] war deshalb insoweit als Beweismittel nicht geeignet. Unabhängig davon wird der [X.] schon dann wirksam begrenzt, wenn nur 20 v.H. der Kapazität aller beantragten und angeordneten Übertragungswege überwacht werden dürfen. Der [X.]nachrichtendienst kann aus allen angeordneten Übertragungswegen jeweils nur solche auswählen und gleichzeitig überwachen, die nicht mehr als 20 v.H. der Kapazität aller angeordneten Übertragungswege ausmachen. Die Beschränkung auf einen Anteil der Gesamtkapazität aller Übertragungswege zwingt mithin zur Auswahl aus den angeordneten Übertragungswegen, die jeweils überwacht werden können.

Weil der tatsächliche Umfang der Überwachung entscheidend durch die Beschränkung auf bestimmte Übertragungswege und Übertragungskapazitäten begrenzt wird, ist für die Wahrscheinlichkeit, dass der [X.] eines bestimmten Teilnehmers tatsächlich erfasst sein könnte, unerheblich, dass auch [X.]e erfasst worden sind, die über die größten [X.] Telekommunikationsdienstleister abgewickelt werden, und - bezogen auf den Gefahrenbereich des Internationalen Terrorismus - [X.]e in und aus 150 [X.] und weiteren 46 Regionen beschränkt worden sind.

Für die Wahrscheinlichkeit, mit der auch [X.]e des [X.] erfasst worden sind, ist schließlich unerheblich, welche Suchbegriffe der [X.]nachrichtendienst verwendet hat, insbesondere welche allgemein gängigen Begriffe sich darunter befunden haben. Selbst deren Kenntnis und ihre Verwendung in der E-Mail-Korrespondenz des [X.] sagen nichts darüber aus, dass diese Korrespondenz erfasst worden ist oder jedenfalls eine hohe Wahrscheinlichkeit für ihre Erfassung besteht.

Wie bereits erwähnt, liegt die Erfassung von [X.], mit der gegenüber dem Betroffenen ein Eingriff in sein Grundrecht aus Art. 10 GG einhergeht, vor, wenn die Kommunikation für den [X.]nachrichtendienst technisch verfügbar gemacht wird und so eine Basis des nachfolgenden Abgleichs mit Suchbegriffen bildet. Diese Erfassung ist aber dem Abgleich der erfassten Verkehre anhand der angeordneten Suchbegriffe vorgelagert und wird nicht durch die Suchbegriffe gesteuert. Die verwendeten Suchbegriffe und deren geringe oder hohe Eignung für eine Selektion der erfassten Verkehre sind mithin ohne Bedeutung für die Wahrscheinlichkeit, mit der ein [X.] überhaupt erfasst wird, sondern nur dafür, ob sich ein erfasster Verkehr im weiteren Verlauf für eine weitere Verarbeitung "qualifiziert". Aus diesem Grunde war die Kenntnis der angeordneten und verwendeten Suchbegriffe in dem hier interessierenden Zusammenhang nicht entscheidungserheblich und konnte der [X.] deshalb den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag des [X.] ablehnen, bestimmte [X.] des [X.]nachrichtendienstes aus dem [X.] zum Beweis der Tatsache beizuziehen, dass der [X.]nachrichtendienst übermäßig allgemein gehaltene Suchbegriffe verwendet hat.

dd) Die verbleibenden erheblichen Zweifel daran, ob [X.] des [X.] im Jahre 2010 von der strategischen Beschränkung nach § 5 [X.] erfasst war und damit das streitige Rechtsverhältnis begründet worden ist, gehen zu Lasten des [X.]. Dies entspricht der allgemeinen Regel, nach der es zu Lasten des Beteiligten geht, der sich auf eine Norm beruft, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen dieser Norm nicht geklärt werden können. Dies gilt auch, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen sich nicht klären lassen, von denen die Zulässigkeit der erhobenen Klage abhängt.

Diese Beweislast kann nicht umgekehrt werden. Dass nicht festgestellt werden kann, ob [X.] des [X.] von der Beschränkung erfasst war, beruht zwar einerseits auf der Heimlichkeit dieser Maßnahme und andererseits darauf, dass die Daten über die Erfassung und unverzügliche Löschung überprüfter, aber irrelevanter Verkehre ihrerseits gelöscht wurden, ohne dass die Betroffenen hierüber benachrichtigt worden sind. Daraus kann aber nicht der Vorwurf einer Beweisvereitelung und die Folge hergeleitet werden, der Nachteil der [X.] müsse zu Lasten der [X.] gehen. Denn dieses Vorgehen des [X.]nachrichtendienstes entsprach Vorschriften, die verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind, insbesondere mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG in Einklang stehen. Der Gesetzgeber war insbesondere nicht gehalten, in Fällen der unverzüglichen Prüfung und anschließenden unverzüglichen Löschung erfasster [X.]e (§ 6 Abs. 1 Satz 6 [X.]) eine Mitteilungspflicht entsprechend § 12 Abs. 1 [X.] einzuführen, um auf diese Weise die Möglichkeiten nachträglichen Rechtsschutzes zu verbessern. Eine solche Mitteilungspflicht würde massenhafte Recherchezwänge auslösen und dadurch in beträchtlicher Weise den Eingriff vertiefen (vgl. [X.], Urteil vom 2. März 2010 - 1 BvR 256/08 u.a. - [X.]E 125, 260 <336>); sie ist daher verfassungsrechtlich nicht geboten (vgl. [X.], Urteil vom 14. Juli 1999 - 1 BvR 2226/94 u.a. - [X.]E 100, 313 <398 f.>). Auch die gesetzlichen Löschungsregeln in § 5 Abs. 2 Satz 6 [X.] sowie in § 6 Abs. 1 Satz 5 [X.] sind für die Betroffenen offenkundig in erheblichem Maße grundrechtsschonend und stehen daher trotz ihrer Auswirkungen auf spätere Rechtsschutzmöglichkeiten mit Art. 19 Abs. 4 GG im Einklang.

ee) Ebenso wenig gebietet Art. 19 Abs. 4 GG eine Absenkung des [X.]es dahingehend, dass an Stelle der vollen richterlichen Überzeugung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit oder gar eine bloße Glaubhaftmachung ausreicht, um eine tatsächliche Betroffenheit des [X.] und damit ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 [X.] anzunehmen.

Art. 19 Abs. 4 GG vermittelt dem Einzelnen einen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, d.h. auf eine tatsächlich wirksame und möglichst lückenlose gerichtliche Kontrolle (stRspr; vgl. [X.], Beschluss vom 8. Dezember 2011 - 1 BvR 1932/08 - NVwZ 2012, 694 <695>). Die Voraussetzungen und Bedingungen des Zugangs zum Gericht auszugestalten, bleibt den jeweils geltenden [X.] überlassen. Dabei kann der Gesetzgeber auch Regelungen treffen, die ein Rechtsschutzbegehren von besonderen Voraussetzungen abhängig machen und sich dadurch für den Rechtsuchenden einschränkend auswirken. Der Anspruch des Einzelnen auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle darf aber nicht in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (stRspr; vgl. [X.], Beschluss vom 18. Januar 2000 - 1 BvR 321/96 - [X.]E 101, 397 <408>).

Dass die bloße Möglichkeit einer tatsächlichen Betroffenheit nicht ausreicht, ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 [X.] anzunehmen, dient dazu, [X.]n nichtbetroffener Dritter auszuschließen sowie justizielle Entscheidungsressourcen auf tatsächlich vorhandene - statt lediglich hypothetische - Streitfälle zu konzentrieren. Hierbei handelt es sich um legitime [X.], die durch alternative Maßgaben nicht mit derselben Wirksamkeit oder aber nur auf eine Weise zu verwirklichen wären, die an anderer Stelle zu unannehmbaren grundrechtlichen Einbußen führen müsste. Der Gesetzgeber war insbesondere - wie erwähnt - nicht gehalten, in Fällen der unverzüglichen Prüfung und anschließenden unverzüglichen Löschung erfasster [X.]e (§ 6 Abs. 1 Satz 6 [X.]) eine Mitteilungspflicht entsprechend § 12 Abs. 1 [X.] einzuführen, um auf diese Weise die Möglichkeiten nachträglichen Rechtsschutzes zu verbessern, ohne zugleich die genannten [X.] zu beeinträchtigen.

Für einen Kläger, dessen [X.] tatsächlich erfasst und nach unverzüglicher Prüfung unverzüglich wieder als irrelevant gelöscht worden ist, ist es auch nicht unzumutbar, dass sich die spätere Unerweislichkeit seiner Betroffenheit prozessual zu seinen Lasten auswirkt.

Auf der einen Seite ist die Eingriffsintensität bei unverzüglicher Prüfung und Löschung gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.] geringer zu veranschlagen als in nachfolgenden Verarbeitungsstadien (vgl. [X.], Urteil vom 14. Juli 1999 a.a.[X.] S. 398 f.).

Auf der anderen Seite hat der Gesetzgeber im Interesse kompensatorischen Grundrechtsschutzes (vgl. Urteil vom 23. Januar 2008 - BVerwG 6 A 1.07 - BVerwGE 130, 180 Rn. 45 = [X.] 402.9 [X.] Nr. 2) sämtlicher von strategischen Beschränkungen erfassten Personen die Kontrolle eines unabhängigen, parlamentarisch bestellten Gremiums, nämlich der [X.]-Kommission, vorgesehen. Diese entscheidet über die Zulässigkeit und Notwendigkeit von [X.] (§ 15 Abs. 5 Satz 1 [X.]), insbesondere im Stadium der Anordnung (vgl. § 15 Abs. 6 [X.]). Hierbei unterliegen die wesentlichen Eckdaten strategischer Beschränkungen ihrer Prüfung: Das Vorliegen einer Bestimmung der jeweiligen Telekommunikationsbeziehungen durch das [X.]ministerium des Innern mit Zustimmung des [X.] (§ 5 Abs. 1 Satz 2 [X.]); das Überschreiten der materiellen Eingriffsschwellen des § 5 Abs. 1 Satz 3 [X.]; das Vorliegen eines Antrags des [X.]nachrichtendienstes (§ 5 Abs. 1 Satz 1 [X.], § 9 Abs. 1 [X.]); das Vorliegen einer Anordnung des [X.]ministeriums des Innern (§ 10 Abs. 1 [X.]); die Rechtmäßigkeit (insbesondere hinreichende Selektivität) der in der Anordnung benannten Suchbegriffe (§ 10 Abs. 4 Satz 1 [X.], § 5 Abs. 2 [X.]); die Beschränkung der Überwachung auf einen Teil der Übertragungskapazitäten (§ 10 Abs. 4 Satz 2 und 3 [X.]); die Festlegung der Dauer der Beschränkungsmaßnahme (§ 10 Abs. 2 Satz 2, Abs. 5 [X.]). Aufgrund dieser Kontrollpflichten und -befugnisse der [X.]-Kommission ist der Grundrechtsschutz der Betroffenen in Bezug auf die Maßnahmenanordnung effektiv. Er ist auch insofern effektiv, als sich bei der [X.]-Kommission im Zuge ihrer Tätigkeit spezialisierter Sachverstand herausbilden kann und ihr eine Personal- und Sachausstattung sowie Mitarbeiter mit technischer Expertise zur Verfügung zu stellen sind (§ 15 Abs. 1 [X.]).

Hinsichtlich des Vollzugs strategischer [X.] erstreckt sich die Kontrollbefugnis der [X.]-Kommission auf die gesamte Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der nach dem Gesetz erlangten personenbezogenen Daten durch Nachrichtendienste des [X.] einschließlich der Entscheidung über die Mitteilung an Betroffene. Hierzu bestehen Fragerechte, ein Recht auf Einsicht in alle Unterlagen (insbesondere in die gespeicherten Daten und die Datenverarbeitungsprogramme) sowie ein Recht auf jederzeitigen Zutritt in alle Diensträume (§ 15 Abs. 5 [X.]). Die Vollzugskontrolle kann von Amts wegen vorgenommen, als auch durch Individualbeschwerden (eventuell) Betroffener ausgelöst sein (§ 15 Abs. 5 Satz 1 [X.]). Auch insofern erweist sich der Grundrechtsschutz der Betroffenen somit als effektiv. Erst recht stellt die [X.]-Kommission die allgemeine Kontrolle durch die Öffentlichkeit sicher, wie sie durch eine Absenkung der Anforderungen an das [X.] und die damit einhergehende faktische Ermöglichung einer [X.] bewirkt würde.

ff) Anders als der Kläger meint, lässt sich schließlich aus der Rechtsprechung des [X.]verfassungsgerichts nicht herleiten, dass er seine tatsächliche Betroffenheit schon dann ausreichend dargelegt habe, wenn er mit einiger Wahrscheinlichkeit durch die angegriffene strategische Beschränkung des [X.] in seinem grundrechtlich geschützten Fernmeldegeheimnis berührt sei. Die von ihm angeführte Rechtsprechung des [X.]verfassungsgerichts ([X.], Urteil vom 14. Juli 1999 - 1 BvR 2226/94 u.a. - [X.]E 100, 313 <354>) bezieht sich auf eine andere Fallgestaltung, nämlich die Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen ein Gesetz. Sie verlangt für ihre Zulässigkeit nicht die Feststellung, dass die in Rede stehende Norm auf den Beschwerdeführer bereits angewandt worden ist, sondern eben nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass er von der Anwendung der Norm betroffen sein könnte. Hingegen hat die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 [X.] gerade die Anwendung der Norm auf einen feststehenden Sachverhalt zur Voraussetzung. Sie richtet sich allenfalls inzident gegen die gesetzliche Grundlage, unmittelbar aber gegen den [X.], und zwar bezogen auf den Kläger selbst.

Meta

6 A 1/13

28.05.2014

Bundesverwaltungsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: A

Art 10 GG, Art 19 Abs 4 GG, § 5 G10 2001, § 13 G10 2001, § 43 Abs 1 VwGO, § 99 Abs 2 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28.05.2014, Az. 6 A 1/13 (REWIS RS 2014, 5205)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5205

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