Bundesgerichtshof, Beschluss vom 31.01.2019, Az. I ZB 46/18

1. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 10804

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Gegenstand

Schiedsrichterliches Verfahren: Ablehnung eines Schiedsrichters oder Sachverständigen bei Verletzung der Offenbarungspflicht


Leitsatz

Verletzt ein Schiedsrichter oder ein Sachverständiger seine Offenbarungspflicht, kann sich daraus ein selbstständiger Grund für seine Ablehnung nur ergeben, sofern der Verstoß für sich bereits Zweifel an seiner Unparteilichkeit weckt. Das ist auch bei der Verletzung von Offenlegungspflichten eine Frage der Würdigung im Einzelfall, wobei insbesondere das Gewicht der nicht offengelegten Umstände zu berücksichtigen ist.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des [X.] - 10. Zivilsenat - wird auf Kosten der [X.] zurückgewiesen.

Der Antrag der [X.], die Schiedsklägerin zur Zahlung von 9.187.959,61 € nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. März 2016 zu verurteilen, wird zurückgewiesen.

Wert des [X.]: 6.120.000 €

Gründe

1

I. Die [X.]en bildeten ein Konsortium zum gemeinsamen Bau von [X.] für die [X.]. Im Konsortialvertrag vom 18./19. Februar 1998 ist geregelt, dass Streitigkeiten durch ein Schiedsgericht nach der Schiedsgerichtsordnung der [X.] ([X.] 1998) unter Ausschluss des ordentlichen [X.] endgültig entschieden werden sollen. In einem Nachtrag zum Konsortialvertrag verpflichteten sich die [X.]en, die von der Auftraggeberin gerügten Schäden an den Zügen zu beseitigen.

2

Im Zuge von Streitigkeiten über die Verantwortlichkeit für die erforderlich gewordene Sanierung erhob die Schiedsklägerin [X.], mit der sie von der [X.] den Ersatz von Sanierungskosten beanspruchte. Die Schiedsbeklagte erhob Widerklage, mit der sie die Feststellung begehrte, die Schiedsklägerin habe - entsprechend ihrer Beteiligungsquote am Konsortium - 65,895% der Sanierungskosten der Züge der dritten Baureihe zu tragen.

3

Auf Anfrage des Schiedsgerichts erklärte sich der Sachverständige S.    von der [X.] zur Erstellung eines Gutachtens bereit. Auf Nachfrage des Schiedsgerichts bestätigte er, dass er keine wirtschaftlichen oder privaten Kontakte zu den [X.]en unterhalte.

4

Das Schiedsgericht hat die Schiedsbeklagte durch Schiedsspruch vom 1. September 2013 zur Zahlung von 5.800.000 € und zum Ersatz der Kosten einer künftigen Sanierung der [X.] von elf Zügen verurteilt. Dabei ist es der Einschätzung des Sachverständigen gefolgt, dass der Sanierungsaufwand der Schiedsklägerin auf Konstruktionsfehlern der [X.] beruhe.

5

Die Schiedsbeklagte hat beim [X.] Klage auf Aufhebung des Schiedsspruchs erhoben. Sie hat - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung - geltend gemacht, der Sachverständige habe [X.] verletzt, indem er die vorangegangene Tätigkeit seines Vorgesetzten bei der Schiedsklägerin verschwiegen habe.

6

Die Schiedsklägerin hat beantragt, den Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären und den Antrag der [X.] auf Aufhebung des Schiedsspruchs abzuweisen. Die Schiedsbeklagte hat daraufhin beantragt, den Antrag der Schiedsklägerin auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs unter Aufhebung des Schiedsspruchs abzulehnen und das Verfahren auf Aufhebung des Schiedsspruchs bis zur Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs auszusetzen.

7

Das [X.] hat den Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt und die Anträge der [X.] zurückgewiesen. Auf die Rechtsbeschwerde der [X.] hat der Senat diesen Beschluss aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen ([X.], Beschluss vom 2. Mai 2017 - [X.], [X.] 2017, 317). Außerdem hat der Senat die Schiedsklägerin zur Rückzahlung des von der [X.] zur Abwendung der Vollstreckung aus dem Beschluss des [X.]s gezahlten Betrags nebst Zinsen verurteilt ([X.], Beschluss vom 2. Mai 2017 - [X.], [X.], 1472).

8

Das [X.] hat nach Vernehmung des Sachverständigen S.    sowie dessen Vorgesetzten [X.]     den Schiedsspruch erneut für vollstreckbar erklärt und den Gegenantrag der [X.] zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der [X.], mit der sie ihre zuletzt vor dem [X.] gestellten Anträge weiterverfolgt. Darüber hinaus beantragt sie erneut, die Schiedsklägerin gemäß § 1065 Abs. 2 Satz 2, § 717 Abs. 2 Satz 2 ZPO zur Rückzahlung des zur Abwendung der Vollstreckung Geleisteten zu verurteilen.

9

II. Das [X.] hat angenommen, aus dem Umstand, dass der Sachverständige im Schiedsverfahren die Vorbeschäftigung seines damaligen Vorgesetzten nicht offengelegt habe, ergebe sich kein Aufhebungsgrund. Der Sachverständige habe dadurch zwar gegen seine Offenlegungspflicht nach § 1049 Abs. 3, § 1036 Abs. 1 ZPO verstoßen. Dieser Verstoß habe sich jedoch nicht auf den Schiedsspruch ausgewirkt, weil der nicht offengelegte Umstand nicht als [X.] ausreiche. Ein gesonderter [X.] ergebe sich hier auch nicht aus dem Verstoß des Sachverständigen gegen die Offenlegungspflicht.

III. [X.] ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 1065 Abs. 1 Satz 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 1 und 2 ZPO) und auch sonst zulässig (§ 574 Abs. 2, § 575 ZPO). In der Sache hat sie dagegen keinen Erfolg. Die Annahme des [X.]s, der vom Sachverständigen S.    nicht offengelegte Umstand über die früheren beruflichen Beziehungen seines Vorgesetzten zur Schiedsklägerin führe zwar zu einem Verfahrensfehler, stelle aber keinen [X.] im Sinne der § 1049 Abs. 3, § 1036 Abs. 2 ZPO dar, weist keinen Rechtsfehler auf.

1. Ein Schiedsspruch ist nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO unter anderem aufzuheben, wenn das schiedsrichterliche Verfahren einer Bestimmung des [X.] der Zivilprozessordnung (§§ 1025 bis 1066 ZPO) oder einer zulässigen Vereinbarung der [X.]en nicht entsprochen hat und anzunehmen ist, dass sich dies auf den Schiedsspruch ausgewirkt hat.

Auf den vom Schiedsgericht bestellten Sachverständigen sind nach § 1049 Abs. 3 ZPO die §§ 1036, 1037 Abs. 1 und 2 ZPO entsprechend anzuwenden. Danach hat eine Person, die als Sachverständiger bestellt werden soll, alle Umstände offenzulegen, die Zweifel an ihrer Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit wecken können (§ 1036 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Auch nach seiner Bestellung ist ein Sachverständiger bis zum Ende des schiedsrichterlichen Verfahrens verpflichtet, solche Umstände den [X.]en unverzüglich offenzulegen, wenn er sie ihnen nicht schon vorher mitgeteilt hat (§ 1036 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Bei den Bestimmungen der § 1049 Abs. 3, § 1036 Abs. 1 ZPO handelt es sich um zwingende Vorschriften des [X.] Schiedsverfahrensrechts, die nach § 24.1 Halbsatz 1 [X.] 1998 auf das schiedsrichterliche Verfahren anwendbar sind, wenn die [X.]en - wie hier - die Bestellung eines Sachverständigen durch das Schiedsgericht zugelassen haben (vgl. [X.], [X.] 2017, 317 Rn. 41).

Hat eine Person, die zum Sachverständigen bestellt werden soll oder bestellt worden ist, nicht alle Umstände offengelegt, die Zweifel an ihrer Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit wecken können, entspricht das schiedsrichterliche Verfahren nicht den Bestimmungen der § 1049 Abs. 3, § 1036 Abs. 1 ZPO. Nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO ist der Schiedsspruch in einem solchen Fall aufzuheben, wenn anzunehmen ist, dass sich dieser [X.] auf den Schiedsspruch ausgewirkt hat. Diese Voraussetzung ist in der Regel erfüllt, wenn der Schiedsspruch auf dem Gutachten des Sachverständigen beruht und die vom Sachverständigen zu offenbarenden Gründe zu seiner Ablehnung ausgereicht hätten, weil sie berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen lassen ([X.], [X.] 2017, 317 Rn. 46).

2. Danach ist die Annahme des [X.]s, der Schiedsspruch leide an einem Verfahrensfehler, weil der Sachverständige die Vorbeschäftigung seines Vorgesetzten bei der Schiedsklägerin im Schiedsverfahren aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls hätte offenlegen müssen, von Rechts wegen nicht zu beanstanden und wird von der Rechtsbeschwerde als für sie günstig hingenommen.

3. Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, entgegen der Auffassung des [X.]s stelle sich dieser Verstoß gegen die Offenlegungspflicht als objektiv ausreichender [X.] dar und müsse zur Aufhebung des Schiedsspruchs führen. Das [X.] habe seiner Beurteilung rechtsfehlerhaft eine [X.] zugrunde gelegt und sich auf Umstände gestützt, die erst nachträglich durch die Beweisaufnahme zutage getreten seien.

a) Ein Sachverständiger kann im Schiedsverfahren gemäß § 1049 Abs. 3, § 1036 Abs. 2 Satz 1 ZPO ebenso wie ein Schiedsrichter abgelehnt werden, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen lassen. Maßgebend hierfür ist, ob vom Standpunkt der [X.] aus genügend objektive Gründe vorliegen, die aus der Sicht eines vernünftigen Menschen die Befürchtung wecken können, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (zur Ablehnung von Schiedsrichtern vgl. [X.], Beschluss vom 26. Juni 2008 - 26 [X.] 2/08, juris Rn. 25; [X.], [X.] 2011, 342, 343 [juris Rn. 25 f.]; [X.], [X.] 2015, 309, 310 [juris Rn. 26]; [X.]Komm.ZPO/[X.], 5. Aufl., § 1036 Rn. 31 mwN). Die Darlegungs- und Beweislast für die behauptete Befangenheit liegt bei der beantragenden [X.] (zu § 15 Abs. 3 DIS-Schiedsgerichtsordnung 2018 vgl. Schütze/[X.], Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, 3. Aufl., [X.]). Der Ablehnungsgrund ist in Anlehnung an § 44 Abs. 2, § 294 ZPO glaubhaft zu machen (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Juni 2008 - 26 [X.] 2/08, juris Rn. 27; [X.]Komm.ZPO/[X.] aaO § 1037 Rn. 16 und 29; [X.], [X.] wegen Befangenheit in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, 2016, [X.]; für [X.] KG, [X.] 2000, 248, 251 [juris Rn. 24]).

b) Das [X.] hat angenommen, die nicht offengelegte Vorbeschäftigung des Vorgesetzten reiche als objektiver [X.] nicht aus, weil sie keine berechtigten Zweifel im Sinne des § 1049 Abs. 3, § 1036 Abs. 2 ZPO an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit des Sachverständigen aufkommen ließe. Es sei zu prüfen, ob das Schiedsgericht den Sachverständigen für befangen erklärt hätte, wenn dieser den Umstand der Vorbeschäftigung seines Vorgesetzten bei der Schiedsklägerin pflichtgemäß offengelegt hätte. Entscheidend sei dafür, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gehabt hätte, an der Unvoreingenommenheit zu zweifeln; dabei genüge der "böse Anschein". Nach der Beweisaufnahme lasse der Umstand der Vorbeschäftigung des Zeugen [X.]     bei der Schiedsklägerin bei besonnener Würdigung aller Umstände keine berechtigten Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit des Sachverständigen aufkommen. Der Vorgesetzte sei in seiner Tätigkeit für die Schiedsklägerin - entgegen der Darstellung der [X.] - mit dem Gegenstand des Schiedsverfahrens nicht befasst gewesen. Gegenüber dem Sachverständigen habe sich die [X.] im Wesentlichen auf formale Koordination und Organisation beschränkt und keine Weisungsbefugnisse hinsichtlich der inhaltlichen Ergebnisse der Begutachtung umfasst. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

c) [X.] rügt vergeblich, die Beurteilung sei rechtsfehlerhaft auf Umstände gestützt worden, die erst nachträglich aufgrund der Beweisaufnahme zutage getreten seien und dem Schiedsgericht bei seiner hypothetischen Entscheidung über den Befangenheitsantrag nicht vorgelegen hätten. Sie verkennt dabei, dass die Schiedsbeklagte auch im Verfahren vor dem Schiedsgericht den von ihr behaupteten [X.] hätte glaubhaft machen müssen. Für die Frage, ob die Besorgnis der Befangenheit eines Schiedsrichters oder Sachverständigen besteht, kommt es zwar auf die Sicht der ablehnenden [X.] an. Allein die Darlegung der [X.] zu einer Befangenheit des Sachverständigen, bei der die Stellungnahme des Sachverständigen und Vortrag der Gegenseite ausgeblendet werden, stellt aber keine hinreichende Entscheidungsgrundlage dar.

aa) Ausgangspunkt ist die Frage, ob die vom Sachverständigen zu offenbarenden Umstände im Sinne von § 1049 Abs. 3, § 1036 Abs. 1 ZPO zu seiner Ablehnung ausgereicht hätten, weil sie berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit hätten aufkommen lassen (vgl. [X.], [X.] 2017, 317 Rn. 46). Danach ist zunächst auf die vom Sachverständigen offenzulegenden Umstände abzustellen. [X.]erwiderung weist zutreffend darauf hin, dass insoweit davon auszugehen ist, dass der Sachverständige alle Umstände zur Vorbeschäftigung seines Vorgesetzten sowie zu seinem dienstlichen Verhältnis zum Vorgesetzten offenbart hätte. Darüber hinaus hätte das Schiedsgericht eine Stellungnahme des Sachverständigen zu den ihm vorgeworfenen Umständen, die den anderen Verfahrensbeteiligten nicht aus eigener Wahrnehmung bekannt waren, einholen können, um den Sachverhalt weiter aufzuklären (vgl. [X.], Handbuch für die [X.], 3. Aufl., Rn. 1063; zu § 15 Abs. 3 DIS-Schiedsgerichtsordnung 2018 vgl. Schütze/[X.] aaO S. 289). Weiter hätte der Schiedsklägerin zum Ablehnungsgesuch der [X.] rechtliches Gehör gewährt werden müssen (vgl. [X.] aaO Rn. 1071; Schütze/[X.] aaO S. 289). Das Schiedsgericht wäre auch nicht gehindert gewesen, eine Stellungnahme des Vorgesetzten einzuholen oder diesen als Zeugen zu vernehmen. Auch dem Schiedsgericht wären deshalb alle die Umstände bekannt gewesen, die das [X.] nunmehr in der von der Rechtsbeschwerde beanstandeten Beweisaufnahme ermittelt hat.

Das [X.] hat entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde mit der Beweisaufnahme auch nicht überprüft, ob der "böse Anschein" objektiv berechtigt ist; es hat vielmehr den streitigen Tatsachenvortrag der [X.] zu der von ihr behaupteten Befangenheit des Sachverständigen einer Überprüfung durch eine Beweisaufnahme unterzogen und damit allein die Tatsachengrundlage für den behaupteten "bösen Anschein" geprüft.

bb) [X.] kann danach nicht mit ihrer Auffassung durchdringen, weder die Schiedsbeklagte noch das Schiedsgericht hätten seinerzeit die dem [X.] jetzt zur Verfügung stehenden Erkenntnisse gehabt, inwieweit der Vorgesetzte des Sachverständigen mit der Sanierung der streitgegenständlichen Baureihe befasst gewesen sei. Vielmehr habe die Schiedsbeklagte davon ausgehen müssen, dass der Vorgesetzte mehr als 20 Jahre lang in dem Werk der Schiedsklägerin tätig gewesen sei, in dem die streitgegenständlichen Züge in erheblichem Umfang saniert worden seien. Damit unterstellt die Rechtsbeschwerde, dass das Schiedsgericht bei der Entscheidung über den Ablehnungsantrag rechtsfehlerhaft allein auf den von der Schiedsklägerin bestrittenen Vortrag der [X.] abgestellt hätte und berücksichtigt nicht, dass sie die von ihr behauptete Tatsachengrundlage für ein Ablehnungsgesuch auch vor dem Schiedsgericht hätte glaubhaft machen müssen. Dasselbe gilt für das fehlende [X.] zwischen dem Sachverständigen und dem Vorgesetzten im Hinblick auf den Gutachtenauftrag.

4. Ebenfalls erfolglos wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die Annahme des [X.]s, der Umstand, dass der Sachverständige seine gesetzliche Offenlegungspflicht missachtet habe, reiche alleine für eine begründete Ablehnung nicht aus.

a) Verletzt ein Schiedsrichter oder ein Sachverständiger seine [X.]spflicht, kann sich daraus ein selbständiger Grund für seine Ablehnung nur ergeben, sofern der Verstoß für sich bereits Zweifel an seiner Unparteilichkeit weckt. Das kann insbesondere der Fall sein, wenn sich eine Offenlegungspflicht in der konkreten Situation aufdrängen musste. Dabei darf ein Umstand, der für sich genommen die Ablehnung des Schiedsrichters oder Sachverständigen wegen Befangenheit eindeutig nicht begründet, nicht auf dem Umweg über die Ablehnung wegen unterlassener [X.] dieses Umstands zur Ablehnung des Schiedsrichters oder des Sachverständigen führen (vgl. [X.], NJW 2008, 1325, 1326 [juris Rn. 6]; [X.], [X.] 2010, 225, 227 [juris Rn. 20]; [X.], Beschluss vom 5. Oktober 2011 - I-8 [X.] 1/11, juris Rn. 21 f.; [X.], [X.] 2014, 1779, 1781 [juris Rn. 69 f.]; im Ergebnis ebenso [X.], [X.] 2003, 134, 138 [juris Rn. 39 f.]; vgl. auch [X.], [X.] 2017, 317 Rn. 46 f. und 49; Musielak/[X.], ZPO, 15. Aufl., § 1036 Rn. 3; [X.]Komm.ZPO/[X.] aaO § 1036 Rn. 25; [X.] aaO Rn. 1043; [X.] aaO S. 164; einen Ablehnungsgrund bei Verletzung der [X.]spflicht im Regelfall bejahend: [X.] Urteil vom 14. Juli 2006 - 10 Sch 1/06, juris Rn. 5; [X.]/[X.] in Festschrift von [X.], 2011, S. 1029, 1032).

b) Das [X.] hat angenommen, es sei eine Frage des Einzelfalls, inwieweit die fehlende Offenlegung von Umständen, die für sich genommen nicht als Ablehnungsgrund ausreichten, aber hätten offengelegt werden müssen, einen eigenen Ablehnungsgrund schaffen könne. Dabei sei insbesondere das Gewicht der nicht offengelegten Umstände zu berücksichtigen. Maßgeblich sei, ob sich aus Sicht einer besonnenen [X.] der Verdacht eines bewussten Verheimlichens und damit berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen ergeben mussten. Das werde umso eher zu bejahen sein, je mehr sich eine Offenlegungspflicht in der konkreten Situation habe aufdrängen müssen, hingegen umso eher zu verneinen, je nachvollziehbarer das Absehen von der Offenlegung erscheine. Das lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

c) [X.] macht ohne Erfolg geltend, berechtigte Zweifel an der Neutralität und Integrität des Sachverständigen bestünden schon, wenn nur nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Sachverständige entweder seine Offenlegungspflicht bewusst verletzt habe oder den Interessen der [X.]en, die durch diese Pflicht geschützt werden sollten, zumindest gleichgültig gegenüber stehe. Besondere Anhaltspunkte dafür, dass der Sachverständige die betreffenden Umstände habe verheimlichen wollen, seien für die Ablehnung nicht erforderlich. Der damit im Grundsatz von der Rechtsbeschwerde geforderte Automatismus widerspricht dem Sinn und Zweck der Regelung des § 1036 Abs. 2 ZPO, wonach allein berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit eines Schiedsrichters oder Sachverständigen eine Ablehnung rechtfertigen. Das ist auch bei der Verletzung von Offenlegungspflichten eine Frage der Würdigung im Einzelfall. Das [X.] hat dabei zutreffend auf das Gewicht der nicht offengelegten Umstände abgestellt.

d) Ebenfalls ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die Annahme des [X.]s, für eine vernünftige [X.] habe sich kein Anhaltspunkt für ein bewusstes Verheimlichen durch den Sachverständigen ergeben. Insoweit setzt die Rechtsbeschwerde in unzulässiger Weise ihre eigene Würdigung gegen die des Tatgerichts. Rechtsfehler zeigt sie damit nicht auf.

IV. [X.] ist danach auf Kosten der [X.] zu verwerfen (§ 97 Abs. 1 ZPO). Ebenfalls ohne Erfolg bleibt der Antrag auf Erstattung des zur Abwendung der Vollstreckung aus dem Beschluss des [X.]s geleisteten Betrags nebst Zinsen gemäß § 1065 Abs. 2 Satz 2, § 717 Abs. 2 Satz 2 ZPO.

Koch     

      

Löffler     

      

Schwonke

      

Feddersen     

      

Schmaltz     

      

Meta

I ZB 46/18

31.01.2019

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Karlsruhe, 1. Juni 2018, Az: 10 Sch 12/13

§ 1036 ZPO, § 1037 Abs 1 ZPO, § 1037 Abs 2 ZPO, § 1049 Abs 3 ZPO, § 1059 Abs 2 Nr 1 Buchst d ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 31.01.2019, Az. I ZB 46/18 (REWIS RS 2019, 10804)

Papier­fundstellen: MDR 2019, 1025 WM2019,1355 REWIS RS 2019, 10804


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I ZB 46/18

Bundesgerichtshof, I ZB 46/18, 16.05.2019.

Bundesgerichtshof, I ZB 46/18, 31.01.2019.


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