Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.03.2012, Az. LwZB 3/11

Senat für Landwirtschaftssachen | REWIS RS 2012, 8058

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
[X.]ZB 3/11

vom

16. März 2012

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO §§ 3, 5, 8, 260
Der Wert der Beschwer des infolge einer Klagehäufung (§ 260 ZPO) sowohl auf Herausgabe eines Grundstücks als auch auf Beseitigung von Bauwerken oder Ein-richtungen verurteilten [X.]n, der sich auf ein Miet-
oder Pachtverhältnis berufen hat, bestimmt sich gemäß § 5 ZPO durch Addition des nach § 8 ZPO zu bestimmen-den Werts der Beschwer der Verurteilung zur Herausgabe und des nach § 3 ZPO zu bemessenden Werts der Beschwer für die Beseitigung ([X.] an [X.], [X.] vom 15. Juni 2005 -
XII [X.], [X.], 677).

[X.], Beschluss vom 16. März 2012 -
[X.]ZB 3/11 -
OLG [X.]

AG [X.]

-

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Der Bundesgerichtshof, [X.], hat am 16. März 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Krüger
und
die Richter Dr.
Lemke und Dr.
Czub -
gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 [X.] ohne Zuziehung eh-renamtlicher Richter
-

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des [X.]n wird der Beschluss des 4. Zivilsenats -
[X.]
-
des Pfälzischen [X.]s [X.] vom 23. November 2011 aufge-hoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des [X.] beträgt

Gründe:
I.
Der Kläger verlangt von der [X.]n die Herausgabe eines 1,2 ha gro-ßen Grundstücks und die Entfernung eines darauf installierten Zaunes. Die [X.] beruft sich auf ein noch bis zum 30. Oktober 2012 bestehendes [X.].
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und den Wert für den Her-1
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festgesetzt. Das [X.] hat die Berufung nach einem Hinweis auf Bedenken gegen deren Zulässigkeit wegen Nichterreichens der Berufungs-summe
(§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO iVm § 1 Nr. 1 a, § 48 Abs.
1 [X.]) durch ei-nen Beschluss nach § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen.
II.
Das Berufungsgericht meint, der Wert der Beschwer der [X.]n sei gemäß § 8 ZPO zu berechnen, weil sich die [X.] auf ein Besitzrecht aus einem Pachtvertrag berufen habe. Maßgebend sei daher der auf die streitige [X.] -
von der Klageerhebung (Anfang Mai 2009) bis zu dem behaupteten Ende der Pachtzeit (Oktober 2012)
-
entfallende Pachtzins. Angesichts einer Jah-

Der zusätzliche Urteilsausspruch auf Entfernung des Zaunes sei für die allein nach §
8 ZPO zu ermittelnde Beschwer unmaßgeblich. Soweit sich die [X.] für ihre Auffassung auf eine Entscheidung des [X.] (Beschluss vom 15. Juni 2005 -
XII [X.], [X.], 677) berufe, sei dem angesichts des klaren Wortlauts des §
8 ZPO nicht zu folgen.
III.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht
stand.
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO)
sowie
form-
und fristgerecht eingelegt (§ 575 ZPO).
Die in § 574 Abs. 2 ZPO bestimmten Voraussetzungen für die [X.] des Rechtsmittels, die auch im
Fall eines die Berufung als unzulässig ver-werfenden Beschlusses
erfüllt sein müssen ([X.], Beschlüsse vom 7. Mai 2003, -
XII [X.], [X.]Z 155, 21, 22 und vom 21. Januar 2009 -
IV ZB 3
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35/08, [X.] 2009, 246 mwN -
std.
Rspr.), liegen ebenfalls vor. Die Rechtsbe-schwerde ist schon deshalb zulässig, weil das Berufungsgericht in ausdrückli-cher Abweichung von einer jüngeren Entscheidung des [X.] ([X.], Beschluss vom 15. Juni 2005 -
XII [X.], [X.], 677, 678) den Wert der Beschwer des [X.]n
nur nach dem Wert des [X.] bestimmt und die Beschwer durch die zusätzliche Verurteilung zum Abriss nicht in Ansatz gebracht hat und die angefochtene Entscheidung auch auf dieser Abweichung beruht. Bei der nach der vorgenannten Entscheidung des Bundes-gerichtshofs vorzunehmenden Addition des nach § 8 ZPO zu bemessenden Werts der Beschwer durch die Verurteilung zur Räumung und des nach § 3 ZPO zu bemessenden Werts der Beschwer durch die Verurteilung zum Abriss des Zaunes wird der in §
511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO bestimmte Mindestwert für eine zulässige Berufung überschritten (zur Berechnung

siehe unten 3). Liegt eine solche Divergenz vor, ist die Rechtsbeschwerde wegen des
Erfordernisses der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§§
574 Abs. 2 Nr.
2 Fall
2 ZPO) zulässig.
2. Die Beschwerde ist auch begründet. An der bereits genannten Ent-scheidung ist festzuhalten.
a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass sich der Wert der Beschwer der
[X.]n durch die Verurteilung zur Herausgabe des Grundstücks -
wenn das Bestehen eines Pachtverhältnisses streitig ist
-
nach §
8 ZPO bestimmt und daher nach dem auf die streitige [X.] entfallenden [X.] zu berechnen ist. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des [X.] (Senatsbeschluss vom 7. November 2002 -
[X.]ZR 9/02, [X.]Report 2003, 757; [X.], Beschluss vom 10. Mai 2000 -
XII ZR 335/99, [X.], 1739 und Urteil vom 17. März 2005 -
III ZR 342/04, [X.], 351). Die Rechtsbeschwerde greift dies auch nicht an.
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b)
Ebenso richtig ist es, dass sich der Wert der Beschwer einer Verurtei-lung zur Räumung, die die [X.] auch dazu verpflichtet, die von ihr
ange-brachten
Einrichtungen und Anpflanzungen auf dem vermieteten oder verpach-teten Grundstück zu entfernen, allein nach § 8 ZPO bemisst. Der Kostenauf-wand der
[X.]n zur Erfüllung der [X.] ist nach dem Wortlaut des § 8 ZPO ohne Bedeutung (Senatsbeschluss vom 14. Oktober 1993 -
[X.]ZB 6/93, NJW-RR 1994, 256 und [X.], Beschluss vom 4. Juli 1996 -
III ZR 34/96,
[X.]R ZPO § 8 Räumungsklage
7).
c) [X.] ist es jedoch, auch bei einer Verurteilung auf Grund einer Klagehäufung gemäß § 260 ZPO den Wert des
[X.] nur nach dem Wert der Klage auf Herausgabe des Grundstücks zu bestimmen,
den
Wert der Klage auf Beseitigung eines Gebäudes oder einer Einrichtung -
und im Fall ihres Erfolgs die daraus folgende zusätzliche Beschwer der
[X.]n
-
jedoch unberücksichtigt zu lassen. Der Wert der Beschwer der
infolge einer Klagehäufung (§ 260 ZPO) sowohl auf Herausgabe eines Grundstücks als auch auf Beseitigung von Bauwerken oder Einrichtungen verurteilten [X.]n, die sich auf ein Miet-
oder Pachtverhältnis berufen hat, bestimmt sich vielmehr ge-mäß § 5 ZPO durch Addition des nach § 8 ZPO zu bestimmenden Werts der Beschwer der Verurteilung zur Herausgabe und des nach § 3 ZPO zu bemes-senden Werts der Beschwer für die Beseitigung ([X.], Beschluss vom 15. Juni 2005 -
XII [X.], [X.], 677). Durch die Klagehäufung nach § 260 ZPO werden zwei Klagen mit nach den Anträgen unterschiedlichen Streitge-genständen verbunden, die -
wenn ihnen stattgegeben wird
-
auch zu unter-schiedlich zu vollstreckenden Titeln (für die Räumung nach § 885 ZPO,
für die Beseitigung nach §
887 ZPO) führen. Der Wert der Beschwer der
[X.]n ist daher bei einer solchen Klageverbindung nicht geringer als in den Fällen, in denen die [X.] in zwei Prozessen zur Herausgabe und (sodann) zur Besei-tigung verurteilt worden ist.
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3. Die Rechtsbeschwerde hat danach Erfolg, weil der Wert der Beschwer der
[X.]n den in § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO bezeichneten Mindestwert von

a) Der gemäß § 8 ZPO nach dem auf die streitige [X.] (3,5 Jahre) und nach r
[X.]n durch [X.] mit der Erhebung der Anfang Mai 2009 zugestellten Räumungsklage (vgl. [X.], Beschluss vom 2. Juni 1999 -
XII ZR 99/99, NJW-RR 1999, 1385) und endet mit dem von der [X.]n vorgetragenen Ablauf der Pachtzeit (En-de Oktober 2012).
b) Hinzuzurechnen ist der gemäß § 3 ZPO zu bestimmende Wert der Beschwer der
[X.]n durch die Verurteilung zur Beseitigung des Zaunes, der sich nach den Kosten des Abrisses bestimmt ([X.], Urteil vom [X.] 1993 -
V [X.], [X.]Z 124, 313, 319), den der Senat entsprechend der Angabe der

aa) Das Berufungsgericht hat -
von seinem Standpunkt aus folgerichtig
-
diesen Wert nicht festgesetzt.
Die rechtsfehlerhaft unterlassene Wertfestset-zung ist im Rechtsbeschwerdeverfahren
nachzuholen (vgl. [X.], Beschluss vom 6. Oktober 2010 -
V [X.], [X.], 117 Rn. 13 ff.).
bb) Die [X.] hat allerdings nicht -
wie in § 511 Abs. 3 ZPO vor-geschrieben
-
glaubhaft gemacht, dass der Wert des [X.] 600

e Beseitigung des Zauns erforderlichen Kosten ein Gutachten eines Sachverständigen einzuho-len, genügt den Anforderungen an eine Glaubhaftmachung nicht, weil es dazu nach § 294 Abs. 2 ZPO präsenter Beweismittel bedarf, deren Beibringung der [X.] obliegt,
und die Einholung eines Sachverständigengutachtens von Amts 12
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wegen nicht in Betracht kommt (vgl. [X.], Urteil vom 20. Oktober 1997 -
II ZR 334/96, NJW-RR 1998, 573 und Beschluss vom 20. Februar 2008 -
IV ZB 14/07, NJW-RR 2008, 889, 890 Rn. 12).
[X.]) Ist der Wert des [X.] nicht gemäß § 511 Abs. 3 ZPO glaubhaft gemacht worden, ist er auf Grund eigener Lebenserfahrung und Sachkenntnis des Berufungsgerichts nach freiem Ermessen zu schätzen ([X.], Urteil vom 20. Oktober 1987 -
II ZB 334/96, NJW-RR 1998, 573), wobei hier -
infolge des Unterlassens der Schätzung durch das Berufungsgericht
-
die Schätzung des [X.] tritt. Vor diesem Hintergrund [X.] der Wert der Beschwer der
[X.]n durch die Verurteilung zum [X.] eines Zaunes zur Einfriedung eines 1,2 ha großen Grundstücks
mit 500

realistisch.
Krüger

Lemke

Czub

Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 19.05.2011 -
9 [X.]/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 23.11.2011 -
4 [X.] [X.] -

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Meta

LwZB 3/11

16.03.2012

Bundesgerichtshof Senat für Landwirtschaftssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.03.2012, Az. LwZB 3/11 (REWIS RS 2012, 8058)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8058

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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V ZB 72/11

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