Bundespatentgericht, Beschluss vom 23.05.2019, Az. 30 W (pat) 564/17

30. Senat | REWIS RS 2019, 6932

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2016 013 667.3

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 23. Mai 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker sowie [X.] Meiser und Dr. von Hartz

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke

2

[X.]

3

ist am 10. Mai 2016 zur Eintragung in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 10, 16, 35, 41, 42 und 44 angemeldet worden.

4

Die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für [X.] des [X.] hat durch Beschluss vom 4. April 2017 die Markenanmeldung nach § 37 Abs. 1, 5 [X.] teilweise zurückgewiesen, und zwar für die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen:

5

[X.]: wissenschaftliche, optische, Mess-, Kontrollapparate und -instrumente; Mess-, Erkennungs- und Überwachungsinstrumente, -vorrichtungen sowie -regler; optische Geräte und Ausrüstung, Verstärkungsgeräte und Korrektoren; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Daten, Ton und Bild; Navigations-, Orientierungs-, Standortverfolgungs-, Zielverfolgungs- und Kartierungsgeräte; Computersoftware; Endoskope und endoskopische Geräte, ausgenommen für medizinische Zwecke; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in dieser Klasse enthalten;

6

[X.]: chirurgische, ärztliche, zahn- und tierärztliche Instrumente und Apparate; Endoskope und endoskopische Geräte für medizinische und chirurgische Zwecke; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in dieser Klasse enthalten; Endoskopkameras für medizinische Zwecke;

7

Klasse 16: [X.]; Broschüren; Prospekte; Fotografien; Lehr- und Unterrichtsmittel [ausgenommen Apparate];

8

Klasse 35: Werbung, Marketing und Verkaufsförderung; alle vorgenannten Dienstleistungen im medizinischen, veterinären, endoskopischen und zahnärztlichen Bereich und im Krankenhausbereich;

9

[X.]: Aus-, Fort- und Weiterbildungen; Organisation und Durchführung von Veranstaltungen, [X.] und Symposien; Herausgabe von [X.]n, Texten, Büchern, Zeitschriften, auch in elektronischer Form und über das [X.], ausgenommen Werbetexte; Verfassen von Texten, ausgenommen Werbetexte; Online-Bereitstellen von elektronischen, nicht herunterladbaren Publikationen; Organisation und Veranstaltung von [X.]; Publikation von Druckerzeugnissen [auch in elektronischer Form], ausgenommen für Werbezwecke; Veranstaltung und Ausstellungen für Unterrichtszwecke; Veröffentlichung von Büchern; alle vorgenannten Dienstleistungen betreffend den medizintechnischen, medizinischen, chirurgischen, veterinärmedizinischen, zahnärztlichen, Endoskopie- und Klinikbereich;

[X.]: wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen sowie Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Entwurf und Entwicklung von Computersoftware; alle vorgenannten Dienstleistungen im medizinischen, veterinären, endoskopischen und zahnärztlichen Bereich und im Krankenhausbereich;

[X.]: medizinische Dienstleistungen; veterinärmedizinische Dienstleistungen; Gesundheitspflege für Menschen; Schönheitspflege für Menschen; Gesundheitspflege für Tiere; Schönheitspflege für Tiere; Dienstleistungen von Kliniken; Vermietung von chirurgischen, ärztlichen, zahn- und tierärztlichen Instrumenten und Apparaten, Endoskopen und endoskopischen Geräten.

Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, der Sinngehalt von „[X.]“ ergebe sich für die angesprochenen Verkehrskreise aus der Kombination der einzelnen Zeichenelemente. Demnach bezeichne „[X.]“ einen „Hohlraum in Geweben und Organen“, insbesondere die „[X.]“. Weiter bedeute der englischsprachige Begriff „Track“ „Spur, Fährte, Weg, Laufbahn, Strecke“, wobei „Tracker“ eine personifizierte Angabe darstelle. Folglich erschließe sich der Sinngehalt von „[X.]“ den angesprochenen Verkehrskreisen derart, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Aufspüren von Hohlräumen in Geweben und Organen, beispielsweise den [X.]n, angeboten und erbracht würden.

Hiervon ausgehend weise die angemeldete Marke „[X.]“ darauf hin, dass die zurückgewiesenen Waren der [X.] für das Finden einer Fährte bzw. eines Weges im Rahmen von endoskopischen Untersuchungen geeignet oder dafür bestimmt seien. Des Weiteren beschreibe „[X.]“ im Zusammenhang mit den zurückgewiesenen Waren der [X.], dass diese beispielsweise im Rahmen von medizinischen Behandlungen der ([X.] dazu bestimmt seien, das Ziel, d. h. den Ort, an dem die Behandlung durchgeführt werden soll, aufzuspüren. Weiterhin stelle „[X.]“ für die zurückgewiesenen Waren der Klasse 16 einen Hinweis auf deren thematische Ausrichtung dar. Ferner sei das Zeichen „[X.]“ in Bezug auf die zurückgewiesenen Dienstleistungen der [X.] dazu geeignet, als thematische Sachaussage aufgefasst zu werden. Schließlich beschreibe „[X.]“ bezüglich der Dienstleistungen der Klassen 42 und 44, dass diese beispielsweise in Form von endoskopischen Untersuchungen bzw. Behandlungen im Bereich der ([X.] erbracht würden, und zwar, um den Weg innerhalb der [X.] zu der konkreten behandlungsbedürftigen Stelle ausfindig zu machen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

In ihrer Beschwerdebegründung trägt sie vor, die beschwerdegegenständlichen Waren würden ausschließlich über den Fachvertrieb abgesetzt und auf Fachmessen präsentiert. Ferner handle es sich bei den in Rede stehenden Waren nicht um allgemeine Konsumprodukte. Daher sei das Anmeldezeichen nicht aus Sicht von [X.] zu beurteilen, sondern aus der Sicht medizinischer Fachkreise, die einen hohen Professionalisierungsgrad aufwiesen und beim Erwerb von Waren in ihrem spezifischen Bedarfsbereich naturgemäß höchste Aufmerksamkeit walten lassen würden.

Nach Darstellung der Anmelderin sind weder der Begriff „[X.]“ noch der Begriff „Tracker“ in der einschlägigen Fachliteratur nachweisbar. Daher stelle das Zeichen „[X.]“ eine „lexikalische Erfindung“ dar. Soweit die Markenstelle dem Begriff „[X.]“ die Bedeutung „Aufspüren von Hohlräumen in Geweben und Organen“ beimesse, beruhe dies auf einer unzutreffenden Übersetzung auf Grundlage des – nicht der einschlägigen Fachliteratur zuordenbaren – Online-Wörterbuchs „leo.org“. Denn es sei vorliegend gerade nicht auf den Durchschnittsverbraucher abzustellen, sondern auf medizinische Fachkreise und der Begriff „[X.]“ habe in der relevanten Fachsprache keinerlei Bedeutung.

Darüber hinaus könne das Zeichen „[X.]“ aufgrund der durch die fehlende Nachweisbarkeit in der relevanten Fachsprache erkennbaren Abweichung von der Ausdrucksweise, die im üblichen Sprachgebrauch der angesprochenen Verkehrskreise für die Bezeichnung der Waren oder Dienstleistungen oder ihrer wesentlichen Merkmale verwendet werde, nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

Schließlich bestehe zwischen der seitens der Markenstelle angenommenen Bedeutung von „Tracker“, nämlich „[X.]“, und hochentwickelten medizinischen Produkten und Dienstleistungen ein „weiter Weg“. Denn der seitens der Markenstelle angenommene Sinngehalt sei Ergebnis einer in mehreren Schritten gebildeten [X.]. Eine solche könne aber nicht herangezogen werden, um die fehlende Unterscheidungskraft zu begründen.

Die Anmelderin beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für [X.] des [X.]es vom 4. April 2017 aufzuheben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.

Der Senat hat der Anmelderin mit der [X.] Rechercheergebnisse übersandt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die statthafte Beschwerde ist zulässig. Sie hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenstelle hat zu Recht die Anmeldung in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1, 5 [X.]).

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. [X.] GRUR 2012, 610 Rn. 42 – [X.]; [X.], 808 Rn. 66 f. – [X.]; [X.], 932 Rn. 7 – #darferdas?; [X.], 934 Rn. 9 – [X.]). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. [X.] [X.], 233 Rn. 45 – Standbeutel; [X.], 229 Rn. 27 – [X.]; [X.] [X.], 710 Rn. 12 – [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.], 1143 Rn. 7 – [X.]; GRUR 2012, 1044 Rn. 9 – Neuschwanstein).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] bzw. -abnehmers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. [X.] [X.], 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.] 2014, 376 Rn. 11 – grill meister).

Wortmarken besitzen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] GRUR 2004, 674 Rn. 86 – Postkantoor; [X.], 1143 Rn. 9 – [X.]; GRUR 2012, 270 Rn. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. [X.] [X.], 850 Rn. 19 – [X.]; GRUR 2003, 1050, 1051 – [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.] 2010, 1100 Rn. 23 – [X.]!; [X.], 850 Rn. 28 f. – [X.]).

Ebenso ist vorliegend zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes – zusammengesetztes – Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] GRUR 2004, 428 Rn. 53 – [X.]; [X.], a.a.[X.], Rn. 10 – [X.]). Eine analysierende Betrachtungsweise ist unzulässig, weil sich aus ihr keine in den Vordergrund drängende, für den Durchschnittsverbraucher ohne weiteres ersichtliche Beschreibung von Waren oder Dienstleistungen ergibt ([X.] 2014, 565 Rn. 24 – smartbook). Allerdings schließt der Grundsatz der Gesamtbetrachtung es nicht aus, dass die einzelnen Markenbestandteile zunächst getrennt geprüft werden ([X.] GRUR 2010, 534 Rn. 42 – [X.]; [X.]/Hacker/ Thiering, [X.], 12. Aufl., § 8 Rn. 201).

Unter Anwendung dieser Grundsätze fehlt dem Anmeldezeichen „[X.]“ die notwendige Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

a) Das Anmeldezeichen besteht – schon aufgrund der Binnengroßschreibung gut erkennbar – aus den beiden Zeichenelementen „[X.]“ und „Tracker“.

als solcher auch in der Bedeutung Knochenhöhle, Nasennebenhöhle bekannt (vgl. Nöhring (Hrsg.), 2010, [X.], Fachwörterbuch Medizin, [X.], 5. Aufl., Stichwort: [X.]).

bb) Der Begriff „Tracker“ ist ein Wort der [X.] bestehend aus dem Wortstamm des Substantivs „track“ im Sinne von „Weg, Pfad, Piste, Spur“ bzw. des Verbs „to track“ im Sinne von „(jemanden/etwas/eine Spur) verfolgen, aufspüren, etwas nachvollziehen, eine Fährte lesen“ [X.] Großwörterbuch, [X.], [X.], Neubearbeitung 2005, Stichwort „track“).

Die gebräuchliche Substantivierungsendung „-er“ ist aus vielen anderen in die [X.] eingegangenen Wörtern bekannt, z. B. Manager, Aufputscher, [X.], Sniffer, Etikettenkönner (vgl. [X.], 30 W (pat) 524/17 – Sniffer; 29 W (pat) 541/15 – DER [X.]). Die Endung kennzeichnet in Verbindung mit Verben (Verbstämmen) eine Person, die etwas berufs-, gewohnheitsmäßig oder nur im Augenblick tut oder kennzeichnet ein Gerät, eine Maschine, die etwas macht oder tut (vgl. www.duden.de, Stichwort: -er). Der angesprochene Verkehr versteht das Wortelement „Tracker“ daher im Sinne von „Verfolger, Aufspürer, Fährtenfinder, Fährtenleser, [X.]“ oder aber im Sinne eines Geräts, mit dem eine Spur/Weg verfolgt, nachvollzogen oder etwas nicht Sichtbares visuell dargestellt wird.

In vorstehendem Sinne wird der Begriff „Tracker“ entgegen der Darstellung der Anmelderin seit langem verwendet. Im Bereich der Informatik wird in Bezug auf die [X.] für [X.] im Jahr 2002 ausgeführt: „

Abbildung

als optisches Trackingsystem mit Kamera und optischen Trackern bezeichnet. Ferner wird der Begriff „Tracker“ im Bereich der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie verwendet (vgl. Forschungsbereich Medizintechnik, [X.], 2011). Schließlich wird im Bereich der HNO-Heilkunde ([X.], [X.] HNO-Heilkunde, [X.] 2009, [X.]) der Begriff „Tracker“ verwendet, um unter der Rubrik „Computer- und Navigationstechniken“ eine Form der Navigation zu beschreiben.

cc) Die Bedeutung des Gesamtzeichens „[X.]“ ist nicht mehr als die Summe seiner Einzelbestandteile. Der vorrangig angesprochene (medizinische) Fachverkehr versteht das Anmeldezeichen dahin, dass jemand eine Körperhöhle mit einem Apparat aufspüren, darstellen und (bildlich) wiedergeben kann, oder im Sinne eines Apparates, der es ermöglicht, im Rahmen eines Bildgebungsverfahrens visuell nicht zugängliche Körperhöhlen oder Ausbuchtungen darzustellen. Die Voranstellung des Wortes „[X.]“ konkretisiert in sachlicher Hinsicht den [X.], nämlich den Ort, an dem jemand oder ein Apparat etwas ausführt.

Von dieser Gesamtbedeutung des [X.] „[X.]“ ist deshalb auszugehen, weil im Bereich der Medizin der Einsatz von Trackingverfahren zur Navigation von Geräten bereits länger bekannt war. Hintergrund ist, dass immer mehr Anwendungen in der Medizintechnik präzise Informationen über die Positionierung von Objekten im dreidimensionalen Raum benötigen (vgl. Schäfer, Optisches Tracking-System zur 3D-Lageerkennung von Objekten, 22. März 2016, www.devicemed.de). Bereits [X.] waren verschiedene [X.] bekannt, wie z. B. mechanische, elektromagnetische, akustische, optische Trackingverfahren (vgl. Kleemann u. a., [X.], Heft 4 (2006)). [X.] wurde beschrieben, welche Nachteile optische Navigationsgeräte in der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie haben. Zwar hätten optische Navigationsgeräte in der bildgestützten Chirurgie einen festen Stellenwert in der klinischen Routine, allerdings stelle u. a. ein fest verankerter [X.] eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit des Chirurgen dar. Dies könne durch ein elektromagnetisches Navigationssystem umgangen werden (vgl. Universitätsklinik [X.], Medizintechnik, 7. Januar 2011). Darüber hinaus gehört zum Fachwissen eines Hals-Nasen-Ohrenarztes (HNO) auch die Kenntnis über Computer- und Navigationstechniken, die vor allem in der [X.]n- und Schädelbasischirurgie zum Einsatz kommen. Im Rahmen einer bildgestützten Navigation ist es u. a. erforderlich, den Tracker am Patienten und am Instrument zu befestigen und die Navigationskamera auf den Patienten auszurichten (vgl. [X.], [X.] HNO-Heilkunde, [X.] 2009, [X.] f.).

Die hiergegen gerichteten Einwendungen der Anmelderin bleiben ohne Erfolg.

Der Umstand der tatsächlichen Vertriebsart ist für die Erfassung der Bedeutung des [X.] ohne Belang, da der Kreis des angesprochenen Verkehrs nach den objektiven Merkmalen der beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu bestimmen ist und nicht nach den individuellen Vermarktungsstrategien und Werbekonzeptionen der Anmelderin, die jederzeit geändert werden können (vgl. [X.] 2009, 411 Rn. 12 – [X.]; [X.], 29 W (pat) 546/16 – Piroda).

Entgegen der Ansicht der Anmelderin vermag auch eine fehlende lexikalische Nachweisbarkeit des [X.] für sich gesehen noch nicht dessen Unterscheidungskraft zu begründen (vgl. [X.] 2001, 1151, 1152 – marktfrisch). Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr daran gewöhnt ist, mit neuen Wortbildungsstrukturen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen in einprägsamer Form übermittelt werden sollen ([X.], 272 Rn. 13 – [X.]). Vor dem Hintergrund, dass im Bereich der Medizin der Einsatz von Trackingverfahren zur Navigation von Geräten und der Begriff „Tracker“ seit langem bekannt waren, weist das Anmeldezeichen keine Besonderheiten semantischer und syntaktischer Art auf. Der Umstand, dass die Begriffe „[X.]“ und „Tracker“ zusammengeschrieben sind, ist in der Werbesprache nicht unüblich und daher für sich gesehen nicht schutzbegründend (vgl. [X.], 29 W (pat) 34/15 – bikehit; 33 W (pat) 511/13 – [X.]). Die vorliegend damit einhergehende Binnengroßschreibung stellt ebenfalls ein gewöhnliches, weit verbreitetes Gestaltungsmittel dar und reicht nicht aus, um ein Minimum an Unterscheidungskraft begründen zu können; vielmehr erleichtert sie das beschreibende Begriffsverständnis (vgl. [X.], 30 W (pat) 34/18 – [X.]; 30 W (pat) 504/17 – [X.]). Zudem reiht sich das Anmeldezeichen in bekannte – sachbeschreibende – Begriffskombinationen ein, wie die gängigen Begriffskombinationen im Gesundheits-/Medizinbereich, bei denen der Begriff „Tracker“ nachgestellt ist, verdeutlichen: Fitness-Tracker, [X.], [X.], Eyetracker.

Auch wenn es sich bei dem Anmeldezeichen um keine branchenübliche Bezeichnung handelt, erkennt und erfasst der angesprochene Verkehr den rein sachlichen Bezug zwischen dem angemeldeten Zeichen und den beanspruchten Waren und Dienstleistungen ohne Schwierigkeiten. Bei dem Anmeldezeichen handelt es sich um die Kombination einfach verständlicher Substantive, die inhaltlich aufeinander bezogen sind, und somit insbesondere für den Fachverkehr um einen knapp und einprägsam formulierten Sachhinweis auf den Inhalt oder den [X.] eines Geräts.

b) Ein Hinweis auf die individuelle betriebliche Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen kann deshalb dem Anmeldezeichen nicht entnommen werden. Im Einzelnen:

aa) Mit dem dargelegten Sinngehalt erkennt der angesprochene Verkehr in dem Anmeldezeichen hinsichtlich der zurückgewiesenen Waren der [X.] einen Sachhinweis darauf, dass diese Waren für die Darstellung von Körperhöhlen oder eines Weges im Rahmen von endoskopischen Untersuchungen geeignet oder dafür bestimmt sein können.

Dies ist unmittelbar ersichtlich bei „

Im Hinblick auf die beanspruchten Waren

Aber auch nicht für medizinische Zwecke bestimmte „Endoskope und endoskopische Geräte“ können durch „[X.]“ beschrieben werden; man denke etwa an Endoskopie zur archäologischen Untersuchung von Hohlräumen oder auch Mumien.

Unter „

Schließlich können auch Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren („

bb) In Bezug auf die zurückgewiesenen Waren der [X.] beschreibt das Anmeldezeichen, dass diese beispielsweise im Rahmen von medizinischen Behandlungen der ([X.] dazu bestimmt sind, das Ziel, d. h. den Ort, an dem die Behandlung durchgeführt werden soll, bildlich darzustellen oder dem Anwender den genauen Standort des Untersuchungsgeräts mitteilt („

Dies gilt auch für die beanspruchten Waren „

Auch Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in dieser Klasse enthalten, können dazu bestimmt sein, den Ort der geplanten Behandlung aufzuspüren. Schließlich gilt dies insbesondere auch für die beanspruchte Ware „

cc) Zu Recht hat die Markenstelle das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft auch in Bezug auf die Waren der Klasse 16 (

Die insoweit beanspruchten Waren können einen bezeichnungsfähigen gedanklichen Inhalt aufweisen. Insoweit ist die markenrechtliche Unterscheidungskraft auch dann zu verneinen, wenn die betreffende Bezeichnung nach der Art eines Sachtitels geeignet ist, diesen (möglichen) gedanklichen Inhalt der Waren zu beschreiben ([X.] 2000, 882 – Bücher für eine bessere Welt; [X.], 30 W (pat) 535/16 – [X.]). Vorliegend eignet sich das Anmeldezeichen dazu, den Inhalt der Waren nach Art eines Sachtitels zu bezeichnen. Der angesprochene Verkehr wird erwarten, dass ihm entsprechende [X.] Informationen über Tracking-Apparate, [X.] oder aber [X.] vermitteln (vgl. nur „

dd) Dem Anmeldzeichen steht für die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 35 („

Die Anmelderin beansprucht die vorstehenden Dienstleistungen ausschließlich in einem medizinischen Kontext. Aufgrund des vorliegend beschränkten Themenbereichs liegt es daher nahe, dass der angesprochene Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als Branchenhinweis für die beanspruchten Dienstleistungen versteht.

ee) Das Anmeldzeichen ist auch in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen der [X.] nicht schutzfähig.

Bezüglich der beanspruchten Dienstleistungen „

In Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen „

ff) In Hinblick auf die zurückgewiesenen Dienstleistungen der [X.] („

gg) In Bezug auf die zurückgewiesenen Dienstleistungen der [X.] vermag das Anmeldezeichen „[X.]“ ebenfalls den Umstand zu beschreiben, dass diese bei endoskopischen Untersuchungen bzw. bei Behandlungen im Bereich der ([X.] erbracht werden.

c) Die Anmelderin kann sich zur Ausräumung des [X.] auch nicht auf eine ihrer Meinung nach abweichende Eintragungspraxis berufen. Nach übereinstimmender höchstrichterlicher Rechtsprechung lässt sich aus Voreintragungen ähnlicher oder übereinstimmender Marken unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 GG) grundsätzlich kein Eintragungsanspruch für spätere Markenanmeldungen herleiten, da es sich bei der Entscheidung über die Eintragbarkeit einer Marke nicht um eine Ermessens-, sondern um eine gebundene Entscheidung handelt, die jeweils einer auf den Einzelfall bezogenen Prüfung unterliegt (vgl. [X.] GRUR 2009, 667 Rn. 18 – Bild.t.-Online.de; [X.], 276 Rn. 18 – Institut der Norddeutschen Wirtschaft e. V).

2. Da es der angemeldeten Bezeichnung nach alledem hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen Waren an jeglicher Unterscheidungskraft mangelt, kommt es auf die Frage, ob das Anmeldezeichen im Interesse von Mitbewerbern zusätzlich einem Freihaltebedürfnis im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] unterliegt, nicht mehr an.

Meta

30 W (pat) 564/17

23.05.2019

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 23.05.2019, Az. 30 W (pat) 564/17 (REWIS RS 2019, 6932)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 6932

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