Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.12.2017, Az. XII ZB 107/17

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 1185

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:061217BXIIZB107.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.]/17

vom

6. Dezember 2017

in der
Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG § 117 Abs. 1 Satz 4; ZPO § 522 Abs. 1 Satz 2, § 237; GG Art. 103 Abs.
1
a)
Vor der Verwerfung einer Beschwerde in einer Ehe-
und Familienstreitsache wegen Versäumung der [X.] ist dem Beschwerde-führer rechtliches Gehör zu gewähren.
b)
Über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die [X.] der [X.] hat grundsätzlich das Beschwer-degericht zu entscheiden. Das gilt auch dann, wenn die Beschwerde bereits als unzulässig verworfen worden ist.
[X.], Beschluss vom 6. Dezember 2017 -
XII [X.]/17 -
Kammergericht [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 6.
Dezember 2017
durch den Vorsitzenden Richter
Dose,
[X.]
Dr.
[X.], Dr.
Günter
und Dr.
Nedden-Boeger
und die Richterin Dr.
Krüger
beschlossen:
Auf die
Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der
Beschluss des 13.
Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 27.
Januar 2017 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.
[X.]: 18.258

Gründe:
I.
Der
Antragsteller
wendet sich gegen die Verwerfung seiner
Beschwerde.
Das Amtsgericht hat mit
einem dem Antragsteller am 11.
Oktober 2016 zugestellten Beschluss
die Ehe der Beteiligten geschieden, eine Entscheidung über den Versorgungsausgleich getroffen und den Antragsteller zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt verpflichtet. Gegen diesen Beschluss hat der
An-tragsteller
am 11.
November 2016 Beschwerde eingelegt. Nach Ablauf der Be-schwerdebegründungsfrist hat das Beschwerdegericht die Beschwerde mit [X.]
vom 27.
Januar 2017
verworfen. Mit einem am 16.
Februar 2017
beim Beschwerdegericht eingegangenen Schriftsatz seiner
Verfahrensbevollmächtig-1
2
-
3
-
ten
hat der Antragsteller Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die [X.] der [X.] beantragt und seine
Beschwerde
begründet.
Über diesen Wiedereinsetzungsantrag hat das Beschwerdegericht bisher
nicht entschieden.
Gegen den ihm am 2.
Februar 2017 zugestellten Verwerfungsbeschluss richtet sich die Rechtsbeschwerde des
Antragstellers.

II.
1. [X.] ist gemäß §
117 Abs.
1 Satz
4 FamFG iVm §
522 Abs.
1 Satz
4 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§
574 Abs.
2 ZPO). Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Ent-scheidung des [X.]. Das Beschwerdegericht hat durch seine Entscheidung das Verfahrensgrundrecht des Antragstellers auf Gewäh-rung rechtlichen Gehörs (Art.
103 Abs.
1 GG) verletzt, welches es gebietet, den Beteiligten eines Verfahrens Gelegenheit zu geben, sich zu dem einer gerichtli-chen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt zu äußern (vgl. Senatsbe-schluss vom 15.
August 2007

XII
ZB
101/07

FamRZ 2007, 1725
Rn.
3
ff.).
Der Zulässigkeit steht auch nicht entgegen, dass noch eine Entschei-dung des
[X.] über den Antrag des Antragstellers auf Wieder-einsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdebe-gründungsfrist aussteht. Zwar würde dem die Beschwerde verwerfenden [X.] im Falle der Bewilligung der Wiedereinsetzung die Grundlage entzogen, so dass dieser gegenstandslos würde. Solange jedoch über die [X.] noch nicht entschieden ist, kann der Beschluss, mit dem die Beschwerde verworfen worden ist, auch isoliert im Wege der Rechtsbeschwerde aufgehoben 3
4
5
-
4
-
werden (vgl. Senatsbeschluss vom 15.
August 2007

XII
ZB
101/07

FamRZ 2007, 1725
Rn.
4).
2. [X.] ist auch begründet. Das Beschwerdegericht
hat den Antragsteller vor seiner Entscheidung nicht auf den Ablauf der Be-schwerdebegründungsfrist und
die Absicht des Gerichts, die Beschwerde zu verwerfen, hingewiesen und damit das Verfahrensrecht des Antragstellers auf rechtliches Gehör (Art.
103 Abs.
1 GG) verletzt.
a) Zwar sieht §
522 Abs.
1 ZPO (iVm §
113 Abs.
1 Satz
2 FamFG) im Gegensatz zu §
522
Abs.
2 Satz
2 ZPO für den Fall einer Verwerfung eines [X.] Rechtsmittels eine Anhörung der Verfahrensbeteiligten
nicht aus-drücklich vor. Die Pflicht zur Anhörung des [X.] folgt indessen unmittelbar aus Art.
103 Abs.
1 GG (Senatsbeschlüsse vom 14.
Dezember 2011

XII
ZB
233/11

FamRZ 2012, 360 Rn.
10;
vom 24.
Februar 2010

XII
ZB
168/08

FamRZ 2010, 882 Rn.
7 und vom 15.
August 2007

XII
ZB
101/07

FamRZ 2007, 1725
Rn.
8). Art.
103 Abs.
1 GG gibt dem [X.] eines gerichtlichen Verfahrens somit ein Recht darauf, dass er Gelegenheit erhält, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt zu äußern.
b) Das Beschwerdegericht hat dem Antragsteller vor seiner Entschei-dung den erforderlichen Hinweis nicht erteilt. Zwar befindet sich in der [X.] eine Verfügung der Berichterstatterin vom 20.
Dezember 2016, mit der der Antragsteller auf den Ablauf der [X.] und die [X.], die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen, hingewiesen werden sollte. Diese Verfügung ist ausweislich der Verfahrensakte auch noch an diesem Tag von der Geschäftsstelle ausgefertigt worden. Die [X.] rügt jedoch zu Recht, dass sich aus der Verfahrensakte nicht ent-6
7
8
-
5
-
nehmen lässt, ob dieser Hinweis dem Antragsteller oder seinen Verfahrensbe-vollmächtigten auch zugegangen ist. Aus den Ausführungen im [X.]santrag des Antragstellers lässt sich vielmehr entnehmen, dass dies nicht der Fall war und die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers erst mit der Zustellung des nunmehr angegriffenen Beschlusses vom Ablauf der Beschwer-debegründungsfrist erfahren haben.
Da nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Beschluss des [X.] nicht auf diesem

ausdrücklich gerügten

Verfahrensfehler des [X.] beruht oder sich die angegriffene Entscheidung aus anderen Gründen als richtig erweist (§
113 Abs.
1 Satz
2 FamFG iVm §
577 Abs.
3 ZPO),
ist die Rechtsbeschwerde begründet.
3. Die Rechtsbescherde
führt zur Aufhebung des angefochtenen [X.]es und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht, das zunächst über das Wiedereinsetzungsgesuch zu befinden haben wird. Eine eigene Entscheidung des Senats über den Wiedereinsetzungsantrag des [X.] kommt nicht in Betracht.
Gemäß §
113 Abs.
1 Satz
2 FamFG iVm §
237 ZPO entscheidet über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand das Gericht, dem die Entscheidung über die nachgeholte [X.] zusteht. Bei Versäumung der [X.] ist dies das Beschwerdegericht. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn über den Wiedereinsetzungsantrag nach Been-digung der betreffenden Instanz zu entscheiden ist (vgl. [X.] Urteil vom 20.
Mai 2014

VI
ZR
384/13

NJW-RR 2014, 1532 Rn.
12 und Beschluss vom 26.
Feb-ruar 2013

VI
ZR
374/12

NJW-RR 2013, 702 Rn.
2
mwN).
Aus Gründen der Verfahrenswirtschaftlichkeit ist das Rechtsbeschwer-degericht nur dann ausnahmsweise befugt, über den für die Beschwerdeinstanz 9
10
11
12
-
6
-
gestellten Wiedereinsetzungsantrag zu entscheiden, wenn nach dem [X.] Wiedereinsetzung ohne weiteres zu gewähren ist (vgl. [X.] Urteil vom 20.
Mai 2014

VI
ZR
384/13

NJW-RR 2014, 1532 Rn.
12 und
Beschlüsse vom 26.
Januar 2016

II
ZR
57/15

juris Rn.
4 und
vom 26.
Februar 2013

VI
ZR
374/12

NJW-RR 2013, 702 Rn.
2). Gleiches gilt, wenn die Vorinstanz verfahrensfehlerhaft eine Entscheidung über den bei ihm gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung unterlassen (vgl. Senatsbeschluss vom 29.
September 1993

XII
ZB
49/93

FamRZ
1994, 438) oder das Rechtsmittel verworfen und zu-gleich
den Wiedereinsetzungsantrag abgelehnt hat ([X.] Beschluss
vom

-
7
-

12.
Dezember 2000

X
ZB
17/00

juris). Schließlich kann das Rechtsmittelge-richt dann
selbst über ein Wiedereinsetzungsgesuch
entscheiden, wenn die Entscheidung über das Rechtsmittel materiell-rechtlich zum selben Ergebnis wie eine Versagung der Wiedereinsetzung führt, weil dann
die [X.] zugunsten der [X.] unterstellt werden kann ([X.] Urteil vom 20.
Mai 2014

VI
ZR
384/13

NJW-RR 2014, 1532 Rn.
13 mwN). Die Voraussetzungen
für eine dieser Ausnahmen sind vorliegend aber nicht gege-ben.

Dose

[X.]

Günter

Nedden-Boeger

Krüger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 04.10.2016 -
139 F 19803/14 -

Kammergericht [X.], Entscheidung vom 27.01.2017 -
13 UF 156/16 -

Meta

XII ZB 107/17

06.12.2017

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.12.2017, Az. XII ZB 107/17 (REWIS RS 2017, 1185)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 1185

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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