Bundessozialgericht, Beschluss vom 23.12.2010, Az. B 7 AL 36/10 BH

7. Senat | REWIS RS 2010, 32

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Gegenstand

sozialgerichtliches Verfahren - Anhörungsrüge - Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe - Fristwahrung


Tenor

Der Antrag des [X.], ihm zur Durchführung des Verfahrens der Anhörungsrüge gegen den Senatsbeschluss vom 27. Oktober 2010 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Der Antrag des [X.] auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Anhörungsrüge wird als unzulässig abgelehnt.

Gründe

1

I. Der Senat hat mit Beschluss vom 27.10.2010 die Beschwerde des [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom [X.] als unzulässig verworfen. Der Beschluss wurde dem früheren Prozessbevollmächtigten des [X.] am 15.11.2010 zugestellt. Am [X.] teilte der Kläger mit, dass er das Mandat seines bisher beigeordneten Rechtsanwalts kündige und die "Neubeiordnung" eines Rechtsanwalts und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantrage. Der bisher beigeordnete Prozessbevollmächtigte habe ausdrücklich auf die Einlegungsmöglichkeit der Anhörungsrüge hingewiesen und einen separaten Auftrag dafür haben wollen, den er fristgerecht erhalten habe. Mit Schreiben vom [X.] habe er dann aber mitgeteilt, dass er mangels offensichtlicher Aussichtslosigkeit die Anhörungsrüge nicht erhoben habe.

2

II. Der Senat hat den Antrag auf "Neubeiordnung eines Rechtsanwalts" als Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ([X.]) für die Durchführung des Anhörungsrügeverfahrens ausgelegt, weil nur dieser Antrag sachgerecht ist; es gibt nämlich keine Veranlassung, für das durch Beschluss vom 27.10.2010 abgeschlossene Beschwerdeverfahren einen anderen Prozessbevollmächtigten beizuordnen.

3

Der Antrag auf Bewilligung von [X.] ist jedoch abzulehnen. Voraussetzung der [X.] und der damit verbundenen Beiordnung eines Rechtsanwalts ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ([X.]) im Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gegen ein Urteil eines Landessozialgerichts, dass sowohl der (grundsätzlich formlose) Antrag auf Bewilligung von [X.] als auch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Erklärung) in der für diese gesetzlich vorgeschriebenen Form (§ 73a Abs 1 Sozialgerichtsgesetz , § 117 Abs 2 und 4 Zivilprozessordnung ) bis zum Ablauf der Beschwerdefrist eingereicht werden ([X.] 1750 § 117 [X.] und 3; [X.], 884; [X.] 1989, 802; [X.] SozR 1750 § 117 [X.] und 6). Nichts anderes kann für den Antrag auf Bewilligung von [X.] für die Durchführung eines Anhörungsrügeverfahrens gelten.

4

Der Kläger hat den Antrag auf Bewilligung von [X.] nicht innerhalb der Frist zur Einlegung der Anhörungsrüge gestellt. Nach § 178a Abs 2 Satz 1 SGG ist die Rüge innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben. Dabei markiert die Zustellung oder sonstige Bekanntgabe der angegriffenen gerichtlichen Entscheidung den frühestmöglichen Zeitpunkt der Kenntniserlangung. Denn erst die Kenntnis der Entscheidung ermöglicht die Kenntnis der den Gehörverstoß begründenden Tatsachen (vgl [X.] 4-1500 § 178a [X.]; [X.], Beschluss vom 4.4.2007, 1 [X.], NJW 2007, 2242). Auch wenn somit der Zeitpunkt der Zustellung des Beschlusses des [X.] an den Prozessbevollmächtigten des [X.] am 15.11.2010 nicht automatisch mit dessen subjektiver Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs gleichzusetzen ist, muss hier davon ausgegangen werden, dass der Kläger bzw sein Prozessbevollmächtigter, dessen Kenntnis er sich zurechnen lassen muss (vgl [X.] 4-1500 § 178a [X.] mwN), bereits mit der Zustellung des Beschlusses gegen [X.] am 15.11.2010 Kenntnis von der (angeblichen) Gehörverletzung erlangt hat. Dies gilt umso mehr, als der Prozessbevollmächtigte des [X.] selbst mit Schreiben vom 17.11.2010 dem Kläger den Beschluss des [X.] mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt und hier darauf hingewiesen hat, dass die Frist zur Einlegung der Anhörungsrüge am [X.] ablaufe (vgl auch [X.], Beschluss vom [X.] - [X.] [X.] 4/10 C).

5

Im Übrigen hätte die beabsichtigte Rechtsverfolgung auch bei einem rechtzeitigen [X.] keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO). Nach § 178a Abs 1 SGG ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist ([X.]) und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat ([X.]). Anhaltspunkte für eine solche Verletzung des rechtlichen Gehörs sind indes nicht erkennbar.

6

Mit Ablehnung der begehrten [X.] entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der [X.] (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).

7

Der Antrag des [X.] auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Anhörungsrüge ist nicht statthaft. Der Antrag entspricht nicht den zwingenden gesetzlichen Vorschriften. Der Kläger muss sich - außer im [X.]-Verfahren - vor dem [X.] gemäß § 73 Abs 4 SGG durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Er kann eine Prozesshandlung rechtswirksam nicht vornehmen, folglich auch nicht selbst einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung einer Anhörungsrüge einlegen ([X.], Beschluss vom [X.] - [X.] [X.] 2/09 C; BVerwG [X.] 310, § 152a VwGO [X.] 3), es sei denn, sie richtet sich gegen einen die [X.] ablehnenden Beschluss ([X.], Beschluss vom 7.11.2006 - B 7b [X.]/06 C). Im Übrigen müsste sich der Kläger ein etwaiges Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen (§ 202 SGG iVm § 85 Abs 2 ZPO).

Meta

B 7 AL 36/10 BH

23.12.2010

Bundessozialgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Berlin, 27. September 2006, Az: S 35 AL 6424/04

§ 62 SGG, § 73a Abs 1 SGG, § 178a Abs 1 S 1 Nr 2 SGG, § 117 Abs 1 S 1 ZPO, § 117 Abs 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 23.12.2010, Az. B 7 AL 36/10 BH (REWIS RS 2010, 32)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 32

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