Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.07.2004, Az. III ZR 355/03

III. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2172

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] 355/03
Verkündet am: 22. Juli 2004 [X.] als Urkundsbeamter der Ges[X.]häftsstelle in dem Re[X.]htsstreit

Na[X.]hs[X.]hlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

[X.] § 22 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2

Zur Pfli[X.]ht des Krankenhauses, den Patienten vor Abs[X.]hluß einer Wahllei-stungsvereinbarung über die Entgelte und den Inhalt der wahlärztli[X.]hen Lei-stungen zu unterri[X.]hten (Fortführung der [X.]surteile vom 27. November 2003 - [X.], für [X.] 157, 87 vorgesehen = NJW 2004, 684 und vom 8. Januar 2004 - [X.] = NJW 2004, 686).

[X.], Urteil vom 22. Juli 2004 - [X.] 355/03 - [X.] Neukölln - 2 -

[X.] hat auf die mündli[X.]he Verhandlung vom 22. Juli 2004 dur[X.]h [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.]

für Re[X.]ht erkannt:
Die Revision der Streithelferin des Klägers gegen das Urteil der Zivilkammer 6 des [X.] ([X.]) vom 30. Oktober 2003 wird zurü[X.]kgewiesen.

Die Streithelferin hat die Kosten des Revisionsre[X.]htszuges zu tra-gen.
Von Re[X.]hts wegen

Tatbestand

Der Kläger ist Chefarzt der Hals-, Nasen- und Ohren-Abteilung einer Klinik in [X.], deren Träger die Streithelferin ist. Der Beklagte befand si[X.]h dort wegen einer Trommelfellperforation vom 18. Juli bis zum 2. August 2002 in stationärer Behandlung und wurde vom Kläger zweimal operiert. In der vom Beklagten und vom aufnehmenden Krankenhausmitarbeiter unterzei[X.]hneten s[X.]hriftli[X.]hen Wahlleistungsvereinbarung vom 18. Juli 2002 ist außer dem Käst-[X.]hen "Unterbringung in einem 1-Bett-Zimmer" das weitere Käst[X.]hen "[X.] 3 -

dert bere[X.]henbare ärztli[X.]he Leistungen (Wahlarztleistungen)" angekreuzt. Im weiteren Text des S[X.]hriftstü[X.]ks heißt es, soweit hier von Interesse, wie folgt: "Die Wahlleistungen werden gesondert bere[X.]hnet.

Die Vereinbarung über gesondert bere[X.]henbare Leistungen (Wahlarztleistungen) erstre[X.]kt si[X.]h auf alle an der Behandlung des Patienten beteiligten Ärzte des Krankenhauses, soweit diese zur gesonderten Bere[X.]hnung ihrer Leistungen bere[X.]htigt sind, eins[X.]hließli[X.]h der von diesen Ärzten veranlaßten Leistungen von Ärzten und ärztli[X.]h geleiteten Einri[X.]htungen außerhalb des [X.].

Die gesondert bere[X.]henbaren ärztli[X.]hen Leistungen werden von den in der Anlage zum [X.] aufgeführten [X.] Ärzten persönli[X.]h oder unter der Aufsi[X.]ht des lei-tenden Arztes na[X.]h fa[X.]hli[X.]her Leistung von einem na[X.]hgeordne-ten Arzt in der Abteilung erbra[X.]ht; im Verhinderungsfalle über-nimmt die Aufgaben des leitenden Arztes sein ständiger Vertreter.
Die Bere[X.]hnung der wahlärztli[X.]hen Leistungen erfolgt na[X.]h der [X.]/Zahnärzte ([X.]/GOZ) in der jeweils gültigen Fassung. Die liquidationsbere[X.]htigten Ärzte können zum Zwe[X.]ke der Re[X.]hnungserstellung und -bearbeitung eine privat-ärztli[X.]he Verre[X.]hnungsstelle beauftragen oder die Abre[X.]hnung dem Krankenhaus überlassen.

Erhöht oder vermindert si[X.]h während des Behandlungszeitraums der [X.] und hat dies Auswirkungen auf die verein-barten Wahlleistungsentgelte, so gelten die si[X.]h daraus ergeben-den Entgelte von dem Zeitpunkt an als vereinbart, in dem sie in [X.] treten (§ 21 [X.]) –"

Die auf Zahlung von 1.369,33 • geri[X.]htete [X.] des Klägers ist von den Vorinstanzen mit der Begründung abgewiesen worden, die Wahllei-stungsvereinbarung sei ni[X.]ht [X.] zustande gekommen. Hiergegen - 4 -

ri[X.]htet si[X.]h die vom Berufungsgeri[X.]ht zugelassene Revision des Krankenhaus-trägers, dem der Kläger den Streit verkündet hat und der ihm beigetreten ist. Ents[X.]heidungsgründe

Die Revision ist ni[X.]ht begründet.

1. Na[X.]h § 22 Abs. 2 Satz 1 der - vorliegend anwendbaren - Bundespflege-satzverordnung ([X.]) vom 26. September 1994 ([X.] I S. 2750) sind Wahl-leistungen vor der Erbringung s[X.]hriftli[X.]h zu vereinbaren; der Patient ist vor [X.] der Vereinbarung über die Entgelte der Wahlleistungen und deren In-halt im einzelnen zu unterri[X.]hten. Na[X.]h der Re[X.]htspre[X.]hung des [X.]s, von der abzugehen kein Anlaß besteht, ist eine Wahlleistungsvereinbarung, die ohne hinrei[X.]hende vorherige Unterri[X.]htung des Patienten abges[X.]hlossen [X.] ist, unwirksam (vgl. zuletzt [X.]surteile vom 27. November 2003 - [X.], für [X.] 157, 87 vorgesehen = NJW 2004, 684, und vom 8. Januar 2004 - [X.] = NJW 2004, 686, jeweils m.w.[X.]). Beide Vorinstanzen haben zu Re[X.]ht angenommen, daß diese Wirksamkeitsvoraussetzung der Kla-geforderung vorliegend ni[X.]ht erfüllt ist.

2. Der [X.] hat inzwis[X.]hen - na[X.]h Erlaß des hier in Rede stehenden [X.] - die Anforderungen präzisiert, die an eine ausrei[X.]hende Unter-ri[X.]htung zu stellen sind (Urteile vom 27. November 2003 und vom 8. Januar 2004 jeweils aaO; s. dazu au[X.]h die Bespre[X.]hung von [X.], [X.], 59). Dana[X.]h rei[X.]ht es einerseits ni[X.]ht aus, wenn der Patient ledigli[X.]h darauf [X.] wird, daß die Abre[X.]hnung des selbstliquidierenden Chefarztes na[X.]h der [X.] erfolge; andererseits ist es ni[X.]ht erforderli[X.]h, daß - 5 -

dem Patienten unter Hinweis auf die mutmaßli[X.]h in Ansatz zu bringenden Nummern des Gebührenverzei[X.]hnisses der [X.] detail-liert und auf den Einzelfall abgestellt die Höhe der voraussi[X.]htli[X.]h [X.] Arztkosten - in Form eines im wesentli[X.]hen zutreffenden Kostenans[X.]hla-ges - mitgeteilt wird. Der [X.] hat vielmehr Kriterien aufgestellt, an denen si[X.]h die Unterri[X.]htung des Patienten zu orientieren hat. Ausrei[X.]hend ist dana[X.]h in jedem Fall:
- eine kurze Charakterisierung des Inhalts wahlärztli[X.]her Lei-stungen, wobei zum Ausdru[X.]k kommt, daß hierdur[X.]h ohne Rü[X.]ksi[X.]ht auf Art und S[X.]hwere der Erkrankung die persönli[X.]he
Behandlung dur[X.]h die liquidationsbere[X.]htigten Ärzte [X.] werden soll, verbunden mit dem Hinweis darauf, daß der Patient au[X.]h ohne Abs[X.]hluß einer Wahlleistungsvereinbarung die medizinis[X.]h notwendige Versorgung dur[X.]h hinrei[X.]hend qualifizierte Ärzte erhält;
- eine kurze Erläuterung der Preisermittlung für ärztli[X.]he Lei-stungen na[X.]h der [X.] bzw. für Zahn-ärzte (Leistungsbes[X.]hreibung anhand der Nummern des Ge-bührenverzei[X.]hnisses; Bedeutung von Punktzahl und Punkt-wert; Mögli[X.]hkeit, den Gebührensatz je na[X.]h S[X.]hwierigkeit und Zeitaufwand zu erhöhen); Hinweis auf Gebührenminderung na[X.]h § 6a der [X.] ([X.]); - 6 -

- ein Hinweis darauf, daß die Vereinbarung wahlärztli[X.]her Lei-stungen eine erhebli[X.]he finanzielle Mehrbelastung zur Folge haben kann;
- ein Hinweis darauf, daß si[X.]h bei der Inanspru[X.]hnahme wahl-ärztli[X.]her Leistungen die Vereinbarung zwingend auf alle an der Behandlung des Patienten beteiligten liquidationsbere[X.]htig-ten Ärzte erstre[X.]kt (vgl. § 22 Abs. 3 Satz 1 [X.]);
- und ein Hinweis darauf, daß die Gebührenordnung für [X.]/Gebührenordnung für Zahnärzte auf Wuns[X.]h eingesehen werden kann; die ungefragte Vorlage dieser Gesetzestexte [X.] demgegenüber entbehrli[X.]h, da diesen für si[X.]h genom-men kein besonderer Informationswert zukommt. Der dur[X.]h-s[X.]hnittli[X.]he [X.] ist au[X.]h ni[X.]ht annähernd in der Lage, si[X.]h selbst anhand des Studiums dieser umfängli-[X.]hen komplizierten Regelungswerke einen Überbli[X.]k über die
Höhe der auf ihn zukommenden Arztkosten zu vers[X.]haffen.
3. Die Anwendung dieser Kriterien auf den vorliegenden Fall ergibt, daß hier eine ausrei[X.]hende Unterri[X.]htung des Beklagten ni[X.]ht festgestellt werden kann.

a) Allerdings ist der Revision zuzugeben, daß die Unterri[X.]htung au[X.]h mündli[X.]h erfolgen konnte. Der [X.] hat es im Urteil vom 27. November 2003 (aaO S. 685) zwar für zwe[X.]kmäßig era[X.]htet, die Unterri[X.]htung s[X.]hriftli[X.]h nie-derzulegen; zwingendes Wirksamkeitserfordernis ist dies indessen ni[X.]ht (zur - 7 -

Zulässigkeit mündli[X.]her Unterri[X.]htung vgl. [X.], Urteil vom 9. November 1989 - [X.] = NJW 1990, 761, 766; [X.]surteil vom 19. Dezember 1995 - [X.] 233/94 = NJW 1996, 781, 782).

b) Zum Inhalt der dem Beklagten erteilten Unterri[X.]htung hatten der Klä-ger und seine Streithelferin in den Vorinstanzen vorgetragen, es sei allgemein und so au[X.]h im Streitfall auf die Mögli[X.]hkeit verwiesen worden, die [X.] einzu-sehen und si[X.]h erläutern zu lassen. Weiter würden die Grundstrukturen der [X.] erläutert und seien au[X.]h erläutert worden. Vor Abs[X.]hluß der Vereinba-rung werde auf die Auslage der [X.] im jeweiligen Chefarzt-Sekretariat [X.]; fa[X.]hkundige Aufklärungen über Leistungen und Kosten erfolgten auf Na[X.]hfrage, worauf der Patient zuvor hingewiesen werde.

[X.]) Eine Unterri[X.]htung dieses Inhalts ist s[X.]hon deshalb unzulängli[X.]h, weil sie die Bes[X.]haffung der notwendigen Informationen letztli[X.]h der Eigeninitiative des Patienten überläßt, indem diesem ledigli[X.]h das Angebot unterbreitet wird, ihn "auf Na[X.]hfrage" fa[X.]hkundig über Leistungen und Kosten aufzuklären. Damit können si[X.]h weder der Kläger als selbstliquidierender Chefarzt no[X.]h die Streit-helferin als Krankenhausträgerin (und somit als die Vertragspartnerin der [X.] über die gesonderte Bere[X.]hnung; § 22 Abs. 1 Satz 1 [X.]) ihrer Eigenverantwortung dafür entziehen, den Patienten vor Abs[X.]hluß der [X.] über die Entgelte der Wahlleistungen und deren Inhalt im einzelnen zu unterri[X.]hten. Bei der Erläuterung der "Grundstrukturen der [X.]" bleibt - worauf die Revisionserwiderung zu Re[X.]ht hinweist - im Dunkeln, was die die Aufklärung erteilende Person unter diesen "Grundstrukturen" verstanden hat. - 8 -

d) Au[X.]h die Verfahrensrüge der Revision geht fehl, der Kläger und seine Streithelferin hätten auf entspre[X.]henden ri[X.]hterli[X.]hen Hinweis in den [X.] ergänzend zum Inhalt der Unterri[X.]htung vorgetragen. Eines sol[X.]hen Hinweises bedurfte es im Berufungsre[X.]htszug s[X.]hon deshalb ni[X.]ht, weil [X.] dur[X.]h das erstinstanzli[X.]he Urteil des Amtsgeri[X.]hts klargestellt worden war, daß die Wirksamkeit der Wahlleistungsvereinbarung für den vorliegenden Re[X.]htsstreit von zentraler Bedeutung war; daraus ergab si[X.]h die Notwendigkeit vollständigen und präzisen Sa[X.]hvortrags zum Inhalt der dem Beklagten tat-sä[X.]hli[X.]h zuteil gewordenen Aufklärung von selbst. Zum anderen geht au[X.]h aus der Revisionsbegründung ni[X.]ht mit hinrei[X.]hender Deutli[X.]hkeit hervor, wel[X.]he Informationen dem Beklagten tatsä[X.]hli[X.]h erteilt worden sind, so daß [X.] darüber, ob den oben wiedergegebenen Anforderungen der [X.]s-re[X.]htspre[X.]hung Genüge getan ist, au[X.]h auf dieser Grundlage ni[X.]ht getroffen werden können.

4. Da zwis[X.]hen dem Streithelfer und dem Beklagten keine wirksame [X.] über wahlärztli[X.]he Leistungen zustande gekommen ist, steht dem Kläger kein Vergütungsanspru[X.]h aus § 612 Abs. 2 BGB für die im [X.] mit der stationären Behandlung des Beklagten erbra[X.]hten ärztli[X.]hen Lei-stungen zu; au[X.]h ein Berei[X.]herungsanspru[X.]h na[X.]h § 812 Abs. 1 BGB besteht ni[X.]ht ([X.]surteil vom 24. November 2003 aaO S. 686; [X.]surteil [X.] 138, 91, 99).

[X.] [X.] [X.]

[X.] [X.]

Meta

III ZR 355/03

22.07.2004

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.07.2004, Az. III ZR 355/03 (REWIS RS 2004, 2172)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2172

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