Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.12.2003, Az. VIII ZR 81/03

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 30

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/03Verkündet am:22. Dezember 2003Kirchgeßner,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z: nein[X.] §§ 573 c Abs. 4, 575 (Fassung 16. Juni 2001)Zur Wirksamkeit des befristeten Verzichts des Mieters auf sein gesetzliches Kündi-gungsrecht in einem Wohnraummietvertrag.[X.], Urteil vom 22. Dezember 2003 - [X.]/03 -LG [X.] Krefeld- 2 -Der VIII. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 22. Dezember 2003 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.] [X.], [X.], Dr. [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Rechtsmittel der Kläger werden das Urteil der 2. Zivilkam-mer des [X.] vom 26. Februar 2003 aufgehobenund das Urteil des [X.] vom 29. August 2002 ab-geändert.Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klä-ger 2.400 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem6. März 2002 zu zahlen.Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.Von Rechts [X.]:Die Kläger vermieteten den Beklagten durch Vertrag vom 17. [X.] eine Wohnung in [X.]zu einer Nettomiete von 1.200 e-mäß § 2 des [X.] war der Vertrag auf unbestimmte Zeit [X.], wobei das Mietverhältnis am 1. Januar 2002 beginnen sollte. In § 28des [X.] war durch handschriftlichen Zusatz unter Nr. 2 weiter [X.] 3 -"Die Mieter verzichten für die Dauer von 60 Monaten auf ihr [X.] [X.] Schreiben vom 30. Oktober 2001 teilten die Beklagten den Klägernmit, daß sie an der Erfüllung des Mietverhältnisses nicht mehr interessiert [X.], und kündigten den Mietvertrag hilfsweise. Die vertraglich vereinbarte Mietezahlten die Beklagten lediglich für den Monat Januar 2002. Seit 1. April 2002 istdie Wohnung weiter vermietet.Mit ihrer Klage nehmen die Kläger die Beklagten auf Mietzahlung für [X.] Februar und März 2002 in Anspruch.Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit ihrer - [X.] zugelassenen - Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehrenweiter.Entscheidungsgründe:[X.] Begründung hat das [X.], dessen Urteil in NJW 2003, 1464 f.abgedruckt ist, ausgeführt, der zwischen den Parteien vereinbarte [X.] gesetzlichen Kündigungrechts verstoße gegen § 573 c Abs. 4 [X.]. [X.] Regelung in § 28 des [X.] hätten die Beklagten als Mieter für [X.] von 60 Monaten auf ihr Recht zur Kündigung des Mietverhältnisses ver-zichtet. Eine solche Abbedingung stelle eine für den Mieter nachteilige [X.] dar, da die ordentliche Kündigung durch ihren, wenn auch nur zeitwei-sen, Ausschluß erschwert werde. Soweit die Kläger geltend machten, daß [X.] der Beklagten ihr Mobilitätsinteresse überwogen habe [X.] sich für einen längeren Zeitraum gegen eine Beendigung des [X.] -nisses durch die Vermieter hätten absichern wollen, hätte dieser Interessenlagedurch einen Ausschluß des Kündigungsrechts für den Vermieter Rechnung ge-tragen werden können.Die getroffene Regelung verstoße überdies gegen § 575 [X.], dessenRegelungen gleichfalls nicht abdingbar seien. Faktisch handele es sich bei demzwischen den Parteien geschlossenen Mietverhältnis um ein solches auf [X.], dessen Voraussetzungen indes gemäß § 575 [X.] nicht gegebenseien, da die zwingend erforderlichen [X.] nicht vorlägen.Das Schreiben der Beklagten vom 30. Oktober 2001 stelle mithin eineordentliche Kündigung unter Zugrundelegung der Drei-Monatsfrist dar, die [X.] zum Ablauf des Monats Januar 2002 beendet habe, wobei derLauf der Kündigungsfrist mit dem Zugang der Kündigungserklärung begonnenhabe.[X.] Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen ist der in § 28 des [X.]vom 17. Oktober 2001 individual-vertraglich vereinbarte Ausschluß des gesetz-lichen Kündigungsrechts der Beklagten auch nach dem ab 1. September 2001geltenden Mietrechtsreformgesetz vom 19. Juni 2001 ([X.] I, 1149) wirksam.1. Zu Unrecht bejaht das [X.] zunächst einen Verstoß der vonden Parteien getroffenen Regelung gegen § 573 c Abs. 4 [X.].a) Nach dieser Vorschrift sind Vereinbarungen, welche zum Nachteil [X.] von den gesetzlichen Kündigungsfristen des § 573 c Abs. 1 [X.] ab-- 5 -weichen, unwirksam. Durch einen Kündigungsverzicht werden jedoch die ein-zuhaltenden Kündigungsfristen nicht verändert. Die Frage, mit welcher Frist [X.] gekündigt werden kann, stellt sich vielmehr erst, wenn dem [X.] ein Kündigungsrecht zusteht. Dies soll aber durch eine von den [X.] vereinbarte Kündigungsverzichtsabrede für einen bestimmten Zeitraumausgeschlossen werden ([X.]/[X.], [X.], 2003, § 573 [X.]. 44;[X.]/Börstinghaus/[X.], Neues Mietrecht, § 575 Rdnr. 15a; [X.] in:[X.], Mietrecht, 8. Aufl., § 575 Rdnr. 69 und § 573 [X.]. 24;[X.] in: [X.]/[X.], [X.], Wohn-raummietrecht, § 44 Rdnr. 102; [X.] 2001, 1385, 1389; Derckx,[X.], 826, 828; [X.], [X.], 951, 956; [X.], [X.]). Das Gesetz selbst unterscheidet ausdrücklich zwischen der [X.] Kündigung (vgl. § 577 a [X.]) einerseits und der einzuhaltenden [X.] (§ 573 c [X.]) andererseits ([X.]/[X.] aaO).b) Auch die Entstehungsgeschichte des Mietrechtsreformgesetzesspricht gegen ein Verbot von Kündigungsausschlußvereinbarungen. Nach [X.] zum 31. August 2001 geltenden Rechtslage waren Vereinbarungen zuläs-sig, durch welche das Recht zur Kündigung für eine begrenzte Zeit aus[X.] worden war (vgl. [X.], Mietrecht, 3. Aufl., [X.]. 59; [X.] in:[X.], Mietrecht, 7. Aufl., § 564 Rdnr. 6; [X.],[X.], 3. Aufl., § 564 Rdnr. 7; [X.] in: Bub/[X.], Handbuch der [X.] und Wohnraummiete, 3. Aufl., [X.] [X.]. 47). Zwar ist durchdas Mietrechtsreformgesetz der bisherige "einfache" [X.] im Sinnedes § 564 c Abs. 1 [X.] a.F. abgeschafft und § 565 Abs. 2 [X.] a.F., wonacheine Verlängerung der Kündigungsfristen auch zu Lasten des Mieters [X.], durch § 573 c Abs. 4 [X.] ersetzt worden; längere Kündigungsfristen [X.] als in § 573 c Abs. 1 [X.] bestimmt können danach nicht mehr verein-bart werden. Jedoch ist in der Begründung des [X.] zu § 575- 6 -[X.] ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß bei Fehlen eines Befri-stungsgrundes auf Vermieterseite "dem Interesse des Mieters an einer langfri-stigen Bindung des Mietverhältnisses vertraglich dadurch Rechnung getragenwerden (könne), daß die Parteien einen unbefristeten Mietvertrag schließen [X.] einen vertraglich festgelegten Zeitraum das ordentliche Kündigungsrechtbei[X.]eits ausschließen" (BT-Drucks. 14/4553, [X.]). Hieraus ist zu entneh-men, daß der Gesetzgeber den bisherigen Rechtszustand, der den [X.] Kündigungsrechts erlaubte, insoweit nicht ändern wollte und bei Vereinba-rung eines Kündigungsverzichtes nach Ablauf des festgelegten Zeitraums sichlediglich die nunmehr dreimonatige Kündigungsfrist des Mieters anschließensollte ([X.], NJW 2001, 2497, 2505; [X.], [X.], 797, 799).c) Entgegen einer im Schrifttum verbreitet vertretenen Meinung (Pa-landt/[X.], [X.], 63. Aufl., § 573 [X.]. 3; Börstinghaus/[X.],[X.] Mietrecht, S. 518 f.; Börstinghaus, [X.], 487 ff.;[X.]., [X.], 2003, [X.], 351 ff.; [X.], [X.]; [X.], Wohnraummietrecht, 2. Aufl., § 573 [X.]. 40; [X.]., [X.], 123, 125) gebietet auch der Schutzzweck des § 573 c Abs. 4 [X.] keineEinschränkung der Zulässigkeit eines Kündigungsverzichts. Zwar sollte durchVerkürzung der Fristen für die Kündigung durch den Mieter der "in der [X.] ... zunehmend (verlangten) Mobilität und Flexibilität"und damit dem Interesse des Mieters an einer kurzfristigen Aufgabe der [X.], insbesondere bei Wechseln des Arbeitsplatzes oder einer gesundheits-bedingten Übersiedlung in ein Alters- oder Pflegeheim, Rechnung getragenwerden (BT-Drucks. 14/4553 S. 38 f., 67). Andererseits hat der Gesetzgeber [X.] der Vereinbarung eines Kündigungsverzichts anerkannt und zu-gleich eine Stärkung der Vertragsfreiheit, insbesondere im Zusammenhang mitder Vereinbarung von Index-, Staffelmieten und Zeitmietverträgen, betont (BT-Drucks. 14/4553 S. 2). Dementsprechend kann gemäß § 557 a Abs. 3 [X.] bei- 7 -einem Staffelmietvertrag das Kündigungsrecht des Mieters bis zu vier Jahrenausgeschlossen werden. Auch § 575 [X.] läßt einen [X.] - nunmehrohne zeitliche Beschränkung - zu, der nach Ablauf der vereinbarten Mietzeit zurBeendigung des Mietverhältnisses führt (§ 542 Abs. 2 [X.]).In Anbetracht dieser unterschiedlichen, vom Gesetzgeber gleichermaßenhervorgehobenen Zielsetzungen ist es daher nicht gerechtfertigt, allein [X.] des Mieters den Vorrang einzuräumen und demgegenüberdas Interesse einer oder beider Mietvertragsparteien an einer längerfristigenBindung, das in der Vereinbarung eines befristeten Kündigungsverzichts zumAusdruck kommt, unberücksichtigt zu lassen.Die Anerkennung des vereinbarten Kündigungsverzichts führt nicht zueiner unzumutbaren Belastung des Mieters. Wie der vorliegende Fall zeigt,können durch eine Weitervermietung - auch nach Stellung eines Nachmietersdurch den Mieter (vgl. Senatsurteil vom 18. Juni 2003 - [X.], unter [X.], zur Veröffentlichung in [X.]Z bestimmt) - die finanziellen Folgen für [X.] im Falle einer vorzeitigen Aufgabe der Mietwohnung im Regelfall abge-mildert werden. Ferner genießt der Mieter, selbst wenn sich der Vermieter [X.] gleicher Weise gebunden hat, im Anschluß an den Zeitraum des vereinbartenKündigungsverzichts den vollen Mieterschutz.2. [X.] (befristeten) [X.] stelltauch keinen Verstoß gegen § 575 Abs. 4 [X.] dar. Durch die Neuregelung des[X.]s soll eine automatische Beendigung des [X.] allein durch Zeitablauf, ohne daß der Mieter [X.], außerhalb der privilegierten [X.] verhindert werden. [X.] soll den Mieter vor dem Verlust der Wohnung, nicht aber vor einerlängeren Bindung an den Vertrag, schützen, wie sie durch die [X.] 8 -eines befristeten [X.] beabsichtigt ist. Demgemäß ist, wo-von auch der Gesetzgeber ausgegangen ist (BT-Drucks. 14/4553 [X.]), dieVereinbarung eines befristeten [X.] nicht einem unzuläs-sigen [X.] im Sinne des § 575 Abs. 1, Abs. 4 [X.] gleichzusetzen([X.] in: [X.], Mietrecht, 8. Aufl., § 575 Rdnr. 65 f.; [X.]aaO Rdnr. 101; [X.], [X.]; [X.], aaO; a.A. [X.],[X.], 123 [X.] demnach der zwischen den Parteien durch gesonderte Abrede ver-einbarte befristete Kündigungsverzicht zulässig, steht den Klägern, da auchsonstige [X.] nicht geltend gemacht werden oder ersichtlichsind, die verlangte Miete für die Monate Februar und März 2002 zuzüglich [X.] gemäß § 288 Abs. 1 [X.] zu. Der Klage war daher, nachdem [X.] zur Endentscheidung reif ist, unter Aufhebung des Berufungsurteils undAbänderung des amtsgerichtlichen Urteils in vollem Umfang stattzugeben(§ 563 Abs. 3 ZPO).[X.] [X.] [X.]Dr. [X.] Dr. [X.]

Meta

VIII ZR 81/03

22.12.2003

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.12.2003, Az. VIII ZR 81/03 (REWIS RS 2003, 30)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 30

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VIII ZR 230/09 (Bundesgerichtshof)

Wohnraummiete: Wirksamkeit einer formularmäßigen Verlängerungsklausel in einem auf fünf Jahre befristeten Mietvertrag


VIII ZR 230/09 (Bundesgerichtshof)


VIII ZR 154/04 (Bundesgerichtshof)


VIII ZR 2/04 (Bundesgerichtshof)


VIII ZR 257/04 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.