Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.06.2020, Az. 6 StR 108/20

6. Strafsenat | REWIS RS 2020, 1845

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Gegenstand

Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus: Anforderungen an die Erörterung der Frage der Aussetzung der Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung


Tenor

Auf die Revision des Beschuldigten wird das Urteil des [X.] vom 5. Dezember 2019 aufgehoben, soweit die Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die hiergegen gerichtete Revision des Beschuldigten erzielt mit der Sachrüge den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

Die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus hält aus den in der Antragsschrift des [X.] aufgeführten Gründen rechtlicher Überprüfung stand. Jedoch unterliegt das Urteil der Aufhebung, soweit dem Beschuldigten die Aussetzung der Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung nicht gewährt worden ist (§ 67b Abs. 1 StGB). Das [X.] hat diese Frage nicht erörtert. Ihre Beantwortung versteht sich vorliegend nicht von selbst.

3

Auch eingedenk der Erwartung von im Grenzbereich der Erheblichkeit liegenden Taten hätte sich das [X.] besonders sorgfältig damit auseinandersetzen müssen, ob die fehlende Bereitschaft des Beschuldigten zur dauerhaften medikamentösen Therapie durch Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht (§ 67b Abs. 2 StGB) gefördert und damit die Chance zur Aufnahme in eine betreute Wohnform erhöht werden kann. Dabei wäre zu erwägen gewesen, ob die Wartezeit bis zum Freiwerden einer solchen Wohnmöglichkeit durch eine weisungsflankierte (§ 68b Abs. 2 Satz 2 und 4, auch [X.]. § 56c Abs. 3 StGB) stationäre Therapie überbrückt werden kann, zumal angesichts des dahingehenden Vorschlags des Verteidigers eine - dem Behandlungserfolg naheliegend förderliche - Einwilligung des Beschuldigten nicht ausgeschlossen erscheint.

4

Hiergegen spricht nicht durchgreifend die im Rahmen der Prüfung des § 62 StGB vorgenommene Wertung der Strafkammer, die wiederholte stationäre Behandlung habe den Zustand des Beschuldigten nicht nachhaltig gebessert. Dies gilt schon deswegen, weil sie in Spannung zu der Feststellung tritt, dass die stationär begonnene [X.] durchaus zu einer Milderung der Krankheitssymptome geführt hat. Angesichts des für den Beschuldigten bestehenden Risikos eines Aussetzungswiderrufs liegt es nicht fern, dass bereits diese Maßnahmen geeignet sind, den geständigen und beginnend krankheitseinsichtigen Beschuldigten ausreichend für die regelmäßige Einnahme der Medikamente und für die störungsfreie - möglicherweise auch nur überbrückende - stationäre Therapie zu motivieren (vgl. [X.], Beschlüsse vom 22. März 1988 - 4 StR 97/88, [X.], 309, 310; vom 23. November 2010 - 5 [X.], NStZ-RR 2011, 75, 76 f.; vom 16. Februar 2010 - 4 StR 586/09, [X.], 171, jeweils mwN). Darüber hinaus wird mit fortschreitendem Zeitablauf die Wahrscheinlichkeit dafür steigen, dass ein für den Beschuldigten geeigneter Platz in einer betreuten Wohnform zur Verfügung steht.

Schneider     

        

König     

        

Feilcke

        

Tiemann     

        

von [X.]     

        

Meta

6 StR 108/20

16.06.2020

Bundesgerichtshof 6. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Stade, 5. Dezember 2019, Az: 201 KLs 14/19

§ 56c Abs 3 StGB, § 63 StGB, § 67b Abs 1 StGB, § 67b Abs 2 StGB, § 68b Abs 2 S 2 StGB, § 68b Abs 2 S 4 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.06.2020, Az. 6 StR 108/20 (REWIS RS 2020, 1845)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 1845

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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