Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 06.03.2014, Az. 1 WB 9/14

1. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2014, 7339

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Gegenstand

Vorzeitige Versetzung in den Ruhestand; Anhörung der Vertrauensperson


Leitsatz

Die Versetzung in den Ruhestand vor Erreichen der Altersgrenze gemäß § 2 des Gesetzes zur Anpassung der personellen Struktur der Streitkräfte (SKPersStruktAnpG) vom 21. Juli 2012 ist keine vorzeitige Beendigung des Dienstverhältnisses im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SBG, zu der auf Antrag des betroffenen Soldaten die Vertrauensperson angehört werden soll.

Tatbestand

1

Der Antragsteller machte eine Verletzung seiner Beteiligungsrechte nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz geltend.

2

Mit [X.] vom 26. August 2013 bekundete der bei ... verwendete [X.] sein Interesse an einer vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand gemäß § 2 [X.] zum Ende des Monats Oktober 2013, alternativ zum Ende des Monats Dezember 2013, und beantragte hierzu die Anhörung der Vertrauensperson. Mit Schreiben vom 29. August 2013 nahm der Antragsteller zu der Interessenbekundung Stellung. Er empfahl, die von [X.] angegebenen schwerwiegenden familiären und dienstlichen Gründe in die Entscheidungsfindung mit einzubeziehen, und erklärte, dass ein abschließender Anhörungsbeitrag erst nach Kenntnis der beabsichtigten Entscheidung der [X.] Stelle möglich sei; sofern der Interessenbekundung nicht entsprochen werden solle, werde um eine Erläuterung der zur Entscheidung führenden Gründe gebeten.

3

Mit Bescheid vom 1. Oktober 2013 teilte das [X.] [X.] [X.] mit, dass seiner Interessenbekundung nicht entsprochen werde, weil ein dienstliches Interesse an seiner Weiterverwendung bestehe. Hiergegen legte [X.] Beschwerde ein.

4

Mit Schreiben vom 1. November 2013 erhob auch der Antragsteller mit dem Hinweis, dass er am 16. Oktober 2013 durch [X.] von dem ablehnenden Bescheid erfahren habe, Beschwerde wegen Nichtdurchführung der nach §§ 20, 23 [X.] gebotenen Beteiligung. Er rügte insbesondere, dass die Erläuterung der Gründe nicht durchgeführt worden sei, die er für den Fall erbeten habe, dass der Interessenbekundung nicht entsprochen werden solle. Mit Schreiben vom 12. Dezember 2013 erhob der Antragsteller weitere Beschwerde, weil über seine Beschwerde vom 1. November 2013 nicht innerhalb eines Monats entschieden worden sei, und beantragte zugleich die Entscheidung durch das [X.]. Der [X.] - [X.] 2 - legte den Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit einer am 5. Februar 2014 beim Gericht eingegangenen Stellungnahme dem Senat vor.

5

Mit E-Mail vom 15. November 2013 hob das Bundesamt für Personalmanagement der [X.] den Bescheid vom 1. Oktober 2013, mit dem der Interessenbekundung des [X.] an einer vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand nicht entsprochen worden war, auf. Im Hinblick darauf erklärte der Antragsteller mit Schreiben vom 25. Februar 2014 den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Der [X.] - [X.] 2 - schloss sich der Erledigungserklärung mit Schreiben vom 28. Februar 2014 an.

6

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des [X.] - [X.] 2 - Az.: .../13 - hat dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

7

Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 3 [X.] nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Für die Kostenentscheidung sind die im Prozessrecht allgemein geltenden Grundsätze maßgebend. Danach ist bei übereinstimmender Erledigungserklärung über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden (§ 20 Abs. 3 [X.], § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO; stRspr, vgl. etwa Beschluss vom 22. April 2008 - BVerwG 1 [X.] 4.08 - Rn. 8 m.w.N.).

8

Billigem Ermessen entspricht es vorliegend, die notwendigen Aufwendungen des Antragstellers nicht dem [X.] aufzuerlegen, weil der Antrag auf gerichtliche Entscheidung voraussichtlich keinen Erfolg gehabt hätte.

9

Beruft sich der bei einer Dienststelle der [X.]eswehr gebildete Personalrat auf eine Behinderung in seinen [X.] in Angelegenheiten, die nur die Soldaten betreffen, so ist gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1, § 16 [X.], § 17 Abs. 1 Satz 1 [X.] - abweichend von § 48 Satz 1 [X.], § 83 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG - der Rechtsweg zu den [X.] gegeben (stRspr, vgl. Beschluss vom 17. Februar 2009 - BVerwG 1 [X.] 37.08 - Rn. 17 m.w.N. § 20 [X.] Nr. 3>). Sachlich zuständig ist vorliegend das [X.]esverwaltungsgericht (§ 21 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1, § 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]).

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wäre - ungeachtet der Frage des richtigen [X.] - jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen gewesen, weil eine Verletzung von [X.] des Antragstellers nach dem [X.] mangels eines materiellen Beteiligungstatbestands nicht in Betracht kam.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann das vom Antragsteller als verletzt gerügte Anhörungsrecht nach § 20 [X.] nicht von dem materiellen Beteiligungstatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 [X.] (bzw. anderer entsprechender [X.]) getrennt werden (vgl. Beschluss vom 17. Februar 2009 a.a.[X.] Rn. 19 m.w.N.). Eine mit der Beschwerde angreifbare Rechtsverletzung des Antragstellers kann deshalb nicht isoliert in der (behaupteten) Missachtung der Anhörungsvorschrift des § 20 [X.] liegen, sondern stets nur in der Verletzung des [X.] in Verbindung mit einem materiellen Beteiligungstatbestand.

Ein materieller Tatbestand, der eine Beteiligung des Antragstellers anordnet oder eröffnet, ist vorliegend nicht gegeben. Ein Beteiligungserfordernis ergibt sich insbesondere nicht aus der - hier einzig in Betracht kommenden - Bestimmung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 [X.]. Danach soll bei der vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses auf Antrag des betroffenen Soldaten der Personalrat (hier in Gestalt der zur Entscheidung berufenen Soldatenvertreter, § 52 Abs. 1 [X.]) durch den Dienststellenleiter angehört werden; allerdings gilt dies nur, "sofern das Soldaten- oder das Wehrpflichtgesetz einen Ermessensspielraum einräumt". Die von [X.] begehrte vorzeitige Versetzung in den Ruhestand sollte jedoch nicht nach einer Ermessensvorschrift des Soldaten- oder des Wehrpflichtgesetzes, also insbesondere nicht nach §§ 44, 45 [X.], erfolgen. Die in der Interessenbekundung ausdrücklich in Bezug genommene Rechtsgrundlage der hier beantragten Ruhestandsversetzung ist vielmehr § 2 des - als Art. 1 des Gesetzes zur Begleitung der Reform der [X.]eswehr vom 21. Juli 2012 ([X.]) erlassenen - Gesetzes zur Anpassung der personellen Struktur der [X.] ([X.]personalstruktur-Anpassungsgesetz - [X.]), der für eine bestimmte Zahl von [X.] und Berufssoldaten die Möglichkeit der Versetzung in den Ruhestand vor Erreichen der Altersgrenze vorsieht. Bei § 2 [X.] handelt es sich zwar um eine Vorschrift, die einen Ermessensspielraum einräumt (so auch [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl. 2013, § 43 Rn. 14). Die (im Rahmen der [X.]eswehrreform bis zum 31. Dezember 2017 gesetzlich eröffnete) Möglichkeit der vorzeitigen Ruhestandsversetzung nach § 2 [X.] steht jedoch neben und im Rang gleichberechtigt mit der regulären Ruhestandsregelung der §§ 44, 45 [X.]. § 2 [X.] verweist auch nicht ergänzend auf §§ 44, 45 [X.], sondern enthält eine in sich geschlossene, auf einen bestimmten Anlass bezogene selbständige Regelung. Die gegenständliche [X.] - vorzeitige Versetzung in den Ruhestand gemäß § 2 [X.] - ist deshalb keine "vorzeitige Beendigung des Dienstverhältnisses, sofern das Soldaten- oder das Wehrpflichtgesetz einen Ermessensspielraum einräumt", im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 [X.].

Eine Verletzung von [X.] des Antragstellers nach dem [X.] kann sich schließlich auch nicht daraus ergeben, dass eine Anhörung der Vertrauensperson (bzw. des die Rechte der Vertrauensperson wahrnehmenden Personalrats) in dem für die Interessenbekundung ausgegebenen Formular als Option vorgesehen ist und deshalb offenbar, wenn vom betroffenen Soldaten gewünscht, regelmäßig praktiziert wird. Der Senat hat mit Beschluss vom 25. Oktober 2011 - BVerwG 1 [X.] 36.11 - ([X.] 449.7 § 23 [X.] Nr. 9 LS und Rn. 42 = [X.] 2012, 77 LS <79>,) unter ausdrücklicher Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung entschieden, dass die [X.] zu [X.]n nicht über die gesetzlichen Regelungen des [X.]es hinaus - etwa durch Verwaltungsvorschriften oder durch Selbstbindung einer Dienststelle der [X.]eswehr - erweitert werden können. Maßgeblich dafür ist, dass der Katalog der Beteiligungsrechte der Vertrauensperson bei [X.]n in § 23 Abs. 1 Satz 1 [X.] abschließend geregelt ist. Die Konzentration der [X.] in § 23 Abs. 1 Satz 1 [X.] auf die dort bestimmten [X.]n entsprach einer ausdrücklichen Zielsetzung des Gesetzgebers (Begründung des Gesetzentwurfs der [X.]esregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Beteiligung der Soldaten und der Zivildienstleistenden vom 5. Juni 1990 ). Überdies ergibt sich aus § 20 [X.], dass die Vertrauensperson nur über beteiligungspflichtige beabsichtigte Maßnahmen und Entscheidungen zu unterrichten und dazu anzuhören ist. Damit hat der Gesetzgeber eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass zum Zweck der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit - im Sinne eines Vorrangs des Gesetzes - die förmlichen und unter Berücksichtigung des § 23 Abs. 2 Satz 2 [X.] einklagbaren Beteiligungspflichten allein im Gesetz geregelt und limitiert sein sollen. Ein eventuell darüber hinausgehend praktiziertes Verfahren der Beteiligung bei vorzeitigen Versetzungen in den Ruhestand gemäß § 2 [X.] würde sich demgemäß lediglich als eine nicht förmliche Konsultation der Vertrauensperson darstellen; Fehler in diesem nicht förmlichen Verfahren würden keine mit der Wehrbeschwerde anfechtbare Verletzung von [X.] nach dem [X.] darstellen.

Meta

1 WB 9/14

06.03.2014

Bundesverwaltungsgericht 1. Wehrdienstsenat

Beschluss

Sachgebiet: WB

§ 23 Abs 1 S 1 Nr 6 SBG, § 2 SKPersStruktAnpG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 06.03.2014, Az. 1 WB 9/14 (REWIS RS 2014, 7339)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7339

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