Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 14.01.2016, Az. 2 SAF 27/15

2. Senat für Familiensachen | REWIS RS 2016, 17671

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Tenor

Als für das Verfahren auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zuständiges Gericht wird das Amtsgericht – Familiengericht – Dortmund bestimmt.

Gründe

Gründe:

I.

Die Beteiligten sind seit Mitte 2013 voneinander getrennt lebende Ehegatten. Die Beteiligten stammen gebürtig aus O. Sie besitzen mittlerweile die deutsche Staatsangehörigkeit. Die 7 und 10 Jahre alten Kinder der Beteiligten leben vereinbarungsgemäß im Haushalt der Antragstellerin.

Mit am 21.08.2015 bei dem Amtsgericht Dortmund eingegangener Antragsschrift hat die Antragstellerin die Scheidung der am xx.xx.2004 in M/O geschlossenen Ehe der Beteiligten begehrt und die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe beantragt. Der VKH-Antrag ist noch nicht beschieden, eine Zustellung des Scheidungsantrags noch nicht erfolgt. Zum Zeitpunkt des Eingangs des Antrags hatten die Beteiligten ihren jeweiligen Wohnsitz in Dortmund. Im August 2015 wechselten die genannten Kinder in den Haushalt einer in Menden wohnenden Freundin der Antragstellerin. Die Antragstellerin beabsichtigte, mit den Kindern nach Menden umzuziehen; sie konnte dort jedoch zunächst keine Wohnung finden. Zum 01.11.2015 hat die Antragstellerin mit den Kindern in Menden eine eigene Wohnung bezogen.

Mit Verfügung vom 16.11.2015 hat das Amtsgericht – Familiengericht – Dortmund das Verfahren mit der Bitte um Übernahme an das Amtsgericht – Familiengericht – Menden abgegeben und zur Begründung auf den gewöhnlichen Aufenthalt der Antragstellerin mit den Kindern in Menden hingewiesen. Die vorstehende Verfügung hat das Familiengericht den Beteiligten bekannt gegeben. Mit am 02.12.2015 erlassenen Beschluss hat sich das Familiengericht in Menden für örtlich unzuständig erklärt, die Übernahme des Verfahrens abgelehnt und das Verfahren nach vorheriger Anhörung der Beteiligten an das Familiengericht in Dortmund verwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Das Familiengericht in Dortmund sei nach § 122 Nr. 3 FamFG ausschließlich örtlich zuständig, weil die Beteiligten vor der Anhängigkeit des Scheidungsverfahrens zuletzt gemeinsam in Dortmund gelebt hätten und der Antragsgegner dort nach wie vor seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe. Wegen der §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO berühre der Umzug der Antragstellerin zu ihren Kindern nach Menden die örtliche Zuständigkeit des Familiengerichts in Dortmund nicht. Denn für die Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit sei unter Berücksichtigung der §§ 2 Abs. 2, 124 FamFG der Zeitpunkt der Anhängigkeit des Verfahrens maßgebend. Der Begriff der Rechtshängigkeit in § 261 Abs. 3 ZPO müsse daher in Ehesachen im Sinne der Anhängigkeit eines solchen Verfahrens verstanden werden. Dafür spreche auch die Regelung des § 152 Abs. 1 FamFG, der die Kindschaftssachen schon bei Anhängigkeit der Ehesache bei dem Familiengericht der Ehesache konzentriere. Dies verbiete eine Verweisung sämtlicher Verfahren, sofern – wie hier – zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit Änderungen der zuständigkeitsbegründenden Umstände eintreten würden und damit entgegen § 155 FamFG eine Verzögerung der Verfahren einhergehe.

Das Familiengericht in Menden hat den Beteiligten seinen Beschluss ordnungsgemäß bekannt gemacht.

Mit am 16.12.2015 erlassenen Beschluss hat sich auch das Amtsgericht – Familiengericht – Dortmund für örtlich unzuständig erklärt und dem Senat das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

II.

Das Amtsgericht – Familiengericht – Dortmund ist für das Verfahren auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe örtlich zuständig.

1.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine gerichtliche Zuständigkeitsbestimmung nach § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor.

Das angerufene Oberlandesgericht – Familiensenat – ist als das für die Familiengerichte in Dortmund und in Menden zuständige nächsthöhere gemeinsame Gericht zur Entscheidung über die Zuständigkeit berufen. Das zuständige Gericht wird dabei durch den Senat bestimmt, wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für das Verfahren zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben (vgl. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO). Die genannte Vorschrift findet wegen § 113 Abs. 1 FamFG in Ehe- und Familienstreitsachen Anwendung (vgl. Vollkommer, in: Zöller, Kommentar zur ZPO, 31. Auflage 2016, § 36 ZPO Rn 2).

Jedes der beteiligten Familiengerichte hat seine Zuständigkeit ausdrücklich und förmlich in einer den Beteiligten bekannt gemachten Weise verneint.

Zwar liegen rechtskräftige Beschlüsse beider Familiengerichte i.S.d. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO nicht vor. Die Vorschrift ist jedoch im Interesse einer raschen Klärung negativer Kompetenzkonflikte auch ohne Eintritt der Rechtskraft entsprechend anzuwenden, wenn – wie hier – verschiedene mit der Sache befasste Gerichte oder Abteilungen desselben Gerichts ihre Kompetenz leugnen und die Unzuständigkeitserklärungen der Gerichte oder Abteilungen den Verfahrensbeteiligten zumindest bekannt gemacht worden sind. Es genügen danach seitens der erstinstanzlichen Gerichte ernsthafte und als endgültig gemeinte Unzuständigkeitserklärungen (vgl. BGH, FamRZ 1993, 49, 50 m.w.N.; Senat, Beschluss vom 26.03.2015, AZ: 2 SAF 3/15, bei juris Langtext Rn 13 m.w.N.; Senat, FamRZ 2009, 442; BayObLG, NJW-RR 2005, 1012, bei juris Langtext Rn 3; Vollkommer, in: Zöller, a.a.O., § 36 ZPO Rn 25 a.E. m.w.N.; vgl. zu § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG: Senat, FamRZ 2014, 411, bei juris Langtext Rn 15; OLG Düsseldorf, FamRZ 2013, 807; OLG Brandenburg, FamRZ 2011, 56; OLG Brandenburg, FamRZ 2010, 2019f; Senat, FamRZ 2010, 920; Bahrenfuss, in: ders., Kommentar zum FamFG, 2. Auflage 2013, § 5 FamFG Rn 7 m.w.N.).

2.

Das Familiengericht in Dortmund ist für das Verfahren auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe örtlich zuständig, weil der am 02.12.2015 erlassene Beschluss des Familiengerichts in Menden für das Verfahren auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe bindende Wirkung entfaltet.

a)

Kommt ein mit einer Angelegenheit befasstes Gericht zu dem Ergebnis, dass ein anderes Gericht sachlich oder örtlich zuständig ist, hat es die Sache gemäߠ§ 281 Abs. 1 ZPO auf Antrag des Antragstellers an das andere Gericht zu verweisen. Nach allgemeiner Ansicht in der Rechtsprechung und der Literatur ist die Verweisung der Sache analog § 281 Abs. 1 ZPO schon im Verfahren auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zulässig (vgl. BGH, NJW-RR 2010, 209f, bei juris Langtext Rn 7; OLG Karlsruhe, FamRZ 2003, 621; OLG Köln, FamRZ 2000, 364; OLG Hamm, FamRZ 1995, 614; Geimer, in: Zöller, a.a.O., 31. Auflage 2016, § 114 ZPO Rn 22a).

Der Verweisungsbeschluss ist gem. § 281 Abs. 2 S. 2 ZPO unanfechtbar und für das andere Gericht bindend (vgl. § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO); durch die Bindungswirkung soll ein negativer Kompetenzstreit weitgehend ausgeschlossen werden (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Kommentar zur ZPO, 72. Auflage 2014, § 281 ZPO Rn 30 m.w.N.). Die Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses tritt selbst dann ein, wenn der Beschluss auf einem Rechtsirrtum beruht oder ansonsten inhaltlich fehlerhaft ist (vgl. BGH, MDR 2015, 908, bei juris Langtext Rn 9 m.w.N.; BGH, NJW 2006, 847f, bei juris Langtext Rn 12 m.w.N.; KG, FamRZ 2014, 787f, bei juris Langtext Rn 5 m.w.N.; Senat, FamRZ 2014, 411, bei juris Langtext Rn 19; OLG Düsseldorf, FGPrax 2010, 213 bei juris Langtext Rn 9; Bahrenfuss, in: ders., a.a.O., § 3 FamFG Rn 9). Sie entfällt – ausnahmsweise – dann, wenn die Verweisung offensichtlich gesetzeswidrig oder wenn sie unter Versagung des rechtlichen Gehörs ergangen ist, d. h. das Gericht den Verfahrensbeteiligten vor der Entscheidung keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (vgl. Senat, Beschluss vom 08.09.2015, AZ: 2 SAF 15/15; Senat, FamRZ 2014, 411, bei juris Langtext Rn 19 m.w.N.; OLG Brandenburg, FamRZ 2010, 2019, 2020; Sternal, in: Keidel, Kommentar zum FamFG, 18. Auflage 2014, § 3 FamFG Rn 46, 54 m.w.N.). Willkürlich ist eine Entscheidung ferner dann, wenn die ihr zugrunde liegenden Erwägungen nicht mehr verständlich erscheinen und offensichtlich unhaltbar sind oder sich das Gericht über eine eindeutige Zuständigkeitsvorschrift hinwegsetzt (vgl. BGH, MDR 2015, 908, bei juris Langtext Rn 9 m.w.N.; BGH, NJW-RR 2011, 1365, bei juris Langtext Rn 9 w.w.N.; BGH, NJW 2003, 3201, 3202; KG, FamRZ 2014, 787f, bei juris Langtext Rn 5 m.w.N.; Senat, FamRZ 2011, 1414; Musielak/Borth, Kommentar zum FamFG, 5. Auflage 2015, § 3 FamFG Rn 12; Sternal, in: Keidel, a.a.O., § 3 FamFG Rn 53).

Willkürliches Verhalten ist aber nicht allein deshalb anzunehmen, weil die Frage der Zuständigkeit – aus Sicht des nach § 36 Abs. 1 ZPO zur Entscheidung berufenen, höheren Gerichtes oder aus Sicht der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung – unzutreffend beantwortet wurde. Die Grenze zwischen der fehlerhaften, gleichwohl aber bindenden Entscheidung, und der willkürlichen Entscheidung ist erst dann überschritten, wenn das verweisende Gericht die maßgebliche Zuständigkeitsregel weder in den Entscheidungsgründen noch in einem vorangegangenen gerichtlichen Hinweisschreiben erörtert und die Zuständigkeit des verweisenden Gerichts mit gewisser Eindeutigkeit zu bejahen ist (vgl. KG, Beschluss vom 25.06.2009, AZ: 2 AR 19/09, bei juris Langext Rn 8 m.w.N.; KG, WM 2008, 1571f, bei juris Langtext Rn 13).

b)

Danach hat das Familiengericht in Menden das Scheidungsverfahren an das Familiengericht in Dortmund mit bindender Wirkung verwiesen.

aa)

Das Amtsgericht – Familiengericht – Menden hat den Beteiligten rechtliches Gehör zur beabsichtigten Verweisung des Verfahrens gewährt. Mit Verfügung vom 25.11.2015 hat es auf Bedenken hinsichtlich seiner örtlichen Zuständigkeit hingewiesen.

bb)

Zwar teilt der Senat die Rechtsansicht des Familiengerichts in Menden nicht, dass für die Zuständigkeitsbestimmung auf die Umstände zum Zeitpunkt der Anhängigkeit des Scheidungsantrags beim Familiengericht abzustellen ist. Der Verweisungsbeschluss des Familiengerichts in Menden ist jedoch nicht willkürlich.

(1)

Entgegen der Ansicht des Familiengerichts in Menden ist für die Bestimmung der (endgültigen) örtlichen Zuständigkeit eines Familiengerichts in der Ehesache der Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags maßgebend.

Nach § 113 Abs. 1 S. 1 FamFG findet die Regelung des § 2 FamFG zur örtlichen Zuständigkeit in Ehesachen keine Anwendung (vgl. Musielak/Voit, a.a.O., § 122 FamFG Rn 1). Maßgebend für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit ist danach die Regelung des § 122 FamFG. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit in Ehesachen ist die Zustellung des Scheidungsantrags (§§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. §§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO) und damit der Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens und nicht der Zeitpunkt der Anhängigkeit des Scheidungsverfahrens (vgl. Senat, FamRZ 2008, 1007f, bei juris Langtext Rn 3; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Kommentar zur ZPO, 72. Auflage 2014, § 122 FamFG Rn 1; vgl. auch: OLG Saarbrücken, FamRZ 2012, 654; Lorenz, in: Zöller, a.a.O., § 122 FamFG Rn 17; Senat, OLGR 2008, 314, 315, bei juris Langtext Rn 10, noch zu § 621 ZPO a.F.). Die Wirkungen der Rechtshängigkeit ergeben sich demnach aus §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 261 Abs. 3 ZPO. Ändern sich die zuständigkeitsbegründenden Tatsachen nach Rechtshängigkeit der Ehesache, bleibt die örtliche Zuständigkeit wegen §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO erhalten (vgl. Lorenz, in: Zöller, a.a.O., § 122 FamFG Rn 17). Ändern sie sich dagegen vor der Rechtshängigkeit, z.B. im Verfahren auf Prüfung der Verfahrenskostenhilfe, folgt die örtliche Zuständigkeit den Veränderungen der sie begründenden Umstände (vgl. OLG Saarbrücken, FamRZ 2012, 654; Senat, FamRZ 2008, 1007f, bei juris Langtext Rn 3; Lorenz, in: Zöller, a.a.O., § 122 FamFG Rn 17).

Danach ist nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand für den Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags von der ausschließlichen örtlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts – Familiengericht – Menden auszugehen. Zwar war das Familiengericht in Dortmund bei Eingang des Scheidungsantrags nach § 122 Nr. 3 FamFG örtlich zunächst zuständig. Die Beteiligten haben ihren letzten gemeinsamen Wohnsitz in Dortmund gehabt. Wahrscheinlich lebt der Antragsgegner weiterhin in Dortmund. Mit dem Umzug der Antragstellerin nach Menden vor der Zustellung des Scheidungsantrags liegen nunmehr jedoch die Voraussetzungen des § 122 Nr. 1 FamFG vor. Denn die Antragstellerin hat seit dem 01.11.2015 mit den gemeinsamen Kindern der Beteiligten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Menden. Wegen des hierarchischen Aufbaus des § 122 FamFG schließt die jetzige Zuständigkeit nach § 122 Nr. 1 FamFG die im Gesetz nachfolgend genannten Gerichtsstände der Nrn. 2 bis 6 aus. Danach findet die Regelung des § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO entgegen der Ansicht des Familiengerichts in Menden nicht schon ab Anhängigkeit des Scheidungsantrags beim Familiengericht in Dortmund Anwendung. Vielmehr ist der vor der Zustellung des Scheidungsantrags erfolgte Umzug der Antragstellerin für die Frage der örtlichen Zuständigkeit beachtlich.

(2)

Der Verweisungsbeschluss des Familiengerichts in Menden ist nicht willkürlich. Weder sind die von dem Familiengericht in Menden angestellten Zuständigkeitserwägungen unverständlich bzw. unhaltbar noch hat sich das genannte Familiengericht über eine eindeutige Zuständigkeitsvorschrift hinweggesetzt:

Aus den dargelegten Gründen ergibt sich ein willkürliches Verhalten des Familiengerichts in Menden nicht allein daraus, dass die rechtlichen Ausführungen zur örtlichen Zuständigkeit im Ergebnis nicht durchgreifen.

Das genannte Familiengericht hat ferner die maßgeblichen Bestimmungen zur örtlichen Zuständigkeit nicht übersehen bzw. ohne nähere Begründung übergangen. Es hat vielmehr zutreffend darauf hingewiesen, dass sich aus den Regelungen in den §§ 2, 152f FamFG, die bereits an die Anhängigkeit eines Verfahrens bzw. der Ehesache Rechtsfolgen anknüpfen, Wertungswidersprüche und Zuständigkeitsprobleme ergeben können. Auch der Hinweis, dass sich durch die Konzentration von Kindschaftssachen bei dem Gericht der Ehesache bereits ab Anhängigkeit eines Scheidungsantrags erhebliche Verzögerungen – wie im vorliegenden Fall – ergeben können, ist in der Sache zutreffend. Aus den bereits genannten Gründen lassen sich die aufgeworfenen Probleme angesichts der bestehenden gesetzlichen Regelungen jedoch nicht in der Weise lösen, dass die Wirkungen des § 261 Abs. 3 ZPO bereits ab dem Zeitpunkt der Anhängigkeit einer Ehesache eintreten.

Es kommt hinzu, dass die örtliche Zuständigkeit eines der beiden Familiengerichte bis zum Umzug der Antragstellerin nicht eindeutig feststellbar war. Ob die Kinder der Beteiligten ihren gewöhnlichen Aufenthalt bereits ab August 2015 tatsächlich in Menden hatten oder dieser weiterhin von dem Wohnsitz der Antragstellerin abzuleiten war, lässt sich dem Sachverhalt nicht eindeutig entnehmen. Gleiches gilt für den Zeitpunkt des Umzugs der Kinder nach Menden. Ein exaktes Umzugsdatum – vor oder nach Eingang des Scheidungsantrags – ist nicht mitgeteilt. Schließlich ist auch unklar, ob der Antragsgegner durchgehend in Dortmund gewohnt hat und dort noch wohnt. Einen Aufenthalt des Antragsgegners unter der Wohnanschrift der Antragstellerin in Dortmund hat diese vehement abgestritten. An der von der Antragstellerin in Dortmund angegebenen Anschrift will der Antragsgegner nicht gewohnt haben. Aus dieser Wohnung ist die Antragstellerin mittlerweile auch ausgezogen.

Nach alledem kann der Senat eine willkürliche Verneinung der eigenen örtlichen Zuständigkeit durch das Familiengericht in Menden nicht feststellen. Der dort am 02.12.2015 erlassene Beschluss entfaltet danach bindende Wirkung.

cc)

Folge der im Verfahrenskostenhilfeverfahren erfolgten Verweisung ist nach allgemeiner Ansicht in der Rechtsprechung und der Literatur, welcher der Senat folgt, dass das Gericht, an welches verwiesen wird, für das Verfahren auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe an den Verweisungsbeschluss gebunden ist. Dem Familiengericht ist es danach verwehrt, die Frage der örtlichen Zuständigkeit im Verfahren auf Prüfung der Verfahrenskostenhilfe anders zu beurteilen (vgl. zum Vorstehenden: BGH, NJW-RR 2010, 209f, bei juris Langtext Rn 15; BGH, NJW-RR 1994, 706, bei juris Langtext Rn 5; BGH, NJW-RR 1992, 59f, bei juris Langtext Rn 12ff m.w.N.; OLG Celle, FamRZ 2012, 46; KG, FamRZ 2008, 707, bei juris Langtext Rn 7; OLG Karlsruhe, MDR 2007, 1390f, bei juris Langtext Rn 10; Geimer, in: Zöller, a.a.O., § 114 ZPO Rn 22a m. w. N.).

Hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit für die weiteren anhängigen Verfahren der Beteiligten ist der Senat zu einer Entscheidung nicht berufen. Insofern könnte jedoch der Zuständigkeitskonzentration am Gerichtsort der Ehesache besondere Bedeutung zukommen (vgl. Senat, FamRZ 2012, 645f, bei juris Langtext Rn 15; Senat, FamRZ 2011, 58f, bei juris Langtext Rn 7; auch: OLG Karsruhe, OLGR 2007, 40, 41).

Meta

2 SAF 27/15

14.01.2016

Oberlandesgericht Hamm 2. Senat für Familiensachen

Beschluss

Sachgebiet: SAF

Zitier­vorschlag: Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 14.01.2016, Az. 2 SAF 27/15 (REWIS RS 2016, 17671)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 17671

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