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Strafverfahren wegen besonders schweren Raubes: Anforderungen an die Urteilsfeststellungen bei Verwertung einer DNA-Mischspur zur Feststellung der Täterschaft
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 19. Oktober 2020, soweit es den Angeklagten A. betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
- Von Rechts wegen -
Das [X.] hat den Angeklagten von dem Vorwurf des besonders schweren Raubes aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Dagegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision. Das vom [X.] vertretene Rechtsmittel hat Erfolg.
I.
Mit der zugelassenen Anklage legt die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten zur Last, sich gemeinsam mit einem ebenfalls freigesprochenen Mitangeklagten Zutritt zu der Wohnung der Zeugin [X.] verschafft, die Geschädigte mit einem Messer bedroht und ihr Mobiltelefon entwendet zu haben.
1. Nach den Feststellungen des [X.]s verschafften sich zwei Männer gewaltsam Zutritt zur Wohnung der Zeugin [X.] Die Täter forderten sie auf, ihnen Geld zu geben, und drohten an, ihr Schmerzen zuzufügen, wenn sie nicht „die Schnauze“ halte. Da sie immer wieder beteuerte, kein Geld zu haben, begann einer der Täter, die Wohnung zu durchsuchen, während der andere sie mit einem Messer bedrohte. Schließlich verließen beide Männer die Wohnung fluchtartig, wobei sie das Mobiltelefon der Geschädigten mitnahmen und das Messer im Bereich der Wohnungstür verloren.
An der Schneide des Messers wurde eine DNA-Spur sichergestellt, die dem Angeklagten zugeordnet werden konnte. Sowohl am Griff des Messers als auch an dem Griff einer Schublade, die in einer Regalwand im Wohnzimmer der Geschädigten eingebaut war, wurde eine DNA-[X.] gesichert, die Merkmale des Angeklagten enthielt.
2. Das [X.] hat sich nicht davon zu überzeugen vermocht, dass der Angeklagte an der Tat beteiligt war. Dem liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:
Die Geschädigte habe weder den Angeklagten noch den Mitangeklagten als Täter wiedererkannt, und die Täterschaft des Angeklagten werde auch durch die DNA-Spuren nicht belegt. Nach den Ausführungen des Sachverständigen sei zwar bewiesen, dass die DNA-Spur an der Schneide des Tatmessers von dem Angeklagten stamme. Es sei aber möglich, das „ein anderes männliches Mitglied der Familie“ des Angeklagten das Messer mit dessen DNA-Spur im elterlichen Haushalt „an sich genommen und selbst verwendet oder weitergegeben“ habe. Etwas Anderes ergebe sich auch nicht aus der [X.] am Griff der in der Regalwand eingebauten Schublade. Der Sachverständige habe zwar ausgeführt, dass auch darin „Spuren“ des Angeklagten vorhanden gewesen seien. Daraus könne aber nicht auf dessen Täterschaft geschlossen werden. Denn selbst wenn in einer [X.] zahlreiche Merkmale des Angeklagten die Merkmale anderer Personen überwögen, erlaube dies keine sichere Folgerung, es habe sich DNA des Angeklagten an den fraglichen Gegenständen befunden bzw. der Angeklagte sei Hauptverursacher.
II.
Die Revision der Staatsanwaltschaft ist begründet.
1. Die dem Freispruch des Angeklagten zugrundeliegende Beweiswürdigung ist lückenhaft und hält deshalb auch eingedenk des insoweit beschränkten [X.] (vgl. etwa [X.], Urteil vom 16. November 2006 – 3 [X.], [X.], 384, 387; Beschluss vom 14. März 2012 – 5 StR 8/12, [X.], 21, 22) rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Beschwerdeführerin beanstandet zu Recht, dass das [X.] die Ergebnisse des molekulargenetischen Gutachtens zu der an einem Schubladengriff gesicherten DNA-[X.] unzureichend mitgeteilt hat.
Wenn sich das Tatgericht bei seiner Überzeugungsbildung auf das Gutachten eines Sachverständigen stützt, hat es im Urteil dessen wesentliche Anknüpfungstatsachen und Ausführungen so darzulegen, dass das Rechtsmittelgericht prüfen kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und die Schlussfolgerungen nach den Gesetzen der Logik, den [X.] des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich sind. Die Ergebnisse einer molekulargenetischen Vergleichsuntersuchung sind dabei so darzustellen, dass sie nachvollziehbar sind. Bei DNA-[X.]en muss grundsätzlich mitgeteilt werden, wie viele [X.] untersucht wurden, ob und inwieweit sich Übereinstimmungen mit den DNA-Merkmalen des Angeklagten ergaben und mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalskombination bei einer weiteren Person zu erwarten ist (vgl. [X.], Beschluss vom 27. Juni 2017 – 2 StR 572/16). Bei [X.]en, in denen eine Hauptkomponente erkennbar ist, deren Peakhöhen bei allen heterozygoten Systemen im Verhältnis von 4:1 zu denjenigen der [X.] stehen, genügt ausnahmsweise die Mitteilung des Ergebnisses der biostatistischen Wahrscheinlichkeitsberechnung in numerischer Form (vgl. [X.], Beschlüsse vom 29. Juli 2020 – 6 [X.] und 6 StR 211/20).
Diesen Anforderungen werden die Ausführungen des [X.]s nicht gerecht. Sie erschöpfen sich darin, dass in der DNA-[X.] am Griff der Schublade zwar auch „Spuren“ des Angeklagten „vorhanden“ gewesen seien, daraus aber nicht auf dessen Täterschaft geschlossen werden könne. Es ist nicht einmal ersichtlich, ob der Angeklagte oder eine andere Person als „Hauptverursacher“ in Betracht kommt. Auf dieser Grundlage ist eine revisionsrechtliche Überprüfung nicht möglich.
2. Die Sache bedarf schon deshalb neuer Verhandlung und Entscheidung. Es kommt daher nicht darauf an, dass die Urteilsgründe – wie der [X.] in seiner Zuschrift zutreffend ausgeführt hat – überdies nicht erkennen lassen, dass das [X.] die festgestellten beweisrelevanten Umstände der rechtlich gebotenen Gesamtwürdigung unterzogen hat.
Sander |
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Feilcke |
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Tiemann |
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Fritsche |
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von [X.] |
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Meta
02.06.2021
Bundesgerichtshof 6. Strafsenat
Urteil
Sachgebiet: StR
vorgehend LG Saarbrücken, 19. Oktober 2020, Az: 5 KLs 13/20
§ 260 StPO, § 261 StPO, § 267 StPO, § 249 Abs 1 StGB, § 250 Abs 2 Nr 1 StGB
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.06.2021, Az. 6 StR 60/21 (REWIS RS 2021, 5346)
Papierfundstellen: REWIS RS 2021, 5346
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
6 StR 109/22 (Bundesgerichtshof)
Freispruch: Relativierung von gesicherten DNA-Spuren an der Tatwaffe
1 StR 499/18 (Bundesgerichtshof)
Strafurteil des Tatgerichts: Anforderungen an die Darstellung der Ergebnisse von DNA-Vergleichsuntersuchungen bei Vorliegen von Mischspuren
2 StR 572/16 (Bundesgerichtshof)
Beweiswürdigung im Strafverfahren: Anforderungen an die Würdigung des Ergebnisses einer molekulargenetischen Vergleichsuntersuchung
2 StR 572/16 (Bundesgerichtshof)
1 StR 79/19 (Bundesgerichtshof)
Auswertung molekulargenetischer Vergleichsgutachten bei Vorliegen von Mischspuren