Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.06.2017, Az. 4 StR 575/16

4. Strafsenat | REWIS RS 2017, 9380

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:200617B4STR575.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 575/16

vom
20. Juni
2017
in der Strafsache
gegen

wegen schweren Raubes

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 20.
Juni 2017
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 28.
Juli 2016 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im [X.] entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.
3.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine hiergegen eingelegte Revision hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist
sie unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
1.
Die Überprüfung des Schuldspruchs aufgrund der [X.] hat keinen den Angeklagten [X.] Rechtsfehler ergeben. Der Erörterung bedarf lediglich das Folgende:
1
2
-
3
-
Soweit der Angeklagte geltend macht, das [X.] habe sich bei der Ablehnung seines Antrags auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu Unrecht auf eigene Sachkunde berufen und dadurch gegen §
244 Abs.
4 Satz
1 StPO verstoßen, vermag er keinen Rechtsfehler aufzuzeigen. Der Antrag wurde zum Beweis der Tatsache gestellt, dass in der tatrelevanten Zeit vom Mobiltele-fon des Angeklagten aktiv telefoniert und aktiv Internetverkehr betrieben worden sei. Das [X.] hat sich die Überzeugung davon, dass im Tatzeitraum vom Mobiltelefon des Angeklagten weder eine [X.] versandt, noch ein herausgehender Anrufversuch unternommen wurde, anhand des in die Hauptverhandlung eingeführten schriftlichen Berichts über die Auswertung des Mobiltelefons des Angeklagten (sog. [X.]) verschafft. Dass die darin enthaltenen Einträge ohne besondere Sachkunde verstanden werden konnten, stellt auch die Revision nicht in Frage. Bei dieser Sachlage wäre die Vernehmung eines Sachverständigen unter dem Gesichtspunkt der Aufklä-rungspflicht (vgl. [X.] in: [X.], StPO,
26.
Aufl., §
244 Rn.
322 und 68
ff.) nur dann veranlasst gewesen, wenn sie bei verständiger Würdigung möglicherweise zur Aufdeckung weiteren bisher unbekannten Tatsachenstoffs geführt hätte, durch den der Schuldvorwurf widerlegt, in Frage gestellt oder als begründet hätte erwiesen werden können (vgl. [X.], Urteil vom 8.
Dezember 1993

3
StR
446/93, [X.]R StPO §
244 Abs.
2 Umfang
1 [insoweit in [X.]St 40, 3 nicht abgedruckt]). Hieran fehlt es. Dafür, dass bei der Erstellung des -erfasst worden sein könnten, gibt es keinen Anhaltspunkt. Das Vorbringen der tion-pauschal in Frage zu stellen.
3
-
4
-
2.
Der Strafausspruch hält revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand, soweit
das [X.] dem zum Tatzeitpunkt im Polizeidienst tätigen Ange-klagten angelastet hat, dem Ruf der Polizei geschadet zu haben.
a) Diese Erwägung ist schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil der
Eintritt
eines derartigen Rufschadens nicht ausreichend belegt
ist.
Strafzumessungserhebliche Tatsachen sind in der gleichen Weise be-stimmt festzustellen
und zu belegen
wie die Tatsachen, die für die Schuldfrage von Bedeutung sind (st. Rspr.;
vgl. [X.], Beschluss vom 2.
Juli 2009

3
StR 251/09, [X.], 306; Beschluss vom 29.
April 1987

2
StR
500/86, [X.], 405; [X.]/[X.]/[X.],
Praxis der Strafzumessung, 5.
Aufl., Rn.
1274). Dem werden die schriftlichen Urteilsgründe nicht gerecht. Soweit die [X.] darauf abhebt
o-lizeibeamte gesetzestreu verhalten, wird
eine tatsächlich eingetretene Rufschä-digung nicht aufgezeigt. Angesichts der Tatsache, dass sich der Angeklagte noch in der Probezeit befand, die verfahrensgegenständliche Tat außerhalb des Dienstes aus privaten Gründen beging und zum 30.
September 2015 aus dem Polizeidienst entlassen wurde, hätte es dazu näherer Darlegungen bedurft.
b)
Die straferschwerende Heranziehung einer (möglichen) [X.] der Polizei begegnet aber auch mit Blick
auf
§
46 Abs.
2 StGB durchgrei-fenden rechtlichen Bedenken.
aa)
Mit dieser Erwägung knüpft die [X.] ersichtlich an die in §
46 Abs.
2 Satz
2 StGB aufgeführten verschuldeten Auswirkungen der Tat an. Zwar können als strafzumessungserheblich grundsätzlich auch solche für den Täter voraussehbare Tatfolgen Berücksichtigung finden, die in keinem unmittelbaren 4
5
6
7
8
-
5
-
Zusammenhang mit dem strafbaren Verhalten stehen und außerhalb des
eigentlichen Tatbereichs liegen (vgl. [X.], Beschluss vom 4.
Juli 2002

3
StR 190/02, [X.], 645; Beschluss vom 16.
März 1993

4
StR
602/92,
NStZ 1993, 337,
mwN; siehe dazu auch [X.], Beschluss vom 29.
August 2006

1
StR
285/06, [X.], 372). Da aber die Schwere der Tat und der Grad der persönlichen Schuld des [X.] die Grundlage der Strafzumessung bilden (vgl. [X.], Urteil vom 30.
September 1952

2
StR
675/51, [X.]St 3, 179; Urteil vom 4.
August 1965

2
StR
282/65, [X.]St 20, 264, 266), muss in diesen Fällen als weitere Voraussetzung hinzutreten, dass diese Auswirkungen geeignet sind, das [X.] zu prägen und
die Bewertung der Schuldschwere zu beeinflussen
(vgl. [X.], Beschluss vom 16.
März 1993

4
StR
602/92,
NStZ 1993, 337 mwN). Der [X.] kann offen lassen, ob es sich zudem auch um [X.] handeln
muss, die in den Schutzbereich der strafrechtlichen Norm fallen, deren Verletzung dem Täter vorgeworfen wird (vgl. [X.], Beschluss vom 16.
März 1993

4
StR
602/92,
NStZ 1993, 337
mwN; [X.], StGB,
64.
Aufl.,
§
46 Rn.
34; [X.] in: [X.], 3.
Aufl.,
§
46 Rn.
105; [X.]/[X.] in: [X.]/[X.], StGB,
29.
Aufl., §
46 Rn.
26a; hinsichtlich des [X.] anders
[nicht tragend] [X.], Beschluss vom 4.
Juli 2002

3
StR
190/02, [X.], 645
[Voraussehbarkeit reicht aus]
m. abl. [X.].
[X.], [X.], 443; kritisch dazu auch [X.] in: [X.] Kommentar zum StGB, 12.
Aufl., §
46 Rn.
156).
Eine
derartige
Prägung der Tat durch die Zugehörigkeit des Angeklagten zur Polizei
ist hier nicht dargetan.
Die dem Angeklagten zugeschriebenen nega-tiven Folgen
für den Ruf der Polizei berühren weder das Gewicht seiner Tat
in ihrer Bedeutung für die verletzte Rechtsordnung,
noch lassen sie Rückschlüsse auf den Grad
seiner persönlichen Schuld zu.
9
-
6
-
bb)
Schließlich lässt diese Wendung
auch besorgen, die [X.] habe den Umstand, dass der Angeklagte zur Tatzeit Polizeibeamter war, [X.] berücksichtigt. Dies wäre ebenfalls rechtsfehlerhaft. Unter dem Gesichtspunkt des
Maßes der Pflichtwidrigkeit (§
46
Abs.
2 StGB) kann die [X.] Stellung eines Angeklagten nur dann strafschärfend herangezogen werden, wenn sich aus ihr besondere Pflichten ergeben, deren Verletzung ge-rade im Hinblick auf die abzuurteilende Tat Bedeutung hat
(vgl. [X.], [X.] vom 20.
Juli 1999

1
StR
668/98; [X.], 154, 157; Beschluss vom 29.
April 1987

2
StR
500/86, [X.], 405, 406; siehe auch [X.], [X.] vom 25.
Oktober 2016

2
StR
386/16, [X.], 1491; Beschluss vom 6.
Februar 2002

2
StR
489/01, [X.]R StGB §
46 Abs.
2 Lebensumstän-de
19; Urteil vom 28.
Januar 1998

3
StR
575/96, [X.], 1234, 1237 [in-soweit in [X.]St 44, 4 nicht abgedruckt]). Dies ist hier aber ersichtlich nicht der Fall.
Der [X.] vermag nicht gänzlich auszuschließen, dass das [X.] ohne die
beanstandete
Erwägung auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte.
Sost-Scheible
Cierniak
Franke

Bender
Quentin
10
11

Meta

4 StR 575/16

20.06.2017

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.06.2017, Az. 4 StR 575/16 (REWIS RS 2017, 9380)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 9380

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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