Bundessozialgericht, Urteil vom 18.06.2020, Az. B 3 KR 13/19 R

3. Senat | REWIS RS 2020, 2253

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 25. September 2019 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt eine Hilfsmittelversorgung mit [X.] im Rahmen einer Sauerstoff-Langzeit-Therapie.

2

Die 1957 geborene, bei der beklagten Trägerin der gesetzlichen Krankenversicherung ([X.]) versicherte Klägerin beantragte am 18.5.2016 bei dieser die Gewährung einer Sauerstoff-Langzeit-Therapie mit [X.]. Unter Vorlage eines ärztlichen Attests verwies die Klägerin darauf, dass sie an einer [X.] und einem Lungenemphysem leide und dafür das Hilfsmittel benötige. Hierzu holte die Beklagte - ohne die Klägerin darüber zu informieren - eine Stellungnahme ihres [X.] ein. Dieser erachtete eine Versorgung mit einem kostengünstigeren Sauerstoffkonzentrator sowie einer Homefill-Anlage für mobile Druckgas-Leichtflaschen statt einer [X.]gewährung aufgrund einer dahingehenden späteren Aussage der verordnenden Klinik für ausreichend. Daraufhin bewilligte die Beklagte die Sauerstoff-Langzeit-Therapie lediglich in der Versorgungsform mit einem Sauerstoffkonzentrator und lehnte zugleich die Versorgung mit [X.] mit (bestandskräftig gewordenem) Bescheid vom 8.6.2016 ab.

3

Im Mai 2017 stellte die Klägerin bei der Beklagten bezogen auf diesen Bescheid einen Überprüfungsantrag nach § 44 [X.]: Wegen Überschreitung der [X.] für die Bearbeitung ihres seinerzeitigen Leistungsantrags durch die Beklagte sei es zum Eintritt einer fiktiven Genehmigung ihres Leistungsantrags nach § 13 Abs 3a [X.] gekommen, sodass der Bescheid vom 8.6.2016 rechtswidrig sei. Zudem sei ihr die bewilligte Versorgung mit einem Sauerstoffkonzentrator aufgrund der Schwere und Geräuschentwicklung des Geräts nicht zumutbar.

4

Die Beklagte lehnte den Überprüfungsantrag ab, weil sie über den ursprünglichen Antrag (jedenfalls) innerhalb der gesetzlichen Frist "entschieden" habe (Bescheid vom 9.5.2017; Widerspruchsbescheid vom 27.7.2017).

5

Im anschließenden Klageverfahren hat die Beklagte "vorsorglich" eine etwa wegen Fristüberschreitung eingetretene fiktive Genehmigung mit Wirkung für die Zukunft nach § 45 [X.] zurückgenommen.

6

Das angerufene [X.] hat die Beklagte unter Aufhebung des Überprüfungsbescheids in der Gestalt des Widerspruchsbescheids sowie des vorsorglichen Rücknahmebescheids verurteilt, die Klägerin im Rahmen einer Sauerstoff-Langzeit-Therapie mit [X.] zu versorgen. Die Klägerin habe aufgrund einer fingierten Genehmigung nach § 13 Abs 3a [X.] einen Naturalleistungsanspruch auf die begehrte Versorgung. Die Beklagte habe den seinerzeitigen Leistungsantrag der Klägerin nicht fristgerecht beschieden. Der zum Gegenstand des Klageverfahrens gewordene Rücknahmebescheid sei rechtswidrig, weil die fiktive Genehmigung allein wegen des Ablaufs der gesetzlichen Bearbeitungsfrist eingetreten sei; ob die Voraussetzungen des geltend gemachten Naturalleistungsanspruchs vorlägen, sei ohne Belang (Urteil vom 11.7.2018).

7

Das L[X.] hat die Berufung der Beklagten aus im Wesentlichen gleichen Gründen - auf die Begründung des [X.]-Urteils verweisend - zurückgewiesen. Der Leistungsanspruch der Klägerin ergebe sich aus § 13 Abs 3a [X.], da es um eine Maßnahme der Krankenbehandlung gehe und nicht um eine der medizinischen Rehabilitation. Die Beklagte habe die fingierte Genehmigung auch nicht nach § 45 [X.] zurücknehmen dürfen (Urteil vom 25.9.2019).

8

Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten. Sie rügt - zuletzt nur noch - die Verletzung von § 13 Abs 3a [X.]. Im Übrigen bestehe auf die von der Klägerin begehrte Versorgung mit [X.] kein Anspruch, weil sie nicht notwendig sei.

9

Nach einem Hinweis des erkennenden 3. Senats auf das Urteil des 1. Senats des B[X.] vom 26.5.2020 im Verfahren B 1 KR 9/18 R (B[X.]-Terminvorschau 19/20 vom 20.5.2020 und [X.] vom 26.5.2020, jeweils unter 1) hat die Beklagte ihren auf § 45 [X.] gestützten Bescheid aufgehoben und die Revision insoweit zurückgenommen.

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des [X.] vom 25. September 2019 und des [X.] vom 11. Juli 2018 aufzuheben sowie die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des [X.] und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 [X.] 2 Satz 2 S[X.]).

Die [X.]lägerin hat entgegen der Auffassung der Vorinstanzen keinen Anspruch auf die Versorgung mit dem begehrten Hilfsmittel als Sachleistung aufgrund einer fiktiven Genehmigung nach § 13 [X.] 3a Satz 6 [X.]. Diese Regelung begründet für die Versicherten als Rechtsfolge keinen Sachleistungsanspruch, sondern allein einen (wie außer Streit ist) mangels erfolgter Selbstbeschaffung der beantragten Leistung nicht geltend gemachten Anspruch auf Erstattung bzw Freistellung von dafür entstandenen [X.]osten (dazu unten 3.). Ob die [X.]lägerin einen Anspruch auf das Hilfsmittel nach Maßgabe des Sachleistungsrechts der [X.] hat - hier des § 33 [X.] -, kann der Senat auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des [X.] nicht abschließend entscheiden (dazu 4.).

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die zusprechenden Entscheidungen der Vorinstanzen, der ablehnende ([X.] vom 9.5.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.] und das Sachleistungsbegehren der [X.]lägerin; die Beklagte erstrebt als Revisionsführerin die Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen sowie die Abweisung der [X.]lage. Nicht mehr Gegenstand des Verfahrens ist der Rücknahmebescheid, den die Beklagte im Revisionsverfahren aufgehoben hat.

2. Richtige [X.]lageart für das Begehren der [X.]lägerin (§ 123 S[X.]) ist die kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 [X.] 1 Satz 1, [X.] 4 S[X.]), gerichtet auf Aufhebung der Überprüfungsentscheidung zur bestandskräftigen Ablehnung der beantragten Hilfsmittelversorgung und Verpflichtung zu deren Aufhebung sowie auf Verurteilung der Beklagten zur Hilfsmittelversorgung.

3. Die [X.]lägerin hat keinen Anspruch auf die Versorgung mit dem begehrten Hilfsmittel als Sachleistung aufgrund einer Genehmigungsfiktion, weil eine nach § 13 [X.] 3a Satz 6 [X.] gesetzlich fingierte Genehmigung keinen eigenständig durchsetzbaren Sachleistungsanspruch begründet. Die Regelung vermittelt Versicherten allein eine Rechtsposition, die zur Selbstbeschaffung berechtigt, und kann nur zu einem Anspruch auf [X.]ostenerstattung bzw [X.]ostenfreistellung führen (vgl ebenso aus der Literatur zB [X.] in jurisP[X.]-[X.], 4. Aufl 2020, § 13 Rd[X.] 141 ff, Stand 17.6.2020; [X.], [X.] 2017, 749, 753; aA zB [X.] in [X.] [X.]omm, § 13 [X.] Rd[X.] 134, 145, Stand Einzelkommentierung August 2019; [X.], [X.] 2017, 567, 568 f).

Der erkennende 3. Senat schließt sich insoweit nach eigener Prüfung der geänderten Rechtsprechung des 1. Senats des BSG an (Urteil verkündet am [X.] [X.]R 9/18 R - zur Veröffentlichung in [X.] und [X.] vorgesehen, zitiert nach [X.] 19/20 vom 26.5.2020, unter 1). Soweit dem Urteil des 3. Senats vom [X.] [X.]R 18/17 R - ([X.] 125, 189 = [X.]-2500 § 13 [X.], Rd[X.] 15) - im [X.] an die frühere Rechtsprechung des 1. Senats (Urteil vom 11.7.2017 - B 1 [X.]R 26/16 R - [X.] 123, 293 = [X.]-2500 § 13 [X.], Rd[X.] 12 f) - entnommen werden kann, dass der Senat bei Hilfsmitteln zur Sicherung des Erfolgs der [X.]rankenbehandlung (§ 33 [X.] 1 Satz 1 [X.] 1 [X.]) als Rechtsfolge einer fiktiven Genehmigung ebenfalls einen Sachleistungsanspruch in Betracht gezogen hat, hält der erkennende Senat daran nicht fest. Dafür, dass insoweit kein Sachleistungsanspruch besteht, sprechen entscheidend die systematische Einbindung des [X.] 3a in § 13 [X.] und die Binnenstruktur des § 13 [X.] 3a [X.] sowie die in den Gesetzesmaterialien niedergelegten Erwägungen (dazu im Folgenden a bis c); verfassungsrechtliche Gesichtspunkte stehen dieser Auslegung nicht entgegen (dazu d). Im Übrigen verbleibt es bei der Rechtsprechung des erkennenden Senats, dass Hilfsmittel der [X.] zur Vorbeugung oder zum Ausgleich einer Behinderung als Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu qualifizieren sind, für die von vornherein nicht die [X.] Genehmigungsfiktion nach § 13 [X.] 3a [X.], sondern das [X.] nach § 18 [X.] Anwendung findet (Urteil vom [X.] [X.]R 18/17 R - aaO, Leitsatz und Rd[X.] 14 ff).

a) Gegen einen eigenständig durchsetzbaren Sachleistungsanspruch als Rechtsfolge einer Genehmigungsfiktion spricht zunächst die Gesetzessystematik des § 13 [X.], in die auch [X.] 3a seit 2013 eingebettet ist (§ 13 [X.] 3a [X.] in der Fassung des [X.] vom [X.], [X.] 277).

aa) Nach seiner amtlichen Überschrift enthält § 13 [X.] Regelungen zur "[X.]ostenerstattung". In § 13 [X.] 1 [X.] ist - übereinstimmend mit § 2 [X.] 2 Satz 1 [X.] - der Grundsatz der Sach- und Dienstleistungsgewährung verankert. Abweichend von der Naturalleistungsgewährung darf eine [X.]rankenkasse ([X.]) [X.]osten nur erstatten, soweit es das [X.] oder das [X.] vorsieht. Derartige gesetzlich geregelte Ausnahmen enthalten [X.] 2, 3 und 4 bis 6 des § 13 [X.]:

        

- in [X.] 2 für Versicherte, die statt der Sach- und Dienstleistungsgewährung [X.]ostenerstattung vorab wählen;

        

- in [X.] 3 für Versicherte, die eine unaufschiebbare Leistung benötigen oder deren Leistungsantrag zu Unrecht abgelehnt wurde;

        

- in [X.] 4 bis 6 für Versicherte, die Leistungen in einem anderen Mitgliedstaat der [X.], einem anderen Vertragsstaat des EWR oder der [X.] in Anspruch nehmen.

§ 13 [X.] 3a [X.] sieht eingebettet in diese - schon vor seinem Inkrafttreten geschaffenen und vorgefundenen - [X.] übereinstimmend damit eine weitere Ausnahme bezogen auf die gleiche Rechtsfolge vor, nämlich nun auch erstreckt auf Versicherte, über deren Leistungsantrag die [X.] nicht fristgemäß entscheidet.

bb) Für diese Einordnung spricht auch die Binnensystematik des § 13 [X.] 3a [X.]. Dessen Sätze 1 bis 5 regeln das Fristenregime für die Entscheidung über einen Leistungsantrag. Hieran anschließend bestimmt Satz 6 die gesetzliche Fiktion, dass die beantragte Leistung nach Fristablauf als genehmigt gilt, wenn keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes für die Nichteinhaltung der Frist durch die [X.] erfolgt ist. Als Rechtsfolge dieser gesetzlich fingierten Genehmigung der beantragten Leistung verpflichtet sodann Satz 7 die [X.] zur "Erstattung der … [X.]osten", die durch die Selbstbeschaffung einer erforderlichen Leistung seitens des Leistungsberechtigten nach Ablauf der Frist entstanden sind. Nach Satz 8 berichtet die [X.] dem [X.] der [X.]n jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder "[X.]ostenerstattungen vorgenommen wurden". § 13 [X.] 3a [X.] ordnet sich mit diesem in Wortlaut und Systematik zum Ausdruck kommenden und angelegten Regelungsprogramm mithin auch insoweit stimmig in den Gesamtzusammenhang der [X.] des § 13 [X.] ein.

b) Für einen [X.]ostenerstattungsanspruch und gegen einen Sachleistungsanspruch als Rechtsfolge einer Genehmigungsfiktion sprechen gleichermaßen die Gesetzesmaterialien zur Entstehung des § 13 [X.] 3a [X.] Dort wird nämlich Folgendes ausgeführt (Entwurf der Bundesregierung eines PatRVerbG, BT-Drucks 17/10488 [X.], zu Art 2 [X.] 1):

        

"Die Versicherten sind so zu stellen, als hätte die [X.]rankenkasse die Sachleistung rechtzeitig zur Verfügung gestellt. Insoweit orientiert sich die Regelung an der Erstattungsregelung in § 13 [X.]atz 3."

An dieser Grundkonzeption wurde auch im weiteren Gesetzgebungsverfahren festgehalten (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des [X.] zum Entwurf der Bundesregierung eines PatRVerbG, BT-Drucks 17/11710 S 29 f, zu Art 2 [X.] 1).

c) Hierin fügt sich ein, dass der seit 2018 geltenden Regelung einer Genehmigungsfiktion in § 18 [X.] 1 bis 5 [X.] im Recht der Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen ebenfalls die gesetzliche [X.]onzeption einer [X.]ostenerstattungsregelung zu entnehmen ist (§ 18 [X.] in der Fassung des Bundesteilhabegesetzes - [X.] vom 23.12.2016, [X.] 3234). Dort ist schon in der amtlichen Überschrift des § 18 [X.] ebenfalls zweifelsfrei und unmissverständlich nur von der "Erstattung [X.]r Leistungen" die Rede. In den Gesetzesmaterialien zu dieser Regelung wird dazu explizit auf § 13 [X.] 3a [X.] Bezug genommen, dem insoweit Vorbildcharakter beigemessen wird (vgl Entwurf der Bundesregierung eines [X.], BT-Drucks 18/9522 [X.] f, zu Art 1 § 18).

d) Verfassungsrecht steht dieser Auslegung von § 13 [X.] 3a [X.] nicht entgegen. Insbesondere folgt aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 [X.] 1 [X.] nichts Gegenteiliges.

Art 3 [X.] 1 [X.] gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln, verwehrt dem Gesetzgeber aber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen (ebenso wie Gleichbehandlungen) bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung (bzw Gleichbehandlung) angemessen sind. Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders (oder gleich) behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine (bzw zu bejahende) Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche (bzw gleiche) Behandlung rechtfertigen können. Dabei gilt ein am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierter, stufenloser Prüfungsmaßstab, der nach dem jeweils betroffenen Sach- und Regelungsbereich näher zu bestimmen ist. In diesem Zusammenhang kommt dem weiten sozialpolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung der sozialstaatlichen Ordnung Bedeutung zu, wonach dessen Entscheidungen anzuerkennen sind, solange seine Erwägungen weder offensichtlich fehlsam noch mit der Wertordnung des [X.] unvereinbar sind (vgl zB [X.] 104, 126, 144 f = [X.] 3-8570 § 11 [X.] 5 S 48 f; [X.] 113, 167, 215 = [X.]-2500 § 266 [X.] 8 Rd[X.] 84 ff; [X.] 142, 353, 385 f = [X.]-4200 § 9 [X.] 15 Rd[X.] 69; stRspr).

Nach diesen Grundsätzen steht es dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht entgegen, wenn die in erster Linie zur Beschleunigung der Verwaltungsverfahren eingeführte (vgl Entwurf der Bundesregierung eines PatRVerbG, BT-Drucks 17/10488 [X.], zu Art 2 [X.] 1) gesetzliche Genehmigungsfiktion nicht auch zu einem Sachleistungsanspruch führt. Auf diesen Zweck bezogen macht es rechtlich keinen Unterschied, ob Versicherte mittellos sind oder über hinreichende Mittel verfügen, sich auch solche [X.]rankenbehandlungsleistungen zunächst auf eigene [X.]osten zu verschaffen, für die das materielle Leistungsrecht des [X.] keine hinreichende Grundlage bietet. Insoweit stellen die tatsächlichen Auswirkungen des § 13 [X.] 3a [X.] als ohnehin nur ausnahmsweise vorgesehene, vom [X.] abweichende [X.]ostenerstattungsregelung keine Besonderheit im Vergleich zu [X.] in anderen Rechtsgebieten dar. In der [X.] ist für eine Selbstbeschaffung und [X.]ostenerstattung grundsätzlich eine vorhandene finanzielle Leistungsfähigkeit gefordert und von den Betroffenen das Risiko in [X.]auf zu nehmen, die [X.]osten einer nicht von der [X.] abgedeckten Leistung letztendlich selbst tragen zu müssen (vgl dazu zB [X.], [X.] 2017, 749, 753). Entscheidend ist in verfassungsrechtlicher Hinsicht indes, dass alle Versicherten der [X.] nach den gleichen rechtlichen Grundsätzen ungeschmälerten Zugang zu den [X.] haben und zwar unabhängig von ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit. Vor diesem Hintergrund erfordert Art 3 [X.] 1 [X.] keine allgemeine und umfassende Einräumung von über das allgemeine Leistungsrecht des [X.] hinausgehenden Sachleistungsansprüchen.

Zudem stellt sich die gleiche rechtstatsächliche Situation im [X.] schon seit jeher in vergleichbarer Weise auch bei der Anwendung des § 13 [X.] 3 [X.] (= [X.]ostenerstattung für [X.] unaufschiebbar benötigte Leistungen oder bei nach vorherigem Antrag rechtswidrig von der [X.] abgelehnter Leistung). Die vorliegende umfangreiche Rechtsprechung des 1. und des 3. Senats des BSG zu dieser [X.]ostenerstattungsregelung hat deren gesetzliche Ausgestaltung bislang ebenfalls nicht für verfassungswidrig gehalten und nicht etwa finanziell schlechter gestellten Versicherten einen quasi "übergesetzlichen" Sachleistungsanspruch zuerkannt. Ergänzt hat das BSG den durch § 13 [X.] 3 [X.] eingeräumten [X.]ostenerstattungsanspruch allerdings um einen Anspruch auf Freistellung von bereits rechtsgültig vom Versicherten eingegangenen Zahlungsverpflichtungen; dieser Anspruch erfordert nicht zwingend, dass bereits tatsächlich Zahlungen des Versicherten erbracht (sondern etwa gestundet) wurden und ermöglicht so in gewisser Weise auch bei geringerer finanzieller Leistungsfähigkeit des Versicherten grundsätzlich eine Selbstbeschaffung (vgl zB bereits [X.] vom 10.2.2000 - B 3 [X.]R 26/99 R - [X.] 85, 287, 289 = [X.] 3-2500 § 33 [X.] 37 S 212; [X.] vom 13.7.2004 - B 1 [X.]R 11/04 R - [X.] 93, 94 = [X.]-2500 § 13 [X.] 4, Rd[X.] 17; [X.] vom 18.7.2006 - B 1 [X.]R 24/05 R - [X.] 97, 6 = [X.]-2500 § 13 [X.] 9, Rd[X.] 22, 24; vgl allgemein zu § 13 [X.] 3 [X.] und zur [X.] hierzu aus der [X.]ommentarliteratur nur: [X.] in jurisP[X.]-[X.], aaO, § 13 Rd[X.] 46 ff; [X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.] § 13 Rd[X.] 42 ff, Stand August 2019; [X.] in [X.] [X.]omm, aaO, § 13 [X.] Rd[X.] 53 ff). Auch kommt in Betracht, dass betroffene Versicherte zur zeitnahen Erlangung einer begehrten Sachleistung ihren [X.]ostenerstattungsanspruch gegen die [X.] sicherungshalber an den Leistungserbringer abtreten, wie dies bislang in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 13 [X.] 3 [X.] anerkannt ist (vgl insoweit zu den Möglichkeiten und Grenzen zB [X.] vom [X.] [X.]R 21/99 R - [X.] 86, 66, 75 f = [X.] 3-2500 § 13 [X.] 21 S 96 f; [X.] vom 18.7.2006 - B 1 [X.]R 24/05 R - [X.] 97, 6 = [X.]-2500 § 13 [X.] 9, Rd[X.] 13 ff, 18, 24). Hier - wie auch im Rahmen des § 13 [X.] 3a [X.] - sind die Versicherten der [X.] im Übrigen zur Durchsetzung ihrer materiell-rechtlich nach dem [X.] bestehenden Sachleistungsansprüche zumutbar auf die Inanspruchnahme von Rechtsschutz, auch von einstweiligem sozialgerichtlichen Rechtsschutz, gegen ablehnende oder bei nicht fristgemäßen (ablehnenden) Entscheidungen ihrer [X.] verwiesen.

e) Es kann vor dem geschilderten rechtlichen Hintergrund im Falle der [X.]lägerin offenbleiben, ob hier eine Genehmigungsfiktion eingetreten war und bedarf keiner Entscheidung, unter welchen weiteren Voraussetzungen eine Genehmigungsfiktion zur Selbstbeschaffung berechtigt sowie zum Anspruch auf [X.]ostenerstattung bzw auf [X.]ostenfreistellung führt. [X.]ostenerstattung oder [X.]ostenfreistellung begehrt die [X.]lägerin ausdrücklich nicht. Nach den für den Senat im Revisionsverfahren maßgebenden Feststellungen des [X.] (vgl § 163 S[X.]) ist eine Selbstbeschaffung des beantragten Hilfsmittels bislang nämlich nicht erfolgt.

4. [X.] der [X.]lägerin gegen die Beklagte auf das Hilfsmittel kann jedoch nach Maßgabe des § 33 [X.] bestehen.

Rechtsgrundlage für die begehrte Hilfsmittelversorgung als Naturalleistung ist § 33 [X.] 1 Satz 1 [X.] (in der Fassung des [X.]-Wettbewerbsstärkungsgesetzes - [X.]-WSG vom [X.], [X.] 378). Danach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, [X.]örperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der [X.]rankenbehandlung zu sichern ([X.] 1), einer drohenden Behinderung vorzubeugen ([X.] 2) oder eine Behinderung auszugleichen ([X.] 3), soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 [X.] 4 [X.] ausgeschlossen sind.

Der sachliche Anwendungsbereich des § 33 [X.] 1 Satz 1 [X.] ist hier eröffnet, weil es sich nach revisionsrechtlicher Würdigung der Feststellungen des [X.] bei dem beantragten [X.] nach dessen allgemeiner Einordnung um ein Hilfsmittel im Rechtssinne handelt. Ob - entgegen der angefochtenen Entscheidung der Beklagten (zur Berechtigung und Verpflichtung der [X.], über den Antrag auf die Sachleistung auch bei Eintritt einer Genehmigungsfiktion zu entscheiden, vgl [X.] vom [X.] [X.]R 9/18 R - zur Veröffentlichung in [X.] und [X.] vorgesehen) - nach Maßgabe der weiteren Leistungsvoraussetzungen des § 33 [X.] ein Anspruch der [X.]lägerin auf Versorgung mit dem begehrten Hilfsmittel besteht (vgl zu diesen Voraussetzungen erneut [X.] vom [X.] [X.]R 18/17 R - [X.] 125, 189 = [X.]-2500 § 13 [X.], Rd[X.] 23 ff; zuletzt [X.] vom [X.] [X.]R 7/19 R - Rd[X.] 14 ff, zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen), kann der Senat indes nicht abschließend selbst entscheiden. Das [X.] hat - nach seiner von einem Sachleistungsanspruch aufgrund fingierter Genehmigung ausgehenden Rechtsauffassung folgerichtig - hierzu keine Feststellungen getroffen.

Das [X.] wird die fehlenden Feststellungen im wiedereröffneten Berufungsverfahren nachzuholen haben und muss gestützt hierauf über den geltend gemachten Anspruch der [X.]lägerin auf Hilfsmittelversorgung neu entscheiden.

5. Das [X.] wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren auch über die [X.]osten des Revisionsverfahrens mit zu entscheiden haben.

Meta

B 3 KR 13/19 R

18.06.2020

Bundessozialgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend Sozialgericht für das Saarland, 11. Juli 2018, Az: S 1 KR 585/17, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 18.06.2020, Az. B 3 KR 13/19 R (REWIS RS 2020, 2253)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2253

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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