Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.09.2007, Az. KZR 14/06

Kartellsenat | REWIS RS 2007, 1834

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] am: 25. September 2007 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 19. Juni 2007 durch den Präsidenten des [X.] Prof. [X.], [X.] [X.] und [X.] Raum, Prof. [X.] und [X.] für Recht erkannt: Die Revision gegen das [X.]eil des 4. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 26. Januar 2006 wird auf Kosten des [X.]. Von Rechts wegen Tatbestand: Der Kläger beansprucht Schadensersatz wegen Ungleichbehandlung bei der Zuteilung von [X.]. 1 Er betreibt ein Krankentransportunternehmen. Der Beklagte, ein [X.], betreibt die zuständige Rettungsdienstleitstelle [X.]. 2 Der Kläger macht geltend, der Beklagte habe ihm [X.] zugunsten der Aus-lastung seiner eigenen Fahrzeuge [X.] zu wenige Einsätze zugeteilt. 3 - 3 - Das [X.] hat die Klage abgewiesen; die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. 4 Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Klä-ger den zweitinstanzlichen Klageantrag weiter. 5 Entscheidungsgründe: Die zulässige Revision bleibt ohne Erfolg. Zutreffend hat das Berufungs-gericht [X.] wie das [X.] [X.] die Klage für unbegründet erachtet, weil der Beklagte als beliehener Unternehmer hoheitlich gehandelt hat und daher nur ein Amtshaftungsanspruch gegen das [X.] in Betracht [X.]. 6 I. Der [X.] hat die Durchführung des Rettungsdienstes in [X.] bisher, anders als etwa die Wahrnehmung der Aufgaben des Rettungsdienstes in [X.] ([X.], 184; 153, 268; 160, 216) und [X.] ([X.], [X.]. v. 21.3.1991, [X.], NJW 1991, 2954; [X.]. v. 26.3.1997 [X.] III ZR 295/96, NJW 1997, 2109, 2110), als privatrechtliche Tätigkeit angesehen ([X.]Z 118, 304, 306; zustimmend [X.]/[X.], [X.], Bearb. 2002, § 839 Rdn. 600; [X.], [X.], 11. Aufl., § 839 Rdn. 35). In der Literatur (Ehmann, NJW 2004, 2944, 2945 f.; [X.], [X.], 114, 117 f.; [X.], [X.], Bearb. 2003, § 2 [X.] 1 ff.) wird die Auffassung vertreten, dass die sich aus dem [X.] vom 16. Juli 1998 (GBl. [X.]) ergebende neue gesetzliche Grundlage eine andere Qualifizierung der Tätigkeit des Rettungsdienstes in [X.] erfordere (a.A. für die [X.], NJW 2004, 2987 f.). Inwieweit dem zu folgen ist, kann offenbleiben. Die im Streitfall allein 7 - 4 - zu beurteilende Lenkungstätigkeit der Rettungsleitstelle nach § 6 [X.] BW ist jedenfalls mit dem Berufungsgericht als öffentlich-rechtliche Tätigkeit zu [X.]. 1. Die Aufgabe des Rettungsdienstes, die nach § 1 Abs. 1 [X.] BW in der Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen der Notfallrettung und des [X.] zu sozial tragbaren Bedingungen liegt, stellt eine öffentliche Aufgabe dar (ausführlich dazu [X.], Rettungsdienst durch Private, [X.] ff.). Daraus ergibt sich freilich noch nichts für die Rechtsform, in der diese Aufgabe wahrgenommen wird, wie sich schon daran zeigt, dass die privatrechtliche Ausgestaltung des [X.] nach baden-württembergischem Recht außer Frage steht (vgl. auch [X.]Z 153, 268, 273 zum [X.], [X.], 79, 85 f. zum [X.] Recht). 8 Trägerschaft und Durchführung des Rettungsdienstes liegen nach § 2 [X.] BW grundsätzlich in den Händen Privater, nämlich der in § 2 Abs. 1 ge-nannten [X.] als Leistungsträger, von denen die [X.] wahrgenommen wird, und privater Krankentransportunternehmer, denen neben den [X.] der Krankentransport obliegt. Nur soweit die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähi-gen Einrichtungen des Rettungsdienstes nicht nach Absatz 1 sichergestellt ist, ist die Versorgung nach § 2 Abs. 3 Satz 1 [X.] BW Pflichtaufgabe der Land- und Stadtkreise. 9 Das schließt indessen nicht aus, dass die privaten Träger des Rettungs-dienstes [X.] in der Notfallrettung und soweit ihnen die Lenkung des Rettungs-dienstes übertragen ist [X.] gleichwohl öffentlich-rechtlich tätig werden. Anders als bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts streitet bei einer natürlichen und bei einer juristischen Person des privaten Rechts allerdings eine Vermu-tung für privates Handeln auch dann, wenn sie öffentliche Aufgaben erfüllt und 10 - 5 - hierbei vom Staat überwacht wird (BVerwGE 61, 222, 225). Tätigkeiten einer Person des Privatrechts schlagen erst dann in öffentlich-rechtliches Handeln um, wenn diese Person durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes mit öffent-lich-rechtlichen Handlungs- und Entscheidungsbefugnissen ausgestattet ist ([X.], 282, 285). Dazu bedarf es gesetzlicher Vorschriften, die aus-drücklich anordnen oder nach ihrem Zusammenhang ergeben, dass der Leis-tungsträger als Beliehener oder als Verwaltungshelfer tätig wird (vgl. dazu [X.] aaO S. 84 ff.). Eine solche Anordnung trifft das Gesetz, wie das [X.] zutreffend und in Übereinstimmung mit dem [X.] für das [X.] (Beschl. v. 21.4.2004 [X.] 6 S 17/04, juris) angenommen hat, für die Lenkungstätigkeit der Rettungsleitstelle. 2. Dass die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung den Leistungs-trägern durch [X.] möglicherweise als öffentlich-rechtliche Verträge zu qualifizie-rende [X.] Vereinbarungen übertragen wird, die das [X.] mit den [X.] schließt (§ 2 Abs. 1 [X.] BW), ist hierfür aller-dings ebenso wenig zureichend wie die notwendige (öffentlich-rechtliche) [X.] der Tätigkeit von Krankentransportunternehmen, welcher die Leis-tungsträger nach § 15 Abs. 1 Satz 1 [X.] BW für die Wahrnehmung der Notfall-rettung nicht bedürfen. Ebenso wenig hinreichend sind die Instrumente der [X.] über den Rettungsdienst und seiner Steuerung und Lenkung, die das [X.] in Gestalt des [X.] (§ 4) und der Bereichsausschüsse (§ 5) vorsieht. Denn auch insoweit geht es um die [X.] der letztlich den Staat treffenden Verantwortung für die Sicherstellung der bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen [X.]. Eine Beleihung oder Tätigkeit als Verwaltungs-helfer ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass für Leistungen des Ret-tungsdienstes nach § 28 [X.] Benutzungsentgelte erhoben werden, deren Höhe sowohl für die Notfallrettung als auch für den Krankentransport zwischen 11 - 6 - den Kostenträgern und den Leistungsträgern bzw. [X.] und deren Verbindlichkeit für alle Benutzer gesetzlich besonders angeord-net wird (§ 28 Abs. 7 [X.]). Der Begriff des Entgelts wird für [X.] auf privatrechtlicher wie auf öffentlich-rechtlicher Grundlage verwendet ([X.]Z 153, 268, 274; [X.] aaO S. 58). Er bietet daher keinen Anhalt für ein öffentlich-rechtliches Tätigwerden der Leistungsträger (a.[X.], NJW 2004, 2944, 2945 und [X.]/[X.], [X.], 114, 117, die Entgelte für ein "Mittel des öffentlichen Gebührenrechts" halten). 3. Mögen hiernach auch die Notfallrettung wie der Krankentransport in [X.] weiterhin in den Handlungsformen des [X.], so gilt doch anderes für die Lenkungstätigkeit der Rettungsleitstelle. 12 Die Rettungsleitstelle lenkt nach § 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] BW alle Einsätze des Rettungsdienstes in ihrem Rettungsdienstbereich. Diese Lenkungsfunktion ergibt sich aus der Notwendigkeit der Koordination und Steuerung der Tätigkeit der im Rettungsdienst tätigen Leistungsträger und Unternehmen (vgl. [X.]. 12/2871, [X.]). Sie stellt sich daher als Konkretisierung der Steuerung des Rettungsdienstes dar. Diese Steuerung beginnt auf Landesebene mit dem vom [X.] in enger Zusammenarbeit mit dem [X.] für den Rettungsdienst aufgestellten Rettungsdienstplan als Rahmenplan (§ 3 Abs. 1 und 2 [X.]). Sie wird einerseits durch den vom Bereichsausschuss auf der Grundlage des Rettungsdienstplanes erstellten [X.] (§ 3 Abs. 3 [X.] BW) ausgefüllt, welcher dem [X.] über die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde vorzulegen und für die Leistungsträger und die Kosten-träger verbindlich ist. Andererseits wird sie durch die vom [X.] festgelegten allgemeinen Grundsätze und Maßstäbe für eine fachgerechte, [X.] und wirtschaftliche Durchführung des Rettungsdienstes (§ 4 Abs. 2 [X.] BW) ergänzt. 13 - 7 - Die der Leitstelle obliegende Konkretisierung der Steuerung erschöpft sich nicht in einer bloßen Vermittlungsfunktion. Insbesondere in der [X.] hat die Rettungsleitstelle vielmehr die Aufgabe, die zur Abwehr drohender Gefahren für Leib und Leben erforderlichen Anordnungen zu treffen. Diese An-ordnungen müssen mit Verbindlichkeit für das Personal der von der Leitstelle zum Einsatz bestimmten Fahrzeuge ausgestattet sein, da andernfalls [X.], Effizienz und Schnelligkeit des Notfalleinsatzes gefährdet wären. Schon dies spricht für eine hoheitliche Handlungsbefugnis. 14 § 6 Abs. 1 Satz 6 [X.] BW sieht zudem vor, dass in der Regel Leitstellen für den Rettungsdienst und die Feuerwehr im integrierten Betrieb (integrierte Leitstellen) in gemeinsamer Trägerschaft einzurichten sind. Die Feuerwehr ist nach § 1 Abs. 1 [X.] eine gemeinnützige Einrichtung der Gemeinde ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Nach § 4 Abs. 1 [X.] haben die Landkreise ständig besetzte Einrichtungen zur Annahme von Meldungen und zur [X.] (Leitstelle für die Feuerwehren) zu schaffen und zu betreiben, wobei die Landkreise mit Gemeinden, Verwaltungsgemeinschaften oder dem Träger einer Rettungsleitstelle im Sinne von § 6 [X.] BW vereinba-ren können, dass diese die Aufgaben der Feuerwehrleitstelle für den Landkreis erledigen. Der Träger der Feuerwehrleitstelle handelt daher ohne Weiteres in den Rechtsformen des öffentlichen Rechts (vgl. [X.]Z 20, 290, 292). Es liegt jedoch fern, dass das Landesrecht für die Tätigkeit der integrierten Leitstellen unterschiedliche Handlungsformen gewollt hat, je nachdem, ob die Leitstelle als Feuerwehrleitstelle oder als Rettungsdienstleitstelle tätig wird. Insbesondere wenn es bei einem Notfall sowohl des Einsatzes der Feuerwehr als auch des Rettungsdienstes bedarf, liefe dies auf die rechtliche Aufspaltung sachlich kaum voneinander zu trennender Leitungsfunktionen hinaus. 15 - 8 - Nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 [X.] BW ist schließlich die Genehmigung zum Betrieb von Krankentransport mit einer Nebenbestimmung zu versehen, die die Lenkung aller Einsätze des Rettungsdienstes durch die Rettungsleitstelle regelt. Die Missachtung dieser Auflage ist nach § 33 Abs. 1 Nr. 2 [X.] bußgeld-bewehrt. Die Lenkungstätigkeit der Rettungsleitstelle wird hierdurch auch ge-genüber den [X.] mit öffentlich-rechtlicher Verbind-lichkeit ausgestattet. Entsprechende Regelungen enthalten die Vereinbarungen, die das [X.] gemäß § 2 Abs. 1 [X.] BW mit den in dieser Vor-schrift genannten [X.] geschlossen hat. 16 [X.] Da der Beklagte somit hoheitlich gehandelt hat, kommt der vom Kläger gegen den Beklagten geltend gemachte Schadensersatzanspruch nach § 33 Abs. 2 i.V.m. §§ 19, 20 GWB nicht in Betracht. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung vom [X.] vertretenen Auffassung ist es auch nicht möglich, zwischen einer (hoheitlichen) Entscheidung über das Ob eines Einsat-zes der Notfallrettung oder eines Krankentransportfahrzeugs einerseits und ei-ner (außerhalb der hoheitlichen Entscheidungsmacht) liegenden Auswahl unter den in Betracht kommenden [X.] zu [X.] - 9 - scheiden. Denn die Auswahl ist, wie das in § 6 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz [X.] BW ausdrücklich geregelte Gleichbehandlungsgebot verdeutlicht, notwendiger Bestandteil der einheitlichen Entscheidung der Rettungsdienstleitstelle über das Ob und [X.]. Hirsch Bornkamm Raum Meier-Beck Kirchhoff Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 16.02.2004 - 1 O 124/03 - [X.] in [X.], Entscheidung vom [X.]

Meta

KZR 14/06

25.09.2007

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.09.2007, Az. KZR 14/06 (REWIS RS 2007, 1834)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 1834

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