Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.03.2012, Az. 5 AZR 676/11

5. Senat | REWIS RS 2012, 7956

ARBEITSRECHT BUNDESARBEITSGERICHT (BAG) ARBEITSVERTRAG TARIFVERTRÄGE

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Gegenstand

Arbeitszeitkonto - Kürzung von Zeitguthaben


Leitsatz

Der Arbeitgeber darf das auf einem Arbeitszeitkonto ausgewiesene Zeitguthaben des Arbeitnehmers nur mit Minusstunden verrechnen, wenn ihm die der Führung des Arbeitszeitkontos zugrunde liegende Vereinbarung (Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag) die Möglichkeit dazu eröffnet.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 3. März 2011 - 5 [X.] 2328/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die [X.]erechtigung der [X.], in ein Arbeitszeitkonto eingestellte Stunden zu streichen.

2

Die Klägerin ist bei der [X.] in deren [X.]etrieb „Niederlassung [X.]“ als Zustellerin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden aufgrund vertraglicher Vereinbarung die für das Unternehmen der [X.] jeweils geltenden Tarifverträge Anwendung.

3

Zur Arbeitszeit bestimmt der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der [X.] (im Folgenden: [X.] AG) vom 18. Juni 2003 ua.:

        

„§ 22 Arbeitszeit

        

(1)     

Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Ruhepausen 38,5 Stunden im wöchentlichen Durchschnitt. Für teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer gilt die im Arbeitsvertrag vereinbarte Wochenarbeitszeit als durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit. Eine abweichende Einteilung der regelmäßigen Arbeitszeit ist innerhalb von zwölf Monaten auszugleichen.

        

…       

        
        

(3)     

[X.]ei [X.]eginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage hat der [X.]etriebsrat nach den [X.]estimmungen des [X.]etriebsverfassungsgesetzes mitzubestimmen.

        

…“    

        

4

Innerhalb der tariflichen regelmäßigen Arbeitszeit erhalten die Arbeitnehmer nach der Anlage 2a zum [X.] AG ua. eine Erholungszeit, die zu [X.] zusammenzufassen und im Dienstplan auszuweisen ist. [X.]is zum 31. März 2008 betrug nach dem Tarifvertrag Nr. 111 die Erholungszeit pro Arbeitsstunde 3,50 Minuten, von denen mindestens 3,14 Minuten je Stunde Arbeitszeit zu [X.] zusammenzufassen waren. Mit Wirkung ab 1. April 2008 wurde durch den Tarifvertrag Nr. 142a die Erholungszeit auf 2,25 Minuten pro Arbeitsstunde verkürzt, von denen mindestens 2,03 Minuten je Stunde Arbeitszeit zu [X.] zusammenzufassen sind.

5

Zur Überzeitarbeit heißt es in dem mit Wirkung vom 1. September 2003 in [X.] getretenen Entgelttarifvertrag für Arbeitnehmer der [X.] (im Folgenden: [X.] AG):

        

„§ 14 

        

Überzeitarbeit

        

(1)     

Arbeitsstunden, die auf Anordnung, Anforderung oder mit [X.]illigung des Dienstvorgesetzten bzw. des von ihm hierfür [X.]eauftragten über die tägliche dienstplanmäßige Arbeitszeit hinaus geleistet werden, sind Überstunden. Sie dürfen nur angeordnet bzw. geleistet werden, wenn zwingende dienstliche Gründe dies erfordern.

        

…       

        
        

(4)     

Überstunden werden durch Freizeit ausgeglichen. Für jede Überstunde wird ein Überstundenzuschlag gemäß Abs. 5 [X.]. 2 gewährt. Er wird ebenfalls in Freizeit ausgeglichen. Der Freizeitausgleich für Überstunden und Überstundenzuschläge muss innerhalb von zwölf Monaten nach dem Entstehen erfolgen. Ist dies bis zum Ende des zwölften Kalendermonats nach dem Monat, in dem die Überstunden entstanden sind, nicht möglich, werden mit der Entgeltabrechnung für den darauffolgenden Kalendermonat das jeweilige Stundenentgelt der für den Arbeitnehmer maßgebenden [X.] und der Überstundenzuschlag gezahlt.

                 

[X.]eim Freizeitausgleich sind die betrieblichen Erfordernisse und die Interessen des einzelnen Arbeitnehmers gleichgewichtig zu berücksichtigen.

        

…“    

        

6

Im [X.]etrieb „Niederlassung [X.]“ ist ein [X.]etriebsrat gebildet. Die Arbeitszeit in der Zustellung ist in der [X.]etriebsvereinbarung Nr. 11 geregelt, die den Arbeitnehmern die Wahl zwischen zwei Arbeitszeitmodellen lässt. Zu dem von der Klägerin gewählten „Arbeitszeitmodell [X.]“ heißt es in der [X.]etriebsvereinbarung:

        

„§ 12 Arbeitszeitregelungen

        

1.    

Für [X.]eschäftigte, die innerhalb des Modells [X.] arbeiten, gilt die dienstplanmäßige Arbeitszeit als erbracht.

                 
        

§ 13 Überzeitarbeit

        

1.    

Überzeitarbeit entsteht

                  ·       

anlässlich von [X.] entsprechend der [X.]erechnungsregelung lt. [X.] Arb § 14 Absatz 7

                  ·       

bei Arbeitsleistungen in besonderer Schicht

                  ·       

bei [X.] und Dienstplanänderung

                  ·       

bei Übertragungen von [X.] in Höhe des zeitlichen Anteils der zu übernehmenden [X.]

                  ·       

bei Warten vor Ablagekästen und Havarien in Höhe der aus diesem Anlass verbrauchten Arbeitszeit.

        

2.    

Überzeitarbeit aus überprüfungsbedürftiger [X.]emessung wird - auch rückwirkend - anerkannt.“

7

           

Zur Überzeitarbeit bestimmt die [X.]etriebsvereinbarung Nr. 1 vom 12. Juli 1996 ua.:

        

„§ 2 Geltungsbereich

        
        

…       

                 
        

2.    

Überzeitarbeit im Sinne dieser [X.]etriebsvereinbarung beinhaltet die Überstunden bei Arbeitern und Angestellten und die Mehrarbeit bei [X.]eamten. Als Überzeitarbeit gelten alle Arbeitszeiten, die über die individuelle tägliche dienstplanmäßige Arbeitszeit hinausgehen. Hierzu zählt auch die ÜZA infolge der zusätzlichen Übernahme eines Teiles eines anderen Zustellbezirks (Übertragung) sowie die ÜZA infolge von Wartezeit aus Störungen des Regelablaufes (z. [X.]. durch verspäteten Verteilschluss oder nicht zeitgerechte [X.]edienung von Ablagestellen) und ÜZA infolge des unmittelbaren Wechsels in einen anderen Dienstplan (…).

        
        

…       

                 
        

§ 4 Mitbestimmungsrecht des [X.]etriebsrates

        
        

…       

                 
        

4.    

Um dem einzelnen [X.]eschäftigten die notwendige Kontrolle über seine Freizeitansprüche aus ÜZA zu ermöglichen, stellt der Arbeitgeber sicher, daß der [X.]eschäftigte sich jederzeit über die Höhe seiner noch auszugleichenden Freizeitansprüche aus Überzeitarbeit informieren kann.

        
        

…       

                 
        

§ 6 Freizeitausgleich für geleistete Überzeitarbeit

        
        

1.    

Auch unvorhersehbare Überzeitarbeit ist entsprechend den tarifvertraglichen Regelungen in Freizeit auszugleichen. Der Ausgleich soll zeitnah innerhalb von 3 Monaten erfolgen. Dieser Zeitraum soll dazu beitragen, den geleisteten Freizeitausgleich gegenüber der [X.]ezahlung in den Vordergrund zu stellen und auch zusätzliche [X.]eschäftigungsmöglichkeiten schaffen zu können. Dabei gehen die [X.]etriebsparteien von der Erwartung aus, daß der Freizeitausgleich innerhalb der tarifvertraglichen Frist gewährt wird und hinsichtlich der zeitlichen Lage die Wünsche der Arbeitnehmer im Rahmen des Möglichen berücksichtigt werden.

        
        

…“    

                 

8

Die Klägerin arbeitete bis zum 30. Juni 2008 nach Dienstplänen, denen (noch) die Erholungszeit nach dem [X.] zugrunde lag. Die Umsetzung der Kürzung der Erholungszeit nach dem [X.] 142a in die Dienstpläne erfolgte erst mit Wirkung ab dem 1. Juli 2008.

9

Am 6. November 2008 kürzte die [X.]eklagte das Überzeitarbeitskonto (im Folgenden: [X.]-Konto) der Klägerin um die dort eingestellten 7,20 Stunden und gab dazu unter der Rubrik „Zeitumbuchungsart“ als Grund an: „0073 Verfall [X.]“. Der außergerichtlichen Aufforderung der Klägerin, die Kürzung ihres Zeitguthabens rückgängig zu machen, kam die [X.]eklagte nicht nach.

Mit ihrer am 21. September 2009 eingereichten Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die [X.]eklagte sei zur Kürzung des Guthabens auf dem [X.]-Konto nicht berechtigt (gewesen). Sie habe im streitgegenständlichen Zeitraum nach ihr vorgegebenen Dienstplänen gearbeitet und damit die geschuldete Arbeitszeit erbracht. Wenn die [X.]eklagte ihr zu lange bezahlte Pausen gewährte, könne das allenfalls einen (Rück-)Zahlungsanspruch begründen. Zudem verstoße das Vorgehen der [X.] gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, weil sie Kürzungen nur bei den [X.]eschäftigten vorgenommen habe, deren [X.]-Konto ein Guthaben aufwies.

Die Klägerin hat beantragt,

        

die [X.]eklagte zu verurteilen, auf dem Arbeitszeitkonto der Klägerin eine Zeitgutschrift iHv. 7,20 Stunden vorzunehmen.

Die [X.]eklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, zur Kürzung des Guthabens auf dem [X.]-Konto der Klägerin berechtigt (gewesen) zu sein. Nach der (rückwirkenden) Kürzung der Erholungszeit pro Arbeitsstunde durch den Tarifvertrag Nr. 142a habe die Klägerin die tarifvertraglich geschuldete Arbeitszeit nicht vollständig erbracht. Es sei eine Arbeitszeitschuld entstanden, die sie gegen das [X.] habe aufrechnen dürfen. Gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz habe sie schon deshalb nicht verstoßen, weil es an einer verteilenden Entscheidung fehle. Zudem sei es ein sachlicher Grund, [X.]eschäftigte, deren [X.]-Konto kein Guthaben aufwies, nicht ins Minus zu bringen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat die [X.]erufung der [X.] zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die [X.]eklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision der [X.]n ist unbegründet. Das [X.] hat die Berufung der [X.]n gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen.

I. Die Klage ist mit der gebotenen Auslegung des Leistungsantrags zulässig.

1. Das [X.] hat bereits mehrfach entschieden, der Antrag, einem Arbeitszeitkonto Stunden „gutzuschreiben“, sei hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer ein [X.]konto führt, auf dem zu erfassende Arbeitszeiten nicht aufgenommen wurden und noch gutgeschrieben werden können. Gleichermaßen könne der Arbeitnehmer die Korrektur eines oder mehrerer auf seinem Arbeitszeitkonto ausgewiesener Salden beantragen ([X.] 10. November 2010 - 5 [X.] - Rn. 11 mwN, EzA BGB 2002 § 611 Arbeitszeitkonto Nr. 3; 17. November 2011 - 5 [X.] -; [X.] 6. Juli 2011 - 4 [X.] - Rn. 27, [X.], 281). Allerdings ist dafür eine Konkretisierung des Leistungsbegehrens erforderlich, an welcher Stelle des [X.] die Gutschrift erfolgen soll.

2. Dieses für Klagen auf Gutschrift bislang nicht in das Arbeitszeitkonto aufgenommener Stunden entwickelte [X.] kann nicht unbesehen auf einen Antrag übertragen werden, bei dem die begehrte [X.]gutschrift lediglich der Rückgängigmachung der Streichung eines [X.]guthabens dient. Wird in einem solchen Fall dem Antrag auf Gutschrift stattgegeben, weiß der Arbeitgeber, was er zu tun hat, nämlich die von ihm auf einem bestimmten Arbeitszeitkonto vorgenommene Kürzung ungeschehen zu machen.

Auf welchem Arbeitszeitkonto die Gutschrift erfolgen soll, kommt im Wortlaut des Antrags nicht zum Ausdruck, kann aber durch Auslegung ermittelt werden. Es steht zwischen den Parteien außer Streit, dass die [X.] das [X.] der Klägerin gekürzt hat und die begehrte Gutschrift auf eben diesem erfolgen soll.

II. Die Klage ist begründet. Die [X.] war und ist nicht berechtigt, das streitgegenständliche [X.]guthaben zu streichen. Infolge dessen ist sie verpflichtet, diese Stunden dem [X.] der Klägerin wieder zuzuführen, also „gutzuschreiben“.

1. Ein Arbeitszeitkonto hält fest, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitnehmer seine Hauptleistungspflicht nach § 611 Abs. 1 BGB erbracht hat oder aufgrund eines Entgeltfortzahlungstatbestands (zB § 616 Satz 1 BGB, § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 [X.], § 1 [X.], § 37 Abs. 2 BetrVG) nicht erbringen musste. Wegen dieser Dokumentationsfunktion darf der Arbeitgeber nicht ohne Befugnis korrigierend in ein Arbeitszeitkonto eingreifen und dort eingestellte Stunden streichen. Neben der materiellrechtlichen Rechtfertigung muss die der Führung des [X.] zugrunde liegende Vereinbarung (Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag) dem Arbeitgeber überhaupt die Möglichkeit eröffnen, in das Arbeitszeitkonto eingestellte und damit grundsätzlich [X.] gestellte (vgl. dazu [X.] 28. Juli 2010 - 5 [X.] - Rn. 19, [X.]E 135, 197) Arbeitsstunden wieder zu streichen.

2. Daran fehlt es im Streitfall. Die dem [X.] zugrunde liegenden Vereinbarungen erlauben es der [X.]n nicht, dieses Arbeitszeitkonto mit Minusstunden zu belasten, die sich - möglicherweise - aus der Nichtausschöpfung der tarifvertraglichen Wochenarbeitszeit in den Dienstplänen ergeben.

a) Das [X.] ist ein spezielles Arbeitszeitkonto, das nur die aus Überzeitarbeit erworbenen „Gutstunden“, die grundsätzlich in Freizeit auszugleichen sind, erfasst und dokumentiert. Weder § 14 [X.] AG, der die Überzeitarbeit materiellrechtlich regelt, noch die Betriebsvereinbarungen Nr. 1 und Nr. 11 sehen die Möglichkeit vor, in dem [X.] Minusstunden aus der Nichtausschöpfung der tarifvertraglich tatsächlich zu arbeitenden [X.] durch den bzw. im Dienstplan zu verrechnen.

b) Ebenso wenig kann aus § 22 Abs. 1 [X.] AG eine entsprechende Befugnis der [X.]n hergeleitet werden. Abgesehen davon, dass die Tarifnorm nur die tarifliche Arbeitszeit regelt, jedoch keine Vorschriften zur Führung des [X.]s enthält, bestimmt § 22 Abs. 1 Satz 3 [X.] AG, dass eine abweichende Einteilung der regelmäßigen Arbeitszeit nach Satz 1 und Satz 2 innerhalb von zwölf Monaten auszugleichen ist. Die Kürzung bzw. Streichung eines Guthabens auf dem [X.], das gerade durch Arbeit außerhalb der dienstplanmäßigen Arbeitszeit erworben wurde, ist keine abweichende Einteilung der regelmäßigen Arbeitszeit. Eine solche muss, wie sich zumindest aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang ergibt, in die Zukunft gerichtet sein und erfolgt durch die Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage, bei der der Betriebsrat nach § 22 Abs. 3 [X.] [X.]. § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG mitzubestimmen hat.

Zudem hat die (rückwirkende) Kürzung der Erholungszeit durch den [X.] 142a nicht zu einer abweichenden Einteilung der regelmäßigen Arbeitszeit iSd. § 22 Abs. 1 Satz 3 [X.] AG geführt. Die nach dem 1. April 2008 geltenden Dienstpläne haben wie zuvor eine regelmäßige Arbeitszeit von 38,5 Stunden im wöchentlichen Durchschnitt verteilt und dabei lediglich die tatsächlich zu arbeitende [X.] insoweit nicht ausgeschöpft, als die Arbeitszeit einen zu hohen Anteil als Erholungszeit bezahlter Pausen enthielt. Überdies gilt für Zusteller, die wie die Klägerin im Arbeitszeitmodell B arbeiten, die dienstplanmäßige Arbeitszeit nach § 12 Ziff. 1 Betriebsvereinbarung Nr. 11 als erbracht, unabhängig davon, wie lange sie für die von ihnen zu erledigende Zustelltätigkeit tatsächlich brauchen. Die tarifvertraglich zu arbeitende [X.] ist für diese Beschäftigten daher ohne Belang, wobei der [X.] nicht zu entscheiden braucht, ob die Betriebsvereinbarung Nr. 11 insoweit tarifwidrig ist.

3. Kürzt oder streicht der Arbeitgeber zu Unrecht ein Guthaben auf einem Arbeitszeitkonto, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf (Wieder-)Gutschrift der auf dem Arbeitszeitkonto gestrichenen Stunden. Dieser Anspruch ist jeder Vereinbarung über die Führung eines [X.] immanent.

a) Das [X.] hat bislang einen Anspruch des Arbeitnehmers auf korrekte Führung des [X.] bejaht bzw. in Betracht gezogen, wenn das Arbeitszeitkonto nach der zugrunde liegenden Abrede der Vertragsparteien den Vergütungsanspruch verbindlich bestimmt (vgl. [X.] 19. März 2008 - 5 [X.] - Rn. 10 mwN, [X.] § 611 Feiertagsvergütung Nr. 1; 10. November 2010 - 5 [X.] - Rn. 16, EzA BGB 2002 § 611 Arbeitszeitkonto Nr. 3; 17. November 2011 - 5 [X.] -). Doch muss ein Arbeitszeitkonto nicht stets einen Vergütungsanspruch verbindlich bestimmen, es kann auch - wie hier - für die Höhe eines Anspruchs auf Freizeitausgleich oder die Höhe eines Vorschusses maßgebend sein.

b) Unabhängig davon, ob ein Arbeitszeitkonto den Vergütungsanspruch oder sonstige Ansprüche maßgeblich bestimmt, kann der Arbeitnehmer stets verlangen, dass der Arbeitgeber, der aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung, Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag ein Arbeitszeitkonto für den Arbeitnehmer unterhält, dieses den vereinbarten Vorgaben entsprechend führt. Andernfalls vermag das Arbeitszeitkonto seinen Zweck, den zeitlichen Umfang der vom Arbeitnehmer erbrachten Hauptleistungspflicht zu dokumentieren, nicht zu erfüllen. Greift der Arbeitgeber zu Unrecht in den Saldo eines [X.] ein, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Wiederherstellung des Status quo ante und damit auf (Wieder-)Gutschrift der aus dem Saldo seines [X.] gestrichenen Stunden.

III. Die Kosten der Revision hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die [X.] zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Zoller    

        

    Pollert    

        

        

Meta

5 AZR 676/11

21.03.2012

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Neuruppin, 14. September 2010, Az: 2 Ca 1259/09, Urteil

§ 611 Abs 1 BGB, § 253 Abs 2 Nr 2 ZPO, § 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.03.2012, Az. 5 AZR 676/11 (REWIS RS 2012, 7956)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7956

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