Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.01.2001, Az. XII ZB 121/00

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 3694

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[X.] ZB 121/00vom31. Januar 2001in der [X.]:[X.]: neinZPO §§ 3, 511 a, 519 b Abs. 2Hat das Berufungsgericht den [X.] nach §§ 2, 3 ZPO mit nicht mehr [X.] DM festgesetzt und die Berufung deshalb als unzulässig verworfen, so [X.] sofortige Beschwerde nach § 519 b Abs. 2 ZPO auf neue Tatsachen, die für [X.] des [X.]es von Bedeutung sind, nur gestützt werden, wenndem Berufungsgericht ein Ermessensfehler zur Last fällt.[X.], Beschluß vom 31. Januar 2001 - [X.] 121/00 -KG BerlinAG [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 31. Januar 2001 durch [X.] [X.] und [X.] Krohn, [X.],[X.] und Prof. Dr. Wagenitzbeschlossen:Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des13. Zivilsenats des [X.] vom 16. Mai 2000 wird [X.] der Beklagten zurückgewiesen.[X.]: bis 600 DM.Gründe:[X.] [X.]en sind getrennt lebende Eheleute. Der Kläger nimmt die [X.] auf Erteilung von Auskunft über ihre Brutto- und [X.] sowieauf Vorlage der Einnahmenüberschußrechnung unter anderem für die [X.] [X.] Januar bis 31. August 1999 in Anspruch.Das Amtsgericht - Familiengericht - hat der Klage entsprochen. [X.] hat die Beklagte rechtzeitig Berufung eingelegt und zugleich beantragt, [X.] aus dem angefochtenen Urteil einstweilen einzustellen. [X.] Berufungsschrift wird ausgeführt, daß sich der Wert der Beschwer der [X.]n nach dem Auskunftsinteresse des [X.] bestimme; dieses Interesse- 3 -sei mit einem Betrag zwischen 5.000 DM und 10.000 DM anzusetzen und dieBerufung deshalb statthaft.Das [X.] hat mit Beschluß vom 20. April 2000, der Beklagtenzugegangen am 4. Mai 2000, deren Antrag auf Einstellung der [X.] zurückgewiesen, weil die Berufung nach dem bisherigen Vorbringenkeine Erfolgsaussichten biete, vielmehr mangels Erreichens der Berufungs-summe unzulässig sein dürfte. Maßgeblich für den Wert der Beschwer der [X.]n sei die Ersparnis der Kosten, die mit dem Aufwand der [X.] verbunden seien. Es sei weder dargetan noch ersichtlich, daß die [X.], zu der die Beklagte verurteilt sei, Kosten von mehr als 1.500 DM verur-sachen könne.Mit Beschluß vom 16. Mai 2000 hat das [X.] die Berufung alsunzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der sofortigenBeschwerde.I[X.] Rechtsmittel hat keinen Erfolg.1. Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, daß für denWert des [X.], den ein Gericht bei einem Rechtsstreitwegen der Erteilung einer Auskunft gemäß §§ 2 und 3 ZPO nach freiem Er-messen festzusetzen hat, das Interesse des Rechtsmittelklägers maßgebendist. In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesge-richtshofs (vgl. [X.]Z - [X.] - 128, 85, 87 f.) hat es dargelegt, daß sich der Be-schwerdewert bei der Berufung einer zur Auskunft verurteilten Person nach- 4 -deren Interesse richtet, die Auskunft nicht erteilen zu müssen, und daß es fürdie Bewertung dieses Abwehrinteresses in der Regel auf die Kosten ankommt,die mit dem Aufwand der Auskunftserteilung verbunden sind. Die [X.] nicht dargetan, daß die Auskunft, zu deren Erteilung sie verurteilt sei, Ko-sten von mehr als 1.500 DM verursachen könnte.2. Mit der sofortigen Beschwerde macht die Beklagte demgegenübergeltend, ihre Steuererklärung für 1999 sei noch nicht in Angriff genommen. DieErstellung einer Einnahmenüberschußrechnung mit Auskunft über die Brutto-/Nettobezüge für die [X.] vom 1. Januar bis 31. August 1999 erfordere einSteuerberater-Honorar in Höhe von 3.869,76 DM. Es kann dahinstehen, obdieser Vortrag geeignet wäre, die Bemessung des [X.]es durchdas [X.] in Zweifel zu ziehen; denn mit dieser - erstmals im Be-schwerdeverfahren vorgebrachten - Behauptung kann die Beklagte aus verfah-rensrechtlichen Gründen nicht mehr gehört werden.a) Zwar kann eine Beschwerde gemäß § 570 ZPO auf neue [X.] Beweise gestützt werden. Das gilt auch für die sofortige Beschwerde nach§ 519 b ZPO. Deshalb ist das Beschwerdegericht nicht darauf beschränkt, [X.] der Berufung anhand des vom Berufungsgericht festgestelltenSachverhalts zu überprüfen; es muß in die Zulässigkeitsprüfung vielmehr auchsolche Tatsachen einbeziehen, die vom Beschwerdeführer erstmals im Verfah-ren der sofortigen Beschwerde geltend gemacht werden. Etwas anderes gilt- wie der Senat bereits wiederholt erkannt hat (Senatsbeschlüsse vom6. Dezember 1989 - [X.]/89 - [X.]R ZPO § 3 [X.] 1 undZPO § 519 b Abs. 2 Neue Tatsachen 2 sowie vom 10. Juli 1996 - [X.] 15/96 [X.] 1996, 1543, 1544) - aber in Fällen, in denen die mit der sofortigen Be-schwerde geltend gemachte Zulässigkeit einer Berufung vom Wert des Be-- 5 -schwerdegegenstands abhängt und das Berufungsgericht diesen Wert zulässi-gerweise in Anwendung der §§ 2 und 3 ZPO nach freiem Ermessen festgesetzthat. Ist die Beurteilung einer Zulässigkeitsvoraussetzung solchermaßen in [X.] des Berufungsgerichts gestellt, so beschränkt sich die Überprüfungdurch das Beschwerdegericht auf die Frage, ob das Berufungsgericht von demihm eingeräumten Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht hat (a.[X.]/[X.] ZPO 22. Aufl., § 570 ZPO Rdn. 6; [X.]/[X.]., Rdn. 1552; vgl. auch Musielak/[X.] ZPO 2. Aufl., § 570 [X.]. 2); denn der Sinn des dem Berufungsgericht eingeräumten Ermessenswürde verfehlt, wenn das Beschwerdegericht berechtigt und verpflichtet wäre,ein vom Berufungsgericht fehlerfrei ausgeübtes Ermessen durch eine eigeneErmessensentscheidung zu ersetzen. Diese Beschränkung begrenzt auch dieMöglichkeit des [X.], Tatsachen zu berücksichtigen, die [X.] im Verfahren der sofortigen Beschwerde geltend gemacht werden. [X.] eröffnet § 570 ZPO zwar im Grundsatz die Berücksichtigung neuer Tatsa-chen durch das Beschwerdegericht; solche Tatsachen sind jedoch nur beacht-lich, wenn das Berufungsgericht von dem ihm obliegenden Ermessen einenungesetzlichen Gebrauch gemacht hat. Das könnte namentlich dann der [X.], wenn das Berufungsgericht für die Ermessensausübung maßgeblicheTatsachen verfahrensfehlerhaft nicht ermittelt hat. Zeigt der [X.] solchen Verfahrensfehler unter Vortrag neuer Tatsachen auf, dann [X.] in diesem Rahmen - bei der Kontrolle der Ermessenausübung des [X.] - auch die neuen Tatsachen Beachtung finden. Die Verfahrensrechtslageist insoweit - im Ergebnis - nicht anders zu beurteilen als in Fällen, in [X.] Berufungsgericht die Berufung durch Urteil verworfen hat und der [X.] demzufolge nicht über eine sofortige Beschwerde nach § 519 bZPO, sondern über eine Revision nach § 547 ZPO zu entscheiden hätte. [X.] 6 -eine sofortige Beschwerde weitergehenden Rechtsschutz ermöglichen [X.] eine Revision unter vergleichbaren Verhältnissen, kann nicht [X.] ([X.] ZPO 21. Aufl., § 570 Rdn. 5; a.[X.]/[X.]aaO); eine solche Annahme wird auch durch § 570 ZPO nicht nahegelegt.b) Das [X.] hat den Wert der Beschwer der Beklagten gemäߧ§ 2 und 3 ZPO nach freiem Ermessen festgesetzt und mit bis 600 DM bezif-fert. Diese Bewertung des Rechtsmittelinteresses kann vom Senat nur daraufüberprüft werden, ob das Berufungsgericht die gesetzlichen Grenzen des [X.] § 3 ZPO eingeräumten Ermessens überschritten oder sein Ermessenfehlerhaft ausgeübt hat (Senatsbeschlüsse aaO) Das könnte hier nur dann derFall sein, wenn das [X.] bei seiner Ermessensprüfung erheblicheTatsachen unter Verstoß gegen die Aufklärungspflicht nach § 139 ZPO nichtfestgestellt oder das rechtliche Gehör verletzt hätte. Einen solchen Verstoß [X.] sofortige Beschwerde nicht aufgezeigt.Nach § 139 ZPO war das [X.] zwar gehalten, die Beklagteauf die Bedenken gegen die Zulässigkeit ihrer Berufung hinzuweisen. [X.] entfiel nicht deshalb, weil die Beklagte anwaltlich vertreten und die fürdie Zulässigkeit ihrer Berufung hier allein maßgebende Rechtsfrage bereits seitlängerem durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt war. Die [X.] aus § 139 ZPO besteht grundsätzlich auch gegenüber einer anwalt-lich vertretenen [X.]. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Anwalt die Rechtsla-ge falsch beurteilt (vgl. [X.] Urteil vom 27. November 1996 - [X.], 441). Das war hier der Fall; denn der [X.] Beklagten hat sich in der Berufungsschrift zwar ausführlich zur Statthaftig-keit des Rechtsmittels geäußert, seinen Ausführungen aber erkennbar einenfalschen rechtlichen Ansatz zugrunde gelegt. Das [X.] hat der ihm- 7 -danach obliegenden Hinweispflicht jedoch mit seinem Beschluß vom 20. [X.] Genüge getan. In diesem Beschluß, durch den der Antrag der [X.] einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem [X.] zurückgewiesen wird, zeigt das Gericht die maßgebenden Grundlagenfür die Ermittlung des [X.] auf und weist darauf hin, [X.] die [X.] unter Zugrundelegung des bisherigen Vorbrin-gens der Beklagten nicht erreicht sein dürfte. Einer weitergehenden rechtlichenAufklärung der anwaltlich vertretenen Beklagten bedurfte es nicht.Ein richterlicher Hinweis macht allerdings nur dann Sinn, wenn der [X.] zugleich Gelegenheit gegeben wird, auf den Hinweis zu reagieren und denihr mitgeteilten Bedenken durch eine Ergänzung ihres Sachvortrags und [X.] durch Beibringung geeigneter Unterlagen Rechnung zu tragen([X.] Urteil vom 27. November 1996 aaO). Diesen Zweck hat das [X.] indes nicht verfehlt. Der Beschluß vom 20. April 2000 ist der [X.] erst am 4. Mai 2000 zugegangen. Das [X.] hat die Berufungjedoch erst am 16. Mai 2000 verworfen - mithin nach Ablauf eines [X.]raums,welcher der Beklagten und ihrem Prozeßbevollmächtigten hinreichende Mög-lichkeit bot, entweder unverzüglich Tatsachen nachzutragen, aus denen [X.] von der Beurteilung des [X.] abweichende Bestimmung des[X.]s ergeben würde, oder doch den unverzüglichen Nach-trag solcher Tatsachen anzukündigen. Dazu bestand für die Beklagte um somehr Veranlassung, als auch der Kläger mit einem Schriftsatz vom 25. [X.] unter Darlegung der maßgebenden rechtlichen Gesichtspunkte daraufhingewiesen hatte, daß der [X.] die [X.] nichterreiche. Nachdem die Beklagte binnen einer angemessenen [X.]spanne keinedieser Möglichkeiten genutzt hatte, konnte das [X.] ohne Verfah-rensfehler davon ausgehen, daß mit einem weiteren Vortrag zur [X.] 8 -des Rechtsmittels nicht zu rechnen und die Sache entscheidungsreif sei. [X.], daß der Beschluß des [X.] ebenso wie der die [X.] der Berufung in Zweifel ziehende Schriftsatz des [X.] der Beklagtenerst am 4. Mai 2000 und damit - für das [X.] erkennbar - erst nachFertigstellung der Berufungsbegründung (am 3. Mai 2000) zugestellt wordenist, ändert daran nichts. Er zwingt insbesondere nicht zu der Annahme, das[X.] habe die Berufung nicht verwerfen dürfen, ohne zuvor - in [X.] 2 Satz 1 1. Halbs. ZPO - über die Zulässigkeit [X.] mündlich zu verhandeln, die Beklagte auf diese - naheliegende -Möglichkeit hinzuweisen oder doch der Beklagten unter Fristsetzung eine Er-gänzung ihres Sachvortrags aufzugeben. Das [X.] durfte vielmehrerwarten, daß die anwaltlich vertretene Beklagte seinen ausführlichen rechtli-chen Hinweisen nachgehen und - falls möglich - ihren Vortrag unverzüglich undvon sich aus nach Maßgabe dieser Hinweise ergänzen oder doch eine solcheErgänzung in Aussicht stellen würde. Daß die Beklagte bei Erhalt der richterli-chen Hinweise ihre Berufungsbegründung bereits erkennbar fertiggestellt [X.], hindert die Berechtigung dieser Erwartung nicht.[X.]Bundesrichterin [X.] [X.] im Urlaub und verhindertzu unterschreiben. [X.] [X.] Wagenitz

Meta

XII ZB 121/00

31.01.2001

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.01.2001, Az. XII ZB 121/00 (REWIS RS 2001, 3694)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 3694

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