Bundespatentgericht, Beschluss vom 27.10.2010, Az. 28 W (pat) 127/09

28. Senat | REWIS RS 2010, 1981

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "We Are Pioneering Solutions" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2008 055 371.5

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 27. Oktober 2010 unter Mitwirkung der Richterin [X.] als Vorsitzende, der Richterin [X.] sowie des Richters Schell

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Angemeldet ist die Wortmarke

2

[X.]

3

für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klassen 6 und 12

4

„Befestigungselemente aus Metall, soweit in Klasse 6 enthalten; Einbaufertige Teile und mechanische Baugruppen für die Kraftfahrzeugindustrie, soweit in Klasse 12 enthalten“.

5

Die [X.]stelle für Klasse 12 des [X.] hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, bei der angemeldeten Marke handle es sich um eine sprachregelmäßig gebildete Wortfolge, die sich in der werbeüblichen anpreisenden Aussage erschöpfe, dass es bei den fraglichen Waren um die Bereitstellung und Entwicklung technischer Lösungen gehe. Die Wortfolge „[X.]“ stelle eine grammatikalische Form der Aussage „[X.]“ dar, die sich dem Publikum ohne Weiteres in ihrem anpreisenden Sinne erschließe. Von einem ungewöhnlichen und grammatikalisch inkorrekten Satzbau könne keine Rede sein. Die angemeldete Bezeichnung werde vielmehr von den angesprochenen Verkehrskreisen im Sinne von „

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Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Zur Vorbereitung einer Entscheidung hat der Senat die Anmelderin mit einem Zwischenbescheid auf die bestehenden Schutzfähigkeitsbedenken hingewiesen. Daraufhin hat die Anmelderin vorgetragen, bei der Marke handle es sich um eine sprachliche Neuschöpfung, deren produktbezogene Benutzung im Verkehr nicht nachzuweisen sei. Auch die von der [X.]stelle herangezogenen Bedeutungsgehalte könnten der angemeldeten Wortfolge nicht zugrunde gelegt werden, da diese eine sprachregelwidrige Wortzusammensetzung und Verfremdung beinhalte. Deshalb würde die von der [X.]stelle behauptete Übersetzung eine mit aufwendigen Zwischenschritten verbundene Analyse voraussetzen, wie sie vom Verkehr nicht vorgenommen werde. Bei wörtlicher Übersetzung der Bestandteile „We are […] Solutions“ bleibe das weitere Wort „pioneering“ für die angesprochenen Verbraucher völlig unverständlich. Gleiches gelte für die in dem Zwischenbescheid des Senats angeführten Aussagegehalte „Wir leisten Pionierarbeit für Lösungen/Wir bereiten den Weg für Lösungen“ und „Wir sind zukunftsweisende/bahnbrechende/wegweisende Lösungen“, die sich dem Verkehr ebenfalls erst nach einer analysierenden Betrachtungsweise erschließen könnten. Soweit der Senat auf den Sprachgebrauch der Anmelderin in ihrem Internetauftritt hingewiesen habe, sei dieser an die [X.] Verkehrskreise gerichtet, während sich die Marke jedoch ausschließlich an [X.] Verkehrsteilnehmer wende. Zudem werde die Wortfolge auf der Homepage der Anmelderin eindeutig markenmäßig benutzt und veranschauliche somit gerade die vorhandene Unterscheidungskraft. Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] scheide gleichfalls aus, da mit der Marke keine relevanten Produktmerkmale beschrieben würden und es deshalb an dem erforderlichen, unmittelbaren [X.] fehle. Somit bestehe kein schutzwürdiges Bedürfnis der Mitbewerber, die Wortfolge frei verwenden zu können, da dies nur für eindeutig beschreibende Angaben bejaht werden könne. Außerdem werde die Wortfolge vom inländischen Verkehr ohnehin nicht verstanden, so dass der genannte [X.] auch unter diesem Gesichtspunkt nicht erfüllt sei.

7

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, denn der angemeldeten Marke ist bereits jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]).

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Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die Eignung eines Zeichens, die mit ihm beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch von denen anderer Anbieter für den Verkehr unterscheidbar zu machen (vgl. [X.] GRUR 2009, 756, 761, Rdn. 58 – [X.]; [X.], 850, 854 – [X.]). Diese Herkunftsfunktion von [X.] ist nach ständiger Rechtsprechung als ihre Hauptfunktion anzusehen (vgl. [X.] GRUR 2009, 756, 761, Rdn. 58 – [X.]; [X.] GRUR Int 2005, 1012, 1014, Rdn. 27 – BioID; [X.] 2008, 710, Rdn. 12 – [X.]; BGH [X.]R 2006, 395, 397, Rdn. 18 – [X.], [X.]). Vermag eine angemeldete Marke diese Herkunftsfunktion nicht zu erfüllen, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das Zeichen durch seine Eintragung ins Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit zu entziehen (vgl. [X.] GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 26 – SAT.2; [X.] GRUR Int 2004, 631, 634, Rdn. 48 – Dreidimensionale Tablettenform I).

Der angemeldeten, aus einfachen Wörtern der [X.] Sprache gebildeten Marke kann nach den allgemeinen Sprachregeln der für die inländischen Verbraucher naheliegendste Aussagegehalt „Wir bereiten den Weg für Lösungen“ sowie die Bedeutung „Wir sind zukunftsweisende/bahnbrechende Lösungen“ zugeordnet werden.

Angesichts der Verwendung von ausnahmslos einfachen und gängigen Wörtern, sind die für ein entsprechendes Verständnis der Anmeldemarke erforderlichen [X.]kenntnisse des inländischen Publikums als gegeben anzusehen, zumal sich in zahlreichen Wirtschaftsbereichen – zu denen auch der hier einschlägige Sektor zu zählen ist – [X.] längst als zweite Fachsprache etabliert hat (vgl. hierzu auch [X.] in [X.]/[X.], [X.]gesetz, 9. Aufl., § 8, Rdn. 110 f). Durch die verfahrensgegenständlichen Waren werden zudem neben Endabnehmern vor allem Fachkreise aus dem Bereich der Kfz-Industrie und Wirtschaft angesprochen, insbesondere durch die beanspruchten „einbaufertige Teile und mechanische Baugruppen für die Kraftfahrzeugindustrie“. Dieses Fachpublikum sowie die bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft fremdsprachiger [X.] immer auch zu berücksichtigenden, am internationalen Handelsverkehr mit den fraglichen Waren beteiligten (inländischen) Fachkreise ([X.] GRUR 2006, 411, 412, Rdn. 24 – Matratzen [X.]/[X.]), verfügen über besonders qualifizierte und zum Verständnis der angemeldeten Wortfolge in jedem Fall ausreichende Sprachkenntnisse. Vergleichbar gebildete Werbeaussagen sind zudem schon seit längerem gebräuchlich. Hierzu hat die [X.]stelle der Anmelderin mit dem angefochtenen Beschluss verschiedene Belege übermittelt, etwa zur Verwendung der Slogans „

Die Wortfolge „[X.]“ bewegt sich in jeder Hinsicht im Rahmen der aktuellen und für den Verkehr verständlichen Werbesprache und verlangt den angesprochenen Verkehrskreisen keinerlei analysierende Gedankengänge ab. Vielmehr werden sie die angemeldete Marke im Hinblick auf die beanspruchten Waren ohne jede weitergehendere Überlegungen als bloßes Werbemittel zur Herausstellung einer entwicklungstechnischen Kompetenz des Anbieters und damit einer entsprechenden Qualität bzw. Beschaffenheit der verfahrensgegenständlichen Produkte verstehen. Zwar kann aus der Wahrnehmung einer Wortfolge als Werbeslogan nicht schon für sich genommen auf ihre fehlende Unterscheidungskraft geschlossen werden, denn es ist grundsätzlich möglich, dass auch solche Slogans die für [X.] zwingend erforderliche Herkunftsfunktion ausüben können (vgl. [X.] [X.], 228, Rdn. 41 f., 45 – Vorsprung durch Technik; [X.] GRUR 2004, 1027, Rdn. 41 – DAS [X.] DER BEQUEMLICHKEIT; [X.] 2009, 949, Rdn. 12 – [X.]). An sloganartige Wortfolgen sind auch unter sonstigen Gesichtspunkten keine strengeren Schutzvoraussetzungen zu stellen als an andere Wortmarken, insbesondere dürfen keine erhöhten Anforderungen an ihre Eigenart gefordert werden. Ebenso wenig ist es erforderlich, dass Slogans oder schlagwortartige Wortfolgen generell einen selbständig kennzeichnenden Bestandteil enthalten oder einen besonderen phantasievollen Überschuss aufweisen (vgl. [X.] 2002, 1070, 1071 – Bar jeder Vernunft). Vielmehr kann auch einer eher einfachen Aussage durchaus die Eignung zur Produktidentifikation i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zukommen (vgl. [X.] 2009, 778, Rdn. 12 – [X.]). Diese Grundsätze wurden im Übrigen durch die von der Anmelderin besonders hervorgehobene Entscheidung „Vorsprung durch Technik“ des [X.] (vgl. [X.], 228) nicht in Frage gestellt oder grundlegend modifiziert. Vielmehr hat der [X.] in diesem Urteil erneut seine Wertung bestätigt, dass Slogans von den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen werden wie andere [X.]kategorien (vgl. [X.] [X.], 228, Rdn. 37 – Vorsprung durch Technik, unter Verweis auf [X.] GRUR 2004, 1027, Rdn. 33 – DAS [X.] DER BEQUEMLICHKEIT).

beide dargestellten Bedeutungen der Wortfolge „[X.]“ für die angesprochenen Verkehrskreise eine eindeutig produktbeschreibende Aussage dar.

Da das angemeldete Zeichen somit die zwingend erforderliche betriebliche Kennzeichnungsfunktion nicht erfüllen kann, steht ihrer Eintragung bereits das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen. Die Frage, ob auch ein Freihaltungsbedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] gegeben ist, kann bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben.

Die Beschwerde war somit zurückzuweisen. Nachdem das [X.] über Beschwerden in [X.]sachen grundsätzlich ohne mündliche Verhandlung verhandelt (§ 69 [X.]) und im vorliegenden Fall eine mündliche Verhandlung weder vom Beschwerdeführer beantragt wurde noch nach Wertung des Senats sachdienlich gewesen wäre, konnte diese Entscheidung im schriftlichen Verfahren ergehen.

Meta

28 W (pat) 127/09

27.10.2010

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 27.10.2010, Az. 28 W (pat) 127/09 (REWIS RS 2010, 1981)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1981

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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