Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.06.2000, Az. I ZR 269/97

I. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 1995

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[X.] DES VOLKESURTEILI ZR 269/97Verkündet am:8. Juni 2000WalzJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]: ja[X.]Z : [X.]: jadentalästhetikaZPO §§ 253, 308; UWG § 3Das Verbot der Werbung mit einer bestimmten Anzeige darf vom Gericht im [X.] auf seine Bindung an den vom Kläger bestimmten Streitgegenstand (§ 308ZPO) nicht darauf gestützt werden, daß der Verkehr durch bestimmte in der [X.] enthaltene Angaben irregeführt werde, wenn der Kläger nicht diese, son-dern andere in der Anzeige enthaltene Angaben als irreführend angegriffen hat.UWG § 1; [X.] § 20a) Einem Zahnarzt ist es aufgrund der berufsrechtlichen Werbeverbote verwehrt,seine Leistungen reklamehaft in einer Publikumszeitschrift anzupreisen. [X.], das eigene Leistungsangebot gegenüber Interessentendarzustellen, kann auf andere Weise befriedigt werden.- 2 -b) Eine Zahnarzt-GmbH, die eine ambulante zahnärztliche Behandlung anbietet,ist zwar nicht unmittelbar dem berufsrechtlichen Werbeverbot unterworfen. [X.] aber als wettbewerbsrechtliche Störerin für von ihr veranlaßte Werbe-maßnahmen, falls der Zahnarzt, dessen Leistungen angepriesen werden, [X.] kennt und duldet.[X.], [X.]. v. 8. Juni 2000 [X.] OLG [X.] [X.]- 3 -Der I. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 8. Juni 2000 durch [X.] v. Ungern-Sternberg, [X.],Prof. [X.], [X.] und Raebelfür Recht erkannt:Auf die Revision der [X.] wird das [X.]eil des [X.] desOberlandesgerichts [X.] vom 9. Oktober 1997 im [X.] insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der [X.] erkannt [X.] ist.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Be-rufungsgericht zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die Klägerin ist die [X.]. Die [X.], eine Gesell-schaft mit beschränkter Haftung, betreibt in [X.] ein Zahnlabor, den [X.] medizinischen Geräten und die Fortbildung auf dem Gebiet der [X.]. Außerdem bietet sie zahnärztliche Behandlungen an. Für diese Leistungenwarb sie [X.] u.a. in der Zeitschrift "[X.], motor und sport" [X.] mit folgendem, im [X.] 4 -nal mit der schematischen Darstellung einer Zahnwurzel illustrierten Anzeigen-text:[X.] für orale Implantologie und ästhetische ZahnheilkundeUnser langjährig erfahrenes Ärzteteam erstellt in ruhiger Atmosphäreein individuelles Behandlungskonzept für Sie:·Ästhetische Zahnkonturierung mit Keramik-Schalen ([X.] Fehlen von Zähnen möglichst festsitzende Versorgung mitkünstlichen Zahnwurzeln (Implantate)·Komplettbehandlung des Gebisses mit Keramik, [X.] und [X.] Behandlung erfolgt in wenigen Sitzungen und auf Wunschselbstverständlich unter Vollnarkose.Die Klägerin hat in dieser Werbung einen Verstoß gegen das für Zahnärztegeltende Werbeverbot und damit gegen § 1 UWG gesehen und die [X.] [X.] genommen, es zu unterlassen, im Rahmen ihres Geschäftsbetriebs [X.] auf die von ihr angebotenen zahnheilkundlichen Leistun-gen hinzuweisen. Zwar gelte das standesrechtliche Werbeverbot nicht für die [X.] unmittelbar, sondern nur für die bei ihr beschäftigten Zahnärzte. Sie dürfediese Zahnärzte aber nicht an der Beachtung der für sie geltenden standesrecht-lichen Pflichten hindern und sei daher mittelbar ebenfalls an das Werbeverbotgebunden. Hilfsweise hat die Klägerin Unterlassung der konkreten Werbung [X.] und sich zur Begründung auf einen Verstoß gegen § 1 UWG i.V. mit§ 3 Satz 2 Nr. 2 lit. a HWG (irreführendes Versprechen eines Heilungserfolges)berufen.Das [X.] hat die [X.] entsprechend dem in erster Linie gestell-ten Antrag verurteilt. Das Berufungsgericht hat dagegen die Klage mit diesemumfassenden Antrag abgewiesen, die konkret beanstandete Werbung jedochunter dem Gesichtspunkt einer irreführenden Werbung nach § 3 UWG [X.] richtet sich die Revision der [X.], mit der sie ihren [X.] vollständige Abweisung der Klage weiterverfolgt. Die Klägerin beantragt, [X.] zurückzuweisen.Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht hat die beanstandete Anzeige als [X.] angesehen und zur Begründung ausgeführt:Keiner Entscheidung bedürfe, ob die [X.] als Störerin wegen eines Ver-stoßes der bei ihr beschäftigten Zahnärzte gegen das standesrechtliche Werbe-verbot in Anspruch genommen werden könne; denn die Klägerin habe nicht [X.], daß die bei der [X.] tätigen Zahnärzte von der Werbung gewußthätten. Ebenso brauche nicht entschieden zu werden, ob die [X.] unter [X.] einer Umgehung des zahnärztlichen Werbeverbots gegründetworden sei; denn es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, daß die [X.] voneinem Zahnarzt gegründet worden sei, der an ihr als Geschäftsführer oder zumin-dest als Kapitalgeber maßgeblich beteiligt sei. Schließlich könne dahinstehen, obdie [X.] [X.] was im Hinblick auf die verfassungsrechtlich geschützte Berufs-freiheit nicht unbedenklich wäre [X.] an die berufsrechtlichen Werbevorschriftenmittelbar gebunden sei.Die beanstandete Anzeige sei aber in mehrfacher Hinsicht irreführend undaus diesem Grunde nach § 3 UWG zu untersagen. Die Angabe "Behandlung er-folgt in wenigen Sitzungen" erwecke den Eindruck, als lasse sich die Behandlungin jedem Fall unabhängig vom Gebiß- und Zahnstatus des einzelnen Patienten- 6 -alsbald abschließen. Mit der Aussage, die Behandlung erfolge "auf Wunschselbstverständlich unter Vollnarkose" erwecke die [X.] den Eindruck, als seidie Vollnarkose für jeden Patienten ohne Risiko. Die Begriffe "orale Implantologie"und "ästhetische Zahnheilkunde" deuteten [X.] unzutreffend [X.] darauf hin, daß essich um geschützte Gebietsbezeichnungen handele, die den Mitgliedern [X.] nach einer entsprechenden Weiterbildung in einem dafür vorge-sehenen Verfahren verliehen worden seien. Schließlich stelle die Aussage "indi-viduelles Behandlungskonzept in ruhiger Atmosphäre" eine unzulässige Werbungmit Selbstverständlichkeiten dar.[X.] Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Sie [X.] Aufhebung und Zurückverweisung.1.Die Klägerin als die berufsständische Vertretung der Zahnärzte ist [X.] wasauch die Revision nicht in Zweifel zieht [X.] nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG berechtigt,Wettbewerbsverstöße zu verfolgen, die von ihren Mitgliedern oder von derenWettbewerbern begangen werden ([X.], [X.]. v. 20.5.1999 [X.] I ZR 40/97, [X.], 1009 = [X.], 1136 [X.] Notfalldienst für Privatpatienten, m.w.[X.] Berufungsgericht hat die beanstandete Werbung in vier Punkten alsirreführend angesehen. Die Revision rügt mit Erfolg, daß die Klägerin nur hin-sichtlich einer dieser Aussagen eine Irreführung des Verkehrs geltend gemachthatte und das Berufungsgericht der Klägerin daher mehr als beantragt [X.]. Aber auch insoweit, als das Berufungsgericht die von der Klägerin behaup-tete Irreführung aufgegriffen und seiner Verurteilung zugrunde gelegt hat, kanndas Berufungsurteil keinen Bestand haben.- 7 -a)Die Verurteilung der [X.] geht über die gestellten Klageanträgehinaus (§ 308 ZPO). Das Berufungsgericht hat die in Rede stehende Werbungwegen des Hinweises auf die nach Wunsch mögliche Vollnarkose, wegen der Be-zeichnung "[X.] und ästhetische Zahnheilkunde" sowiewegen der Werbung damit, daß ein individuelles Behandlungskonzept erstelltwerde, als irreführend untersagt, obwohl eine entsprechende Irreführung des [X.] von der Klägerin nicht behauptet worden und damit auch nicht zum Streit-gegenstand geworden war.aa)Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] bestimmtsich auch der Streitgegenstand einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklagenach dem Antrag und dem dazu vorgetragenen Lebenssachverhalt ([X.], [X.]. v.11.6.1992 [X.] I ZR 226/90, [X.], 625, 627 = [X.], 697 [X.] [X.] [X.]. v. 2.4.1992 [X.] I ZR 146/90, [X.], 552, 554 [X.]Stundung ohne Aufpreis; [X.]. v. 5.4.1995 [X.] I ZR 67/93, [X.], 518 = WRP1995, 608 [X.] Versäumte Klagenhäufung; [X.]. v. 2.7.1998 [X.] I ZR 77/96, [X.], 272 = [X.], 183 [X.] Die Luxusklasse zum Nulltarif). Bei einer auf eineIrreführung gestützten Klage setzt sich der maßgebliche Lebenssachverhalt [X.] un-geachtet der rechtlichen Würdigung, die dem Gericht obliegt [X.] aus der [X.] Werbemaßnahme und der [X.] nach der Behauptung des Klägers [X.] dadurcherzeugten Fehlvorstellung der angesprochenen Verkehrskreise zusammen. [X.] ist bei einer Anzeige, die eine Mehrzahl von [X.] enthält, fürdie Bestimmung des Streitgegenstands von maßgeblicher Bedeutung, welche vondiesen in der Klage als irreführend beanstandet wird; dabei wird der Streitgegen-stand durch die Behauptung einer bestimmten Fehlvorstellung weiter eingegrenzt.bb)Die Klägerin hat ihre Klage wie folgt begründet: Den in erster Linie ge-stellten umfassenden Unterlassungsantrag, durch den der [X.] die Wer-- 8 -bung für von ihr angebotene zahnheilkundliche Leistungen schlechthin untersagtwerden sollte, hat sie auf einen Verstoß gegen das zahnärztliche [X.]. In dem umfassenden Antrag war jedoch der Antrag auf ein Verbot [X.] beanstandeten Werbung [X.] ungeachtet seiner Bezeichnung als Hilfsantrag[X.] bereits als ein Minus enthalten (vgl. [X.], [X.]. v. 3.12.1998 [X.] I ZR 74/96, [X.], 760 = [X.], 842 [X.] Auslaufmodelle II; [X.]. v. 10.12.1998 [X.]I ZR 141/96, [X.], 509 = [X.], 421 [X.] Vorratslücken). Soweit dieKlägerin gerade auch die konkrete Verletzungsform beanstandet hat, hat sie sichneben dem Verstoß gegen das zahnärztliche Werbeverbot auf einen Verstoß ge-gen § 3 Satz 2 Nr. 2 lit. a HWG berufen (dazu sogleich unter [X.])). Diese [X.] verbietet eine Werbung für Heilbehandlungen als irreführend, wenn [X.] der Eindruck erweckt wird, daß ein Erfolg mit Sicherheit erwartet [X.].Die drei weiteren Punkte, in denen das Berufungsgericht eine [X.] Verkehrs angenommen hat, finden in dem Klagevorbringen keine Grundlage.Insbesondere hatte die Klägerin nicht behauptet, der Verkehr verstehe die [X.], wonach die Behandlung "auf Wunsch selbstverständlich unter Vollnarkose"erfolge, dahin, daß eine Vollnarkose für jeden Patienten ohne Risiko sei. Sie hatteauch nicht vorgetragen, der Verkehr nehme aufgrund der Verwendung der [X.] "orale Implantologie" und "ästhetische Zahnheilkunde" an, den [X.] Ärzteteams der [X.] seien nach einer entsprechenden Weiterbildungentsprechende besondere Gebietsbezeichnungen verliehen worden. [X.] die Klägerin sich nicht darauf berufen, der Verkehr nehme aufgrund [X.], wonach "unser langjährig erfahrenes Ärzteteam ... in ruhiger [X.] ein individuelles Behandlungskonzept für Sie (erstellt)", an, dies sei ei-ne besondere, bei anderen Zahnärzten nicht ohne weiteres zu erwartende [X.] fehlt der Vortrag des [X.], den das Berufungsgerichtder Verurteilung der [X.] in diesen drei Punkten zugrunde gelegt hat. Die-ser Mangel kann [X.] entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung [X.] nicht mitder Erwägung ausgeräumt werden, der Tatrichter, der selbst zu den angespro-chenen Verkehrskreisen zähle, habe aufgrund eigener Sachkunde darüber [X.] können, ob die fraglichen Aussagen irreführend seien oder nicht. [X.] käme es nur an, wenn der entsprechende [X.] hier fehlende [X.] Vortrag derKlägerin streitig geblieben und sich daher die Frage gestellt hätte, ob es zur Klä-rung einer Beweisaufnahme bedarf.b)Soweit das Berufungsgericht in der Aussage, daß die Behandlung inwenigen Sitzungen erfolge, ein nach § 3 Satz 2 Nr. 2 lit. a HWG unzulässigesErfolgsversprechen gesehen hat, konnte es sich zwar auf ein entsprechendesVorbringen der Klägerin stützen. Die Beurteilung des Berufungsgerichts kannaber insoweit aus sachlichen Gründen keinen Bestand haben.Mit Recht rügt die Revision, daß das vom Berufungsgericht festgestellteVerkehrsverständnis mit der Lebenserfahrung nicht in Einklang zu bringen ist.Daß die Zahl der erforderlichen Sitzungen bei den in Rede stehenden zahnärztli-chen Maßnahmen von einer Reihe von Faktoren abhängt [X.] bei der [X.] mit Keramikschalen von der Beschaffenheit und der Anzahl der zu behan-delnden Zähne, bei einer Implantatbehandlung vom Zustand des Kiefers [X.], stellteine Selbstverständlichkeit dar, über die in der fraglichen Werbeaussage nichtgetäuscht wird. Die Aussage vermittelt allenfalls den Eindruck, daß aufgrund [X.] und der langjährigen Erfahrung der behandelnden Ärzte sowie aufgrundeiner optimalen Organisation der Behandlungsabläufe möglichst wenige Sitzun-gen anfallen. Daß dieser Inhalt der Werbeaussage unrichtig wäre, hat die Kläge-rin nicht behauptet. Eine weitergehende Aussage aber, etwa des Inhalts, daß die- 10 -[X.] auch im Falle von sich ergebenden Komplikationen oder bei einer un-gewöhnlichen Häufung der erforderlichen Maßnahmen immer mit einer [X.] absolutgesehen [X.] geringen Zahl von Sitzungen auskomme, läßt sich der beanstandetenAussage nicht entnehmen.3.Kann die Verurteilung der [X.] nicht mit der vom Berufungsgerichtgegebenen Begründung aufrechterhalten werden, stellt sich die Frage, ob die be-anstandete Werbung aus anderen Gründen zu untersagen ist (§ 563 ZPO). [X.] die Klägerin zur Begründung ihres Begehrens auf Untersagung der konkre-ten Verletzungsform sowohl auf den heilmittelwerberechtlichen Verstoß als auchauf den Gesichtspunkt einer berufsrechtswidrigen Werbung gestützt hat, kann [X.] in vollem Umfang nur abgewiesen werden, wenn eine Haftung der Beklag-ten auch unter diesem zweiten Gesichtspunkt zu verneinen wäre. Hiervon [X.] nicht ausgegangen werden. Die Voraussetzungen einer solchen [X.] vom Be-rufungsgericht offengelassenen [X.] Haftung liegen vielmehr vor, falls die bei der[X.] beschäftigten Zahnärzte von der beanstandeten Werbung Kenntnishatten und sie geduldet haben. Denn dann ist ein Verstoß gegen das zahnärztli-che Werbeverbot gegeben, für den die [X.] als Störerin haftet. Insoweit [X.] der Sachverhalt jedoch noch der tatrichterlichen Klärung.a)Wäre die in Rede stehende Werbeanzeige von einem niedergelassenenoder einem bei der [X.] beschäftigten Zahnarzt veranlaßt oder geduldetworden, läge darin ein Verstoß gegen das berufsrechtliche Werbeverbot.aa)Dieses Verbot ergibt sich aus § 20 Abs. 1 der Berufsordnung der Zahn-ärztekammer [X.] vom 19. April 1997, die von der [X.] der § 29 Abs. 1, § 31 Abs. 1 und 2, § 32 des nordrhein-westfälischenHeilberufsgesetzes vom 27. April 1994 ([X.]/[X.]) erlassen- 11 -worden ist. Nach der auf der Ermächtigungsgrundlage des § 32 Nr. 10 HeilBerG[X.]-Westfalen beruhenden Bestimmung des § 20 Abs. 1 der Berufsord-nung ist dem Zahnarzt jede Werbung und Anpreisung untersagt. In der Recht-sprechung ist allerdings anerkannt, daß dem Arzt [X.] ähnlich den anderen freienBerufen, für die ähnliche berufsrechtliche Werbeverbote bestehen [X.] neben derauf seiner Leistung und seinem Ruf beruhenden Werbewirkung in bestimmtenGrenzen auch Ankündigungen mit werbendem Charakter nicht verwehrt [X.]([X.] 71, 162, 174; [X.] NJW 2000, 2734). Dementsprechend ist § 20Abs. 1 der Berufsordnung verfassungskonform dahin auszulegen, daß nur die be-rufswidrige Werbung unzulässig ist. Für interessengerechte und sachangemes-sene Information, die keinen Irrtum erregt, muß im rechtlichen und geschäftlichenVerkehr Raum bleiben (vgl. [X.] 82, 18, 28; [X.] NJW 1993, 2988 f.; [X.][X.], 1009, 1010 [X.] Notfalldienst für Privatpatienten). Dabei ist es auchdem Arzt grundsätzlich unbenommen, in angemessener Weise auf seine Leistun-gen hinzuweisen und ein vorhandenes, an ihn [X.] zu befriedigen.bb)Wo im einzelnen die Grenze zwischen angemessener Information undberufswidriger Werbung liegt, läßt sich für die freien Berufe nicht einheitlich [X.], auch wenn verschiedene Berufsordnungen Werbung in jeweils ähnlichlautenden Regelungen generell untersagen. Für Ärzte und Zahnärzte gilt, daßdas Werbeverbot eine Verfälschung des ärztlichen Berufsbildes verhindern soll,die einträte, wenn der Arzt Werbemethoden verwendete, wie sie in der gewerbli-chen Wirtschaft üblich sind. Hinter diesem Zweck steht das Rechtsgut der Ge-sundheit der Bevölkerung. Die ärztliche Berufsausübung soll sich nicht an öko-nomischen Erfolgskriterien, sondern an medizinischen Notwendigkeiten orientie-ren. Das Werbeverbot beugt damit einer gesundheitspolitisch unerwünschten- 12 -Kommerzialisierung des [X.] vor. Dieser Zweck rechtfertigt das Werbever-bot und [X.] weil es eine Umgehung dieses Verbots verhindert [X.] auch das [X.] (vgl. [X.] 85, 248, 259 f.; [X.] [X.], 1009, 1010 [X.] Not-falldienst für Privatpatienten; [X.]. v. 10.11.1999 [X.] I ZR 121/97, [X.], 613,615 = [X.], 506 [X.] Klinik Sanssouci).cc)Die werbemäßige, in einer Publikumszeitschrift wie "[X.], motor undsport" erfolgende Anpreisung zahnärztlicher Leistungen, die in ambulanter Zahn-arztpraxis erbracht werden sollen, fiele unter das Werbeverbot des § 20 Abs. 1der Berufsordnung.Die fragliche Anzeige in einer Zeitschrift wie "[X.], motor und sport" will zwar[X.] wie es bei Werbung im allgemeinen der Fall ist [X.] informieren. Da es jedochnicht um die Befriedigung eines an den Inserenten herangetragenen Informati-onsbedürfnisses geht, steht die Akquisition potentieller Patienten im [X.] Werbemaßnahme. Die Anzeige zielt darauf ab, Patienten im gesamten [X.] anzusprechen und zu veranlassen, die beworbenen Leistungen [X.] Inserenten nachzufragen, indem die angebotenen zahnärztlichen Behand-lungen ungefragt wie gewerbliche Leistungen und mit reklamehaften Zügen an-gepriesen werden. Eine solche Art und Weise der Werbung kann auch [X.] mit dem berechtigten Informationsinteresse auf seiten des Zahnarztes [X.] potentiellen Patienten gerechtfertigt werden, weil dem ([X.] heute überdas [X.] andere Formen der Darstellung des eigenen Leistungsangebots of-fenstehen, die [X.] wenn sich die Darstellung im sachlich-angemessenen Rahmenhält [X.] grundsätzlich mit dem (zahn-)ärztlichen Berufsbild zu vereinbaren sind.b)[X.] ein Verstoß eines Zahnarztes gegen das berufsrechtliche Werbe-verbot vor, wäre der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch nicht nur ge-- 13 -gen diesen, sondern auch gegen die [X.] begründet, die dann als Störerinhaften würde. Die [X.] unterliegt zwar nicht selbst den [X.] des § 20 Abs. 1 der zahnärztlichen Berufsordnung, weil sie als juristischePerson nicht unmittelbar Adressatin der [X.] Zahnärzte ist (anders etwa die Regelung in § 59m Abs. 2 [X.], nach der dasin § 43b [X.] enthaltene Verbot berufswidriger Werbung sinngemäß [X.] gilt). In der beanstandeten Werbung kann [X.] unabhängig von dem Verhalten der behandelnden Zahnärzte ein Verstoßgegen § 1 UWG gesehen werden. In Betracht käme aber eine Haftung als Störe-rin, wenn es die [X.] bewußt auf einen Verstoß der bei ihr beschäftigtenZahnärzte gegen das berufsrechtliche Werbeverbot abgestellt haben sollte (vgl.[X.], [X.]. v. 14.4.1994 [X.] I ZR 12/92, [X.], 905, 907 = [X.], 859 [X.]GmbH-Werbung für ambulante ärztliche Leistungen; [X.] [X.], 613, 616[X.] Klinik [X.] Störerhaftung der [X.] stünde nicht entgegen, daß für [X.] wie für Sanatorien nicht dieselben Werbebeschränkungen gelten wie fürniedergelassene Ärzte. Diese Ungleichbehandlung hat ihren Grund darin, daßKliniken und Sanatorien, die neben der ärztlichen Behandlung noch weitere, ge-werbliche Leistungen wie Unterbringung und Verpflegung anbieten, meist mitgrößerem personellen und sachlichen Aufwand arbeiten und zur Sicherung ihrerExistenz darauf angewiesen sind, auf ihr Leistungsangebot aufmerksam zu ma-chen. Zwischen ambulanter und stationärer Behandlung bestehen erhebliche be-triebswirtschaftliche Unterschiede, die es rechtfertigen, Kliniken und Sanatorienhinsichtlich der Werbung anders zu behandeln als niedergelassene Ärzte (vgl.[X.] 71, 183, 199; [X.] [X.], 905, 907 [X.] GmbH-Werbung für ambu-lante ärztliche Leistungen). Im Streitfall stehen jedoch nur zahnärztliche Behand-lungen in Rede, die [X.] nach der Lebenserfahrung zu urteilen [X.] im allgemeinen- 14 -ambulant und in vergleichbarer Weise auch von niedergelassenen Zahnärztenerbracht werden. Daß die [X.] über Möglichkeiten verfügt, einen Patientenausnahmsweise auch einmal stationär aufzunehmen, rechtfertigt es nicht, sie [X.] im Schwerpunkt stationäre Behandlungen anbietenden Klinik gleichzustellenund ihr [X.] anders als den niedergelassenen Zahnärzten [X.] eine ausschließlich aufdie Akquisition von Patienten gerichtete Werbung zu gestatten. Dabei kann auchnicht außer Betracht bleiben, daß es eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbe-handlung darstellen würde, wenn die [X.] in der beanstandeten Form für Lei-stungen werben dürfte, die ein niedergelassener Zahnarzt in dieser Form nichtbewerben darf. Mit Hilfe der Störerhaftung kann die Lücke geschlossen werden,die dadurch entsteht, daß Ärzte und Zahnärzte ihre Praxen in der Form einer Ka-pitalgesellschaft betreiben können, die berufsrechtlichen [X.] unmittelbar nur für die Ärzte und Zahnärzte selbst, nicht dagegen für [X.] oder zahnärztliche Leistungen anbietende Kapitalgesellschaften gelten.c)Im Streitfall fehlt es an Feststellungen dazu, ob die bei der [X.]beschäftigten Zahnärzte die beanstandeten Werbemaßnahmen gekannt und ge-duldet haben. Das Berufungsgericht hat Vorbringen der Klägerin zu diesem Punktvermißt. Nachdem das [X.] die [X.] als Störerin verurteilt hatte, hättedas Berufungsgericht die Klägerin allerdings nach § 139 ZPO auf diese Lücke ih-res Vorbringens hinweisen müssen, zumal es nach den Umständen eher nahe-liegt, daß die behandelnden Zahnärzte von der fraglichen [X.] haben. Daß ein solcher Hinweis unterblieben ist, hat die Revisionserwi-derung in zulässiger Weise gerügt.[X.] ist das angefochtene [X.]eil aufzuheben. Im [X.] wird die Klägerin Gelegenheit haben, ihr Vorbringen in [X.] angeführten Punkt zu [X.] 15 -v. Ungern-Sternberg[X.]BornkammBüscherRaebel

Meta

I ZR 269/97

08.06.2000

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.06.2000, Az. I ZR 269/97 (REWIS RS 2000, 1995)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 1995

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