Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.07.2013, Az. AnwZ (Brfg) 16/13

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2013, 4379

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[X.]UNDESGERICHTSHOF

[X.]ESCHLUSS
AnwZ
([X.]) 16/13

vom

5. Juli 2013

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
-

2

-

Der [X.]undesgerichtshof, [X.], hat durch [X.] Dr.
Kayser, die Richterin [X.], den Richter Seiters
sowie
die Rechtsanwälte
Prof.
Dr. [X.] und
Dr.
[X.]raeuer

am 5. Juli 2013
beschlossen:

Der Antrag des [X.] auf Zulassung der [X.]erufung gegen das Urteil des I.
Senats des [X.]s
[X.]erlin vom 6.
Februar 2013 wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 50.000

t-gesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Rechtsanwaltszulas-sung wegen [X.] (§
14 Abs.
2 Nr.
7 [X.]). Der [X.] hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich der Antrag des [X.] auf Zulassung der [X.]erufung.

1
-

3

-

II.

Der zulässige Antrag, mit dem der Kläger das [X.]estehen ernstlicher Zwei-fel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils geltend macht (§
112e Satz
2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr.
1 VwGO), hat keinen Erfolg.

1. Nach §
14 Abs.
2 Nr.
7 [X.] ist die Zulassung zur Anwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer [X.] nicht ordnen kann, und außer Stande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen; [X.]eweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (ständige
Senatsrechtsprechung, vgl. nur [X.]eschlüsse vom 29.
Juni 2011 -
AnwZ ([X.]) 11/10, [X.], 187 Rn.
4 und 21.
März 2013 -
AnwZ ([X.]) 53/12, juris Rn.
4, jeweils m.w.N.). Ein [X.] wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet oder der Rechtsanwalt in das vom Insolvenzgericht oder vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis eingetragen ist (§
14 Abs.
2 Nr.
7 Halbs.
2 [X.]
a.[X.]). Hierbei ist der maßgebliche [X.]punkt für die [X.]eur-teilung der Rechtmäßigkeit eines Widerrufs nach
dem ab 1.
September 2009 geltenden
Verfahrensrecht der Abschluss des behördlichen Widerrufsverfah-rens; die [X.]eurteilung danach eingetretener Entwicklungen ist einem Wiederzu-lassungsverfahren vorbehalten
(ständige
Senatsrechtsprechung, vgl. nur [X.]e-schlüsse vom 29.
Juni 2011, aaO Rn.
9
ff.;
vom 24. Oktober 2012 -
AnwZ ([X.]) 47/12, juris Rn. 6
und vom 4.
Februar 2013 -
AnwZ ([X.]) 31/12, juris Rn.
7).

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4

-

2. Zu dem danach maßgeblichen [X.]punkt -
[X.] der [X.] vom 8.
Februar 2012
-
lagen die Voraussetzungen für einen Widerruf vor; sie sind im Übrigen auch heute noch gegeben.

a) Der Kläger war am 8.
Februar 2012 im Zentralen Schuldnerverzeich-nis beim AG
S.

mit zwei Haftbefehlen (AG C.

M

vom 21.
November 2011; AG C.

M

vom 28.
Dezember 2011) eingetragen. Damit wurde der Vermögensverfall kraft Ge-setzes vermutet. Diese Vermutung hat der Kläger nicht widerlegt. Von einer realistischen Perspektive zur Tilgung der bestehenden Schulden und der
be-rechtigten Erwartung einer absehbaren Wiederherstellung geordneter Vermö-gensverhältnisse kann entgegen seiner Auffassung keine Rede sein. Dies be-legt bereits der im angefochtenen Urteil zu Recht hervorgehobene Umstand, dass es in der Vergangenheit -
wie im
Übrigen auch in der [X.] nach dem
[X.] -
wegen zahlreicher auch kleinerer Verbindlichkeiten zur Erwirkung von Schuldtiteln und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Kläger gekommen ist. Hierauf geht der Kläger in seiner Zulassungsbegründung, die lediglich Ausführungen zu den Forderungen des Finanzamts und vor allem des [X.] enthält, mit keinem Wort ein. Abgesehen davon ist anzumerken, dass ungeachtet des
Umstands, dass das Finanzamt gemäß seinem Schreiben vom 20. Dezember 2011 die Vollstreckung für ein ½
Jahr gegen monatliche Ratenzahlung ausgesetzt hat, unklar bleibt, wie

pro Monat die in dem Schreiben mit 57.563,09

Außenstände in absehbarer [X.] begleichen will, selbst wenn man seinen Vortrag berücksichtigt, wonach in der
Forderung des Finanzamts auch steuerliche Rückstände seiner mit ihm zusammen veranlag-ten Ehefrau enthalten sind und das Finanzamt einen vom Kläger nicht näher bezeichneten und auch nicht belegten [X.] in Aussicht gestellt
hat. Was 4
5
-

5

-

die Forderung des [X.] anbetrifft, nimmt der Senat [X.]ezug auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil. Im Übrigen ist anzumerken, dass der Kläger in seinem Schreiben an die [X.]eklagte vom 11.
Juli 2011, auf das er sowohl in der Klage vor dem [X.] als auch in der Zulassungsbegründung [X.]ezug genommen hat, die Forderung in seiner dortigen Aufstellung der Verbindlichkeiten als im Wesentlichen
berechtigt bewertet hat
("i-").

Im Übrigen ist gegen den Kläger im Verfahren AG C.

C

wegen einer restlichen Darlehensforderung am 23.
Februar 2012 ein Versäumnisurteil über 3.893

ä-gers wurde durch zweites Versäumnisurteil des AG C.

vom 31.
Mai 2012 verworfen. Gegen den Kläger ist im Verfahren LG [X.].

O

am 27.
Februar 2012 wegen eines restlichen [X.] ein [X.] über 6.000

.

hat am
14.
März 2012 einen entsprechenden Pfändungs-
und Überweisungs-beschluss erlassen. Ferner ist der Kläger nach der Auskunft des [X.] beim AG
S.

vom 16.
April 2012 mit sechs Haftbefehlen, nach den
Auskünften
vom 26.
Juli und 21. August 2012 mit
11
bzw. 10
Haftbefehlen im Schuldnerverzeichnis eingetragen und hat unter dem 26.
Juli 2012 die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Die diesen [X.] zugrundeliegenden Forderungen bzw. Klageverfahren reichen bis in die [X.] vor dem [X.] zurück. Die in der Zulassungsbegründung auf-gestellte [X.]ehauptung, zum [X.]punkt des [X.]s hätte eine
realis-tische Tilgungsperspektive
bestanden und sei eine Konsolidierung der Vermö-gensverhältnisse absehbar gewesen, erweist sich angesichts dieses Ablaufs als Wunschdenken des [X.] ohne ausreichenden
Hintergrund.
Vielmehr be-6
-

6

-

stand zum maßgeblichen [X.]punkt -
wie im Übrigen auch danach -
ein [X.] des [X.].

b) Nach der in §
14 Abs.
2 Nr.
7 [X.] zum Ausdruck kommenden [X.] des Gesetzgebers ist mit einem Vermögensverfall grundsätzlich eine Ge-fährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Auch wenn diese [X.] nicht im Sinne eines Automatismus zu verstehen ist, die Gefährdung daher nicht zwangsläufig und ausnahmslos schon aus dem Vorliegen eines [X.] folgt, kann die Gefährdung im nach der gesetzlichen [X.] vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden nur in seltenen Ausnahmefäl-len verneint werden (ständige
Senatsrechtsprechung, vgl. nur [X.]eschlüsse vom 31.
Mai 2010 -
AnwZ ([X.]) 54/09, juris Rn.
6; vom 22.
Juni 2011 -
AnwZ ([X.]) 12/11, juris Rn.
3; vom 11.
Juni 2012 -
AnwZ ([X.]) 20/12, juris Rn.
4 und vom 21.
Februar 2013 -
AnwZ ([X.]) 68/12, juris Rn.
10). Hierfür trägt der [X.] die Feststellungslast (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 8.
Februar 2010
-
AnwZ ([X.]) 67/08, [X.]RAK-Mitt. 2010, 129 Rn.
11; vom 11.
Juni 2012, aaO und vom 5.
September 2012 -
AnwZ ([X.]) 26/12, NJW-RR 2013, 175 Rn.
5). Die Annahme einer solchen Sondersituation setzt jedoch zumindest voraus, dass der Rechtsanwalt seine selbständige anwaltliche Tätigkeit vollständig und nach-haltig aufgibt, diese nur noch für eine Rechtsanwaltssozietät ausübt und mit dieser rechtlich abgesicherte Maßnahmen verabredet hat, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 18.
Oktober 2004 -
AnwZ ([X.]) 43/03, [X.], 511
f.; vom 22.
Juni 2011, aaO und vom 24.
Oktober 2012 -
AnwZ ([X.]) 43/12, juris Rn.
9). Diese Voraussetzungen
sind hier nicht gegeben. Der Kläger ist weiterhin als Einzelanwalt tätig.
Ob er [X.] hinaus bisher seinen anwaltlichen [X.]eruf ohne [X.]eanstandung ausgeübt hat bzw. ob der Vorwurf, er werde bereits wegen der unterlassenen [X.] 7
-

7

-

von Fremdgeldern strafrechtlich verfolgt, berechtigt ist, was der Kläger in [X.] stellt, kommt es deshalb nicht an.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §
112c Abs.
1 Satz
1 [X.] i.V.m.
§
154 Abs.
2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §
194 Abs.
2 Satz
1 [X.].

Kayser

[X.]

Seiters

[X.]

[X.]raeuer
Vorinstanz:
KG [X.]erlin, Entscheidung vom 06.02.2013 -
1 [X.] 4/12 -

8

Meta

AnwZ (Brfg) 16/13

05.07.2013

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.07.2013, Az. AnwZ (Brfg) 16/13 (REWIS RS 2013, 4379)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4379

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