Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.02.2013, Az. VIII ZR 184/12

8. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 8364

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Gegenstand

Wohnraummiete: Anpassung von Betriebskostenvorauszahlungen durch den Mieter


Leitsatz

Zur Anpassung von Betriebskostenvorauszahlungen durch den Mieter im Anschluss an eine von ihm selbst vorgenommene Korrektur der Betriebskostenabrechnung.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 10. Mai 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Beklagte ist Mieter einer Wohnung der Klägerin in [X.]. Die von ihm zu entrichtenden [X.] belaufen sich seit Januar 2010 auf 199,28 € monatlich. Unter dem 27. Oktober 2010 erstellte die Klägerin die Nebenkostenabrechnung für das [X.], die eine Nachforderung in Höhe von 84,26 € ausweist. Der Beklagte erhob verschiedene Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit dieser Abrechnung und errechnete statt der Nachforderung ein Guthaben in Höhe von 376,49 €. Mit Schreiben vom 12. Dezember 2010 teilte er der Klägerin mit, dass er die Vorauszahlungen im Hinblick auf die vorgenommenen Abrechnungskorrekturen um monatlich 30 € herabsetze. Ab Januar 2011 leistete er deshalb nur noch Vorauszahlungen in Höhe von 169,28 € monatlich. Ferner rechnete der Beklagte das von ihm beanspruchte Guthaben von 376,49 € gegen die Miete für den Monat März 2011 auf und kürzte seine Zahlung für diesen Monat entsprechend. Am 8. Juli 2011 korrigierte die Klägerin die Nebenkostenabrechnung vom 27. Oktober 2010 ihrerseits dahin, dass sich nunmehr für das [X.] ein Guthaben des Beklagten in Höhe von 275,74 € ergab.

2

Mit der Klage hat die Klägerin Zahlung der einbehaltenen Beträge begehrt, insgesamt 610,39 € nebst Zinsen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils hat die Klägerin mit der Klageforderung gegen die in ihrer korrigierten Abrechnung für das [X.] sowie in der Abrechnung für das [X.] ausgewiesenen Guthaben von insgesamt 551,04 € aufgerechnet und den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Das Berufungsgericht hat in diesem Umfang die Erledigung der Hauptsache festgestellt und die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte weiterhin Klageabweisung. In der Revisionsinstanz hat die Klägerin im Hinblick auf die zwischenzeitlich erteilte Betriebskostenabrechnung für das [X.] den Rechtsstreit auch insoweit in der Hauptsache für erledigt erklärt, als sie für die Monate Juli und August 2011 [X.] in Höhe von insgesamt 58,45 € nebst Zinsen begehrt hat.

Entscheidungsgründe

3

Die Revision hat Erfolg.

I.

4

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

5

Die von der Klägerin erhobene Klage sei bis zur teilweisen Erledigungserklärung in vollem Umfang begründet gewesen. Der Beklagte habe auch im Jahr 2011 monatliche Nebenkostenvorauszahlungen in der bisherigen Höhe von 199,28 € geschuldet. Der Beklagte sei im Dezember 2010 zu einer Herabsetzung der Vorauszahlungen nicht berechtigt gewesen, weil die kurz zuvor von der Klägerin erteilte Abrechnung für das [X.] eine Nachforderung zu seinen Lasten ausgewiesen habe. Auf die Einwendungen des Beklagten gegen die inhaltliche Richtigkeit der Abrechnung komme es nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.]/09) nicht an.

6

Der Beklagte sei auch nicht berechtigt, mit einem von ihm selbst errechneten Betriebskostenguthaben gegenüber der Miete aufzurechnen. Vielmehr könne er seine Kontrollrechte im laufenden Mietverhältnis allein durch ein Zurückbehaltungsrecht an den laufenden [X.] ausüben.

II.

7

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die ursprüngliche Begründetheit der Klageforderung nicht bejaht werden.

8

1. Wie der Senat - nach Erlass des Berufungsurteils - in Abänderung seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden hat, kommt es für die Anpassung von Vorauszahlungen (§ 560 Abs. 4 BGB) auf die inhaltliche Richtigkeit der Abrechnung an (Senatsurteil vom 15. Mai 2012 - [X.], [X.], 2186 Rn. 15). Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich bei der Anpassung um eine Erhöhung der Vorauszahlungen durch den Vermieter oder - wie hier - um eine Ermäßigung der Vorauszahlungen durch den Mieter handelt.

9

Soweit der Mieter inhaltliche Fehler einer vom Vermieter erteilten Betriebskostenabrechnung konkret beanstandet und das zutreffende [X.] selbst errechnet, ist er nicht gehindert, eine Anpassung der Vorauszahlungen nach § 560 Abs. 4 BGB auf der Grundlage des so ermittelten [X.]ses vorzunehmen. Dass das vom Beklagten hier auf diese Weise ermittelte [X.] mit einem Saldo von 376,74 € zu seinen Gunsten inhaltlich richtig ist, ist mangels anderweitiger Feststellungen des Berufungsgerichts für das Revisionsverfahren zu unterstellen.

2. Von [X.] beeinflusst ist ferner die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte sei mit Rücksicht auf ein an den laufenden Vorauszahlungen geltend zu machendes Zurückbehaltungsrecht an der Aufrechnung mit dem von ihm errechneten Nebenkostenguthaben für das [X.] gehindert. Das Berufungsgericht hat insoweit die Rechtsprechung des Senats zum Zurückbehaltungsrecht des Mieters an laufenden Vorauszahlungen verkannt (vgl. Senatsurteil vom 29. März 2006 - [X.], [X.], 2552 Rn. 12 ff.). Nach dieser Rechtsprechung kann der Mieter im laufenden Mietverhältnis nach Ablauf der Abrechnungsfrist für einen zurückliegenden Abrechnungszeitraum ein Zurückbehaltungsrecht an den laufenden Vorauszahlungen geltend machen, um seinen Abrechnungsanspruch durchzusetzen, und besteht deshalb im laufenden Mietverhältnis - anders als nach Beendigung des Mietvertrags (Senatsurteil vom 9. März 2005 - [X.], NJW 2005, 1499 unter II 3 c; vgl. ferner Senatsurteil vom 26. September 2012 - [X.], [X.], 3508 Rn. 10) - kein Grund, dem Mieter im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung einen Anspruch auf Rückzahlung der Vorauszahlungen zuzubilligen.

Im vorliegenden Fall verfolgt der Beklagte indes nicht das Ziel, die Klägerin zu einer ausstehenden Abrechnung zu veranlassen. Vielmehr hat die Klägerin eine Abrechnung erteilt und hat der Beklagte, wie im Revisionsverfahren zu unterstellen ist, die von ihm gerügten inhaltlichen Fehler selbst korrigiert und den sich danach ergebenden Abrechnungsbetrag zutreffend errechnet. Ein Abrechnungsanspruch, den er mit einem Zurückbehaltungsrecht durchsetzen könnte, besteht deshalb ohnehin nicht mehr. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gibt es keinen Grund, dem Beklagten die Aufrechnung mit dem von ihm beanspruchten Guthaben zu verwehren.

III.

Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben, es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht - vor dem Hintergrund der von ihm vertretenen Rechtsauffassung folgerichtig - keine Feststellungen zum (korrekten) [X.] der Betriebskostenabrechnung für das [X.] getroffen hat. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Ball                            Dr. Frellesen                             Dr. Milger

            Dr. Fetzer                                [X.]

Meta

VIII ZR 184/12

06.02.2013

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Görlitz, 10. Mai 2012, Az: 2 S 1/12

§ 560 Abs 4 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.02.2013, Az. VIII ZR 184/12 (REWIS RS 2013, 8364)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8364

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