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PDF anzeigenBUNDESGERICHTSHOFBESCHLUSS1 StR 324/03vom27. August 2003in der Strafsachegegenwegenversuchten Mordes u.a.- 2 -Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. August 2003 beschlos-sen:Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des LandgerichtsMünchen I vom 17. Januar 2003 wird verworfen.Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels unddie dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen not-wendigen Auslagen zu tragen.Gründe:Der Angeklagte wurde wegen versuchten Mordes in Tateinheit mitschwerem Raub und weiteren Delikten zu zehn Jahren Freiheitsstrafe verur-teilt.Seine auf die Sachrüge und mehrere Verfahrensrügen gestützte Revisi-on bleibt erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO). I.Näher ist dies nur zu den im Zusammenhang mit der Vernehmung derZeugin B. erhobenen, auf § 338 Nr. 6 StPO gestützten Verfahrensrü-gen auszuführen:- 3 -1. Die aus Polen zum Termin angereiste (Belastungs-)Zeugin war schonim Vorfeld von Angehörigen des Angeklagten im Hinblick auf ihre Aussage un-ter Druck gesetzt und beschimpft worden. So drohten ihr etwa die Schwesterund die Ehefrau des Angeklagten an, Nacktfotos von ihr zu verbreiten. Die E-hefrau hatte ihr auch "über Mittelsmänner ... Repressalien" angedroht. So wardie Zeugin von einem ihr bis dahin unbekannten Nachbarn des Angeklagtenzusammen mit einer weiteren Person aufgesucht worden, der sie über ihre be-vorstehende Reise zum Termin befragte und versuchte, sie einzuschüchtern.Auf dieser - aus dem Revisionsvorbringen und den Urteilsgründen er-sichtlichen - Grundlage erging ein Beschluß der Strafkammer, wonach der ge-nannte Nachbar und die ebenfalls anwesende Schwiegermutter des Ange-klagten für die Dauer der Vernehmung der Zeugin des Saales verwiesen wur-den. Eine ausdrückliche Rechtsgrundlage nennt der Beschluß nicht. Nachdemdie Vernehmung der Zeugin abgeschlossen war, aber noch vor deren Entlas-sung, ergab sich, daß die Vernehmung teilweise nicht öffentlich durchgeführtworden war, obwohl nicht die Öffentlichkeit, sondern nur die beiden Zuhörerausgeschlossen waren. Daher wurde die Vernehmung öffentlich wiederholt,den beiden Zuhörern blieb jedoch der Zutritt verwehrt.2. Die Revision meint, der Ausschluß der beiden Zuhörer sei, ohne daßdie Voraussetzungen dieser Bestimmung vorgelegen hätten, offensichtlich auf§ 172 Abs. 1 Nr. 1a GVG gestützt. In einem gewissen Widerspruch hierzu führtdie Revision weiter aus, da § 174 Abs. 1 Satz 3 GVG nicht beachtet wordensei, bliebe unklar, auf welche Rechtsgrundlage der Ausschluß gestützt sei.Schließlich sei die Zeugin zweimal vernommen worden. Der Ausschluß der Zu-hörer bei der zweiten Vernehmung sei durch den genannten Beschluß jeden-falls nicht mehr gedeckt gewesen.- 4 -3. Das letztgenannte Vorbringen ginge selbst auf der Grundlage der üb-rigen Rechtsausführungen der Revision fehl: Ist die Öffentlichkeit für die Dauerder Vernehmung eines Zeugen ausgeschlossen, so deckt der Ausschluß derÖffentlichkeit auch eine nachfolgende Vernehmung dieses Zeugen ab. Dies giltnur dann nicht, wenn die beiden Vernehmungen kein insgesamt einheitlichesVerfahrensgeschehen sind (vgl. BGHR GVG § 174 Abs. 1 Satz 1 Ausschluß 1m.w.N.). Das ist bei der hier vorgenommenen Wiederholung des Verfahrens-geschehens jedoch nicht der Fall.4. Im übrigen ist das Revisionsvorbringen aber schon im Ansatz unzu-treffend:Die Gründe, die den Ausschluß einzelner Zuhörer von der Verhandlungrechtfertigen, sind nicht auf die Gründe beschränkt, die auch den Ausschlußder gesamten Öffentlichkeit rechtfertigen könnten (vgl. BGHSt 3, 386, 388; 17,201, 203 f.; BGHR StPO § 338 Nr. 6 Zuhörer 7 jew. m.w.N.).Damit geht das Vorbringen ins Leere, es sei entgegen (dem hier nichteinschlägigen) § 174 Abs. 1 Satz 3 GVG unklar, auf welchen der dort genann-ten Gründe der Ausschluß der beiden Zuhörer gestützt sei.5. Der Sache nach handelt es sich hier bei dem Ausschluß der beidenZuhörer um eine sitzungspolizeiliche Maßnahme (§ 176 GVG). Die sitzungspo-lizeilichen Befugnisse umfassen nämlich das Recht und die Pflicht, mit geeig-neten Mitteln darauf hinzuwirken, daß Zeugen keinem Druck zur Beeinflussungihres Aussageverhaltens ausgesetzt werden (vgl. Wickern in Löwe/RosenbergStPO 25. Aufl. § 176 GVG Rdn. 18). Je nach den Umständen des Einzelfallskönnen aus diesem Grund auch Zuhörer des Saals verwiesen werden (vgl.Meyer-Goßner StPO 46. Aufl. § 176 GVG Rdn. 8).- 5 -6. Es kann allerdings im Sinne des § 338 Nr. 6 StPO ein Verstoß gegendie Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens auch dann vorliegen,wenn einzelne Zuhörer in einer nicht dem Gesetz entsprechenden Weise ausdem Saal entfernt wurden (vgl. BGHR StPO § 338 Nr. 6 Zuhörer 1, 2 jew.m.w.N.).Dies führt hier jedoch zu keinem anderen Ergebnis:a) Allerdings hat hier anstelle des hierzu regelmäßig allein berufenenVorsitzenden (§ 176 GVG) die gesamte Strafkammer entschieden (vgl. auchDiemer in KK 5. Aufl. § 176 GVG Rdn. 7). Der Senat hält dies angesichts derdamit verbundenen Einschränkung der Öffentlichkeit für unschädlich (vgl. auchOLG Karlsruhe NJW 1977, 309, 311; Wickern aaO Rdn. 9 m. zahlr. Nachw. inFußn. 31; anders OLG Koblenz MDR 1978, 693; offen gelassen bei BGH NStZ1982, 389). Darüber hinaus kann aber auch dem Revisionsvorbringen (vgl. o-ben I. 2.) die Rüge einer Verletzung gerichtsinterner Zuständigkeitsregeln nichtentnommen werden (zur Notwendigkeit einer Verfahrensrüge als Vorausset-zung der Prüfung - etwaiger - Zuständigkeitsmängel vgl. allgemein BGHSt 43,47, 53 f. m.w.N.):b) In der Sache ist angesichts der genannten tatsächlichen Grundlagender Entscheidung (vgl. oben I.1.) eine Verkennung von Rechtsbegriffen oderein sonstiger Ermessensfehlgebrauch (generell zum revisionsrechtlichen Prü-fungsmaßstab vgl. Wickern aaO § 169 GVG Rdn. 63) nicht ersichtlich. Hin-sichtlich des Nachbarn liegt dies angesichts seines früheren Verhaltens ge-genüber der Zeugin ohnehin auf der Hand. Im Hinblick darauf, daß die Ehefraudes Angeklagten der Zeugin auch über andere Personen Repressalien an-drohte, bestehen aber auch ebensowenig Bedenken gegen den Ausschluß derSchwiegermutter des Angeklagten während der Vernehmung der Zeugin.- 6 -- 7 - II.Auch ansonsten hat die auf Grund der Revisionsrechtfertigung geboteneÜberprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagtenergeben. Insoweit nimmt der Senat auf die Ausführungen des Generalbundes-anwalts Bezug.Nack Wahl Schluckebier Kolz Elf
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27.08.2003
Bundesgerichtshof 1. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.08.2003, Az. 1 StR 324/03 (REWIS RS 2003, 1836)
Papierfundstellen: REWIS RS 2003, 1836
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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