Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.02.2021, Az. V ZR 33/20

5. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 8327

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

(Übergang des Stimmrechts und der Anfechtungsbefugnis auf den Wohnungseigentumserwerber: Werdender Wohnungseigentümer durch Erwerb seiner Einheit von einem der teilenden Eigentümer bei einer Aufteilung durch Teilungsvertrag)


Leitsatz

Bei einer Aufteilung durch Teilungsvertrag gemäß § 3 WEG aF kann derjenige, der seine Einheit von einem der teilenden Eigentümer erwirbt, als werdender Wohnungseigentümer anzusehen sein; das kommt jedenfalls dann in Betracht, wenn aus objektivierter Erwerbersicht eine strukturelle Vergleichbarkeit mit einer einseitigen Aufteilung gemäß § 8 WEG aF durch einen Bauträger gegeben ist, weil das Gebäude seitens der teilenden Eigentümer errichtet oder grundlegend saniert und zumindest ein Teil der Einheiten im Zuge der Aufteilung veräußert werden soll.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des [X.] - 19. Zivilkammer - vom 8. Januar 2020 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin, eine GmbH, und eine [X.] mit demselben Geschäftsführer erwarben im [X.] gemeinsam ein Grundstück zum Zwecke der Bebauung. Die Klägerin sollte dort insgesamt 43 Wohneinheiten, 52 Tiefgaragenplätze, zwei Kellerräume sowie eine Gewerbeeinheit errichten. Mit notariellem Vertrag vom 20. November 2015 wurde das Grundstück gemäß § 3 WEG in der bis zum 30. November 2020 geltenden Fassung (im Folgenden: [X.]) aufgeteilt, wobei die [X.] die Gewerbeeinheit und die Klägerin die übrigen Einheiten erhielt. Nach Vollzug der Aufteilung im Grundbuch errichtete die Klägerin das Gebäude, veräußerte sämtliche ihr gehörenden Einheiten und übergab jeweils den Besitz an die Erwerber, während die [X.] weiterhin Eigentümerin der Gewerbeeinheit blieb.

2

Am 11. Dezember 2018 fand eine Eigentümerversammlung statt. Zu diesem Zeitpunkt waren einzelne Erwerber als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen, und die Übereignungsansprüche der übrigen Erwerber waren durch Auflassungsvormerkungen gesichert. Zu der Versammlung eingeladen waren sowohl die Erwerber als auch die Klägerin und die [X.]. Unter Mitwirkung der Erwerber wurden sieben Beschlüsse gefasst ([X.] 1 bis 7).

3

Die Klägerin ist der Ansicht, dass den noch nicht in das Grundbuch eingetragenen Erwerbern kein Stimmrecht zugestanden habe und die zu [X.] 1 bis 7 gefassten Beschlüsse daher nichtig, jedenfalls aber anfechtbar seien. Die darauf gestützte [X.] hat das Amtsgericht als unbegründet abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

I.

4

Das Berufungsgericht sieht die Klage mangels Anfechtungsbefugnis der Klägerin als unzulässig an. Zwar sei die Klägerin im Grundbuch weiterhin als Eigentümerin einer Vielzahl von Einheiten eingetragen. Ihr Stimmrecht und damit die Anfechtungsbefugnis seien aber auch hinsichtlich dieser Einheiten auf die Erwerber übergegangen, die als werdende Wohnungseigentümer anzusehen seien. Dass die Wohnungseigentümergemeinschaft schon vor Veräußerung der Einheiten durch Eintragung der teilenden Eigentümer im Grundbuch entstanden sei, stehe der Anwendung dieser Rechtsfigur ebenso wenig entgegen wie die Aufteilung durch Teilungsvertrag. Die Interessenlage bei einer Aufteilung durch Teilungsvertrag (§ 3 [X.] aF) könne derjenigen bei einer einseitigen Aufteilung durch einen Bauträger (§ 8 [X.] aF) entsprechen. Unabhängig von der rechtlichen Konstruktion seien die Erwerber bei einer Aufteilung in noch zu errichtende Einheiten unter Mitwirkung eines Bauträgers über längere [X.] von dem Veräußerer abhängig, weil sich die Umschreibung im Grundbuch verzögern könne. Sie müssten jedoch durch mitgliedschaftliche Rechte auf die Verwaltung einwirken können, was ihrer typischerweise übernommenen Kostenlast und Nutzungsmöglichkeit entspreche. Andernfalls könne die Rechtsfigur des werdenden Wohnungseigentümers leicht umgangen werden. Hier rechtfertige sich die Gleichstellung mit einer Aufteilung gemäß § 8 [X.] aF daraus, dass die Klägerin eine Errichtungsverpflichtung übernommen habe und das Vorhaben auf die Entstehung einer großen Wohnungseigentümergemeinschaft mit vielen noch zu werbenden Erwerbern ausgerichtet gewesen sei. Zudem habe eine enge Verbundenheit zwischen den teilenden Eigentümern bestanden.

II.

5

Die Beklagten waren im Verhandlungstermin vor dem [X.] nicht vertreten. Gleichwohl ist über die Revision der Klägerin nicht durch Versäumnisurteil, sondern durch Endurteil (unechtes Versäumnisurteil) zu entscheiden, da sich die Revision auf der Grundlage des von dem Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts als unbegründet erweist (vgl. [X.], Urteil vom 14. Juli 1967 - [X.], NJW 1967, 2162; Urteil vom 3. Mai 2002 - [X.], NJW 2002, 2241). Die Entscheidung des Berufungsgerichts, wonach die Klage mangels Anfechtungsbefugnis der Klägerin als unzulässig abzuweisen ist, hält der rechtlichen Überprüfung stand. Da das Verfahren vor dem 1. Dezember 2020 rechtshängig geworden ist, richten sich die Voraussetzungen der Anfechtungsklage nach § 46 [X.] aF (§ 48 Abs. 5 [X.]).

6

1. Dafür, dass die Klägerin als Wohnungseigentümerin im Sinne von § 46 Abs. 1 Satz 1 [X.] aF anfechtungsbefugt ist, spricht allerdings, dass sie im [X.]punkt der Beschlussfassung (noch) eingetragene Eigentümerin einer Reihe von Einheiten war. Festgestellt hat das Berufungsgericht aber auch, dass schon vor der Eigentümerversammlung für jede dieser Einheiten jeweils ein Erwerbsvertrag geschlossen, der daraus resultierende Übereignungsanspruch durch Vormerkung gesichert und der Besitz an die jeweiligen Erwerber übergeben worden war. Deshalb kommt es darauf an, ob die Erwerber sog. werdende Wohnungseigentümer sind. Dann nämlich träfe es zu, dass die Klägerin ungeachtet der Grundbucheintragung schon vor der Eigentümerversammlung nicht mehr als Wohnungseigentümerin im Sinne von § 46 [X.] aF anzusehen war. Das Stimmrecht wäre ebenso wie die Anfechtungsbefugnis auf die Erwerber übergegangen und stünde nicht (mehr) der Klägerin zu (vgl. [X.], Urteil vom 11. Mai 2012 - [X.], [X.], 219 Rn. 18; Urteil vom 11. Dezember 2015 - [X.], [X.] 2016, 237 Rn. 13). Die materiell-rechtliche Frage, wer die Rechtsstellung des Wohnungseigentümers innehat, richtet sich mangels abweichender [X.] nach dem Wohnungseigentumsgesetz in der bis zum 30. November 2020 geltenden Fassung als dem zur [X.] der Beschlussfassung geltenden Recht (vgl. [X.], Urteil vom 16. Januar 2009 - [X.], [X.], 199 Rn. 12, insoweit in [X.], 230 nicht abgedruckt).

7

2. Nach der Rechtsprechung des [X.]s geht die mitgliedschaftliche Stellung des Wohnungseigentümers bei einem sog. Zweiterwerb aus einer vollständig und rechtlich in Vollzug gesetzten [X.] heraus erst mit der Eigentumsumschreibung im Grundbuch auf den Erwerber über (st. Rspr., vgl. [X.], Beschluss vom 1. Dezember 1988 - [X.], [X.], 113, 117 ff.). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt für den sog. Ersterwerb. Derjenige, der von dem teilenden Eigentümer Wohnungseigentum erwirbt, erlangt mit der Auflassungsvormerkung und der Übergabe der Wohnung eine besondere Rechtsstellung als werdender Wohnungseigentümer. Er ist während der Übergangsphase bis zu seiner Eintragung als Eigentümer in vorverlagerter analoger Anwendung des Wohnungseigentumsgesetzes wie ein Wohnungseigentümer zu behandeln und deshalb auch berechtigt, an der Eigentümerversammlung teilzunehmen und abzustimmen (näher [X.], Urteil vom 14. Februar 2020 - [X.], [X.] 2020, 542 Rn. 9; Urteil vom 11. Mai 2012 - [X.], [X.], 219 Rn. 5; Beschluss vom 5. Juni 2008 - [X.], [X.], 53 Rn. 12 ff.). Da die mitgliedschaftliche Stellung nur insgesamt auf den Erwerber übergehen kann, wird der teilende Eigentümer von den Kosten und Lasten des Wohnungseigentums befreit und verliert zugleich das Stimm- und Anfechtungsrecht (vgl. [X.], Urteil vom 11. Mai 2012 - [X.], [X.], 219 Rn. 18; Urteil vom 11. Dezember 2015 - [X.], [X.] 2016, 237 Rn. 13).

8

3. Die Rechtsprechung zum werdenden Wohnungseigentümer bezieht sich allein auf den Erwerb von einem teilenden Eigentümer, also auf die einseitige Aufteilung gemäß § 8 [X.] aF (vgl. nunmehr § 8 Abs. 3 [X.]). Hier hingegen ist die Aufteilung durch Teilungsvertrag gemäß § 3 [X.] aF erfolgt. Ob - und ggf. unter welchen Voraussetzungen - die genannte Rechtsprechung bei einem Teilungsvertrag Anwendung finden kann, ist umstritten.

9

a) In erster Linie diskutiert wird darüber, ob unter den teilenden Bruchteilseigentümern eine werdende Wohnungseigentümergemeinschaft entstehen kann. Nach überwiegender Ansicht fehlt es insoweit an einem Bedürfnis für die vorverlagerte Anwendung der wohnungseigentumsrechtlichen Regeln, da die Wohnungseigentümergemeinschaft schon mit dem Vollzug der Aufteilung durch Anlegung der [X.] entstehe (vgl. BayObLG, NJW-RR 1992, 597, 598; [X.] 2001, 74; NJW-RR 2002, 1022; KG, [X.] 2001, 275, 277; aus der Literatur [X.] in [X.], [X.], 6. Aufl., § 3 Rn. 4b; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., § 10 Rn. 41). Nach der [X.] besteht ein solches Bedürfnis jedenfalls dann, wenn sich der Vollzug der Aufteilung im Grundbuch verzögert („steckengebliebenen Bauherrengemeinschaft“; vgl. etwa [X.]t-Räntsch in [X.]/[X.]t-Räntsch/Vandenhouten, [X.], 13. Aufl., § 10 Rn. 13; [X.]/[X.], [X.] [2018], § 3 [X.] Rn. 41; [X.][X.], [X.] [1.3.2020], § 1 Rn. 219 ff.). Mit der Neuregelung in § 9a Abs. 1 Satz 2 [X.], wonach die [X.] der Wohnungseigentümer mit Anlegung der [X.] entsteht, könnte diese Diskussion nunmehr obsolet sein (so [X.]/Wobst, [X.]-Reform 2020, Rn. 293; Hügel/[X.], [X.], 3. Aufl., § 9a Rn. 33).

b) Der vorliegende Sachverhalt gehört aber zu einer anderen Fallgruppe. Es geht nicht um eine werdende Wohnungseigentümergemeinschaft, weil die Wohnungseigentümergemeinschaft durch den Vollzug des [X.] im Grundbuch entstanden ist und sich zunächst aus der Klägerin und deren [X.] zusammensetzte. Im Vordergrund steht vielmehr die Frage, ob ein Erwerber, an den eine Einheit im [X.] an eine vollzogene Aufteilung gemäß § 3 [X.] aF veräußert worden ist, nach Eintragung einer Vormerkung und [X.] als werdender Wohnungseigentümer behandelt werden muss. Vereinzelt wird dies generell befürwortet, weil ein Unterschied zu einem Ersterwerber bei der Aufteilung gemäß § 8 [X.] aF nicht erkennbar sei (vgl. [X.], [X.], 625, 627; [X.]/Suilmann, [X.], 14. Aufl., § 10 Rn. 21). Andere halten dies jedenfalls dann für erforderlich, wenn die Interessenlage mit derjenigen bei einer einseitigen Aufteilung gemäß § 8 [X.] aF vergleichbar sei; das wird in Betracht gezogen, wenn der Teilungsvertrag zwischen dem Bauträger und einer ihm nahestehenden Person geschlossen wird (vgl. [X.], [X.] 2020, 204, 205 f.; zustimmend [X.], [X.] 2020, 206 f.; Reif, [X.] 2021, 35 f.; für das neue Recht ebenso [X.]/[X.], [X.], 80. Aufl., § 8 [X.] Rn. 8 a.E.; aA Hügel/[X.], [X.], 3. Aufl., § 9a Rn. 33), während das Berufungsgericht vor allem darauf abstellt, dass die vertragliche Aufteilung unter Beteiligung eines Bauträgers zum Zwecke des späteren [X.] erfolgt. Gegen eine Ausweitung der Rechtsfigur des werdenden Wohnungseigentümers wird - zugleich als grundsätzliche Kritik an dem [X.] - eingewandt, dass die Erwerber durch die schuldrechtlichen Regelungen des [X.] hinreichend geschützt würden (so für das neue Recht [X.]/Wobst, [X.]-Reform 2020, Rn. 293; vgl. auch die in dem Abschlussbericht der [X.] zur Reform des Wohnungseigentumsgesetzes von August 2019 [[X.] 2019, 429, 435] wiedergegebene Diskussion).

4. Der [X.] teilt im Wesentlichen die Auffassung des Berufungsgerichts.

a) Im Ausgangspunkt spricht der Umstand, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft bei Abschluss der Erwerbsverträge infolge der Aufteilung gemäß § 3 [X.] aF bereits entstanden war, nicht von vornherein dagegen, die Erwerber als werdende Wohnungseigentümer anzusehen. Nach Verkündung des Berufungsurteils hat der [X.] nämlich - bezogen auf die einseitige Aufteilung gemäß § 8 [X.] aF - geklärt, dass werdender Wohnungseigentümer auch derjenige ist, der nach Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft im Rechtssinne von dem teilenden Eigentümer Wohnungseigentum erwirbt und durch Eintragung einer Auflassungsvormerkung und Übergabe der Wohnung eine gesicherte Rechtsposition erlangt. Hierbei macht es keinen Unterschied, ob ein solcher Ersterwerb von dem teilenden Eigentümer während der eigentlichen Vermarktungsphase oder erst längere [X.] nach deren Abschluss erfolgt (vgl. [X.], Urteil vom 14. Februar 2020 - [X.], [X.] 2020, 542 Rn. 9, 13 ff.). Die von der Revision dagegen erhobenen Bedenken sind nicht neu und geben keinen Anlass für eine andere Beurteilung. Das gilt umso mehr, als der Gesetzgeber sich zwischenzeitlich durch die geänderten Vorgaben für die Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft dafür entschieden hat, die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft abzuschaffen (§ 9a Abs. 1 Satz 2 [X.]; vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 45 f.); gleichwohl hat er ein fortbestehendes Bedürfnis für die Rechtsfigur des werdenden Wohnungseigentümers gesehen und diese in § 8 Abs. 3 [X.] kodifiziert (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 43 f.).

b) Entscheidend ist deshalb, ob die Erwerber hier als Zweiterwerber oder aber wie Ersterwerber bei einer Aufteilung gemäß § 8 [X.] aF behandelt werden müssen, so dass die Anfechtungsbefugnis der Klägerin zu verneinen ist (vgl. oben Rn. 6). Für Letzteres sprechen die besseren Argumente. Bei einer Aufteilung durch Teilungsvertrag gemäß § 3 [X.] aF kann derjenige, der seine Einheit von einem der teilenden Eigentümer erwirbt, als werdender Wohnungseigentümer anzusehen sein; das kommt jedenfalls dann in Betracht, wenn aus objektivierter Erwerbersicht eine strukturelle Vergleichbarkeit mit einer einseitigen Aufteilung gemäß § 8 [X.] aF durch einen Bauträger gegeben ist, weil das Gebäude seitens der teilenden Eigentümer errichtet oder grundlegend saniert und zumindest ein Teil der Einheiten im Zuge der Aufteilung veräußert werden soll.

aa) Die entscheidende Regelungslücke, die den vorverlagerten Übergang der mitgliedschaftlichen Stellung im Wege der analogen Anwendung der wohnungseigentumsrechtlichen Regeln rechtfertigt, hat der [X.] in dem „[X.]“ der Erwerber, die eine rechtlich verfestigte Erwerbsposition erlangt haben, gesehen. Die Wohnanlage muss schon ab Bezugsfertigkeit und Übergabe der verkauften Wohnungen bewirtschaftet und verwaltet werden, was sinnvollerweise nicht allein dem Veräußerer überlassen bleiben, sondern unter Mitwirkung der künftigen Eigentümer nach den Regeln erfolgen sollte, deren Geltung die Beteiligten ohnehin anstreben (vgl. [X.], Urteil vom 14. Februar 2020 - [X.], [X.] 2020, 542 Rn. 15; Beschluss vom 5. Juni 2008 - [X.], [X.], 53 Rn. 12 a.E., 20). Entgegen vereinzelter Ansicht ([X.]/Wobst, [X.]-Reform 2020, Rn. 289, 293) reichen individuelle Vereinbarungen in den jeweiligen Veräußerungsverträgen nicht aus, um die im Gesamtinteresse der Erwerber liegende „Demokratisierung“ herbeizuführen. Zwar können bilaterale Vereinbarungen den Erwerberschutz bei dem sog. Zweiterwerb gewährleisten, weshalb insoweit kein Bedürfnis für einen vorverlagerten Übergang der mitgliedschaftlichen Stellung besteht (vgl. [X.], Beschluss vom 1. Dezember 1988 - [X.], [X.], 113, 121 a.E.). Aber von einer vollständig und rechtlich in Vollzug gesetzten [X.] unterscheidet sich die Anfangsphase der Wohnungseigentümergemeinschaft strukturell. Insbesondere wegen der Geltendmachung von Mängelrechten bestehen typischerweise gegenläufige Interessen des teilenden Eigentümers einerseits und einer Mehrzahl von Erwerbern andererseits. Angesichts dieser „Lagerbildung“ weisen von dem Veräußerer abgeleitete Rechte entscheidende Schutzlücken auf. So unterläge der Erwerber bei der praktisch wichtigen Verfolgung von Mängelrechten einem Stimmverbot, wenn der Bauträger Wohnungseigentümer bliebe und der Erwerber das Stimmrecht nur aufgrund schuldrechtlicher Vereinbarung ausüben könnte (§ 25 Abs. 5 Alt. 2 [X.] aF; zutreffend Reif, [X.] 2021, 35, 36). Zudem käme es auf den Inhalt des jeweiligen [X.] an, da insbesondere die Vorschrift des § 446 [X.] abdingbar ist, und selbst eine zunächst erteilte Ermächtigung zur Ausübung des Stimmrechts könnte der Bauträger im Vorfeld der Eigentümerversammlung widerrufen. Der Vermeidung solcher Nachteile dient die langjährig anerkannte und nunmehr auch gesetzlich geregelte Rechtsfigur des werdenden Wohnungseigentümers, mittels derer den Erwerbern eigene (und nicht nur abgeleitete) mitgliedschaftliche Rechte zugebilligt werden.

bb) Ob ein vergleichbares „[X.]“ der ersten Erwerber nach einer Aufteilung durch Teilungsvertrag gemäß § 3 [X.] aF typischerweise gegeben ist, lässt sich allerdings bezweifeln. Teilen gleichberechtigte Miteigentümer ein bestehendes Gebäude auf, um die entstehenden Einheiten für eigene Zwecke zu nutzen, wird die Wohnungseigentümergemeinschaft von ihrer Entstehung an nach den Vorgaben der einvernehmlich zustande gekommenen [X.]sordnung und im Übrigen nach wohnungseigentumsrechtlichen Regeln verwaltet. Das könnte dafür sprechen, eine spätere Veräußerung an Dritte im Regelfall als Zweiterwerb zu behandeln (für differenzierende Lösungen Häublein, in Wohnungseigentümer und ihre [X.], 2012, S. 36, 73).

cc) Einer abschließenden Entscheidung, die auch etwaige [X.] in den Blick nehmen müsste, bedarf es hier nicht. Ein Ersterwerb ist mit dem Berufungsgericht jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Teilungsvertrag aus objektivierter Erwerbersicht strukturell einer Aufteilung gemäß § 8 [X.] aF durch einen Bauträger entspricht.

(1) Will eine Mehrheit von teilenden Eigentümern ein Gebäude errichten oder grundlegend sanieren, sind in aller Regel interne Motive ausschlaggebend dafür, ob die Aufteilung nach § 3 [X.] aF oder nach § 8 [X.] aF erfolgt. Die Bruchteilsgemeinschaft kann bei einer Aufteilung nach § 8 [X.] aF an den Einheiten fortgesetzt werden, oder es kann ein Teilungsvertrag nach § 3 [X.] aF zwecks Aufteilung der Einheiten unter den bisherigen Bruchteilseigentümern geschlossen werden. Beide Gestaltungsvarianten kommen auch dann in Betracht, wenn der Eigentümer sein Grundstück zwecks Bebauung an einen Bauträger überlassen und im Gegenzug eine Wohnung in dem zu errichtenden Gebäude erhalten möchte („Tausch mit dem Bauträger“ im Wege des sog. „Anteilsmodells“, vgl. dazu Pause, Bauträgerkauf und [X.], 6. Aufl., Rn. 1035; [X.], [X.], 10. Aufl., Rn. 91; Hügel, [X.] 2008, 481, 485 f.; [X.], [X.] 1997, 269 ff.; siehe auch DNotI-Report 2015, 33 ff.). Die Entscheidung, ob ein solcher Tausch mittels Aufteilung nach § 8 [X.] aF oder durch Teilungsvertrag gemäß § 3 [X.] aF vollzogen wird, beruht regelmäßig auf einer komplexen rechtlichen Abwägung (eingehend [X.], [X.] 1997, 269 ff.).

(2) Unabhängig davon, welche rechtliche Gestaltung die teilenden Eigentümer wählen, muss aus Sicht der Erwerber einem anerkennenswerten „[X.]“ auf ihrer Seite Rechnung getragen werden. Bei einer Aufteilung nach § 3 [X.] aF ist ein solches jedenfalls dann gegeben, wenn nach den [X.] dieselben gegenläufigen Interessen wie bei einer Aufteilung durch einen Bauträger nach § 8 [X.] aF (vgl. Rn. 14) bestehen. Das ist insbesondere dann anzunehmen, wenn das Gebäude im Zuge der Aufteilung errichtet oder grundlegend saniert und jedenfalls ein Teil der Einheiten veräußert werden soll. Wie bei einer Aufteilung nach § 8 [X.] aF durch einen Bauträger kann sich unter diesen Voraussetzungen die Umschreibung im Grundbuch verzögern, weil die Erwerber den Kaufpreis unter Berufung auf Baumängel zurückbehalten, die Auflassung und Eigentumsumschreibung aber erst nach vollständiger Kaufpreiszahlung geschuldet sind (vgl. zu der einseitigen Aufteilung [X.], Beschluss vom 5. Juni 2008 - [X.], [X.], 53 Rn. 12). Dann handelt es sich entgegen der Ansicht der Revision gerade nicht um eine typische Einzelrechtsnachfolge in einer voll eingerichteten [X.], für die die Regeln des Zweiterwerbs angemessen sind (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 1. Dezember 1988 - [X.], [X.], 113, 117 ff.).

(3) Sind diese Voraussetzungen gegeben, ist weder eine besondere Verbindung zwischen den teilenden Eigentümern noch eine Umgehungsabsicht (zusätzlich) erforderlich. Selbst wenn es an einer besonderen Verbindung zwischen den teilenden Eigentümern fehlt, wie es etwa einem „Tausch mit dem Bauträger“ (vgl. Rn. 17) durch Teilungsvertrag vorstellbar ist, muss dem bestehenden „[X.]“ der Erwerber Rechnung getragen werden; aus demselben Grund kommt es nicht darauf an, ob die vorangegangene Entscheidung für eine Aufteilung gemäß § 3 [X.] aF zur Umgehung des werdenden Wohnungseigentums oder aus anderen, rechtlich nicht zu beanstandenden Motiven (vgl. zu solchen Motiven Rn. 17) getroffen worden ist.

c) Daran gemessen sind hier die Erwerber als werdende Wohnungseigentümer zu behandeln mit der Folge, dass die Klägerin nicht (mehr) anfechtungsbefugt ist. Das Gebäude sollte von der Klägerin errichtet und eine Vielzahl von Einheiten sollte veräußert werden. Nach den [X.] ist ein Unterschied zu einer Teilung nach § 8 [X.] aF durch einen Bauträger aus Erwerbersicht nicht erkennbar. Insbesondere ändert die Tatsache, dass eine der Einheiten von der [X.] gehalten werden sollte, nichts an der Interessenlage der übrigen Erwerber im Verhältnis zu der Klägerin. Die von dem Berufungsgericht ergänzend angeführte enge Verbindung der teilenden Eigentümer ist dagegen nicht entscheidend, so dass es auf die in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge schon deshalb nicht ankommt; soweit die Klägerin in Abrede nehmen will, dass es sich bei der Teileigentümerin um eine [X.] mit demselben Geschäftsführer handelt, hätte sie die Unrichtigkeit dieser tatbestandlichen Feststellung ohnehin nur in einem Berichtigungsverfahren geltend machen können (vgl. [X.], Urteil vom 15. Juli 2011 - [X.], NJW 2011, 3294 Rn. 12 mwN).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

[X.]     

      

[X.]t-Räntsch     

      

Brückner

      

Göbel     

      

Haberkamp     

      

Meta

V ZR 33/20

26.02.2021

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Stuttgart, 8. Januar 2020, Az: 19 S 34/19

§ 3 WoEigG vom 26.03.2007, § 8 aF WoEigG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.02.2021, Az. V ZR 33/20 (REWIS RS 2021, 8327)

Papier­fundstellen: MDR 2021, 737-739 REWIS RS 2021, 8327

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V ZR 159/19 (Bundesgerichtshof)

Werdende Wohnungseigentümergemeinschaft unabhängig von Verpflichtung aus Bauträgervertrag; Rechte des nach Entstehung der Wohnungeigentümergemeinschaft werdenden Wohnungseigentümers


V ZR 275/14 (Bundesgerichtshof)

Wohnungseigentum: Rechtliche Stellung des Zweiterwerbers bei Veräußerung einer Wohneinheit durch einen werdenden Wohnungseigentümer unter Abtretung …


V ZR 77/21 (Bundesgerichtshof)

Wohnungseigentumssache: Berechtigung des Verwalters zur Vertretung der beklagten Wohnungseigentümer in einem Beschlussmängelverfahren über die Wirksamkeit …


V ZR 80/15 (Bundesgerichtshof)

Wohnungseigentümergemeinschaft: Voraussetzungen einer Stellung als werdender Wohnungseigentümer mit einer entsprechenden Lastentragungspflicht


8 C 2921/15 WEG (AG Rosenheim)

Erweiterung einer bereits in Vollzug gesetzten Wohnungseigentümergemeinschaft um zusätzliche Wohneinheiten


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.