Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.05.2009, Az. VI ZR 208/08

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 3719

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[X.]IM NAMEN DES VOL[X.]ES [X.]/08 Verkündet am: 5. Mai 2009 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein BGHR: [X.] §§ 116, 118 a) Zum [X.] gemäß § 116 [X.] bei konkurrierender Zuständigkeit mehrerer Leistungsträger. b) Zum Umfang der Bindungswirkung gemäß § 118 [X.]. BGH, Urteil vom 5. Mai 2009 - [X.]/08 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. Mai 2009 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.], [X.], die Richterin [X.], [X.] und die Richterin von [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der [X.] wird das Grundurteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 29. Juli 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die [X.]osten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die klagende [X.] macht gegen die [X.] aus gemäß § 116 [X.] übergegangenem Recht des Versi-cherten [X.] geltend, der als einer von mehreren Insassen des von dem [X.] zu 1 geführten und bei der [X.] zu 2 haftpflichtversicherten Pkw bei einem Verkehrsunfall am 18. November 1995 schwer verletzt wurde. Das Fahr-zeug war gegen 2.50 Uhr bei schneeglatter Fahrbahn von der Straße [X.] - 3 - kommen und gegen einen Baum geprallt. Die dem [X.] zu 1 um 6.05 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,24 ›. [X.], der nicht angeschnallt war, erlitt u.a. einen knöchernen [X.]reuzbandausriss rechts, eine Oberschenkelfraktur rechts sowie eine Beckenschaufelfraktur rechts und eine Beckenringfraktur links. Er befand sich zum [X.]punkt des [X.] in der Berufsausbildung zum Heizungs- und Lüftungsbauer. Die [X.] (im Folgenden: [X.]), die Aufwendungen für [X.] zur medizinischen Rehabilitation von [X.] erbrachte, schloss mit der [X.] zu 2 Ende 1997/Anfang 1998 einen Abfindungsvergleich, wonach diese un-ter Berücksichtigung einer hälftigen Mithaftung von [X.] 100.000 DM an die [X.] zahlte. Dabei berücksichtigten die Beteiligten das Risiko einer möglichen Früh-verrentung - unter Zugrundelegung einer etwaigen monatlichen Rente von 1.800 DM und hieraus erwachsender Gesamtkosten von monatlich 2.700 DM - sowie gegebenenfalls anstehende Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation mit einem Betrag von mindestens 52.500 DM. In der Folgezeit arbeitete [X.] zu-nächst in seinem erlernten Beruf. Als er aufgrund seiner unfallbedingten Verlet-zungen dazu nicht mehr in der Lage war, beantragte er am 2. Juli 2003 beim Arbeitsamt G. die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Nach Einholung eines medizinischen und eines psychologischen Gutachtens finanzierte die [X.]lägerin seine Umschulung zum Ergotherapeuten, wofür sie 49.484,54 • aufwandte. Die [X.]lägerin begehrt Ersatz dieser [X.]osten und die Feststellung der Er-satzpflicht hinsichtlich sämtlicher weiterer Schäden. Die [X.] sind der [X.], sämtliche Ansprüche seien durch den zwischen der [X.] und der [X.] zu 2 geschlossenen Vergleich abgegolten. Sie haben eingewandt, die Unfallverletzungen seien überwiegend darauf zurückzuführen, dass [X.] nicht angeschnallt gewesen sei. Überdies habe er gewusst, dass der Beklagte zu 1 vor Antritt der Fahrt erhebliche Mengen Alkohol getrunken gehabt habe. Die 2 - 4 - [X.] haben die Einrede der Verjährung erhoben. Das [X.] hat die [X.]lage abgewiesen. Auf die Berufung der [X.]lägerin hat das [X.] die Ansprüche der [X.]lägerin dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, wobei es Einwendungen hinsichtlich Mitverursachung und Mitverschulden dem Nach-verfahren vorbehalten hat. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen [X.] erstreben die [X.] die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht meint, bereits zum Unfallzeitpunkt seien die Scha-densersatzansprüche von [X.] auf alle in Betracht kommenden [X.] übergegangen, soweit es denkbar gewesen sei, dass diese auf-grund des [X.] später einmal Leistungen zu erbringen hätten. [X.] seien Schadensersatzansprüche damals auch auf die [X.]lägerin übergegan-gen. Durch den Vergleich seien nur die auf die [X.] übergegangenen [X.] abgegolten worden. Das gelte auch hinsichtlich der später von der [X.]lägerin erbrachten Leistungen. Unabhängig davon, ob die [X.] und die [X.]lägerin Ge-samtgläubiger seien, würden Ansprüche der [X.]lägerin von dem Vergleich nicht erfasst. 3 I[X.] Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. 4 - 5 - 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass Er-satzansprüche des Versicherten [X.] gemäß § 116 Abs. 1, 10 [X.] bereits im Unfallzeitpunkt auf die [X.]lägerin übergegangen sind. 5 6 Soweit es um einen Träger der Sozialversicherung geht, findet der in § 116 Abs. 1 [X.] normierte [X.] in aller Regel bereits im [X.]punkt des schadenstiftenden Ereignisses statt, da aufgrund des zwischen dem Geschädigten und dem Sozialversicherungsträger bestehenden Sozialver-sicherungsverhältnisses von vornherein eine Leistungspflicht in Betracht kommt (vgl. dazu [X.] 19, 177, 178 und 48, 181, 186 f.). [X.]nüpfen hingegen [X.], wie dies nicht nur beim Sozialhilfeträger, sondern auch bei der [X.] insbesondere bei Rehabilitationsleistungen der Fall ist, nicht an das Bestehen eines Sozialversicherungsverhältnisses an, ist für den Rechtsübergang erforderlich, dass nach den konkreten Umständen des [X.] Einzelfalls eine Leistungspflicht ernsthaft in Betracht zu ziehen ist (vgl. im Einzelnen Senatsurteile [X.] 127, 120, 126; 133, 129, 134 f. und vom 16. Ok-tober 2007 - [X.] ZR 227/06 - [X.], 275, 276). Je nach der gegebenen tatsächlichen Sachlage kann sich daher der [X.] auf den Sozi-alhilfeträger bereits im Unfallzeitpunkt, möglicherweise aber auch erst erheblich später vollziehen. Letzteres ist etwa dann der Fall, wenn die Bedrohung der Sicherung des Arbeitsplatzes durch die Behinderung des Verletzten infolge [X.] zunächst nicht voraussehbaren Verschlimmerung der Unfallfolgen erst zu einem späteren [X.]punkt eintritt (Senatsurteil [X.] 127, 120, 126 f.). Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen kann nicht zweifelhaft sein, dass im vorliegenden Fall mit der Leistungspflicht der [X.]lägerin im darge-stellten Sinne bereits im Unfallzeitpunkt ernsthaft zu rechnen war. Aufgrund der Schwere der Verletzungen des Versicherten [X.], die dieser u.a. im [X.]nie- und Beckenbereich erlitten hatte, bestand von vornherein die naheliegende Gefahr, 7 - 6 - dass er eines Tages nicht mehr imstande sein könnte, den angestrebten Beruf des Heizungs- und Lüftungsbauers auszuüben. Mit Rücksicht darauf war seit dem Unfallzeitpunkt jedenfalls mit der Notwendigkeit einer Umschulung zu rechnen. Dies zeigt sich gerade daran, dass die [X.] und die Beklagte zu 2 bei Abschluss des Abfindungsvergleichs [X.]osten für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in ihre Berechnungen einbezogen haben. Zwar mögen beide [X.] übereinstimmend davon ausgegangen sein, dass solche Leistungen un-mittelbar im [X.] an die medizinische Rehabilitation und deshalb von der [X.] (dazu unten unter I[X.] 2. b) erfolgen würden. Dies bedeutet indessen nicht, dass deshalb mit einer Leistungspflicht der [X.]lägerin von vornherein nicht zu rechnen gewesen wäre. Angesichts der Schwere der Unfallverletzungen [X.] vielmehr von Anfang an die Gefahr, dass auch die [X.]lägerin zu einem spä-teren [X.]punkt eintrittspflichtig werden könnte. 2. Entgegen der Auffassung der Revision kann aufgrund der vom [X.] getroffenen Feststellungen ein [X.] auf die [X.]läge-rin nicht mit der Begründung verneint werden, diese sei für Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation von [X.] nicht zuständig gewesen und habe ihre Leis-tungen deshalb ohne Rechtsgrund erbracht. 8 a) Für Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation können sowohl die ge-setzliche Rentenversicherung als auch die [X.] (früher: [X.]) zuständig sein. Dabei ist, wie die Revision mit Recht geltend macht, die Zuständigkeit der [X.] (bzw. [X.]) für Arbeit im Verhältnis zur Zuständigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich subsidiär. Das ergab sich für die [X.] bis zum 31. Dezember 1997 aus der Vorschrift des § 57 [X.], nach der die [X.] berufs-fördernde und ergänzende Leistungen nur gewähren durfte, sofern nicht ein anderer Rehabilitationsträger im Sinne des Gesetzes über die Angleichung der 9 - 7 - Leistungen zur Rehabilitation vom 7. August 1974 ([X.]) zuständig war. Heute folgt die Subsidiarität aus § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB III. Danach darf die [X.] allgemeine und besondere Leistungen zur [X.] am Arbeitsleben nur erbringen, sofern nicht ein anderer Rehabilitationsträger im Sinne des [X.] des Sozialgesetzbuchs zuständig ist. 10 b) Insoweit weist die Revision zutreffend auch darauf hin, dass die [X.] als Rentenversicherungsträger zum [X.]punkt des Unfalls gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB [X.] zur Erbringung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zuständig war. Solche Leistungen hätten dem Versicherten [X.] gemäß § 11 Abs. 2a Nr. 2 SGB [X.] nämlich erbracht werden können, soweit sie für eine vor-aussichtlich erfolgreiche Rehabilitation unmittelbar im [X.] an Leistungen der [X.] zur medizinischen Rehabilitation erforderlich gewesen wären. Wie die dem Vergleichsabschluss vorausgegangenen Erwägungen der [X.] und der [X.] zu 2 zeigen, sind beide seinerzeit davon ausgegangen, dass solche Leistungen im [X.] an die medizinische Rehabilitation notwendig sein würden. Tatsächlich hat die [X.] solche Leistungen damals nicht erbracht. c) Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen [X.] kann jedoch nicht beurteilt werden, ob im [X.] eine vorrangige [X.] der [X.] für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gegeben war. Da die Umschulung zum Ergotherapeuten nicht unmittelbar im [X.] an die Leistungen erforderlich wurde, welche die [X.] zur medizinischen Rehabilitation von [X.] erbracht hatte, lagen die Voraussetzungen von § 11 Abs. 2a Nr. 2 SGB [X.] nicht vor. Ob [X.] zum [X.]punkt der Antragstellung ohne die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Er-werbsfähigkeit gemäß §§ 43, 50 SGB [X.] gehabt hätte und deshalb eine [X.] der [X.] gemäß § 11 Abs. 2a Nr. 1 SGB [X.] gegeben war, lässt sich den bisherigen Feststellungen nicht entnehmen. Diese sind aber erforderlich, 11 - 8 - um beurteilen zu können, ob die [X.]lägerin die Leistungen mit Recht erbracht hat und deshalb Inhaberin der Forderung geworden sein kann. 12 d) Feststellungen zur Zuständigkeit des Leistungsträgers sind vorliegend auch nicht im Hinblick auf § 118 [X.] entbehrlich. 13 aa) Nach dieser Vorschrift ist ein Zivilgericht, das über einen nach § 116 Abs. 1 [X.] vom Geschädigten auf einen Sozialversicherungsträger überge-gangenen Anspruch zu entscheiden hat, allerdings an eine unanfechtbare Ent-scheidung eines Sozial- oder Verwaltungsgerichts oder eines [X.]s über den Grund oder die Höhe der dem Leistungsträger obliegen-den Verpflichtung grundsätzlich gebunden. Damit soll verhindert werden, dass die Zivilgerichte anders über einen Sozialleistungsanspruch entscheiden als die hierfür an sich zuständigen Leistungsträger oder Gerichte ([X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.], Stand: Dezember 2008, [X.] § 118, Rn. 1; [X.], [X.], Stand: Juni 2007, § 118, Rn. 2). Sozialrechtliche Vorfragen sollen den Zivilprozess nicht belasten und deshalb vor den Zivilgerichten grundsätzlich nicht erörtert werden (Wannagat/[X.], [X.]/3, Stand: Juli 2003, § 118, Rn. 5). Der im Wege des Regresses in Anspruch genommene Schädiger soll deshalb grundsätzlich nicht Einwendungen gegen die Aktivlegitimation des klagenden Sozialversicherungsträgers erheben können (vgl. [X.]/[X.], [X.], 25. Aufl., [X.]ap. 30, Rn. 127). Demzufolge erstreckt sich die Bindungswirkung auf den Tenor des Leistungsbescheids oder des (sozial- oder verwaltungsgerichtlichen) Urteils und dessen tragende Feststellungen, nicht aber auf zivilrechtliche Haftungsvoraussetzungen wie die [X.]ausalität zwi-schen der Schädigungshandlung und dem eingetretenen Schaden. Sie erfasst der Sache nach u.a. die Versicherteneigenschaft des Geschädigten sowie Art und Höhe der Sozialleistung. Darüber hinaus soll die Bindungswirkung grund-sätzlich auch die Feststellung der Zuständigkeit der den Bescheid erlassenden - 9 - Behörde erfassen (vgl. [X.], aaO, Rn. 3.3; [X.], aaO, Rn. 5; [X.]/[X.], aaO). 14 [X.]) Entgegen der von der Revision in der mündlichen Verhandlung ver-tretenen Auffassung kann die Zuständigkeit der [X.] für Leistungen im [X.] nicht aus dem von ihr abgeschlossenen Abfindungsvergleich hergeleitet werden. Dabei kann dahinstehen, ob die Vorschrift des § 118 [X.], die ihrem Wortlaut nach eine unanfechtbare Entscheidung voraussetzt, überhaupt auf einen Vergleich anwendbar ist, den ein Leistungsträger mit dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer geschlossenen hat (vgl. dazu [X.], Urteil vom 23. September 2008 - 9 U 146/07 - juris, Rn. 33 ff. m.w.[X.] = OLGR 2009, 165 [LS]). Eine etwaige Bindungswirkung könnte in der Sache jedenfalls nicht über die Bindung hinausgehen, die eine unanfechtbare Entscheidung ei-nes Leistungsträgers oder eines Sozial- oder Verwaltungsgerichts entfalten würde. Da Leistungsansprüche und -pflichten indessen an bestimmte Voraus-setzungen geknüpft sind, die im Laufe der [X.] sowohl erst entstehen, als auch nachträglich wieder entfallen können (vgl. zu den versicherungsrechtlichen [X.] § 11 SGB [X.]), kann eine Entscheidung darüber keine allgemeine Aussage über die Zuständigkeit eines Leistungsträgers enthalten, sondern nur dessen konkrete Leistungspflicht für einen bestimmten [X.]punkt regeln. Nur darauf kann sich die Bindungswirkung der Entscheidung erstrecken. Wäre die Leistungspflicht der [X.] seinerzeit nicht im Wege des [X.], sondern in einer unanfechtbaren Entscheidung festgestellt worden, würde diese eine Bindungswirkung gemäß § 118 [X.] mithin nur hinsichtlich der konkreten Leistungspflicht der [X.] für den damaligen [X.]punkt entfalten. Hinsichtlich einer Leistungspflicht und einer etwaigen Zuständigkeit der [X.] zu einem späteren [X.]punkt läge eine die Zivilgerichte bindende Entscheidung nicht vor. Schon aus diesem Grund kommt dem Abfindungsvergleich vorliegend 15 - 10 - keine Bindungswirkung hinsichtlich der Frage zu, ob die [X.] im [X.] zu-ständig war. 16 cc) Andererseits kann allein aufgrund des Umstandes, dass im [X.] nicht die [X.], sondern die [X.]lägerin dem Versicherten [X.] Leistungen zur [X.] am Arbeitsleben bewilligt hat, auch die Frage nach deren Zuständigkeit nicht im Hinblick auf die in § 118 [X.] getroffene Regelung beantwortet werden. (1) Der Grundsatz, dass sich die Bindungswirkung einer unanfechtbaren Entscheidung auch auf die Zuständigkeit der den Bescheid erlassenden [X.] erstrecken soll, kann nämlich nicht ausnahmslos gelten. So hat der erken-nende Senat entschieden, dass eine Bindungswirkung nicht besteht, wenn ein von vornherein unzuständiger Leistungsträger in der irrtümlichen Annahme s[X.] Zuständigkeit Leistungen aufgrund eines zwar rechtswidrigen, ihn selbst aber bindenden Verwaltungsakts erbringt (Senatsurteil [X.] 155, 342, 347 f.; [X.]ater in [X.]asseler [X.]ommentar, [X.], Stand: Januar 2009, § 116 Rn. 159; vgl. auch [X.], r+s 2002, 441, 442 f.). Eine abweichende Betrachtungsweise stünde nicht nur im Widerspruch zu den vom Gesetz getroffenen Zuständig-keitsregelungen, sondern auch zu den in den §§ 102 ff. [X.] enthaltenen Ausgleichsregelungen. Diese schließen die Annahme aus, ein unzuständiger Leistungsträger könne durch eigenes Handeln auf den [X.] bzw. dessen [X.]punkt Einfluss nehmen und auf diese Weise zulasten des zu-ständigen Leistungsträgers über den Anspruch verfügen (Senatsurteil, [X.] 155, aaO, [X.]). 17 (2) Eine vergleichbare Interessenlage kann bestehen, wenn mehrere Leistungsträger ihre Zuständigkeit hinsichtlich gleichartiger sozialversicherungs-rechtlicher oder sozialrechtlicher Leistungen beanspruchen. Da sich der [X.] wegen kongruenter Leistungen nicht einer mehrfachen Inanspruchnahme 18 - 11 - ausgesetzt sehen soll, kann es erforderlich sein, bei der im [X.] vor-zunehmenden Prüfung eines auf einen Forderungsübergang gemäß § 116 Abs. 1 [X.] gestützten Anspruchs die Zuständigkeit der den Bescheid erlas-senden Behörde nachzuprüfen. Eine Bindung an deren Entscheidung über ihre Zuständigkeit kann nämlich nur unter der Voraussetzung gerechtfertigt sein, dass nur ein Leistungsträger seine Zuständigkeit für eine bestimmte Leistung in Anspruch nimmt. Solange der Schädiger nämlich nicht Gefahr läuft, wegen gleichartiger Leistungen mehrfach auf Ersatz in Anspruch genommen zu wer-den, mag für ihn kein Interesse daran bestehen, die Zuständigkeit gerade des betreffenden Leistungsträgers überprüfen lassen zu können. Insoweit stellt sich für den Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer das System der [X.] Sicherungen mit seinen in §§ 102 ff. [X.] vorgesehenen internen Ausgleichs-regelungen als Einheit dar. Wenn jedoch (wie im Streitfall) ein konkurrierender zweiter Leistungsträger seine Zuständigkeit wegen gleichartiger Leistungen - wenn auch zu einem anderen [X.]punkt - bejaht hat (hier: Leistungen zur Teil-habe am Arbeitsleben) und ebenfalls von dem Schädiger bzw. dessen [X.] Ersatz begehrt, muss zur Vermeidung einer möglicherweise sachlich ungerechtfertigten mehrfachen Inanspruchnahme die Zuständigkeit des regressierenden Leistungsträgers im [X.] nachgeprüft werden können (vgl. Senatsurteil [X.] 155, aaO, S. 349 f. m.w.[X.]). Die hierfür erfor-derlichen Feststellungen wird das Berufungsgericht nachzuholen haben. 3. Da ein [X.] auf die [X.]lägerin bereits zum [X.]punkt des Unfalls erfolgt ist und der Anspruch mithin nicht erst zu einem späteren [X.]-punkt von der [X.] auf die [X.]lägerin übergegangen ist, können sich die [X.] entgegen der Auffassung der Revision nicht mit Erfolg auf die Grundsätze berufen, die der erkennende Senat für Fälle des Rechtsübergangs auf nachfol-gende Leistungsträger und rechtlich analog zu behandelnde Sachverhalte ent-wickelt hat (vgl. Senatsurteile vom 26. März 1974 - [X.] ZR 217/72 - [X.], 19 - 12 - 862; vom 4. April 1978 - [X.] ZR 252/76 - VersR 1978, 660; vom 9. Juli 1985 - [X.] ZR 219/83 - [X.], 1083; und vom 8. Dezember 1998 - [X.] ZR 318/97 - [X.], 382). 20 4. Der Auffassung der Revision, für den Fall, dass vorliegend weder eine ausschließliche Zuständigkeit der [X.] noch eine Rechtsnachfolge - bzw. ein rechtlich analog zu bewertender Sachverhalt - vorliege, müsse sich die [X.]lägerin den von der [X.] abgeschlossenen Vergleich in vollem Umfang entgegenhalten lassen, weil sie dann als Gesamtgläubiger anzusehen seien, kann ebenfalls nicht gefolgt werden. a) Hätten im [X.] die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen von § 11 Abs. 2a Nr. 2 SGB [X.] vorgelegen, wäre die [X.] vorrangig, d.h. im Verhältnis zu der dann nur subsidiär zuständigen [X.]lägerin allein leistungspflich-tig gewesen. In diesem Fall wäre für eine Gesamtgläubigerschaft kein Raum. 21 b) Diese käme gemäß § 117 Satz 1 [X.] vielmehr nur dann in [X.], wenn die [X.]lägerin im [X.] zuständiger Leistungsträger gewesen wäre. In diesem Fall wäre der auf sie und die [X.] übergegangene Anspruch gemäß § 116 Abs. 3 [X.] begrenzt, wenn, was das Berufungsgericht offen gelassen hat, [X.] ein Mitverschulden träfe. 22 Da ein Gesamtgläubiger grundsätzlich nicht über die Forderung der an-deren Gesamtgläubiger verfügen kann, wirkt ein Erlassvertrag (§ 397 Abs. 1 [X.]), den ein Gesamtgläubiger mit dem Schuldner über die Forderung schließt, nicht für und gegen die anderen Gesamtgläubiger; insoweit ist viel-mehr gemäß § 429 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 423 [X.] grundsätzlich von einer Einzelwirkung auszugehen ([X.]/[X.], [X.] [2005], § 429, Rn. 18 m.w.[X.]). Dies gilt auch für einen Abfindungsvergleich, der in der Sache einen 23 - 13 - Teilerlass einer Forderung einschließt (vgl. Senatsurteil vom 4. März 1986 - [X.] ZR 234/84 - [X.], 810). 24 Einem Vergleich, den ein Sozialversicherungsträger mit dem [X.] über die auf ihn übergegangenen [X.] schließt, kann nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats allerdings eine eingeschränkte Gesamtwirkung zukommen. Diese erstreckt sich in der Regel auf den Anteil, der dem am Vergleich beteiligten [X.] im Innenverhältnis zu einem weiteren als Gesamtgläubiger konkur-rierenden Leistungsträger zusteht. Das hat zur Folge, dass dieser vom [X.] aus übergegangenem Recht in der Regel nur noch das ver-langen kann, was ihm im Innenverhältnis zum anderen Sozialversicherungsträ-ger zusteht (Senatsurteil vom 4. März 1986 - [X.] ZR 234/84 - aaO mit [X.]. Sieg, [X.] 1986, 397). - 14 - 25 5. Nach alledem ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit Feststellungen dazu nach-geholt werden können, ob die [X.]lägerin im [X.] zuständige Leistungsträge-rin war. [X.]

[X.] [X.] Pauge von [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 15.02.2007 - 6 O 1863/05 - [X.], Entscheidung vom 29.07.2008 - 5 U 232/07 -

Meta

VI ZR 208/08

05.05.2009

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.05.2009, Az. VI ZR 208/08 (REWIS RS 2009, 3719)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 3719

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