26. Senat | REWIS RS 2019, 3666
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In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2017 113 506.1
hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] am 12. September 2019 unter Mitwirkung [X.], [X.] und Schödel
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Das Wortzeichen
WERTSTÜCK
ist am 29. Dezember 2017 unter der Nummer 30 2017 113 506.1 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register angemeldet worden für Waren der
Klasse 18: Leder und Lederimitationen; Tierhäute; Tierfelle; Reisegepäck; Tragetaschen; Regenschirme und Sonnenschirme; Spazierstöcke; Peitschen; Pferdegeschirre; Sattlerwaren; Halsbänder für Tiere; Leinen für Tiere; Decken für Tiere; Schultaschen; Visitenkartenetuis; Brieftaschen; Gepäckanhänger; Dosen aus Leder oder Lederpappe; Schachteln aus Leder oder Lederpappe; Kästen aus Leder oder Lederpappe;
Klasse 20: Möbel; Spiegel; Bilderrahmen; Behälter, nicht aus Metall, für Lagerung oder Transport; Knochen, Horn, in rohem oder teilweise bearbeitetem Zustand; Muschelschalen;
Klasse 25: Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckungen;
Klasse 28: Spiele; Spielwaren; Spielzeug; [X.]; Turn- und Sportartikel; Christbaumschmuck.
Mit Beschluss vom 29. Oktober 2018 hat die Markenstelle für Klasse 20 des [X.] durch eine Beamtin des gehobenen Dienstes die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Anmeldezeichen setze sich aus den zwei Wortbestandteilen „Wert“ und „Stück“ zusammen, die jeweils mehrere Bedeutungen hätten. In Verbindung mit den beanspruchten Waren komme ihm in seiner Gesamtheit die Bedeutung „Gegenstand mit einem positiven bzw. (qualitativ) hohem Wert“ oder „einzelner Wertgegenstand“ zu. Dem Zeichen sei somit nur eine anpreisende Sachaussage zu entnehmen. In der Werbung sei zunehmend der Trend zu beobachten, Ausdrücke und Redewendungen einzusetzen, die sich in plakativen Angaben erschöpften und funktionell ausschließlich auf das Ziel reduziert seien, den Kaufanreiz beim angesprochenen Publikum zu fördern. Das Anmeldezeichen reihe sich in die üblichen Bezeichnungsgewohnheiten der Werbung ein. Für die Schutzversagung sei es unschädlich, dass [X.], ob sich die Bezeichnung „[X.]“ auf den materiellen, qualitativen oder immateriellen Wert des so gekennzeichneten Gegenstands beziehe. Dabei gebe es inzwischen in fast jedem Warensegment hoch- und niedrigpreisige Produkte.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er ist der Ansicht, die beanspruchten Waren erfüllten nicht die Funktion eines Wertgegenstands und würden im Sprachgebrauch nicht als „[X.]“ bezeichnet, so dass das angemeldete Markenwort nicht beschreibend sei. Möbel könnten zwar ein hochwertiges Design besitzen, würden im Allgemeinen aber als Gebrauchsgüter verstanden, die nach ihrem Verkauf dramatisch an Wert verlören. Das Gleiche gelte für andere Luxusartikel der Modeindustrie. Sonnen- und Regenschirme, Turn- und Sportartikel sowie Spiele und Spielwaren seien Gegenstände des täglichen Gebrauchs, die schnell verschlissen. Auch Kleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen würden nicht als [X.] bezeichnet. [X.] seien wegen der schnell voranschreitenden Entwicklung in dem Bereich von Haus aus kurzlebig. Bei Christbaumschmuck handele es sich regelmäßig um Massenware, der nach der jeweils aktuellen Mode neu gekauft werde.
Der Anmelder beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 20 des [X.] vom 29. Oktober 2018 aufzuheben.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 30. Juli 2018 ist die Beschwerdeführerin unter Beifügung von [X.] (Anlagen 1 bis 3, [X.]. 22 – 31 [X.]) darauf hingewiesen worden, dass das angemeldete Wortzeichen nicht für schutzfähig erachtet werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
WERTSTÜCK“ als Marke steht das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen.
a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] [X.] 2015, 1198 [X.]. 59 f. – [X.]/[X.]]; [X.], 932 [X.]. 7 – #darferdas?; [X.] 2018, 301 [X.]. 11 – [X.]; [X.] 2016, 934 [X.]. 9 – [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] [X.] 2010, 228 [X.]. 33 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] – #darferdas?; a. a. O. – [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] – [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.] 2004, 428 [X.]. 53 – [X.]; [X.] [X.]. 15 – [X.]). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt ([X.] [X.] 2013, 1143 [X.]. 15 – [X.] werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] [X.] 2006, 411 [X.]. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.] [X.] 2014, 376 [X.]. 11 – grill meister).
Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] [X.] 2004, 674, [X.]. 86 – Postkantoor; [X.] [X.]. 8 – #darferdas?; [X.] 2012, 270 [X.]. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.] – #darferdas?; a. a. [X.]. 12 – [X.]; [X.] 2014, 872 [X.]. 21 – [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt ohne weiteres erfasst und in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für deren Herkunft sieht ([X.] – #darferdas?; a. a. O. – [X.]). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann ([X.] [X.] 2004, 146 [X.]. 32 – [X.]; [X.] [X.] 2014, 569 [X.]. 18 – [X.]); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer [X.] entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der [X.] wegführt ([X.] [X.] 2007, 204 [X.]. 77 f. – [X.]; [X.] [X.] 2014, 1204 [X.]. 16 – DüsseldorfCongress).
WERTSTÜCK“ nicht. Die angesprochenen inländischen Verkehrskreise haben es schon zum Anmeldezeitpunkt, dem 29. Dezember 2017, ausschließlich als anpreisende [X.] verstanden, so dass es sich nicht als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen eignet.
aa) Von den beanspruchten vielfältigen Waren werden in erster Linie die breiten Verkehrskreise der Verbraucher sowie der jeweilige Fachhandel angesprochen. Die Rohmaterialien der Klasse 18 und 20 richten sich auch an Unternehmer sowie Angehörige der unternehmerischen Führungsebene von Unternehmen der weiterverarbeitenden Industrie.
bb) Das Anmeldezeichen besteht allein aus dem [X.] Substantiv „[X.]“. Dieses steht für einen „einzelnen Wertgegenstand“. Synonyme hierzu sind „Juwel, Kleinod, [X.], Wert, Wertgegenstand“, wobei der Begriff „Juwel“ als „Person oder Sache, die für jemanden besonders wertvoll ist“ definiert wird (www.duden.de, s. Anlage 1 zum gerichtlichen Hinweis). Daher lässt sich das Zeichen als „objektiv oder subjektiv besonders wertvolle Sache“ verstehen.
cc) Bezüglich aller beanspruchter Waren entnehmen die angesprochenen Verkehrskreise dem Anmeldezeichen keinen Herkunftshinweis aus einem bestimmten Betrieb, sondern nur eine anpreisende [X.].
aaa) Im Hinblick auf die Waren der Klasse 18 „
Das Gleiche gilt für die Ware „
bbb) Bezüglich der Waren „
ccc) Auch die Waren der Klasse 20 „
ddd) In Bezug auf die Waren der Klasse 25 „
eee) Das Gleiche gilt für die Waren der Klasse 28 „
WERTSTÜCK“ im Hinblick auf die beanspruchten Waren auch ein schutzwürdiges Interesse der Mitbewerber an seiner freien Verwendbarkeit entgegen (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]).
a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft, der [X.] oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Mit diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass beschreibende Zeichen oder Angaben von allen Wirtschaftsteilnehmern frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden ([X.] [X.] 2011, 1035 [X.]. 37 - 1000; [X.] [X.] 2017, 186 [X.]. 38 - [X.]). Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] erfordert nicht, dass die fraglichen Zeichen oder Angaben bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für Waren oder Dienstleistungen der angemeldeten Art verwendet werden ([X.] [X.] 2004, 674 [X.]. 56 - Postkantoor; [X.] [X.] a. a. [X.]. 42 - [X.]). Vielmehr genügt es, dass sie zu diesen Zwecken verwendet werden können ([X.] [X.] 2004, 146, 147 [X.]. 32 - [X.]; [X.] 2010, 534 [X.]. 52 - [X.]). Für die Annahme einer zukünftig beschreibenden Angabe bedarf es allerdings der Feststellung, dass eine derartige Verwendung vernünftigerweise zu erwarten ist (vgl. [X.] a. a. [X.]. 53 - [X.]; a. a. O. - Postkantoor; [X.] 1999, 723 [X.]. 31, 37 - [X.]; [X.] [X.]. 43 - [X.]). Die damit verbundene Prognoseentscheidung darf nicht nur auf theoretischen Erwägungen beruhen, sondern muss anhand der voraussichtlichen wirtschaftlichen Entwicklung realitätsbezogen erfolgen ([X.] [X.]. 43 - [X.]; BPatG 26 W (pat) 33/16 – HERZO).
WERTSTÜCK“ bereits am Tag ihrer Anmeldung, am 29. Dezember 2017, eine gebräuchliche und damit freihaltebedürftige werblich anpreisende [X.] gewesen.
aa) Dies gilt zunächst für die Rohmaterialien der Klasse 18 „
bb) Auch die Hersteller und Anbieter aller anderer beanspruchter Waren müssen den zum alltäglichen Sprachgebrauch gehörenden Begriff „[X.]“ verwenden können, um die besondere Qualität ihrer Produkte zu bewerben oder werblich anpreisend darauf hinzuweisen, dass die so gekennzeichneten Gegenstände für den Erwerber einen hohen subjektiven Wert entwickeln werden.
Meta
12.09.2019
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 12.09.2019, Az. 26 W (pat) 509/19 (REWIS RS 2019, 3666)
Papierfundstellen: REWIS RS 2019, 3666
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
26 W (pat) 566/18 (Bundespatentgericht)
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