Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.09.2012, Az. I ZR 90/09

I. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 2992

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I
ZR
90/09
Verkündet am:
20. September 2012
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

UniBasic-[X.]
[X.] § 809
Einem Anspruch auf Herausgabe des Quellcodes eines [X.] nach §
809 [X.] zum Zwecke des Nachweises einer Urheber-rechtsverletzung steht nicht entgegen, dass unstreitig nicht das gesamte Computerprogramm übernommen wurde, sondern lediglich einzelne Kompo-nenten
und es deswegen nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass gerade die übernommenen Komponenten nicht auf einem individuellen Programmierschaffen desjenigen beruhen, von dem der Kläger seine [X.] ableitet.
[X.], Urteil vom 20. September 2012
-
I [X.]/09 -
OLG [X.]

LG [X.] I

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 20.
September 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr.
Born-kamm und [X.], Prof. Dr.
Schaffert, Dr.
Koch und Dr.
Löffler
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 29.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts [X.] vom 28.
Mai 2009 aufgehoben.
[X.] wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht [X.].
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die
Klägerin nimmt die Beklagten zu
1 bis 3 wegen behaupteter Urheber-rechtsverletzungen an dem
Softwareprogramm UniBasic-[X.]

in Anspruch.
Die Klägerin ist eine 50%ige Tochtergesellschaft der
US-amerikanischen

([X.]). Die [X.] hat die Klägerin mit der Wahrnehmung
ihrer Ansprüche aufgrund von Verletzungen des Urheberrechts an dem [X.] UniBasic-[X.]

in Europa betraut.
Die Software

UniBasic-[X.]

ist ein sogenanntes

Migrationspro-gramm, das dazu
dient, Anwendungen, die auf dem Betriebssystem [X.] des Herstellers [X.] ausgeführt werden können, auf moderne [X.]-
und [X.]-Systeme zu übertragen. Dabei übersetzt es die Befehle des (veralteten) Anwen-1
2
3
-
3
-
dungsprogramms in die Befehle des (zeitgemäßen) Betriebssystems.
Es gibt eine UniBasic-Programmfamilie, die auf verschiedene Betriebssysteme zuge-schnitten ist.
Die [X.] übergab
den Quellcode des Programms UniBasic-[X.]

im [X.] 1991 an die U.

Entwicklungsgesellschaft mbH (U.

Hamburg). Dem lagen
ein Lizenzvertrag der U.

Hamburg mit der

([X.]) vom 27.
März 1991 sowie ein Lizenzvertrag der
[X.] mit der [X.] vom 9.
April 1991
zugrunde. Die U.

Hamburg bezahlte
für die Übertragung 600.000
US-Dollar.
Für die U.

Hamburg entwickelte der Beklagte zu
3 in der Folgezeit
das Programm [X.]. Dabei verwendete er zumindest Teile von Uni-Basic-[X.]. Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Beklagte zu
3 und die U.

Hamburg hierzu aufgrund des [X.] vom März 1991
berechtigt waren.
Im November 1993 veräußerte U.

Hamburg die Rechte
an [X.]s

an die S.

GmbH
(S.
) gegen ein Entgelt von 5,85
Mio.
DM. Im
Auftrag der [X.] entwickelte so-
dann die Beklagte zu
2 [X.]

fort. Die Beklagte zu
2 beauftragte damit wiederum den Beklagten zu
3. 1997 wurde [X.]

in [X.]

umbe-nannt.
In der Folgezeit übertrug die S.

die Rechte an dem Programm NT-
Basic

und dessen Quellcode auf den (vormaligen) Beklagten zu
4.
Am 23.
Juli 1998 schließlich veräußerte der (vormalige) Beklagte zu
4 die Software [X.]

nebst Quellcode an die Beklagte
zu
1. Diese
ließ
von der Beklagten zu
2 die Software [X.]

unter [X.]eitung des Quellcodes für Updates weiter-entwickeln.
Die
Beklagte zu
1 ist Vertriebspartnerin der V.

AG und stellt
den V.-
und A.

-Autohäusern Software-Produkte für das betriebliche Rech-
4
5
6
-
4
-
nungswesen zur Verfügung, unter anderem
auch die von
der Beklagten zu
2 weiterentwickelten Updates für [X.]. Die Beklagte zu
2 ihrerseits vertreibt [X.]

an Dritte außerhalb der Automobilindustrie.
Die [X.] behauptete im Dezember 2002, in den von den Beklagten ver-triebenen Programmen [X.]

seien schutzfähige Teile der Software Uni-Basic-[X.]

enthalten. Die Beklagte zu
1 bot an, die Vorwürfe durch einen Quellcode-Vergleich von UniBasic-[X.]

und [X.]

überprüfen zu [X.], sofern [X.] die behauptete Verletzung vorab substantiiert darlegt.
Zu einem Quellcodevergleich kam es nicht. Die Klägerin
hat vielmehr
im November 2004 Klage erhoben, mit der sie die Beklagten auf Besichtigung des Quellcodes im Sinne von
§
809 [X.], Auskunft, Schadensersatz, Unterlassung sowie Vernichtung von Programmen in Anspruch nimmt.
Das Landgericht
hat die Beklagten zu
1, 2 und 3 gemäß
dem Klagean-trag zu
I im Wege des [X.] verurteilt,
1.
ein Verzeichnis aller in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz befindli-chen Quellcodes der Programme [X.] und [X.] vorzulegen,
2.
die nach dem von ihnen vorgelegten Verzeichnis in ihrem Besitz befindli-chen Versionen des Quellcodes von [X.] und [X.] einschließlich der entsprechenden Kompilate dieser Programme an den Sachverständigen P.

herauszugeben, damit dieser die Feststellung nach Maßgabe eines vom erkennenden Gericht noch zu fassenden Beweisbeschlusses
-
in dem auch die Umstände der Geheimhaltung zu bestimmen sind
-
treffen kann.
Das
Berufungsgericht
hat die Klage insgesamt abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin, die ihr Klagebe-gehren in vollem Umfang weiterverfolgt. Die Beklagten beantragen, die [X.] zurückzuweisen.
7
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9
10
-
5
-
Entscheidungsgründe:
[X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, dass
die Klägerin
keine Unter-lassungs-
oder Schadensersatzansprüche aus §
97 [X.] aF und damit auch keinen
[X.] aus §
809 [X.] gegen die Beklagte habe. Die Klägerin habe nicht hinreichend substantiiert dargelegt, ob und in welchem Um-fang der [X.] Urheberrechte an dem Programm UniBasic-[X.]

zustünden. Dazu hat es ausgeführt:
Die geltend gemachten Ansprüche auf Besichtigung sowie Auskunft, Un-terlassung, Schadensersatz und Vernichtung bestünden nicht, weil die Klägerin sich nicht auf vertragliche Ansprüche
berufen könne und auch
die Vorausset-zungen
gesetzlicher
Anspruchsgrundlagen
gemäß
§
809 [X.] und §§
97, 98 [X.] nicht erfüllt seien. Die Klägerin habe nicht hinreichend dargelegt, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang dem Inhaber der [X.],

[X.]

,
Urheberrechte an dem Softwareprogramm UniBasic-[X.]

zustünden.
Dieses Programm bestehe unstreitig aus mehreren Komponenten, so dass die Klägerin hätte darlegen und gegebenenfalls
beweisen müssen, welche [X.] schöpferisch sind und welche nicht. Außerdem sei zwischen den Parteien streitig, wer Urheber welcher Programme oder
Programmteile sei. Ein entspre-chender Vortrag der Klägerin sei erforderlich, weil es im vorliegenden Rechts-streit unstreitig nicht um die komplette Übernahme von UniBasic-[X.]

insge-samt, sondern möglicherweise nur von Komponenten gehe.
Dem Klägervortrag sei nicht zu entnehmen, für welche Einzelteile
-
ne-ben den vorbekannten Elementen
-
eine schöpferische Eigenleistung durch

[X.]

erbracht worden sei. Nur
insoweit könnten
aber
die Be-
klagten von der Klägerin geltend gemachte Urheberrechte verletzt haben. Die 11
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13
-
6
-
Übernahme vorbekannter Elemente könne
urheberrechtliche Ansprüche nicht
begründen.
Auf dieser Grundlage könne offenbleiben, ob dem Inhaber und Haupt-programmierer der [X.],

[X.]

, Urheberrechte an dem Soft-
wareprogramm UniBasic-[X.]

zustünden, ob die Klägerin ausreichend darge-legt habe, dass sie im Wege einer Rechtekette mit der Wahrnehmung der der [X.] zustehenden Nutzungsrechte an diesem Programm legitimiert sei und ob Verjährung eingetreten sei.
I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat [X.]. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Die
Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht angenommen hat, die Klägerin habe nicht hinreichend dargelegt, dass und in welchem Umfang das Computerprogramm UniBasic-[X.]

nach §
2 Abs.
1 Nr.
1, §
69a Abs.
1, 3 [X.] als individuelle geistige Werkschöpfung
des

[X.]

oder
seiner Mitarbeiter Urheberrechtsschutz genieße, halten der rechtlichen Nach-prüfung nicht stand.

1. Allerdings hat das Berufungsgericht mit Recht und von der Revision unbeanstandet §
809 [X.] als mögliche Anspruchsgrundlage
für die Besichti-gung des Quellcodes
herangezogen.
Gemäß §
809 [X.] kann vom Besitzer die Gestattung der Besichtigung einer Sache verlangt werden, wenn der Anspruchsteller gegen den Besitzer einen Anspruch in Ansehung der Sache hat oder sich Gewissheit verschaffen will, ob ihm ein solcher Anspruch zusteht, sofern die Besichtigung der Sache aus diesem Grund für den Anspruchsteller von Interesse ist. Der Anspruch aus 14
15
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17
18
-
7
-
§
809 [X.] steht grundsätzlich auch dem Urheber oder dem aus Urheberrecht Berechtigten zu, wenn er sich vergewissern möchte, ob eine bestimmte Sache unter Verletzung
-
beispielsweise durch Vervielfältigung
-
des geschützten Wer-kes hergestellt worden ist. Dabei betrifft der [X.] gerade auch den hinter der Software stehenden
Quellcode, ohne den eine Werkverlet-zung in der Regel nicht nachgewiesen werden kann
([X.], Urteil vom 2.
Mai 2002
-
I
ZR
45/01, [X.]Z 150, 377, 382, 384
-
Faxkarte).
2. Zutreffend ist das Berufungsgericht ferner davon ausgegangen, dass ein [X.]
nicht gegeben ist, wenn eine
Verletzung von Urhe-berrechten ausgeschlossen werden kann.
Für den [X.] nach §
809 [X.] ist das Bestehen eines Anspruchs in Ansehung der Sache nicht Voraussetzung. Ausreichend ist es vielmehr, dass sich der Anspruchsteller erst Gewissheit über das Bestehen ei-nes solchen Anspruchs verschaffen will. Freilich kann der Anspruch nicht [X.] gegenüber dem Besitzer einer Sache geltend gemacht werden, hinsichtlich deren nur eine entfernte Möglichkeit einer Rechtsverletzung besteht. Vielmehr muss bereits ein gewisser Grad an Wahrscheinlichkeit vorliegen ([X.], Urteil vom 8.
Januar 1985 -
X
ZR
18/84, [X.]Z 93, 191, 205 -
Druckbalken; [X.]Z 150, 377, 385
f. -
Faxkarte). Insbesondere müssen die nicht von der Besichti-gung betroffenen Voraussetzungen des Anspruchs, der mit Hilfe der Besichti-gung durchgesetzt werden soll, bereits geklärt sein. Ist etwa noch offen, ob der Kläger überhaupt über ein ausschließliches Nutzungsrecht an der fraglichen Software verfügt, kann der Beklagte (noch) nicht zur Vorlage des Quellcodes verurteilt werden (vgl. [X.]Z 93, 191, 205
f.
-
Druckbalken; [X.] in MünchKomm.[X.], 5.
Aufl., §
809 Rn.
6; [X.]/[X.], [X.]. 2009, §
809 Rn.
7).
19
20
-
8
-
3. Mit der vom Berufungsgericht
gegebenen Begründung kann eine [X.] von Urheberrechten als Voraussetzung eines [X.]s nach §
809 [X.] jedoch nicht verneint werden. Das Berufungsgericht hat inso-weit die Darlegungslast der Klägerin überspannt.
a)
Die Beurteilung der Frage, wer als Urheber und damit als Inhaber des Urheberrechts an dem Computerprogramm anzusehen ist, ist ebenso nach dem Recht des [X.] zu beurteilen, wie die Frage, ob urheberrechtliche Be-fugnisse übertragbar sind (vgl. [X.], Urteil vom 2.
Oktober 1997
-
I
ZR
88/95, [X.]Z 136, 380, 385
ff.
-
Spielbankaffaire), so dass
-
wovon auch das [X.] zutreffend ausgegangen ist
-
deutsches Urheberrecht Anwendung findet.
b) Da das Berufungsgericht keine abweichenden Feststellungen getrof-fen hat, ist für das Revisionsverfahren davon auszugehen, dass das in Rede stehende Computerprogramm
insgesamt nach §
2 Abs.
1
Nr.
1, §
69a Abs.
1 und 3 [X.] als individuelle geistige Schöpfung der an seiner Entwicklung und Erstellung beteiligten Personen Urheberrechtsschutz genießt.
Das Gesetz setzt für die Schutzfähigkeit eines [X.] besondere schöpferische Gestaltungshöhe
voraus, sondern stellt in erster Linie darauf
ab, dass es sich um eine individuelle geistige Schöpfung des [X.]ierers handelt. Damit unterstellt es auch die kleine Münze des [X.]schaffens dem urheberrechtlichen Schutz und lässt lediglich die [X.], routinemäßige Programmierleistung, die jeder Programmierer auf dieselbe oder ähnliche Weise erbringen würde, schutzlos (vgl. [X.], Urteil vom 3.
März 2005
-
I
ZR
111/02, [X.], 860, 861
= [X.], 1263
-
Fash 2000, mwN). Dies bedeutet, dass bei komplexen Computerprogrammen eine tatsäch-liche Vermutung für eine hinreichende Individualität der Programmgestaltung 21
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24
-
9
-
spricht. Es ist daher in derartigen Fällen Sache des Beklagten darzutun, dass das Programm, für das Schutz beansprucht wird, nur eine gänzlich banale [X.]ierleistung ist oder lediglich das Programmschaffen eines anderen [X.]ierers übernimmt
(vgl. [X.], [X.], 860, 861
-
Fash 2000). Daran
fehlt es im Streitfall.
Aus den tatrichterlichen Feststellungen ergibt sich, dass der Quellcode und Rechte an der Software im Jahr 1991 zu einem Preis von 600.000
US-Dollar
veräußert worden sind. Ferner steht fest, dass mit Hilfe des Programms -einem bestimmten ver-alteten Betriebssystem konzipiert ist, so umgeschrieben werden kann, dass die unter den modernen Betriebssystemen [X.] und [X.] eingesetzt werden kann. Diese Umstände rechtfertigen
bereits die Vermutung, dass die Software
insgesamt gemäß §
69a [X.]
geschützt ist. Dem sind die Beklagten nicht mit substantiiertem Vortrag entgegengetreten. Der Umstand, dass das [X.] jedenfalls teilweise vor Einführung des §
69a [X.] geschaffen [X.], führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Vorschrift des §
69a [X.] gilt ge-mäß §
137d Abs.
1 [X.] auch für Programme, die vor der Einführung des
§
69a [X.] geschaffen wurden.
c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gilt grundsätzlich nichts Abweichendes, wenn
-
wie im Streitfall
-
auf der einen Seite
das
[X.]
des Berechtigten
aus mehreren Komponenten besteht, die nicht von
dem oder den angeblichen Programmierern stammen, und auf der anderen Seite nicht das gesamte Computerprogramm, sondern lediglich einzelne Kom-ponenten
übernommen wurden.
aa) Der Gesetzgeber
ist
bei
der
Einführung des §
69a [X.] durch das Zweite
Gesetz zur Änderung des [X.] vom 9.
Juni 1993
25
26
27
-
10
-
([X.]l.
I 1993 S.
910), das
die Richtlinie 91/250/[X.] vom 14.
Mai 1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen umgesetzt
hat,
von der unbestrit-tenen Notwendigkeit ausgegangen, Computerprogrammen effektiven Rechts-schutz zu gewähren
(vgl. den Regierungsentwurf, BT-Drucks.
12/4022, S.
9). Danach ist es Aufgabe der Rechtsprechung, in praxisgerechter Weise bei der Bestimmung der Anforderungen an die Darlegungslast des Klägers dem Um-stand Rechnung zu tragen, dass der
Urheberrechtsschutz
für Computerpro-gramme nunmehr die Regel ist.
Der Berechtigte
hat grundsätzlich nur dazule-gen, dass sein Programm nicht lediglich das Werk eines anderen nachahmt (vgl. BT-Drucks.
12/4022, S.
10).
[X.]) Nach dem
Wortlaut des
§
69a Abs.
1 und 3 [X.] sowie gemäß
Art.
1 Abs.
1 und 3 der in Verbindung mit dem 8.
Erwägungsgrund der Richtlinie
91/250/[X.] werden dabei individuelle Werke geschützt, die das Ergebnis [X.] darstellen, ohne dass es auf qualitative oder ästhetische Vorzüge des Computerprogramms ankommt. Es ist grundsätzlich Sache des Beklagten darzutun, dass das Programm, für das Schutz bean-sprucht wird, nur eine gänzlich banale Programmierleistung ist oder lediglich das Programmschaffen eines anderen Programmierers übernimmt (vgl. [X.], [X.], 860, 861
-
Fash 2000; Dreier in Dreier/[X.], [X.], 3.
Aufl., §
69a Rn.
29; [X.]/Bornkamm, [X.], 877, 879; diffe-renzierend
Grützmacher in [X.]/[X.], Urheberrecht, 3.
Aufl. §
69a [X.] Rn.
36
ff.). Dies gilt auch dann, wenn unstreitig vorbekannte [X.] in der Programmgestaltung übernommen wurden. Gegenstand des Schut-zes können gemäß
§
69a Abs.
2 [X.] auch die Be-,
Um-
und Einarbeitung vorbekannter Elemente und Formen sein (vgl. [X.], Urteil vom 9.
Mai 1985

I
ZR
52/83, [X.]Z 94, 276, 287
-
Inkasso-Programm).
28
-
11
-
cc) Der
Umstand, dass im Streitfall unstreitig nicht das gesamte [X.] übernommen wurde, sondern lediglich einzelne Komponenten, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Zwar ist
es
denkbar, dass die über-nommenen Komponenten nicht oder nicht zugunsten der Klägerin urheberrecht-lichen Schutz genießen und eine urheberrechtlich relevante Verletzungshand-lung deshalb abzulehnen
wäre.
Diese Möglichkeit reicht aber nicht aus, um ei-nen [X.] gemäß §
809 [X.] zu verneinen. Anderenfalls [X.] der vom Gesetzgeber in Umsetzung der Richtlinie gewollte Schutz eines Computerprogramms insgesamt unzumutbar erschwert.
Das Berufungsgericht hat nicht
hinreichend berücksichtigt, dass sich Computerprogramme
in der Regel aus verschiedenen Komponenten zusam-mensetzen, die nicht sämtlich auf eine individuelle Schöpfung des Programmie-rers zurückgehen
müssen. So mag ein Computerprogramm in Teilen aus nicht geschützten oder aus [X.] behauptete Verletzung liegt häufig nicht in einer 1-zu1-Übernahme des Programms, für das der Schutz beansprucht wird.
Vielmehr ist es durchaus nicht untypisch, dass die behauptete Verletzung darin besteht, dass lediglich Komponenten dieses [X.]s übernommen worden sein sollen, weil etwa die angegriffene Ausfüh-rungsform das übernommene
Programm fortentwickelt und in einen neuen An-wendungsrahmen stellt. Wäre der Kläger in einem solchen Fall schon für den [X.] gehalten, im Einzelnen darzulegen, worin seine indivi-duelle Leistung liegt und dass es gerade diese Leistung ist, die sich in der an-gegriffenen Ausführungsform wiederfindet, wäre er praktisch schutzlos gestellt: Zum einen käme ihm die tatsächliche Vermutung nicht zugute, die zugunsten des Schöpfers eines komplexen Programms streitet ([X.], [X.], 860, 861 -
Fash 2000), und es bliebe unberücksichtigt, dass der Quellcode in der Regel ein Betriebsgeheimnis darstellt
(vgl. Loewenheim
in Schricker/Loewen-29
30
-
12
-
heim, Urheberrecht, 4.
Aufl., §
69a [X.] Rn.
22; [X.] in [X.]/Norde-mann, Urheberrecht, 10.
Aufl., §
69a [X.] Rn.
37; Dreier in Dreier/[X.] aaO §
69a [X.] Rn.
29). Zum anderen wäre es dem Kläger, auch wenn er
seinen Quellcode offenbart und die einzelnen auf das individuelle Programmierschaf-fen zurückgehenden [X.] dargelegt hätte, ohne Kenntnis des Quellcodes des angegriffenen Programms in der Regel nicht möglich, eine Ur-heberrechtsverletzung darzulegen.
Im Streitfall, der dadurch gekennzeichnet ist, dass für das als urheber-rechtsverletzend beanstandete Programm unstreitig Komponenten des [X.] übernommen worden sind, kann die Wahrscheinlichkeit einer [X.], wie sie für den [X.] erforderlich ist, nicht verneint werden. Es sind keine Anhaltspunkte dafür festgestellt oder ersichtlich, dass lediglich
eine entfernte Möglichkeit
besteht, dass
bei der Entwicklung von [X.] und
[X.]
Programmteile von UniBasic-[X.]
übernommen worden sind. Vielmehr lässt der Umstand, dass die U.

Hamburg für die Übergabe
des Quellcodes von UniBasic-[X.] seinerzeit 600.000
US-Dollar
gezahlt hat, nach der Lebenserfahrung den Schluss zu, dass es der U.

Hamburg zu-
mindest auch auf den Erwerb der individuell von der [X.] erstellten, nicht von [X.] oder frei auf dem Markt erhältlichen Softwarekomponenten
von UniBa-sic-[X.] ankam. Gegenteilige Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
Die von der Klägerin begehrte Besichtigung
des Quellcodes
durch einen zur Gemeinhaltung verpflichteten Sachverständigen
soll gerade dazu dienen, eventuelle Übereinstimmungen in Programmteilen zu ermitteln. Ist dies gesche-hen, mögen die Beklagten darlegen, dass die übernommenen Programmteile nicht auf ein individuelles Programmierschaffen desjenigen zurückgehen, von dem die Klägerin ihre Rechte herleitet.
31
32
-
13
-
d)
Das Berufungsurteil, das sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig
erweist (§
561 ZPO), kann danach keinen Bestand haben.
4. Soweit das Berufungsgericht die weiteren von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft, Schadensersatz, Unterlassung sowie [X.] ebenfalls abgewiesen hat, kann das Urteil aus den
vorgenannten
Gründen gleichfalls keinen Bestand haben. Es ist nicht auszuschließen, dass die mit dem Antrag zu
I
1 und I
2 begehrte Besichtigung des Quellcodes von [X.] und [X.] eine Übereinstimmung in den von den Programmierern der [X.] geschaffenen Programmbestandteilen ergibt und diese Teile gemäß §
69a [X.]
schutzfähig sind.
II[X.] [X.] ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen lässt sich
nicht abschließend beurteilen, ob ein [X.] und die im Wege der Stufenklage gel-tend gemachten Folgeansprüche bestehen. Das Berufungsgericht hat
-
aus seiner Sicht folgerichtig
-
nicht geprüft, ob
dem Inhaber und Hauptprogrammie-rer der [X.],

[X.]

,
oder anderen Programmierern der [X.]
Ur-
heberrechte oder ausschließliche Nutzungsrechte an dem Softwareprogramm UniBasic-[X.]

zustehen, ob die Klägerin ausreichend dargelegt hat, dass sie im Wege einer Rechtekette mit der Wahrnehmung der der [X.] zustehenden Nutzungsrechte an diesem Programm legitimiert ist und ob Verjährung eingetre-ten ist.
Ebenfalls keine Feststellungen getroffen
hat das Berufungsgericht zu
33
34
35
-
14
-
der
Frage, ob sich die Beklagten darauf berufen können, dass die U.

Hamburg vertraglich durch
[X.] die Rechte zu
der Weiterübertragung der [X.] an der [X.]eitung der
Software UniBasic-[X.]

und zu der Weitergabe der entsprechenden [X.]eitungsquellcodes erworben haben.

Bornkamm
Pokrant
Schaffert

Koch
Löffler

Vorinstanzen:
LG [X.] I, Entscheidung vom 09.01.2008 -
21 O 21832/04 -

OLG [X.], Entscheidung vom [X.] -
29 [X.]

Meta

I ZR 90/09

20.09.2012

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.09.2012, Az. I ZR 90/09 (REWIS RS 2012, 2992)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2992

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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6 U 195/14 (Oberlandesgericht Köln)


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I ZR 90/09

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