Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.04.2017, Az. 4 StR 547/16

4. Strafsenat | REWIS RS 2017, 11818

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Gegenstand

Beantwortung einer Divergenzvorlage: Zulässigkeit der Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch bei einer Verurteilung wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis


Leitsatz

Im Fall einer Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG ist die Beschränkung einer Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch nicht deshalb unwirksam, weil sich die Feststellungen in dem angegriffenen Urteil darin erschöpfen, dass der Angeklagte an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit auf einer öffentlichen Straße ein näher bezeichnetes Kraftfahrzeug geführt hat, ohne die erforderliche Fahrerlaubnis zu besitzen und er insoweit wissentlich gehandelt hat.

Tenor

Im Fall einer Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG ist die Beschränkung einer Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch nicht deshalb unwirksam, weil sich die Feststellungen in dem angegriffenen Urteil darin erschöpfen, dass der Angeklagte an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit auf einer öffentlichen Straße ein näher bezeichnetes Kraftfahrzeug geführt hat, ohne die erforderliche Fahrerlaubnis zu besitzen und er insoweit wissentlich gehandelt hat.

Gründe

I.

1

[X.]as [X.] hat den umfassend geständigen Angeklagten am 21. Januar 2016 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von sechs Wochen verurteilt. [X.]ie Feststellungen zur Sache lauten wie folgt:

2

[X.]er Angeklagte fuhr am 19. August 2015 gegen 14.21 Uhr mit dem Pkw [X.] mit dem amtlichen Kennzeichen       auf der [X.] in S.     , obwohl er die erforderliche Fahrerlaubnis nicht hatte. [X.]ies wusste der Angeklagte.

3

Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft eine auf den [X.]echtsfolgenausspruch beschränkte Berufung eingelegt. [X.]er Angeklagte hat seine zunächst unbeschränkt eingelegte Berufung in der Hauptverhandlung vor dem [X.] mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft auf den [X.]echtsfolgenausspruch beschränkt.

4

[X.]as [X.] Nürnberg-Fürth hat beide Berufungen als unbegründet verworfen. [X.]abei ist es davon ausgegangen, dass die Beschränkungen auf den [X.]echtsfolgenausspruch wirksam und deshalb der Schuldspruch und die ihn tragenden Feststellungen einer Nachprüfung entzogen seien. [X.]er Strafausspruch weise keinen [X.]echtsfehler auf.

5

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte [X.]evision eingelegt. Er rügt die Verletzung sachlichen [X.]echts. [X.]ie Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die [X.]evision nach § 349 Abs. 2 [X.] zu verwerfen.

6

[X.]as [X.] möchte die [X.]evision des Angeklagten wie beantragt verwerfen, sieht sich daran aber durch Entscheidungen der [X.]e [X.] (Urteil vom 25. Juni 2013 – [X.]. 3 Ss 36/13) und [X.] (Beschluss vom 8. Juni 2012 – 4 [X.] 97/12 und Urteil vom 18. Februar 2008 – 4 [X.] 202/07) gehindert. Beide [X.]e meinen, dass nach einer amtsgerichtlichen Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG eine Berufung nicht wirksam auf den [X.]echtsfolgenausspruch beschränkt werden könne, wenn das Amtsgericht zu der fraglichen Fahrt keine Feststellungen getroffen habe, die über Ort und Zeit der Fahrt, die Identität des Fahrzeugs, das Nichtvorhandensein der benötigten Fahrerlaubnis und ein hierauf bezogenes Wissen des Angeklagten hinausgingen. [X.]er Tatrichter habe wegen der Bedeutung für die [X.]echtsfolgen grundsätzlich auch Feststellungen zu den Beweggründen der Fahrt und deren Gegebenheiten ([X.]auer und Länge, beabsichtigte Fahrstrecke, Verkehrsbedeutung der [X.], herbeigeführte Gefahren u.a.) zu treffen, wenn ihm dies – etwa bei einem geständigen Angeklagten – (ohne weiteres) möglich sei. [X.]enn den Schuldspruch beträfen nicht nur die zur Erfüllung der Tatbestandsmerkmale erforderlichen Feststellungen, sondern auch die Tatsachen, die nur den Schuldumfang beschreiben, ohne für die rechtliche Bewertung der Tat selbst unmittelbar von Bedeutung zu sein. Erkenne das Berufungsgericht darin zugleich erhebliche Strafzumessungsgesichtspunkte (sog. doppelrelevante Tatsachen), müsse es nach einer Beschränkung der Berufung auf den [X.]echtsfolgenausspruch die dazu getroffenen erstinstanzlichen Feststellungen seiner Entscheidung zugrunde legen. Fehlten dahingehende Feststellungen, dürfe der [X.] die Lücke nicht durch ergänzende Aufklärung schließen. Ihm bleibe nur die Möglichkeit, die Schuldfeststellungen umfassend neu zu treffen.

7

[X.]as [X.] hält die [X.]echtsansicht der [X.]e [X.] und [X.] für unzutreffend. Für die Frage, ob eine Berufungsbeschränkung auf den [X.]echtsfolgenausspruch wirksam sei, komme es nicht darauf an, ob das Erstgericht in Bezug auf die Strafzumessung seiner Aufklärungspflicht nachgekommen sei. Bei einer Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis beträfen Feststellungen, die über Ort und Zeit der Fahrt, Marke und Kennzeichen des Fahrzeugs, das Fehlen der erforderlichen Fahrerlaubnis und den zugehörigen Vorsatz hinausgehen, nur den Schuldumfang und damit die Strafzumessung. Sie könnten von dem Berufungsgericht auch dann noch nachgeholt werden, wenn die Berufung auf den [X.]echtsfolgenausspruch beschränkt worden sei. Bei Widersprüchen zwischen in erster Instanz getroffenen Feststellungen zur Schuldfrage und denjenigen Feststellungen des [X.] zum Schuldumfang, sei es möglich, den Feststellungen der ersten Instanz den Vorrang zu geben und die widersprechenden Feststellungen für unzulässig zu halten. Auch wäre es möglich, eine Berufungsbeschränkung auf den [X.]echtsfolgenausspruch solange für zulässig zu halten, wie keine widersprechenden neuen Feststellungen getroffen worden seien.

8

Bei der Frage, ob eine Berufungsbeschränkung auf den [X.]echtsfolgenausspruch wirksam ist, wenn keine näheren Umstände zu einer Fahrt ohne Fahrerlaubnis festgestellt sind, handele es sich um eine [X.]echtsfrage im Sinne des § 121 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

9

[X.]as [X.] hat daher dem [X.] folgende Frage zur Entscheidung vorgelegt:

Kann ein Angeklagter seine Berufung wirksam auf den [X.]echtsfolgenausspruch beschränken, wenn er wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden ist (§ 21 Absatz 1 Nummer 1 StVG) und sich die Feststellungen darin erschöpfen, dass er wissentlich an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit ein Fahrzeug bestimmter Marke und mit einem bestimmten Kennzeichen geführt habe, ohne die dazu erforderliche Fahrerlaubnis zu besitzen?

[X.]er [X.] hat beantragt, im Sinne des vorlegenden [X.] zu entscheiden.

II.

[X.]ie Vorlegungsvoraussetzungen des § 121 Abs. 2 Nr. 1 [X.] sind gegeben.

1. [X.]ie beabsichtigte Abweichung betrifft eine [X.]echts- und keine Tatfrage.

Eine Vorlage zum [X.] nach § 121 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist nur zulässig, wenn das vorlegende [X.] bei seiner Entscheidung in einer [X.]echtsfrage (vgl. § 337 [X.]) von der Entscheidung eines anderen [X.]s oder des [X.]s abweichen will (st. [X.]spr. seit [X.], Beschluss vom 23. Oktober 1951 – 2 St[X.] 284/51, [X.]St 1, 358; Nachweise bei [X.] in: [X.]/[X.], [X.], 60. Aufl., § 121 [X.] [X.]n. 5). Eine [X.]echtsfrage ist eine Frage, die sich auf die Auslegung einer [X.]echtsnorm (vgl. [X.], Beschluss vom 25. März 2015 – 4 [X.], [X.]St 60, 218, 221; Beschluss vom 14. Juli 2011 – 4 St[X.] 548/10, [X.]St 56, 289, 292) oder auf die Formulierung von allgemeinen rechtlichen Grundsätzen und Anforderungen bezieht, deren Geltung sich aus einer [X.]echtsnorm oder einem Normgefüge ableitet und über die im [X.] bei der Nachprüfung des für die Entscheidung maßgebenden [X.]echts mit zu entscheiden wäre. Ihre Beantwortung ist – anders als bei bloßen Tatfragen – vom Einzelfall unabhängig und fällt nicht in den tatrichterlichen Beurteilungsspielraum (vgl. [X.], Beschluss vom 15. November 2007 – 4 [X.], [X.]St 52, 84, 86 ff.; Beschluss vom 30. Oktober 1997 – 4 St[X.] 24/97, [X.]St 43, 277, 280 f.).

[X.]iese Voraussetzungen sind im Hinblick auf die [X.] erfüllt. [X.]as vorlegende [X.] will bei gleicher Sachlage nicht den Grundsätzen folgen, die die [X.]e [X.] und [X.] für die Beurteilung der Wirksamkeit von [X.] auf den [X.]echtsfolgenausspruch in Fällen der Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis entwickelt haben. [X.]abei geht es um die Frage, welchen sachlich-rechtlichen Anforderungen die Feststellungen zum Tatgeschehen in einem amtsrichterlichen Urteil wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis unabhängig vom Einzelfall genügen müssen, damit eine nach § 318 Satz 1 [X.] erklärte Berufungsbeschränkung auf den [X.]echtsfolgenausspruch wirksam ist und gemäß § 316 Abs. 1, § 327 [X.] zu der angestrebten Beschränkung der Kognitionspflicht des [X.] führt, deren Beachtung das [X.]evisionsgericht auf die – hier erhobene – Sachrüge hin zu überprüfen hat.

2. [X.]ie vorgelegte [X.]echtsfrage ist auch entscheidungserheblich. [X.]as [X.] kann die [X.]evision des Angeklagten nicht wie beabsichtigt als unbegründet verwerfen, ohne von der [X.]echtsansicht der [X.]e [X.] und [X.] abzuweichen.

III.

[X.]er Senat entscheidet im Sinne des vorlegenden [X.] und hat die [X.], wie aus der [X.] ersichtlich, beantwortet. [X.]abei hat der Senat bedacht, dass sich die zu beantwortende [X.]echtsfrage nicht nur bei Berufungen des Angeklagten stellt. Auch kommt es hinsichtlich der Bezeichnung des verwendeten Kraftfahrzeuges nicht darauf an, dass dies anhand von Marke und Kennzeichen näher beschrieben wird.

1. Wie die [X.]evision (§ 344 Abs. 2 [X.]) kann auch die Berufung auf „bestimmte Beschwerdepunkte“ beschränkt werden (§ 318 Satz 1 [X.]). [X.]amit hat der Gesetzgeber den [X.] eine prozessuale Gestaltungsmacht eingeräumt, deren Ausübung im [X.]ahmen des rechtlich Möglichen zu respektieren ist (vgl. [X.], Beschluss vom 15. Mai 2001 – 4 [X.], [X.]St 47, 32, 38; Beschluss vom 21. Oktober 1980 – 1 [X.], [X.]St 29, 359, 364; Urteil vom 27. November 1959 – 4 St[X.] 394/59, [X.]St 14, 30, 36).

a) [X.]ie Berufungsbeschränkung bewirkt, dass der vom Berufungsangriff ausgenommene Teil des [X.] nach § 316 Abs. 1 [X.] unabänderlich (teilrechtskräftig) und nur noch der angefochtene Teil dem Berufungsgericht zu erneuter tatrichterlicher Kognition und Entscheidung unterbreitet wird (§ 327 [X.]). Über den durch den Eröffnungsbeschluss definierten [X.] wird danach nicht mehr in einem, sondern in zwei tatrichterlichen Urteilen entschieden, die stufenweise nacheinander ergehen und sich zu einer einheitlichen, das Verfahren abschließenden Sachentscheidung zusammenfügen (vgl. [X.], Urteil vom 2. März 1995 – 1 St[X.] 595/94, [X.]St 41, 57, 59; Beschluss vom 22. Juli 1971 – 4 [X.], [X.]St 24, 185, 187 f.). [X.]a diese aus zwei Erkenntnissen zusammengefügte Entscheidung nur dann als ein einheitliches Ganzes gelten kann, wenn sie keine Widersprüche aufweist, hat das Berufungsgericht bei seiner Neufeststellung und Beurteilung des angefochtenen Teils der Vorentscheidung die für deren nicht angegriffenen Teil bedeutsamen Tatsachen – so wie in der Vorinstanz festgestellt – zugrunde zu legen. Neue Feststellungen darf es nur insoweit treffen, als diese hierzu nicht in Widerspruch treten (vgl. [X.], Beschluss vom 6. Juli 2012 – [X.] ([X.]) 4/12, NStZ-[X.][X.] 2013, 91; Beschluss vom 21. Oktober 1980 – 1 [X.], [X.]St 29, 359, 365 f.; Beschluss vom 22. Juli 1971 – 4 [X.], [X.]St 24, 185, 188; Beschluss vom 19. [X.]ezember 1956 – 4 St[X.] 524/56, [X.]St 10, 71, 72 f.; Urteil vom 31. März 1955 – 4 St[X.] 68/55, [X.]St 7, 283, 286 f.; [X.]G, Urteil vom 12. März 1909 – [X.], [X.]GSt 42, 241, 242 ff.; vgl. dazu auch [X.], Urteil vom 12. Juni 2014 – 3 St[X.] 139/14, [X.], 182, 183 mwN [zur Bindungswirkung bei einer Teilaufhebung gemäß § 353 Abs. 2 [X.]]; [X.] in: SK-[X.], 5. Aufl., vor §§ 296 ff. [X.]n. 288 f. mwN).

[X.]ies zugrunde gelegt, sind [X.] nicht uneingeschränkt zulässig. Sie setzen nicht nur voraus, dass der nach dem Willen des [X.]echtsmittelführers neu zu verhandelnde [X.] losgelöst vom übrigen Urteilsinhalt selbständig geprüft und beurteilt werden kann (st. [X.]spr.; vgl. [X.], Beschluss vom 22. Juli 1971 – 4 [X.], [X.]St 24, 185, 187 f.; Beschluss vom 24. Juli 1963 – 4 St[X.] 168/63, [X.]St 19, 46, 48; vgl. auch Urteil vom 21. Juni 2016 – 5 St[X.] 183/16, [X.]n. 6; Beschluss vom 9. September 2015 – 4 St[X.] 334/15, [X.], 105; und Urteil vom 8. Januar 1954 – 2 St[X.] 572/53, [X.]St 5, 252 f. [jeweils zu § 344 Abs. 1 [X.]]), sondern erfordern auch, dass der nicht angegriffene Teil der Vorentscheidung so festgestellt und bewertet ist, dass er – unabänderlich und damit bindend geworden – eine hinreichend tragfähige Grundlage für eine eigenständige Entscheidung des [X.] zu bieten vermag (vgl. [X.], Urteil vom 18. Mai 1988 – 2 St[X.] 166/88, [X.][X.] [X.] § 318 Strafausspruch 1; Urteil vom 5. November 1984 – [X.] ([X.]) 11/84, [X.]St 33, 59; BayObLG, Urteil vom 27. Mai 2003 – 4 St [X.][X.] 47/2003, NStZ-[X.][X.] 2003, 310; vgl. auch [X.], Urteil vom 4. November 1997 – 1 St[X.] 273/97, [X.]St 43, 293, 300; Beschluss vom 14. Juli 1993 – 3 St[X.] 334/93, [X.], 130 [jeweils zu § 344 Abs. 1 [X.]]). Verbindungen mit dem sachlichen [X.]echt bestehen dabei nur insoweit, als die sich stellenden Fragen (isolierte Überprüfbarkeit des angefochtenen [X.]s; belastbare Feststellung und Bewertung des nicht angegriffenen Teils der Vorentscheidung) auch in Ansehung der sachlich-rechtlichen Ausgangslage beantwortet werden müssen (vgl. [X.]G, Urteil vom 29. Januar 1935 – 4 [X.] 981/34, [X.]GSt 69, 110, 111 f. mwN).

b) [X.]ie [X.]echtsprechung hält in Anwendung dieser Grundsätze eine Beschränkung von Berufung und [X.]evision auf den [X.]echtsfolgenausspruch grundsätzlich für zulässig (st. [X.]spr.; vgl. [X.], Urteil vom 2. [X.]ezember 2015 – 2 St[X.] 258/15, [X.], 314, 315; Beschluss vom 24. Juli 1963 – 4 St[X.] 168/63, [X.]St 19, 46, 48; [X.]G, Urteil vom 11. Mai 1931 – [X.], [X.]GSt 65, 296, 297; weitere Nachweise bei [X.] in: KK-[X.], 7. Aufl., § 318 [X.]n. 7 und [X.], [X.] 1987, 386, 388 ff.). Sie versagt ihr eine Anerkennung nur dann, wenn die dem Schuldspruch im angefochtenen Urteil zugrunde liegenden Feststellungen tatsächlicher und rechtlicher Art unklar, lückenhaft, widersprüchlich oder so dürftig sind, dass sich Art und Umfang der Schuld nicht in dem zur Überprüfung des Strafausspruchs notwendigen Maße bestimmen lassen (vgl. [X.], Urteil vom 2. [X.]ezember 2015 – 2 St[X.] 258/15, [X.], 314, 315; Urteil vom 4. November 1997 – 1 St[X.] 273/97, [X.]St 43, 293, 300; Beschluss vom 14. Juli 1993 – 3 St[X.] 334/93, [X.], 130 [jeweils zu § 344 Abs. 1 [X.]]; Urteil vom 18. Mai 1988 – 2 St[X.] 166/88, [X.][X.] [X.] § 318 Strafausspruch 1; Urteil vom 5. November 1984 – [X.] ([X.]) 11/84, [X.]St 33, 59) oder unklar bleibt, ob sich der Angeklagte überhaupt strafbar gemacht hat (st. [X.]spr.; vgl. [X.], Urteil vom 6. August 2014 – 2 St[X.] 60/14, [X.], 635; Urteil vom 19. März 2013 – 1 St[X.] 318/12, [X.], 463, 469 mwN).

2. [X.]aran gemessen kann bei einer Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG einer auf den [X.]echtsfolgenausspruch beschränkten Berufung die Wirksamkeit nicht deshalb abgesprochen werden, weil das angegriffene Urteil lediglich Feststellungen zu Tatzeit und [X.], zu dem verwendeten Kraftfahrzeug sowie zum Fehlen der erforderlichen Fahrerlaubnis und zu einem wissentlichen Handeln des Angeklagten enthält.

a) [X.]as Berufungsgericht ist bei dieser Sachlage unter keinem verfahrensrechtlichen Gesichtspunkt daran gehindert, – soweit erforderlich – eigene Feststellungen zu den Beweggründen der Fahrt und deren Gegebenheiten ([X.]auer und Länge, beabsichtigte Fahrstrecke, Verkehrsbedeutung der [X.], herbeigeführte Gefahren u.a.) zu treffen und dadurch den für die [X.]echtsfolgenentscheidung maßgebenden Schuldumfang näher zu bestimmen. Es hat dabei lediglich zu beachten, dass die von ihm getroffenen weiteren Feststellungen nicht in Widerspruch zu den Feststellungen stehen dürfen, die das Erstgericht zum Schuldspruch schon getroffen hat. [X.]ass diese weiteren Feststellungen, wären sie bereits vom Amtsgericht getroffen worden, als sog. umgebende Feststellungen noch zum Unterbau des Schuldspruchs und damit zu dem vom [X.]echtsmittelangriff ausgenommenen, nach § 316 Abs. 1 [X.] unabänderlich (teilrechtskräftig) gewordenen Teil des [X.] gezählt hätten (vgl. [X.], Beschluss vom 6. Juli 2012 – [X.] ([X.]) 4/12, NStZ-[X.][X.] 2013, 91; BayObLG, Beschluss vom 29. Juli 1993 – 4 St [X.][X.] 118/93, BayObLGSt 1993, 135 f.; [X.] in: SK-[X.], 5. Aufl., vor §§ 296 ff. [X.]n. 290 mwN; siehe dazu auch [X.], Urteil vom 12. Juni 2014 – 3 St[X.] 139/14, [X.], 182, 183; Beschluss vom 16. Mai 2002 – 3 St[X.] 124/02, bei [X.], NStZ-[X.][X.] 2003, 97, 101; Beschluss vom 17. November 1998 – 4 St[X.] 528/98, [X.], 259, 260; Beschluss vom 21. Oktober 1987 – 2 St[X.] 245/87, [X.], 88; Urteil vom 14. Januar 1982 – 4 St[X.] 642/81, [X.]St 30, 340, 344 f.; [X.] in: Festschrift für [X.], 2001, S. 619, 620 f., jeweils zum Umfang der Bindungswirkung bei einer [X.] im Strafausspruch gemäß § 353 Abs. 2 [X.]), steht ihrer Nachholung nicht entgegen (im Ergebnis ebenso [X.], Beschluss vom 18. März 2013 – 2 Ss 150/12, [X.], 411, 412 mit [X.]. Sandherr; [X.] in: Festschrift für von [X.], 2015, [X.], 260 ff.). Maßgeblich ist allein, dass sich der Schuldspruch aus dem insoweit nicht angegriffenen Ersturteil mit den für ihn bedeutsamen Feststellungen und der [X.]echtsfolgenausspruch des [X.] mit den hierzu getroffenen weiteren Feststellungen zu einem einheitlichen (widerspruchsfreien), das Verfahren abschließenden Erkenntnis zusammenfügen. [X.]afür ist es aber ohne Belang, ob es schon dem [X.] möglich gewesen wäre, weitere Feststellungen zum tatsächlichen Unterbau des Schuldspruchs zu treffen und dadurch den das Berufungsgericht bindenden Verfahrensstoff zu vergrößern. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob ihn seine tatrichterliche Kognitionspflicht dazu gedrängt hat.

b) [X.]ie in der Entscheidungsformel bezeichneten Feststellungen zum Schuldspruch nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG bieten eine hinreichend tragfähige Grundlage für eine eigenständige [X.]echtsfolgenentscheidung des [X.]. [X.]a alle Merkmale des gesetzlichen Tatbestands mit Tatsachen unterlegt sind, besteht auch keine relevante Lücke. Es besteht auch kein Zweifel daran, welcher geschichtliche Vorgang dem Schuldspruch zugrunde liegt. Soweit das Berufungsgericht für die nähere Bestimmung des Schuldumfangs ergänzende Feststellungen zu einzelnen Tatumständen für erforderlich hält, kann es die Bindungswirkung der bereits getroffenen Feststellungen eindeutig beurteilen und bei seinen ergänzenden Erhebungen das [X.] zuverlässig wahren.

Im Ergebnis besteht daher kein aus der Verfahrenslage ableitbarer Grund, einer Berufungsbeschränkung auf den [X.]echtsfolgenausspruch die Anerkennung zu verweigern, wenn in dem Ersturteil Feststellungen zum Schuldspruch getroffen sind, die der [X.] entsprechen.

Sost-Scheible     

      

[X.]oggenbuck     

      

[X.]

      

Quentin     

      

Feilcke     

      

Meta

4 StR 547/16

27.04.2017

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend OLG Nürnberg, 21. Oktober 2016, Az: 1 OLG 8 Ss 173/16, Beschluss

§ 21 Abs 1 Nr 1 StVG, § 316 Abs 1 StPO, § 318 S 1 StPO, § 327 StPO, § 121 Abs 2 Nr 1 GVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.04.2017, Az. 4 StR 547/16 (REWIS RS 2017, 11818)

Papier­fundstellen: NJW 2017, 2482 REWIS RS 2017, 11818

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