Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.04.2007, Az. IX ZB 176/06

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 4209

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[X.]BESCHLUSS [X.] ZB 176/06 vom 19. April 2007 in dem Verfahren auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Ganter, [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] [X.] am 19. April 2007 beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des [X.] vom 18. September 2006 wird auf Kosten des Antragstellers als unzulässig verworfen. Der Wert des Verfahrens der Rechtsbeschwerde wird auf 5.000 Euro festgesetzt. Gründe: [X.] Der weitere Beteiligte (fortan: Beteiligter) ist der Vater des am 7. Januar 2005 verstorbenen [X.](fortan: Erblasser). Mit notariell [X.] vom 23. Dezember 2005, beim Nachlassgericht eingegan-gen am 27. Dezember 2005, schlug er die Erbschaft aus allen in Betracht kommenden Berufungsgründen aus. Nachdem das Nachlassgericht ihn auf die [X.] von sechs Wochen hingewiesen hatte, erklärte er, erst am 12. Dezember 2005 vom Tode seines [X.] erfahren zu haben. 1 - 3 - Am 29. Mai 2006 beantragte der Beteiligte die Eröffnung des [X.] über den Nachlass des Erblassers. Er erklärte, seiner An-sicht nach sei die Ausschlagung fristgerecht gewesen. Ein vom Insolvenzgericht übersandtes Formular für die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses füllte er "mangels Kenntnisse" nicht aus. Auf weiteren Hinweis des Insolvenzgerichts, der Antrag sei wegen der Ausschlagung wohl unzulässig, antwortete er, das Nachlassgericht habe die Ausschlagung "nicht anerkannt". 2 Mit Beschluss vom 17. Juli 2006 hat das Insolvenzgericht den Eröff-nungsantrag als unzulässig zurückgewiesen. Es hat die Ansicht vertreten, nicht zur Prüfung der Erbenstellung des Beteiligten verpflichtet zu sein. Auf die so-fortige Beschwerde des Beteiligten hat das [X.] diesen Beschluss am 22. August 2006 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung über den Eröffnungsantrag an das Insolvenzgericht zurückverwiesen. Begründet hat es die Zurückverweisung damit, dass das Insolvenzgericht von Amts wegen zu ermitteln habe, ob die Ausschlagung innerhalb der Frist des § 1944 Abs. 1 BGB erfolgt und deshalb rechtswirksam sei. Mit Beschluss vom 4. September 2006 hat das Insolvenzgericht den Eröffnungsantrag erneut als unzulässig zu-rückgewiesen. In der Begründung heißt es, der Beschluss des [X.] sei unrichtig, aber bindend. Die Prüfung der Wirksamkeit der Ausschla-gung habe nunmehr ergeben, dass der Beteiligte die Erbschaft rechtzeitig, nämlich innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnis vom Tode des Erblassers ausgeschlagen habe. Die erneute sofortige Beschwerde des Beteiligten ist [X.] geblieben. Mit seiner Rechtsbeschwerde will der Beteiligte weiterhin die Eröffnung des [X.] erreichen. 3 - 4 - I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist nach § 317 Abs. 1, § 34 Abs. 1, §§ 6, 7 [X.] statthaft. Sie ist jedoch nicht zulässig. Die Rechtsbeschwerde hat keine grund-sätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsmit-telgerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO). 4 1. Das Beschwerdegericht hat sich zur Begründung seiner Entscheidung auf die Gründe des Insolvenzgerichts bezogen und ergänzend ausgeführt, es halte "zur Frage des Amtsermittlungsgrundsatzes im Antragsverfahren und [X.] zur Zulässigkeit der Antragstellung" an seiner im ersten Beschluss [X.] Auffassung nicht mehr fest. Demgegenüber beanstandet die Rechtsbe-schwerde, dass das Beschwerdegericht von seiner zunächst vertretenen Rechtsauffassung abgewichen sei, ohne ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben zu haben. Sie meint, dem Beteiligten könne nicht zugemutet werden, einen Erbschein zu beantragen, um die Frage seiner Erbenstellung verbindlich vom Nachlassgericht klären zu lassen. Insoweit habe die Rechtssache auch grundsätzliche Bedeutung. 5 2. Der Beschluss des [X.] ist fehlerhaft, soweit dieses von seiner im (ersten) Beschluss vom 22. August 2006 vertretenen Rechtsan-sicht abgewichen ist. Dieser Fehler hat sich jedoch nicht ausgewirkt. 6 a) Hebt das Beschwerdegericht einen mit der sofortigen Beschwerde angefochtenen Beschluss auf und verweist die Sache zur erneuten Entschei-dung an das Ausgangsgericht zurück, ist dieses an die vom Beschwerdegericht vertretene Rechtsansicht, welche der Aufhebung zugrunde lag, gebunden 7 - 5 - (§ 563 Abs. 2 ZPO analog). Entscheidet es entsprechend, ist die Entscheidung (insoweit) rechtmäßig. Ohne eine Rechtsverletzung zu begehen, kann deshalb ein Beschwerdegericht seiner zweiten Entscheidung nicht eine andere Rechtsauffassung zugrunde legen als die, auf der sein zurückverweisender Be-schluss beruhte (BGHZ 15, 122, 124; 51, 131, 135; 159, 122, 127). b) Das Beschwerdegericht hatte seine erste Entscheidung damit begrün-det, dass das Insolvenzgericht von Amts wegen zu klären habe, ob die [X.] der Erbschaft rechtzeitig gewesen sei. An diese Rechtsauffassung war es bei seiner Entscheidung über die erneute sofortige Beschwerde des [X.] auch selbst gebunden. Dass es an ihr nicht mehr festhalten wollte, stand dazu im Widerspruch. Darauf beruht die angefochtene Entscheidung [X.] nicht. Das Beschwerdegericht hat sich vielmehr die (zweite) Entscheidung des Insolvenzgerichts zu Eigen gemacht, welches die der Aufhebung zugrunde liegende rechtliche Würdigung übernommen und die Wirksamkeit der [X.] bejaht hat. Dass dem Insolvenzgericht dabei rechtliche Fehler [X.] seien oder es nahe liegende Ermittlungen unterlassen hätte, meint auch die Rechtsbeschwerde nicht. Der Beteiligte geht vielmehr selbst davon aus, die Erbschaft rechtzeitig ausgeschlagen zu haben. 8 3. Wegen der bindenden Wirkung, welche die erste Entscheidung des [X.] auch für dieses entfaltet, ist dem Senat die eigenständige Beantwortung der von der Rechtsbeschwerde aufgeworfenen Rechtsfrage nach den Ermittlungspflichten des Insolvenzgerichts im Rahmen eines Antrags nach § 317 [X.] verwehrt. In dem Umfang, in welchem das Beschwerdegericht an seine aufhebende Entscheidung gebunden ist, ist auch das Rechtsbeschwer-degericht gebunden. [X.] sich das Beschwerdegericht an die Bindung, die durch seinen früheren, zurückverweisenden Beschluss entstanden ist, kann 9 - 6 - darin keine Rechtsverletzung liegen. Eine Rechtsbeschwerde kann also nicht darauf gestützt werden, dass die dem zurückverweisenden und damit auch dem zweiten Beschluss zugrunde liegende Rechtsauffassung unrichtig sei (BGHZ 15, 122, 125; 51, 131, 135). Im Rahmen des vorliegenden Eröffnungsverfah-rens steht also die Verpflichtung des Insolvenzgerichts fest, die Erbenstellung des Beteiligten zu ermitteln. Eine eigenständige Beurteilung dieser Rechtsfrage ist dem Senat verwehrt. 4. Die Rechtsbeschwerde ist schließlich auch nicht wegen einer Verlet-zung des rechtlichen Gehörs des Beteiligten zuzulassen. Übergangenen [X.] des Beteiligten zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf. Der [X.] hat vielmehr in den Tatsacheninstanzen weder dargetan noch glaubhaft gemacht, Erbe geworden zu sein. Seiner Darstellung nach hat er die Erbschaft vielmehr innerhalb der Frist des § 1944 Abs. 1 BGB ausgeschlagen. Das [X.] scheint zeitweilig zwar die gegenteilige Auffassung vertreten zu ha-ben. Allein damit ist die Erbenstellung des Beteiligten jedoch nicht glaubhaft gemacht worden. Eine förmliche Entscheidung des Nachlassgerichts, die au-ßerhalb eines Erbscheinsverfahrens unstatthaft gewesen wäre (BayObLGZ 1985, 244, 247 f), liegt nicht vor. Meinungsäußerungen des Nachlassgerichts außerhalb eines solchen Verfahrens sind nicht nur unverbindlich, sondern auch nicht zulässig (BayObLGZ 1985, 244, 248; [X.]/[X.], [X.]. § 1945 Rn. 6). Was der Beteiligte ergänzend vorgetragen hätte, wenn das Be-schwerdegericht auf seine geänderte Rechtsauffassung hingewiesen hätte, sagt die Rechtsbeschwerde schließlich ebenfalls nicht. 10 5. Die Bejahung der Wirksamkeit der Ausschlagung im vorliegenden Ver-fahren entfaltet keine Rechtskraft. Der Beteiligte hat auch nicht die Möglichkeit, in einem Erbscheinverfahren klären zu lassen, dass er nicht Erbe geworden ist. 11 - 7 - Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass ein Nachlassgläubiger den Beteilig-ten als Erben verklagt. Daraus erwächst dem Beteiligten jedoch kein unzumut-barer Nachteil. Er kann im Prozess einwenden, nicht Erbe geworden zu sein, und hilfsweise die beschränkte Erbenhaftung einreden. Falls er mit dieser Maß-gabe verurteilt werden sollte, kann er erneut die Eröffnung des [X.] beantragen. Die Ablehnung der Eröffnung eines Insolvenzver-fahrens hindert nicht, dass der abgewiesene Antragsteller mit verbesserter Be-gründung oder unter Behauptung neuer Umstände einen neuen Antrag stellt (vgl. [X.]/[X.], [X.] § 6 Rn. 55). Ganter [X.] [X.]
[X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 04.09.2006 - 70 IN 274/06 - [X.], Entscheidung vom 18.09.2006 - 3 [X.]/06 -

Meta

IX ZB 176/06

19.04.2007

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.04.2007, Az. IX ZB 176/06 (REWIS RS 2007, 4209)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 4209

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