Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.02.2003, Az. II ZR 281/00

II. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 4354

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[X.] DES VOLKESURTEILII [X.]/00Verkündet am:17. Februar 2003BoppelJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z: [X.] §§ 11, 30, 31, 21 - 24a) Die Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen von [X.] trifft grundsätzlich die Gesellschaft bzw. im Falle ihrer Insolvenzderen Insolvenzverwalter (Bestätigung von Urt. v. 29. September 1997- II ZR 245/96, [X.], 2008 [X.]) Ist eine Vorbelastungsbilanz auf den Eintragungsstichtag nicht erstellt [X.] oder sind nicht einmal geordnete Geschäftsaufzeichnungen vorhanden,auf deren Grundlage der Insolvenzverwalter seiner Darlegungspflicht nach-kommen kann, ergeben sich aber hinreichende Anhaltspunkte dafür, daß [X.] der Gesellschaft schon im Gründungsstadium angegriffen oderverbraucht worden ist oder daß sogar darüber hinausgehende Verluste ent-standen sind, ist es Sache der Gesellschafter darzulegen, daß eine [X.] nicht bestanden hat.[X.], Urteil vom 17. Februar 2003 - II [X.]/00 - OLG BrandenburgLG Neuruppin- 2 -- 3 -Der II. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 17. Februar 2003 durch den Vorsitzenden RichterDr. h.c. Röhricht und [X.], [X.], [X.] undDr. [X.] Recht erkannt:Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] [X.] vom [X.] im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage inHöhe eines Betrages von 314.696,33 DM nebst Zinsen abgewie-sen worden ist.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Der Kläger ist Verwalter in dem am 9. Dezember 1991 eröffneten [X.] über das Vermögen der [X.] Diese Gesellschaft wurde durch notariellen [X.] 4 -vom 9. Oktober 1990 mit einem Stammkapital von 200.000,00 DM von derRechtsvorgängerin der [X.] zu 1, der LPG (P) [X.], und der [X.] T. undPartner GmbH gegründet. Beide Gründerinnen übernahmen eine Stammeinla-ge von je 100.000,00 DM; die Beklagte zu 1 hatte 50.000,00 DM bar zu leistenund die zweite Hälfte ihrer Einlagepflicht dadurch zu erfüllen, daß sie eine aufvolkseigenem Grund und Boden errichtete "[X.]" in [X.] auf dem Wege derSacheinlage einbrachte.Mitte November 1990 nahm die Gesellschaft ihren Geschäftsbetrieb auf,in das Handelsregister ist sie am 21. Februar 1991 eingetragen worden. [X.] ist nicht erstattet worden, es liegt lediglich ein unvoll-ständiger und nicht unterzeichneter Entwurf vor. Im Zuge der Erstellung der [X.] der späteren Gemeinschuldnerin hat ein Sachverständiger- ohne nähere Begründung - für die [X.] einen Wert von 60.100,00 DMangesetzt. Zum 31. Dezember 1990 hat der Steuerberater der [X.] eine "Bilanz" erstellt, in der "Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte [X.] einschließlich der Bauten auf fremden Grundstücken" mit einem Betragvon 344.512,00 DM als Anlagevermögen verzeichnet sind; die zugehörige "Ge-winn- und Verlustrechnung" weist einen Jahresfehlbetrag von 153,98 DM aus.Ob die [X.] im Eigentum der [X.] zu 1 gestanden hat, ob insbeson-dere ihre Rechtsvorgängerin sie im Jahr 1982 von der [X.] hat, ist zwischen den Parteien streitig.Die Mitgesellschafterin der [X.] zu 1 ist inzwischen wegen Vermö-genslosigkeit von Amts wegen gelöscht worden.Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Gesellschafterinnen hätten ihreStammeinlagen nicht erbracht, im Zeitpunkt der Eintragung der späteren [X.] 5 -meinschuldnerin in das Handelsregister habe eine zur Haftung der Gründerin-nen führende Unterbilanz bestanden, und die Beklagte zu 1 habe aus dem Ge-sellschaftsvermögen unter Verstoß gegen die [X.] [X.]; sie habe nämlich am 14. September 1991, wenige Tage vor [X.] (23. September 1991), [X.] als Kaufpreisfür Warenverkäufe aus dem Spätherbst des Jahres 1990 an die [X.] an sich ausgezahlt. Er hat von den [X.] - die Beklagte zu 2 ist dieKomplementärin der [X.] zu 1 - Zahlung von insgesamt 327.739,25 [X.] Zinsen gefordert. Das [X.] hat ihm aus dem Gesichtspunkt derUnterbilanzhaftung 159.910,58 DM nebst Zinsen zugesprochen und im übrigendie Klage abgewiesen.Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt, der [X.] dem Ziel, über den zuerkannten Betrag hinaus weitere 254.785,75 DM - inihnen enthalten sind auch Ansprüche nach § 24 GmbHG wegen der [X.] der im Handelsregister gelöschten Mitgesellschafterin der [X.] zu 1 geschuldeten Einlagepflicht - zuzüglich Zinsen zugesprochen zu [X.]. Das Berufungsgericht hat die erstinstanzliche Verurteilung lediglich inHöhe von 50.000,00 DM nebst Zinsen aufrechterhalten, weil die [X.] nichtnachgewiesen hätten, daß sie ihrer Sacheinlagepflicht nachgekommen seien.Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Hiergegen richten sich die [X.] [X.] und die - unselbständige, allerdings nicht zur Entscheidung ange-nommene - Anschlußrevision der [X.]. Der Kläger nimmt hin, daß [X.] die Klage in Höhe von 50.000,00 DM - angeblich ausstehendeBareinlage der [X.] zu 1 - abgewiesen hat und verfolgt im übrigen seinBegehren [X.] 6 -Entscheidungsgründe:Die Revision ist begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache andas Berufungsgericht. Dessen Auffassung, die [X.] hafteten weder für [X.] von [X.] aus dem [X.] noch für eine im Zeitpunkt der Eintragung der späteren Ge-meinschuldnerin in das Handelsregister bestehende Unterbilanz, beruht - [X.] Revision mit Recht geltend macht - auf [X.] Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, der Kläger habe [X.] für eine Rückgewährpflicht der [X.] nach den Eigenka-pitalersatzregeln (§§ 30, 31 GmbHG analog) nicht hinreichend dargelegt, [X.] sich - ohne jede Begründung - darüber hinweg, daß die [X.] selbstschon vorgerichtlich eingeräumt haben, daß ihre seit Gründung der Gemein-schuldnerin gestundeten Erstattungsansprüche wegen des Einkaufs von [X.] am 14. September 1991 funktionalen Eigenkapitalersatzcharakterangenommen hatten und deswegen von ihnen nicht mehr durchgesetzt werdenkonnten.Im übrigen überspannt es die Anforderungen an den Umfang der [X.] des Bestehens einer Krise i.S. der [X.], wenn es vondem Kläger verlangt, er habe die Möglichkeit ausräumen müssen, daß sich [X.], einen Antrag auf Eröffnung des [X.] zu stellen, erst aufgrund eines kurzfristig, nämlich zwischen dem [X.] (14. September 1991) und dem [X.]) eingetretenen Ereignisses ergeben habe. Angesichts dereingehenden Darlegungen über die Entwicklung der finanziellen Lage der [X.] 7 -meinschuldnerin ist es ebenso verfehlt zu fordern, der klagende [X.] habe dartun müssen, daß der Antrag auf Eröffnung des [X.] nicht allein deswegen habe gestellt werden müssen, weilZahlungsunfähigkeit eingetreten sei, sondern weil die Gesellschaft auch überein die Stammkapitalziffer deckendes Vermögen nicht mehr verfügt habe. [X.] dem Vortrag des [X.], der sich dabei naturgemäß allein auf die vonihm vorgefundenen Geschäftsunterlagen - hier vor allem die [X.] Auswertungen - hat stützen können, befand sich die Gemeinschuldnerinvon Anfang an in einer schwierigen finanziellen Lage, in der nicht nur die [X.] schon zum 31. Januar 1991 die Geschäftsverbindung gekündigt hatte,sondern in der die Verluste von Anbeginn der Geschäftstätigkeit von Monat zuMonat stetig zunahmen und bereits zum Ende des Monats Juli - mit einer Stei-gerung von mehr als 400.000,00 DM binnen eines Monats - die Millionengrenzeüberschritten hatten.Damit ist der Kläger der ihn treffenden Darlegungslast nachgekommen(Urt. v. 2. Juni 1997 - [X.], [X.], 1770 ff.), und es ist an den [X.], die im Rechtsstreit - abweichend von ihrem vorprozessualen Verhal-ten - das Bestehen eines Rückgewähranspruchs in Abrede gestellt haben, dar-zutun, daß die Gemeinschuldnerin bis zu der wenige Tage vor Erlaß des [X.] veranlaßten Zahlung an die [X.] sich nicht in [X.] Eingreifen der [X.] begründenden Krisensituation be-funden hat. Mit dem Eintritt der Krise ist der durch die Wareneinkäufe aus [X.] entstandene Erstattungsanspruch der [X.] von selbstaus dem Gesichtspunkt des Stehenlassens in funktionales Eigenkapital umqua-lifiziert worden; einer ausdrücklichen Stundungsabrede, wie sie von den [X.] im dritten Rechtszug vermißt worden ist, bedurfte es nach der ständigen- 8 -Rechtsprechung des [X.]ats nicht (Urt. v. 18. November 1991 - [X.]/90,WM 1992, 187).2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht das Bestehen von Unterbilanz-haftungsansprüchen verneint. Auf der Grundlage des Vortrags des [X.] [X.] nicht ausschließen, daß im Zeitpunkt der Eintragung der [X.] eine Unterbilanz bestand, welche die [X.] zumindest- solange nicht die Voraussetzungen für eine Ausfallhaftung nach § 24 GmbHGerfüllt sind - entsprechend der Beteiligung der [X.] zu 1 an der Gemein-schuldnerin, also hälftig auszugleichen haben.Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des angefochtenen Urteils,daß nach den allgemeinen Regeln die Gesellschaft - bzw. im Falle ihrer Insol-venz der Insolvenzverwalter - darlegungs- und beweispflichtig für das [X.] ist (Urt. v. 29. September 1997- II ZR 245/96, [X.], 2008 f.; [X.]/[X.], 9. Aufl. § 11 Rdn. 128;Lutter/[X.], 15. Aufl. § 11 Rdn. 22; [X.]/[X.]/[X.], 17. [X.] 11 Rdn. 60; Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG 4. Aufl. § 11 Rdn. 28; a.A.[X.] in [X.]/[X.], GmbHG 4. Aufl. § 11 Rdn. 18). Den Schwierigkeiten,denen vor allem der Insolvenzverwalter ausgesetzt sein kann, entsprechendsubstantiierten Vortrag zu halten, wenn eine Vorbelastungsbilanz auf den [X.] nicht erstellt worden ist oder wenn nicht einmal geordnete [X.] vorhanden sind, ist nach den Grundsätzen über die [X.] Behauptungslast zu begegnen (vgl. [X.].Urt. [X.] aaO S. 2009 unterII. 1.). Ergeben sich unter den bezeichneten Voraussetzungen aus dem [X.] vorliegenden Material hinreichende Anhaltspunkte dafür,daß das Stammkapital der Gesellschaft schon im [X.] oder verbraucht worden ist oder sogar darüber hinausgehende Verluste- 9 -entstanden sind, ist es Sache der Gesellschafter darzulegen, daß eine [X.] nicht bestanden hat.Diesen Erfordernissen ist das Berufungsgericht nicht gerecht geworden.Nach dem Vortrag des [X.], welcher weitgehend von dem in erster Instanzeingeschalteten [X.] als zutreffend bestätigt worden ist,existierte bei der Gemeinschuldnerin weder eine ordnungsgemäße Kassenfüh-rung, noch ist zum Ende des Jahres 1990 eine Inventur vorgenommen worden.Die Ansätze in der von dem Steuerberater der [X.]" können danach nicht ohne weiteres als zutreffend zu-grunde gelegt werden. Das hat auch das Berufungsgericht nicht verkannt; [X.] jedoch aus diesem Umstand nicht die gebotenen Folgerungen gezogen.Vielmehr hat es von dem Kläger, der sich bei seinem Klagevortrag allein auf dievon ihm vorgefundenen Unterlagen hat stützen können, zu Unrecht weiterge-hende und substantiiertere Darlegungen gefordert, die er schlechthin nicht brin-gen kann, weil er - anders als die Gesellschafter - die Geschäftsvorfälle selbstnicht erlebt hat und angesichts der Unzulänglichkeit der nach der Bestellungvorgefundenen Aufzeichnungen der Gesellschaft das von dem Berufungsge-richt vermißte Zahlenwerk nicht nachträglich erstellen kann.Auf der Grundlage der genannten "Arbeitsbilanz", der jedenfalls zugun-sten des [X.] entnommen werden kann, daß die Gesellschaft zum Ende [X.] 1990 nicht über ein größeres Aktivvermögen verfügt hat, als dort aus-gewiesen worden ist, und dem von dem Kläger darüber hinaus zusammen ge-stellten Zahlenwerk ist das Bestehen einer Unterbilanz hinreichend dargelegt.Denn der für den 31. Dezember 1990 ausgewiesene, nicht durch Eigenkapitalgedeckte Fehlbetrag ist nach den vorgelegten betriebswirtschaftlichen Auswer-tungen in den nachfolgenden Monaten angestiegen. Die spätere [X.] -schuldnerin hat nur Verluste erwirtschaftet. Nach den genannten [X.] nicht davon ausgegangen werden, daß diese Verluste durch Warenein-käufe - wie die [X.] geltend gemacht haben - ausgeglichen worden sind.Denn im Januar und Februar 1991 kann sich der Warenbestand- fortbestehende Werthaltigkeit der Vorräte unterstellt - um lediglich gut77.000,00 DM erhöht haben, womit der für Ende Februar 1991 ausgewieseneVerlust von gut 187.000,00 DM nicht ausgeglichen worden sein kann. Nach denoben genannten Grundsätzen über die sekundäre Behauptungslast war es da-nach Sache der [X.] darzulegen, daß die Gesellschaft in Form von nichterfaßten Vorräten oder anderen Vermögensgegenständen am 21. Februar 1991über ein Vermögen verfügte, das die Stammkapitalziffer von 200.000,00 [X.]. In diesem Zusammenhang gewinnt obendrein der Umstand Bedeutung,daß in der genannten "Arbeitsbilanz" offenbar die "[X.]" mit einem Wertvon mehr als 344.000,00 DM ausgewiesen worden ist, nach der insofernrechtskräftigen, die [X.] zur Zahlung von 50.000,00 DM verurteilendenEntscheidung des Berufungsgerichts aber diese [X.] überhaupt nicht indas Eigentum der Gemeinschuldnerin gelangt [X.] Damit das Berufungsgericht die fehlenden Feststellungen treffen kann,ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Für das wieder eröffneteBerufungsverfahren weist der [X.]at darauf hin, daß die [X.] - falls auf-grund der neuen Verhandlung das Bestehen einer Unterbilanz festgestellt wird -für deren Ausgleich nur pro rata ihrer Beteiligung, also in Höhe von 50% haften([X.]Z 80, 129, 141). [X.] der Kläger die [X.] auch für die ausstehendeEinlage ihrer früheren, zwischenzeitlich wegen Vermögenslosigkeit im Handels-register gelöschten Mitgesellschafterin in Anspruch nehmen, reicht der Hinweisauf § 24 GmbHG nicht aus; vielmehr hat der Kläger außer der [X.] darzulegen, daß die für eine auf diese Vorschrift gestützte- 11 -Ausfallhaftung erforderlichen Voraussetzungen nach §§ 21 ff. [X.], insbesondere also der Geschäftsanteil der [X.] T. und Partner GmbH wirk-sam kaduziert worden ist (vgl. [X.] in [X.]/[X.] aaO, § 24Rdn. 5 ff.; [X.]/[X.] aaO, § 24 Rdn. 4 a ff.).Röhricht [X.][X.]

Meta

II ZR 281/00

17.02.2003

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.02.2003, Az. II ZR 281/00 (REWIS RS 2003, 4354)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 4354

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