Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.11.2021, Az. 2 StR 288/21

2. Strafsenat | REWIS RS 2021, 10115

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Gegenstand

Strafsache: Konkurrenzverhältnis zwischen dem gleichzeitigen Unterhalten eines Waffenlagers und dem unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln; Anforderungen an den Ausspruch über die Anordnung einer Einziehung


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 19. Februar 2021

a) im Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Angeklagte wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, Ausübens der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe sowie [X.] von falschen amtlichen Ausweisen schuldig ist,

b) im Strafausspruch sowie im Ausspruch über die Einziehung der Betäubungsmittel und Waffen mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Besitz einer vollautomatischen Schusswaffe und in Tateinheit mit dem Verschaffen von falschen amtlichen Ausweisen zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Darüber hinaus hat es Bargeld, Drogen, Waffen und Ausweispapiere eingezogen. Die auf die Verletzung materiellen und formellen Rechts gestützte Revision hat in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

1. Der Verfahrensrüge bleibt aus den vom [X.] in seiner Antragsschrift genannten Gründen der Erfolg versagt.

3

2. Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

4

a) Wie der [X.] in seiner Antragsschrift ausgeführt hat, hat sich der Angeklagte durch den Besitz der Maschinenpistole „Skorpion“ im Fall II. 3 der Urteilsgründe nicht lediglich wegen Besitzes einer vollautomatischen Schusswaffe nach § 51 Abs. 1 [X.], sondern wegen Ausübens der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe nach § 22a Abs. 1 Nr. 6 [X.]. der Anlage zu § 1 Abs. 1 KrWaffKontrG, Teil [X.] Nr. 29b) strafbar gemacht.

5

b) Auch begegnet die Annahme von Tateinheit hinsichtlich sämtlicher vom Angeklagten verwirklichter Delikte durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Insoweit liegt [X.] vor.

6

aa) Zu Recht ist das [X.] noch davon ausgegangen, dass die Fälle II. 1 und II. 2 der Urteilsgründe - jeweils Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge - tatmehrheitlich begangen worden sind. So verwirklicht zwar die gleichzeitige Aufbewahrung zweier Betäubungsmittelmengen nur einmal den Tatbestand des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, dieser tritt aber hinter täterschaftlichem Handeltreiben in nicht geringer Menge zurück und kann anders in dem Fall, in dem hinsichtlich nur einer Besitzmenge täterschaftliches Handeltreiben in nicht geringer Menge vorliegt, im Übrigen lediglich Beihilfe zum Handeltreiben in nicht geringer Menge gegeben ist, zwei Fälle des täterschaftlichen Handeltreibens in nicht geringer Menge nicht verklammern (vgl. Senat, Urteil vom 4. Februar 2015 - 2 StR 266/14, [X.], 344).

7

bb) Entgegen der Ansicht der [X.] steht aber das von ihr angenommene [X.] nicht in Tateinheit zu den jeweiligen Betäubungsmitteldelikten und kann diese deshalb auch nicht zur Tateinheit verklammern. Die bloße Gleichzeitigkeit des Waffenbesitzes und der Betäubungsmittelstraftaten vermag keinen eine Handlungseinheit begründenden Zusammenhang zu belegen. Eine zeitgleiche Aufbewahrung von Waffen und Betäubungsmitteln kann die Annahme einer Handlungseinheit regelmäßig nur dann rechtfertigen, wenn darüber hinaus ein - hier gerade nicht festgestellter - funktionaler Zusammenhang zwischen beiden Besitzlagen besteht (vgl. [X.], Urteil vom 21. Oktober 1999 - 4 StR 78/99, [X.], 85; Beschluss vom 22. November 2012 - 4 StR 302/12, [X.], 82).

8

cc) Ebenso wenig führt die bloß gleichzeitige Aufbewahrung von Maschinenpistole und gefälschten Ausweispapieren zur Tateinheit von [X.] und § 276 Abs. 1 Nr. 2 StGB (angenommen wohl vom [X.] in der Variante des „Verwahrens“).

9

c) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht ebenso wenig entgegen wie das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO), das für den Schuldspruch nicht gilt.

3. Die Änderung des Schuldspruchs bedingt die Aufhebung des Strafausspruchs. Der neue Tatrichter wird unter Berücksichtigung des § 358 Abs. 2 Satz 2 StPO für die vier tatmehrheitlich begangenen Taten Einzelstrafen und eine Gesamtstrafe festzusetzen haben.

4. Während die [X.] hinsichtlich der gefälschten Ausweispapiere und des sichergestellten Bargelds keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufweisen, erweist sich der Ausspruch über die Einziehung der Betäubungsmittel und der Waffen als durchgreifend rechtsfehlerhaft.

Der [X.] hat insoweit zutreffend ausgeführt:

„a) Die auf § 33 BtMG gestützte Einziehungsanordnung hinsichtlich der Betäubungsmittel ist nicht hinreichend bestimmt. Der Ausspruch über die Anordnung einer Einziehung hat die einzuziehenden Gegenstände so genau zu kennzeichnen, dass bei allen Beteiligten und der Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht. Im Falle der Einziehung von Betäubungsmitteln muss sich daher Art und Menge des einzuziehenden Rauschgifts aus dem [X.] ergeben (vgl. Senat, Beschluss vom 5. November 2014 - 2 [X.]; [X.], Beschlüsse vom 23. November 2010 - 3 StR 393/10; vom 5. Dezember 1991 - 1 StR 719/91, [X.]R BtMG § 33 [X.] 2).

b) Der Ausspruch über die Einziehung der Waffen kann ebenfalls nicht bestehen bleiben, weil auch insoweit die einzuziehenden Gegenstände nicht bestimmt bezeichnet sind. So lässt sich dem Urteil schon nicht eindeutig entnehmen, ob sich die Anordnung der Einziehung - so der [X.] - auf sämtliche „sichergestellten Waffen“ oder - entsprechend dem in den Urteilsgründen ([X.]) und der Liste der angewendeten Strafvorschriften genannten § 54 [X.] - allein auf solche Waffen und verbotenen Gegenstände bezieht, deren Besitz nach dem Waffengesetz unter Strafe gestellt oder bußgeldbewehrt ist. Hinsichtlich der Einziehung der Maschinenpistole hat die [X.] zudem übersehen, dass diese sich nach § 24 KrWaffKontrG richtet, der dem Tatrichter anders als § 54 [X.] ein Ermessen einräumt. Die Anordnung ist daher aufzuheben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen.“

Franke     

        

Krehl     

        

Ri[X.] Dr. Appl ist
urlaubsbedingt an der
Unterschrift gehindert.

                                   

Franke

        

Zeng     

        

Meyberg     

        

Meta

2 StR 288/21

24.11.2021

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Erfurt, 19. Februar 2021, Az: 8 KLs 820 Js 4107/20

§ 52 StGB, § 53 StGB, § 29 BtMG, §§ 29ff BtMG, § 33 BtMG, § 1 WaffG, §§ 1ff WaffG, § 261 StPO, § 267 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.11.2021, Az. 2 StR 288/21 (REWIS RS 2021, 10115)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 10115

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