Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2008, Az. XII ZR 6/07

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 2919

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[X.]IM NAMEN [X.]ES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 9. Juli 2008 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] §§ 138 Ab, 242 (Familienrecht) [X.], 1570, 1578 Abs. 1 Satz 1, 1587 b, 1579 Nr. 1, 1408 a) Ein im Ehevertrag [X.] vereinbarter Ausschluss des [X.] ist nach § 138 Abs. 1 [X.] nichtig, wenn die Ehegatten bei Abschluss des Vertrags bewusst in Kauf nehmen, dass die Ehefrau wegen Kindesbetreuung alsbald aus dem Berufsleben ausscheiden und bis auf weiteres keine eigenen Versorgungsanrechte (abgesehen von [X.]) erwerben wird. b) [X.]er Ausschluss des Versorgungsausgleichs kann in solchen Fällen zur Gesamt-nichtigkeit des [X.] führen, wenn die Ehefrau bei seinem Abschluss im neunten Monat schwanger ist und ihr der Vertragsentwurf erstmals in der [X.] bekannt gegeben wird. [X.], Urteil vom 9. Juli 2008 - [X.] - [X.]

- 2 - [X.]er [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Juli 2008 durch [X.], Prof. [X.]r. [X.] und [X.], die Richterin [X.]r. Vézina und [X.] für Recht erkannt: [X.]ie Revision gegen das Teilurteil des 2. Familiensenats in [X.] des [X.] vom 20. [X.]ezember 2006 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: [X.]ie am 19. Oktober 1984 geschossene Ehe der [X.]en, aus der die Töchter [X.] (geb. 3. November 1984), [X.] (geb. am 28. Februar 1986) und [X.] (geb. am 30. Juli 1993) hervorgegangen sind, wurde durch Urteil des [X.] - Familiengericht - vom 15. Februar 2006 geschieden (insoweit rechts-kräftig seit 11. Juli 2006). [X.]ie noch minderjährige Tochter [X.] wird seit der Trennung der [X.]en (nach den Feststellungen des Amtsgerichts: am 1. Sep-tember 2002) von der Antragstellerin betreut. [X.]ie [X.]en streiten über schuld-rechtlichen Versorgungsausgleich sowie über Zugewinnausgleich. 1 [X.]ie [X.]en haben am 5. Oktober 1984 einen Ehevertrag geschlossen. [X.]er Antragsgegner (im Folgenden: Ehemann; geboren am 1. Juli 1940) war im Zeitpunkt des Vertragsschlusses 44 Jahre alt und als Jurist - nach erfolgreicher Tätigkeit in mehreren anderen Untenehmen - in der Personalabteilung der 2 - 3 - M.-AG tätig; gegen Ende seines Berufslebens war er leitender Angestellter [X.] in [X.]. [X.]ie Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau; geboren am 12. [X.]ezember 1959) war bei Vertragsschluss 24 Jahre alt und als Erzieherin in einem Kindergarten tätig. [X.]iese Arbeitsstelle hat sie in der Folgezeit aufgege-ben; heute ist sie als Fachlehrerin teilzeitbeschäftigt. In dem Ehevertrag, des-sen Text der Ehefrau vor der notariellen Verhandlung nicht bekannt gegeben worden war, ist u.a. folgendes geregelt: "§ 2 Bis zur Geburt von Kindern sind beide Ehegatten zur Berufstätig-keit berechtigt und verpflichtet. – Wenn ein Kind geboren wird, gibt ein Ehegatte, unter normalen Umständen die Ehefrau, seine Berufstätigkeit vorübergehend auf. [X.]iesem Ehegatten obliegt dann die Haushaltsführung und die Kindesbetreuung. Sobald die Kindesbetreuung es zulässt, ist er berechtigt, seinen Beruf oder eine auf dem Arbeitsmarkt ver-fügbare sonstige Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Vorrangig ist [X.] das Wohl der Kinder. Steht dieses einer Halb- oder Ganz-tagsbeschäftigung nicht entgegen, so ist der Ehegatte zur Auf-nahme einer zumutbaren Berufstätigkeit berechtigt und verpflich-tet. § 3 [X.]ie Ehegatten wollen in Gütertrennung leben und schließen den gesetzlichen Güterstand aus. – § 4 [X.]ie Ehegatten schließen gegenseitig den Versorgungsausgleich völlig aus. § 5 Für den Fall, dass unsere Ehe vor Ablauf von 5 Jahren geschie-den wird, verzichten wir gegenseitig und völlig auf jeden nach-ehelichen Unterhalt. - 4 - Ist bei der Scheidung jedoch ein gemeinsames Kind vorhanden, so steht dem Ehegatten, der das Kind betreut, unter den Voraus-setzungen des § 1570 [X.] Unterhalt zu. Im übrigen soll es grundsätzlich bei der gesetzlichen Regelung verbleiben. Jedoch soll sich das Maß des Unterhalts nicht nach den ehelichen Lebensverhältnissen, sondern nach dem erlernten bzw. dem mit höherem Einkommen verbundenen ausgeübten Beruf des unterhaltsberechtigten Ehegatten bestimmen. [X.]er [X.] des § 1573 Abs. 2 [X.] und der [X.] des § 1585 Abs. 2 [X.] werden ausgeschlossen. § 6 Sollte eine der Vereinbarungen unwirksam sein oder werden, so sollen die übrigen Vereinbarungen dennoch wirksam bleiben." Im Scheidungsverbundverfahren hat die Ehefrau - neben der Zahlung von nachehelichem Unterhalt und der [X.]urchführung des [X.] - im Wege der Stufenklage begehrt, den Ehemann zu verurteilen, [X.] über sein Endvermögen zum 29. Oktober 2003 zu erteilen. [X.]as Amtsge-richt hat die Ehe geschieden, dem Unterhaltsverlangen teilweise entsprochen, den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich durchgeführt, den schuldrecht-lichen Versorgungsausgleich vorbehalten und die [X.] abgewiesen. Auf die Berufung beider [X.]en hat das [X.] den [X.] herabgesetzt und den Ehemann verurteilt, der [X.] Auskunft über sein Endvermögen zum 29. Oktober 2003 zu erteilen; den Antrag des Ehemannes festzustellen, dass ein schuldrechtlicher Versorgungs-ausgleich nicht stattfindet, hat es abgewiesen. Gegen die Entscheidung zum Zugewinnausgleich und zum schuldrechtlichen Versorgungsausgleich richtet sich die - insoweit zugelassene - Revision des Ehemannes. 3 - 5 - Entscheidungsgründe: 4 [X.]as zulässige [X.] hat keinen Erfolg. [X.] 5 Nach Auffassung des [X.]s ist der von den [X.]en ge-schlossene Ehevertrag nach § 138 Abs. 1 [X.] sittenwidrig und damit [X.]. Eine Gesamtschau der getroffenen Vereinbarungen ergebe eine einseiti-ge Benachteiligung der Ehefrau, die nicht durch Regelungen zu ihren Gunsten ausgeglichen würden. Zwar bleibe der als Kernbereich der Scheidungsfolgen anzusehende Betreuungsunterhalt im Grundsatz unberührt, dies allerdings mit der Einschränkung, dass das Maß des Unterhalts sich nicht nach den ehelichen Lebensverhältnissen, sondern nach dem Einkommen bemesse, das aus dem erlernten oder, falls höher dotiert, aus dem ausgeübten Beruf erzielbar wäre. [X.]ie Ehefrau sei so an ihrem Beruf als Erzieherin festgehalten worden; an der wirtschaftlichen Stellung des Ehemannes habe sie - im Gegensatz zu den ge-meinsamen Kindern der [X.]en - nicht teilhaben sollen, und zwar unabhängig davon, ob sie durch ihre Erwerbstätigkeit im erlernten Beruf ihren Mindestunter-halt würde bestreiten können. [X.]ieser Nachteil werde durch den vereinbarten Ausschluss des Aufstockungsunterhalts verschärft. [X.]er generelle Ausschluss des Versorgungsausgleichs bewirke, dass die Ehefrau, die nach dem [X.] zur Aufgabe ihrer Berufstätigkeit verpflich-tet gewesen sei, in dieser Zeit - abgesehen von den [X.] - keine nennenswerte Versorgung habe aufbauen können. Eine Vereinbarung über den Ausschluss des Zugewinnausgleichs sei zwar grundsätzlich wirksam. 6 - 6 - [X.]ies könne jedoch dann nicht gelten, wenn diese Vereinbarung - wie hier - Be-standteil eines einen Ehegatten insgesamt beeinträchtigenden Vertrages sei. 7 Im Übrigen sei der Ehevertrag nur deshalb zustande gekommen, weil zwischen den [X.]en ein wirtschaftliches und soziales Missverhältnis bestan-den habe; denn die [X.]en hätten sich - abgesehen von dem zwischen ihnen bestehenden Altersunterschied - in einer nach Bildung und [X.] Stellung völlig unterschiedlichen Situation befunden. Außerdem lasse der Umstand, dass der Ehefrau vor der notariellen Verhandlung kein Vertragsentwurf zugelei-tet worden sei und die Ehefrau sich - nach dem Vortrag des Ehemannes - um die Formulierung im Vertrag nicht sonderlich gekümmert habe, den sicheren Schluss zu, dass der Vertragsinhalt bereits vor dem Beurkundungstermin zwi-schen dem Ehemann und dem Notar ausgehandelt worden sei. Vor allem sei zu berücksichtigen, dass die Ehefrau bei Vertragsschluss im neunten Monat schwanger gewesen sei und aus der Sicht beider [X.]en die Eheschließung alsbald habe erfolgen sollen. [X.]em Ehemann sei es dabei - nach seinem eige-nen Vortrag - darauf angekommen, dass das Kind in der Ehe geboren werde, damit auch er sorgeberechtigt würde; die Ehefrau habe unterhaltsrechtlich [X.] sein wollen. Eine Gesamtwürdigung der Situation ergebe, dass der Ehemann auf die Ehefrau - ausdrücklich oder nicht, jedenfalls aber tatsächlich - einen so erheblichen [X.]ruck ausgeübt habe, dass dem Ehevertrag die rechtliche Anerkennung insgesamt versagt bleiben müsse. I[X.] [X.]iese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. 8 - 7 - 1. Wie der [X.] wiederholt dargelegt hat (grundlegend [X.]surteil [X.] 158, 81 = [X.], 601), darf die grundsätzliche [X.]isponibilität der Scheidungsfolgen nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. [X.]as wäre der Fall, wenn dadurch eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten - bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede - bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. [X.]ie Belastungen des einen Ehegatten werden dabei um so schwerer wiegen und die Belange des anderen Ehegatten um so genauerer Prüfung bedürfen, je unmittelbarer die vertragliche A[X.]edingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift. 9 [X.]abei hat der Tatrichter zunächst - im Rahmen einer Wirksamkeitskon-trolle - zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekom-mens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Schei-dungsfall führt, dass ihr - und zwar losgelöst von der zukünftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die [X.] die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Fol-ge zu versagen ist, dass an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen treten (§ 138 Abs. 1 [X.]). Erforderlich ist dabei eine Gesamtwürdigung, die auf die individuellen Verhältnisse bei Vertragsschluss abstellt, insbesondere also auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, den geplanten oder bereits ver-wirklichten Zuschnitt der Ehe sowie auf die Auswirkungen auf die Ehegatten und auf die Kinder. Subjektiv sind die von den Ehegatten mit der Abrede ver-folgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen, die den begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehevertraglichen [X.] - 8 - taltung veranlasst und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen ([X.]surteil [X.] 158, 81, 100 f. = [X.], 601, 606). 11 Soweit ein [X.] standhält, hat sodann eine Ausübungskontrolle nach § 242 [X.] zu erfolgen. [X.]afür sind nicht nur die [X.] im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebend. Entscheidend ist vielmehr, ob sich nunmehr - im Zeitpunkt des Scheiterns der [X.] - aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolge eine evident einseitige Lastenverteilung ergibt, die hinzunehmen für den belasteten [X.] unzumutbar ist ([X.]surteil [X.] 158, 81, 100 f. = [X.], 601, 606). 2. [X.]ie ehevertraglichen Abreden der [X.]en halten bereits der Wirk-samkeitskontrolle (§ 138 Abs. 1 [X.]) nicht stand. 12 a) Schon bei einer isolierten Betrachtung der Einzelregelungen ergibt sich, dass der Ehevertrag teilweise eine - bereits im Zeitpunkt des Vertrags-schlusses offenkundige - einseitige Lastenverteilung für den Scheidungsfall be-wirkt, die durch den geplanten Zuschnitt der Ehe nicht gerechtfertigt und durch keinerlei Vorteile für die Ehefrau ausgeglichen wird. 13 [X.]) [X.]ie zum nachehelichen Unterhalt getroffenen Abreden der [X.]en rechtfertigen allerdings - für sich genommen - das Verdikt der Sittenwidrigkeit nicht. Mit dem grundsätzlichen Ausschluss nachehelichen Unterhalts für den Fall, dass die Ehe vor Ablauf von fünf Jahren geschieden wird, nehmen die Ehegatten einen Rechtsgedanken auf, der sich auch in § 1579 Abs. 1 Nr. 1 [X.] sowie - ansatzweise (Begrenzung des Unterhalts nach Höhe und [X.]auer) - auch in § 1578 [X.] findet. [X.]er Umstand, dass die vertraglich vorgesehene [X.] über den Zeitrahmen hinausgeht, für den der [X.] eine kurze 14 - 9 - Ehedauer bejaht hat (vgl. etwa [X.]surteil vom 9. Juli 1986 - [X.] - FamRZ 1886, 886, 887: bis drei Jahre), steht nicht entgegen. [X.]enn der vom [X.] gezogene Zeitrahmen beansprucht nur für den Regelfall Geltung (vgl. [X.]surteil vom 25. Januar 1995 - [X.] ZR 195/93 - FamRZ 1995, 1405, 1407) und ist schon deshalb einer - angemessenen - abweichenden Konkretisierung durch Ehevertrag zugänglich. [X.]ie von § 1579 Nr. 1 2. Halbs. [X.] besonders geschützten Kindesbelange sind gewahrt, da der vereinbarte generelle Unter-haltsausschluss für den Betreuungsunterhalt nicht gilt. [X.]ie Unterhaltsabrede erweist sich - allein betrachtet - auch nicht schon deshalb als sittenwidrig, weil die [X.]en die Höhe des Unterhaltsanspruchs abweichend von den gesetzlichen Vorgaben geregelt und dabei nicht an die ehelichen Lebensverhältnisse, sondern an das Einkommen angeknüpft haben, das der Unterhaltsberechtigte aus seinem erlernten oder, falls höher dotiert, ausgeübten Beruf erzielen könnte. Eine solche abweichende Regelung der [X.] ist, wie der [X.] entschieden hat, nicht schon deshalb zu bean-standen, weil die vertraglich vorgesehene Unterhaltshöhe - nach den bei [X.] bestehenden oder vorhersehbaren Einkommensverhältnissen - hinter den ehelichen Lebensverhältnissen zurückbleibt. Vielmehr ist die Schwel-le der Sittenwidrigkeit allenfalls dann erreicht, wenn die vertraglich vorgesehene Unterhaltshöhe nicht annähernd geeignet ist, ehebedingte Nachteile des Unter-haltsberechtigten auszugleichen ([X.]surteil vom 25. Mai 2005 - [X.] ZR 296/01 - FamRZ 2005, 1444, 1447). [X.]as ist hier nicht der Fall: [X.]ie getroffene Abrede will, wenn sie für die Höhe des geschuldeten Unterhalts an das - hier von der Ehefrau - in ihrem erlernten oder später ausgeübten und besser bezahl-ten Beruf anknüpft, gerade die Nachteile ausgleichen, die für die Ehefrau mit dem durch die Kinderbetreuung bedingten Verzicht auf eine fortdauernde eige-ne Berufstätigkeit verbunden sind. Auf die vom [X.] angespro-chene Frage, ob die danach geschuldete Unterhaltshöhe den Mindestbedarf 15 - 10 - der Ehefrau deckt, kommt es nicht an; denn es ist schon nicht ersichtlich, dass nach den - maßgebenden - Verhältnissen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses das tatsächliche oder zu erwartende Einkommen der Ehefrau als Erzieherin zur [X.]eckung ihres [X.] nicht ausreichen könnte. 16 [X.]) [X.]er Ausschluss des Versorgungsausgleichs hält dagegen - schon für sich genommen - einer Überprüfung am Maßstab des § 138 Abs. 1 [X.] nicht stand. [X.]er Versorgungsausgleich ist - als gleichberechtigte Teilhabe beider Ehegatten am beiderseits erworbenen Versorgungsvermögen - einerseits dem Zugewinnausgleich verwandt und wie dieser ehevertraglicher [X.]isposition grundsätzlich zugänglich (§ 1408 Abs. 2, § 1587 o [X.]). Er ist jedoch anderer-seits als vorweggenommener Altersunterhalt zu verstehen; von daher steht er einer vertraglichen A[X.]edingung nicht schrankenlos offen. Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich müssen deshalb nach denselben Kriterien geprüft werden wie ein vollständiger oder teilweiser Unterhaltsverzicht ([X.]surteil [X.] 158, 81, 98 = [X.], 601, 605; vgl. ferner [X.]sbeschluss vom 6. Oktober 2004 - [X.] ZB 57/03 - FamRZ 2005, 185, 187; [X.]surteil vom 28. November 2007 - [X.] ZR 132/05 - [X.], 582, 585). [X.]er Unterhalt wegen Alters gehört, wie der [X.] dargelegt hat, zum Kernbereich des gesetz-lichen Scheidungsfolgenrechts; das Gesetz misst ihm als Ausdruck ehelicher Solidarität besondere Bedeutung zu - was freilich einen Verzicht nicht generell ausschließt, etwa wenn die Ehe erst im Alter geschlossen wird. Nichts anderes gilt für den Versorgungsausgleich. Ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs ist deshalb nach § 138 Abs. 1 [X.] unwirksam, wenn er dazu führt, dass ein Ehegatte aufgrund des schon beim Vertragsschluss geplanten Zuschnitts der Ehe über keine hinreichende Alterssicherung verfügt und dieses Ergebnis mit dem Gebot ehelicher Solidarität schlechthin unvereinbar erscheint. [X.]as kann 17 - 11 - namentlich dann der Fall sein, wenn sich ein Ehegatte, wie schon beim [X.] geplant, der Betreuung der gemeinsamen Kinder gewidmet und deshalb auf eine versorgungsbegründende Erwerbstätigkeit in der Ehe verzich-tet hat. [X.]as in diesem Verzicht liegende Risiko verdichtet sich zu einem Nach-teil, den der Versorgungsausgleich gerade auf beide Ehegatten gleichmäßig verteilen will und der ohne Kompensation nicht einem Ehegatten allein angela-stet werden kann, wenn die Ehe scheitert (vgl. [X.]sbeschluss vom 6. Oktober 2004 - [X.] ZB 57/03 - FamRZ 2005, 185, 187). So liegen die [X.]inge hier. Nach dem Ehevertrag sollte bei Geburt eines Kindes ein Ehegatte - nach der im Ehevertrag gewählten Formulierung: "unter normalen Umständen die Ehefrau" - seine Berufstätigkeit aufgeben und sich der Haushaltsführung und Kinderbetreuung widmen. Erst wenn die Kinderbetreu-ung und das "vorrangige Wohl der Kinder" es zuließe, sollte die Ehefrau [X.] sein, ihren Beruf oder eine auf dem Arbeitsmarkt verfügbare sonstige Berufstätigkeit aufzunehmen. [X.]ie Ehegatten haben damit bei Vertragsschluss bewusst in Kauf genommen, dass die bei Vertragsschluss im neunten Monat schwangere Ehefrau alsbald aus dem Berufsleben ausscheiden und damit bis auf weiteres keine eigenen Versorgungsanrechte (außer Kindererziehungszei-ten) erwerben würde. [X.]er mit der Geburt von drei Kindern und deren - der [X.] aufgegebenen - Betreuung einhergehende Verzicht auf den Ausbau der eigenen Versorgungsbiographie stellt sich nunmehr - mit der Scheidung - für die Ehefrau als ein bei Vertragsschluss vorhersehbarer [X.] Nachteil dar. Mit dem ehevertraglichen Ausschluss des Versorgungsausgleichs wird dieser Nachteil auf die Ehefrau verlagert. [X.]a diese einseitige Lastenverteilung durch keinerlei Vorteil für die Ehefrau kompensiert wird, ist er nach § 138 Abs. 1 [X.] unwirksam. 18 - 12 - cc) Anders verhält es sich - bei isolierter Betrachtung - mit dem verein-barten Ausschluss des Zugewinnausgleichs. [X.]er Zugewinnausgleich wird vom Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts nicht umfasst; er erweist sich ehe-vertraglicher Gestaltung am weitesten zugänglich ([X.]surteil [X.] 158, 81, 95, 98 f. = [X.], 601, 605, 608). Schon im Hinblick auf diese nachran-gige Bedeutung des Zugewinnausgleichs im System des [X.] wird ein Ausschluss dieses Güterstandes, worauf der [X.] wiederholt hingewiesen hat ([X.]surteile vom 12. Januar 2005 - [X.] ZR 238/03 - FamRZ 2005, 691, 692 a.E., vom 25. Mai 2005 - [X.] ZR 296/01 - FamRZ 2005, 1444, 1448, vom 28. März 2007 - [X.] ZR 130/04 - FamRZ 2007, 1310, 1311 und vom 17. Oktober 2007 - [X.] ZR 96/05 - [X.], 386, 388), für sich genommen regelmäßig nicht sittenwidrig sein. [X.]as gilt auch hier. 19 b) Auch wenn die Regelungen des [X.] über den teilweisen [X.] und die höhenmäßige Begrenzung des nachehelichen Unterhalts sowie über den Ausschluss des Zugewinnausgleichs - bei jeweils gesonderter Be-trachtung - den Vorwurf der Sittenwidrigkeit nicht zu rechtfertigen vermögen, erweist sich der Ehevertrag bei einer Gesamtwürdigung der getroffenen [X.] dennoch als insgesamt sittenwidrig und damit als im ganzen nichtig. 20 [X.]) [X.]er objektive Gehalt der Gesamtregelung zielt erkennbar auf eine einseitige Benachteiligung der Ehefrau: [X.]er Ehefrau wird "unter normalen Um-ständen" die Betreuung der gemeinsamen Kinder übertragen. [X.]er damit - nach der im Ehevertrag zum Ausdruck kommenden Vorstellung der [X.]en: [X.] - einhergehende Verzicht auf eine eigene Erwerbstätigkeit wird der [X.] jedoch nicht honoriert. Im Falle einer Auflösung der Ehe vor Ablauf der [X.] wird die Ehefrau auf den Betreuungsunterhalt verwiesen; ein Anschlussunterhalt wegen Alters, Krankheit oder Arbeitslosigkeit bleibt ihr ver-sagt. Auch bei einer - wie hier - längeren Ehedauer muss sie unmittelbar nach 21 - 13 - der Scheidung ihres bisherigen "ehelichen" Lebenszuschnitts entsagen und sich mit einem ihrem ursprünglichen Beruf gemäßen, deutlich bescheideneren Lebensunterhalt begnügen. [X.]ie mit dem Verzicht auf Erwerbstätigkeit verbun-dene Lücke in der Versorgungsbiographie wird nicht geschlossen; der [X.] des Versorgungsausgleichs sichert die in der Ehe gemeinsam erwirt-schaftete Altersversorgung allein dem Ehemann. [X.]iese Einseitigkeit findet im Ausschluss des Zugewinnausgleichs ihre konsequente Fortsetzung: [X.]ie Erträge aus der Erwerbstätigkeit des Ehemannes verbleiben ungeschmälert ihm. [X.]) [X.]ie Frage, ob das objektive Zusammenspiel dieser die Ehefrau ein-seitig benachteiligenden Regelungen bereits ausreicht, um den Ehevertrag für insgesamt sittenwidrig zu erachten, kann hier dahinstehen. [X.]enn die bei einer Gesamtwürdigung durchweg einseitige Lastenzuweisung im Ehevertrag erweist sich jedenfalls deshalb als zur Gänze sittenwidrig, weil die [X.]en sich beim Vertragsschluss nicht als "gleich starke Verhandlungspartner" [X.], der Ehevertrag vielmehr erkennbar auf einer gravierenden wirtschaftli-chen wie sozialen Imparität der (späteren) Ehegatten beruht. 22 Zwar vermag eine Schwangerschaft der Frau bei Abschluss des [X.], wie der [X.] wiederholt dargelegt hat, für sich allein noch keine Sit-tenwidrigkeit des Ehevertrages zu begründen. Sie indiziert aber eine ungleiche Verhandlungsposition und damit eine [X.]isparität bei Vertragsabschluß, die es rechtfertigt, den Vertrag einer verstärkten richterlichen Inhaltskontrolle zu unter-ziehen, wobei in einer Gesamtschau alle maßgeblichen Faktoren zu berück-sichtigen sind ([X.]surteile vom 25. Mai 2005 - [X.] ZR 296/01 - FamRZ 2005, 1444, 1446, vom 5. Juli 2006 - [X.] ZR 25/04 - FamRZ 2006, 1359, 1361, vom 28. März 2007 - [X.] ZR 130/04 - FamRZ 2007, 1310, 1311 und vom 17. Oktober 2007 - [X.] ZR 96/05 - [X.], 386, 387). Bei einer solchen Gesamtschau kann der von den [X.]en geschlossene Ehevertrag keinen Bestand haben. 23 - 14 - Objektiv ist dabei dem Umstand Rechnung zu tragen, dass mit der Begrenzung des nachehelichen Unterhalts, vor allem aber mit dem Ausschluss des Versor-gungsausgleichs Regelungen aus dem Kernbereich des gesetzlichen Schei-dungsfolgenrechts teilweise (Unterhalt) bzw. ganz (Versorgungsausgleich) ab-bedungen worden sind, ohne dass dieser Nachteil für die Ehefrau durch ander-weitige Vorteile gemildert oder durch die besonderen Verhältnisse der [X.], den von ihnen angestrebten oder gelebten Ehetyp oder durch sonstige ge-wichtige Belange des begünstigten Ehegatten gerechtfertigt würde ([X.]surteil vom 28. März 2007 - [X.] ZR 130/04 - FamRZ 2007, 1310, 1311). Subjektiv ist bei dieser Gesamtschau - worauf das [X.] mit Recht hinweist - zu berücksichtigen, dass die (spätere) Ehefrau bei Abschluss des [X.] unmittelbar vor der Geburt ihres Kindes stand, auf eine unterhaltsrechtliche Si-cherung - auch im Interesse ihres Kindes - angewiesen war und gegenüber dem juristisch versierten, deutlich älteren und beruflich erfolgreichen (späteren) Ehemann keine reale Chance hatte, sich mit dem ihr erstmals in der notariellen Verhandlung bekanntgegebenen Vertragstext kritisch auseinanderzusetzen und diesen Vertrag auf [X.] der Gleichordnung mit ihrem (späteren) Ehemann zu diskutieren. Es kann dahinstehen, ob ein Notar mit der Beurkundung eines solchen die (künftige) Ehefrau einseitig belastenden [X.], der weder mit beiden künftigen Ehegatten vorbesprochen noch der rechtsunkundigen und im neunten Monat schwangeren Ehefrau rechtzeitig vor der notariellen Verhand-lung zur Kenntnis gebracht worden ist, zumindest nach heutigen Maßstäben seinen Standespflichten genügt. Jedenfalls rechtfertigt eine Würdigung aller Umstände den - auch vom [X.] gezogenen - Schluss, dass ein solchermaßen zustande gekommener Ehevertrag, mag er auch in Einzelfragen - isoliert betrachtet - vertretbar erscheinen, insgesamt keine Anerkennung der Rechtsordnung verdient. - 15 - cc) [X.]anach ist der Ehevertrag nicht nur hinsichtlich des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs, sondern auch in Ansehung des Ausschlusses des Zugewinnausgleichs und der Vereinbarung der Gütertrennung nichtig. [X.]ie von den [X.]en vereinbarte salvatorische Klausel (§ 6 des [X.]) ändert daran nichts. Ergibt sich, wie hier, die Sittenwidrigkeit der getroffenen Abreden bereits aus der Gesamtwürdigung eines Vertrags, dessen Inhalt für eine [X.] - wie hier für die Ehefrau - ausnahmslos nachteilig ist und dessen Einzelrege-lungen durch keine berechtigten Belange der anderen [X.] gerechtfertigt wer-den, so erfasst die Nichtigkeitsfolge notwendig den gesamten Vertrag, hier also auch den für die Ehefrau nachteiligen Ausschluss des Zugewinnausgleichs. Für eine auf den Ausschluss des Versorgungsausgleichs beschränkte Teilnichtig-keit bleibt in solchem Fall kein Raum ([X.]sbeschluss vom 17. Mai 2006 24 - 16 - - [X.] ZB 250/03 - FamRZ 2006, 1097, 108; vgl. auch [X.] FPR 2005, 130, 133; vgl. ferner [X.] Urteil vom 13. März 1979 - [X.] - NJW 1979, 1605, 1606). [X.] [X.] [X.] Vézina [X.]ose
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.]/03-S- - OLG [X.] in [X.], Entscheidung vom 20.12.2006 - 2 UF 110/06 -

Meta

XII ZR 6/07

09.07.2008

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2008, Az. XII ZR 6/07 (REWIS RS 2008, 2919)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 2919

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