Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.06.2008, Az. IX ZR 163/07

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 3590

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/07 Verkündet am: 5. Juni 2008 [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 134 Eine Leistung, die der spätere Insolvenzschuldner zur Tilgung einer Forderung des Leistungsempfängers gegen einen [X.] erbringt, ist nicht unentgeltlich, soweit der Empfänger anschließend die von ihm geschuldete ausgleichende Gegenleistung an den [X.] erbringt (Abgrenzung zu [X.], [X.]. v. 30. März 2006 - [X.], [X.], 957). [X.], [X.]eil vom 5. Juni 2008 - [X.]/07 - [X.]
AG Hamburg - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juni 2008 durch [X.] Ganter, die [X.], [X.], Dr. [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Beklagten wird das [X.]eil der Zivilkammer 9 des [X.] vom 28. August 2007 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das [X.]eil des [X.], Abteilung 31 B, vom 25. Januar 2007 wird [X.]. Die Klägerin hat die Kosten beider Rechtsmittelzüge zu tragen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Klägerin ist Verwalterin im Insolvenzverfahren über das Vermögen der [X.] (im Folgenden: Schuldnerin oder Insolvenzschuldnerin). Sie be-gehrt von der Beklagten Zahlung von 1.070,37 • aus Insolvenzanfechtung. 1 Am 5. März 2004 überwies die Schuldnerin von ihrem Geschäftskonto an die Beklagte als Beitrag 2004 für zwei Kfz-Versicherungen 1.614,52 • und 1.584,92 •. Vertragspartner und Schuldner der Forderung der Beklagten war die S. GmbH & Co. KG; diese beantragte am 11. März 2004 die 2 - 3 - Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Der Antrag wurde am 27. Mai 2004 mangels Masse abgewiesen. Auf Antrag der Schuldnerin vom 21. April 2004 wurde am 1. Oktober 2004 das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet. Die Fahrzeuge [X.] am 29. Juni 2004 und 12. Juli 2004 abgemeldet. Die Beklagte erstattete die [X.] für den [X.]raum von der Abmeldung bis zum Ende des Jahres an die Klägerin. Außerdem erstattete sie der Klägerin anteilig die Prämien für die [X.] vom 1. Januar 2004 bis zum [X.]punkt der Zahlung am 5. März 2004. 3 Mit der Klage begehrt die Klägerin die [X.] für die [X.] vom 6. März 2004 bis zum jeweiligen Abmeldedatum. Sie meint, es handele sich um eine unentgeltliche und daher nach § 134 [X.] anfechtbare Leistung der Kläge-rin. 4 Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das [X.] hat ihr auf Berufung der Klägerin stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte den [X.] weiter. 5 Entscheidungsgründe: Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des landgerichtlichen [X.]eils und zur Zurückweisung der Berufung. Die Zahlung der Schuldnerin ist im streitigen Umfang nicht nach § 134 [X.] anfechtbar. Auch sonstige [X.] sind nicht gegeben. 6 - 4 - [X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die streitige Leistung sei nach § 134 [X.] anfechtbar, weil sie unentgeltlich gewesen sei. Unentgeltlichkeit sei zu bejahen, wenn der Leistungsempfänger keine ausreichende Gegenleistung zu erbringen habe. Für die Gegenleistung sei ausschließlich darauf abzustellen, ob die Forderung, die der Leistungsempfänger durch die Zahlung gegen seinen Schuldner verloren habe, werthaltig gewesen sei. Die Forderung der Beklagten gegen ihre Schuldnerin, die S. GmbH & Co. KG, sei wertlos gewe-sen, weil diese bereits kurz vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfah-rens gestanden habe, der dann mangels Masse abgewiesen worden sei. 7 Dass die Beklagte bis zum [X.]punkt der Zahlung und anschließend bis zur Abmeldung der Fahrzeuge Versicherungsschutz erbracht habe, sei uner-heblich. 8 I[X.] Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht Stand. Das Beru-fungsurteil verkennt, anders als das amtsgerichtliche [X.]eil, die Entscheidung des [X.]s vom 30. März 2006 ([X.], [X.], 957). 9 1. Die Voraussetzungen einer Schenkungsanfechtung liegen nicht vor. 10 a) Im "[X.]" ist eine Verfügung als unentgeltlich anzusehen, wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung ge-genübersteht, dem [X.] also keine Gegenleistung zufließen soll, die 11 - 5 - dem von ihm aufgegebenen Vermögenswert entspricht. Wird eine dritte Person in den Zuwendungsvorgang eingeschaltet, kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Verfügende selbst einen Ausgleich für seine Verfügung erhalten hat. Maßgebend ist vielmehr, ob der Zuwendungsempfänger seinerseits eine Ge-genleistung zu erbringen hat. Denn es entspricht der Wertung des § 134 [X.], dass der Empfänger einer Leistung dann einen geringeren Schutz verdient, wenn er keine ausgleichende Gegenleistung zu erbringen hat ([X.] 41, 298, 302; 141, 96, 99 f; 162, 276, 279; [X.], [X.]. v. 30. März 2006 - [X.], [X.], 957, 958 Rn. 10; v. 1. Juni 2006 - [X.] ZR 159/04, [X.], 1362, 1363 Rn. 10; v. 20. Juli 2006 - [X.] ZR 226/03, [X.], 1639 f Rn. 7; v. 9. November 2006 - [X.] ZR 285/03, [X.], 2391, 2392 f Rn. 15; v. 16. November 2007 - [X.] ZR 194/04, [X.], 125, 126 Rn. 8, z.[X.]. in [X.] 174, 228 bis 244). b) [X.] [X.]punkt für die Beurteilung der Frage, ob in diesem Sinne Unentgeltlichkeit vorliegt, ist der [X.]punkt des [X.] des [X.] infolge der Leistung des Schuldners, also z.B. der Erhalt der Zahlung ([X.] 41, 17, 19; 162, 276, 281; [X.], [X.]. v. 30. März 2006 aaO). Entscheidend ist grundsätzlich das objektive Verhältnis der ausgetauschten Werte ([X.] 113, 98, 102 f; 113, 393, 396; 162, 276, 281; [X.], [X.]. v. 9. November 2006 aaO). 12 Hat der Leistungsempfänger bereits zu einem früheren [X.]punkt seinem Schuldner eine Leistung erbracht, kann deshalb auf ihren damaligen objektiven Wert nicht abgestellt werden. In diesem Fall kann die Unentgeltlichkeit nur nach dem Wert der Forderung bemessen werden, die dem Zuwendungsempfänger im [X.]punkt des [X.] gegen seinen Schuldner zusteht. Bezahlt näm-lich der Verfügende die gegen einen [X.] gerichtete Forderung des [X.] - 6 - [X.], liegt dessen Gegenleistung nunmehr darin, dass er mit der Leistung, die er gemäß § 267 Abs. 2 BGB nur bei Widerspruch seines [X.] ablehnen kann, eine werthaltige Forderung gegen diesen verliert. Ist hin-gegen die Forderung des Zuwen[X.] wertlos, verliert dieser wirt-schaftlich nichts, was als Gegenleistung für die Zuwendung angesehen werden kann. In solchen Fällen ist die Tilgung einer fremden Schuld als unentgeltliche Leistung anfechtbar. Der Zuwendungsempfänger ist gegenüber den Insolvenz-gläubigern des [X.] (Zuwendenden) nicht schutzwürdig; denn er hätte ohne diese Leistung, auf die er keinen Anspruch hatte, seine Forderung nicht mehr durchsetzen können ([X.] 41, 298, 302; 162, 276, 280; [X.], [X.]. v. 30. März 2006 aaO Rn. 11; v. 16. November 2007 aaO). An dieser ständigen Rechtsprechung hält der [X.] uneingeschränkt fest ([X.], [X.]. v. 16. November 2007 aaO [X.] Rn. 39). Was zu gelten hat, wenn der Zuwendungsempfänger in der Insolvenz seines Schuldners eine Quote zu erwarten hätte, bedarf entgegen der Auffassung der Revision keiner Erörterung. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, die Forderung der Beklagten wegen der von ihr bereits zuvor an ihre Schuldnerin erbrachten Leistungen war unstreitig nicht werthaltig, auch eine Quote war nicht zu erwarten. Die Beklagte hat deshalb insoweit die gezahlte Prämie zu Recht anteilig an die Klägerin erstattet. 14 c) Ist der Zuwendungsempfänger dagegen im [X.]punkt des Rechtser-werbs verpflichtet, die Gegenleistung an seinen Schuldner erst noch zu erbrin-gen, und erbringt er diese Gegenleistung anschließend vertragsgemäß tatsäch-lich, kann von Unentgeltlichkeit nicht die Rede sein. Die S. GmbH & Co KG mag ihren Anspruch auf Gewährung von Versicherungsschutz für das gesamte [X.] bereits zu Beginn dieses Jahres erworben haben. Dies ist - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - unerheblich. [X.] - 7 - scheidend ist, wann die Beklagte diese Verpflichtung erfüllt hat. Auch nach Meinung der Revisionserwiderung war aber am 5. März 2004 nicht absehbar, ob die Beklagte der Versicherungsnehmerin weiter Versicherungsschutz ge-währen würde. Die von der Beklagten zu erbringende und tatsächlich erbrachte Gegen-leistung war auch werthaltig. 16 Der Zuwendungsempfänger ist hier gegenüber den Insolvenzgläubigern des [X.] (Zuwendenden) im Rahmen der Schenkungsanfechtung auch schutzwürdig. Daran ändert nichts der Umstand, dass die Beklagte ohne die Zahlung der Insolvenzschuldnerin nicht berechtigt gewesen wäre, den [X.] sofort fristlos zu kündigen, weil zuvor zunächst eine Zahlungsfrist für die [X.] nach § 39 [X.] von mindestens zwei Wochen hätte gesetzt werden müssen. Auch für den [X.]raum, in dem die Beklagte noch nicht hätte fristlos kündigen können, liegt eine werthaltige Gegenleistung vor, auch wenn sich die Beklagte der Verpflichtung zu dieser Gegenleistung nicht mehr in rechtmäßiger Weise hätte entziehen können. Die Pflicht zur Weitererbringung ihrer Leistung in Form von Versicherungsschutz lässt die anteilige Gegenleis-tung der Insolvenzschuldnerin auch in diesem [X.]raum nicht zu einer unent-geltlichen Zuwendung werden. 17 2. Die Voraussetzungen einer Deckungsanfechtung nach §§ 130, 131 [X.] liegen schon deshalb nicht vor, weil die Beklagte nicht Insolvenzgläubige-rin der Schuldnerin war. Eine Anfechtung nach § 132 Abs. 1 [X.] kommt nicht in Betracht, weil die Klägerin nicht behauptet, die Insolvenzschuldnerin sei zum [X.]punkt der Zahlung zahlungsunfähig gewesen und die Beklagte habe die Zahlungsunfähigkeit gekannt. 18 - 8 - Schließlich ist eine Anfechtbarkeit nach § 133 Abs. 1 [X.] nicht gege-ben. Die vorliegende inkongruente Deckung ergibt kein Indiz für die Kenntnis der Beklagten von einem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin, weil für die Beklagte nach dem Vortrag der Klägerin kein Anlass bestand, an der Liquidität der Schuldnerin zu zweifeln (vgl. [X.] 157, 242, 251; [X.], [X.]. v. 30. März 2006 aaO Rn. 16). 19 3. Damit war nicht die Beklagte, sondern deren Schuldnerin, die S. GmbH & Co. KG, passivlegitimiert für die Ansprüche der Kläge-rin. Dies gilt sowohl für eine Anfechtung wegen unentgeltlicher Zuwendung ([X.] 41, 298, 302; 162, 276, 280; [X.], [X.]. v. 30. März 2006 aaO Rn. 10) als auch für Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung ([X.] 70, 389, 20 - 9 - 396; 162, 276, 280; [X.], [X.]. v. 5. Februar 2004 - [X.] ZR 473/00, [X.], 932, 933; v. 30. März 2006 aaO Rn. 10). [X.] [X.]

[X.] Pape Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.] - 31b [X.]/06 - [X.], Entscheidung vom 28.08.2007 - 309 S 41/07 -

Meta

IX ZR 163/07

05.06.2008

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.06.2008, Az. IX ZR 163/07 (REWIS RS 2008, 3590)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 3590

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