Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.11.2020, Az. Notz (Brfg) 5/20

Senat für Notarsachen | REWIS RS 2020, 1195

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Gegenstand

Notarielle Fachprüfung: Monatsfrist für Antrag auf Wiederholung der Prüfung als Ausschlussfrist; Beschränkung des Prüfungsstoffs auf die Grundzüge eines Rechtsgebiets; Bewertungen schriftlicher Prüfungsleistungen


Leitsatz

1. § 18 Abs. 2 NotFV stellt eine Ausschlussfrist dar.

2. Zu der Bedeutung der Beschränkung des Prüfungsstoffs auf die Grundzüge eines Rechtsgebiets und zur Rechtmäßigkeit von Bewertungen schriftlicher Prüfungsleistungen bei der notariellen Fachprüfung.

Tenor

Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Senats für Notarsachen des [X.] vom 3. März 2020 zuzulassen, wird abgelehnt.

Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 25.000 € festgesetzt.

Gründe

1

Der [X.]eklagte stellte fest, dass die Klägerin vom mündlichen Teil der notariellen Fachprüfung ausgeschlossen sei und diese nicht bestanden habe. Die nach erfolglosem Widerspruch gegen diesen [X.]escheid gerichtete Klage hat das [X.] abgewiesen. Die Klägerin beantragt, hiergegen die [X.]erufung zuzulassen. Der Antrag ist nicht begründet. Ein Zulassungsgrund ist nicht gegeben. Entgegen der Auffassung der Klägerin bestehen weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO in Verbindung mit § 111d Satz 2 [X.]NotO) noch liegt ein Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO in Verbindung mit § 111d Satz 2 [X.]NotO).

2

1. Das [X.] hat zu Recht angenommen, dass sich die Klägerin auf den von ihr behaupteten Mangel einer Lärmbelästigung während der [X.]-87 nicht berufen kann, weil sie diesen nicht rechtzeitig geltend gemacht hat. Zutreffend ist die Vorinstanz davon ausgegangen, dass es sich bei der in § 18 Abs. 2 der Verordnung über die notarielle Fachprüfung in der Fassung vom 7. Mai 2016 ([X.]) normierten Antragsfrist um eine Ausschlussfrist handelt.

3

Gemäß § 18 Abs. 1 [X.] kann auf Antrag eines Prüflings die Wiederholung der Prüfung angeordnet werden, wenn das Prüfungsverfahren mit Mängeln behaftet war, die die [X.]hancengleichheit der Prüflinge erheblich verletzt haben. Ein solcher Antrag ist innerhalb eines Monats zu stellen, nachdem die Antragstellerin oder der Antragsteller Kenntnis von dem Mangel erlangt hat, § 18 Abs. 2 [X.]. Schon nach dem Wortlaut der Vorschrift ist der Prüfling mit einem solchen Antrag nach Ablauf der Frist ausgeschlossen. [X.] man diese dagegen nicht als Ausschlussfrist an, käme ihr - was offensichtlich sinnwidrig wäre - (gar) keine [X.]edeutung zu. Soweit die Klägerin auf die Entscheidung des [X.] vom 10. August 1994 (DV[X.]l 1994, 1364, juris Rn. 6 f.) und die Kommentierung von [X.]/[X.]/[X.] (Prüfungsrecht, 7. Aufl., Rn. 484) verweist, verkennt sie, dass die Entscheidung des [X.] sowie die Ausführungen in der Kommentierung sich auf Fälle beziehen, in denen die maßgebliche Prüfungsordnung eine Ausschlussfrist nicht vorsieht. Demgegenüber weist das [X.] zutreffend und von der Klägerin in diesem Punkt nicht angegriffen darauf hin, dass eine Regelung, die - wie hier § 18 Abs. 2 [X.] - dazu führt, dass der Prüfling bei verspäteter Geltendmachung mit seiner Rüge ausgeschlossen ist, nach der Rechtsprechung des [X.] nicht zu beanstanden ist ([X.], 126, juris Rn. 17 ff.; vgl. auch [X.]/[X.]/[X.], Prüfungsrecht, 7. Aufl., Rn. 478, 485, 219).

4

Da die Klägerin hiernach mit der Geltendmachung der behaupteten Lärmbelästigung ausgeschlossen ist, hat die Vorinstanz ihre sich darauf beziehenden [X.]eweisanträge zu Recht zurückgewiesen; auch ein Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO in Verbindung mit § 111d Satz 2 [X.]NotO), liegt daher nicht vor.

5

2. Das [X.] hat weiter zutreffend angenommen, dass in der [X.]-87 kein unzulässiger Prüfungsstoff abgefragt wird.

6

a) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 [X.] umfasst der Prüfungsstoff das Recht der Personengesellschaften und Körperschaften einschließlich der Grundzüge des Umwandlungs- und Stiftungsrechts. Die [X.]eschränkung auf die "Grundzüge" eines Rechtsgebiets bedeutet, dass einerseits die allgemeinen Grundlagen dieses Sachgebietes, andererseits aber auch einzelne Fragenkreise im Überblick geprüft werden können, die nach dem Inhalt und der Häufigkeit, mit der sie sich stellen, von erheblicher [X.]edeutung sind, wobei sich diese erhebliche [X.]edeutung auf die notarielle Amtstätigkeit bezieht. Davon geht das [X.] unter Hinweis auf das Urteil des [X.] vom 16. April 1997 (NJW 1998, 323, juris Rn. 41) zu Recht aus. Nicht erforderlich ist es dagegen, dass die geprüften Fragen sich oftmals stellen oder gar regelmäßig auftreten. Die notarielle Amtstätigkeit beschränkt sich nicht auf die [X.]ewältigung von Standardsituationen. Dass sich solche Fragen hin und wieder stellen, muss für die Prüfungserheblichkeit genügen. Lediglich darf [X.] in seltenen und atypischen Spezialfragen, die sich in der beruflichen Praxis kaum jemals stellen können, in der Prüfung nicht als präsentes Wissen abgefragt werden. Nur Fragen, die nach den mit ihnen gestellten Anforderungen außerhalb dieses Rahmens liegen, sind unzulässig. Soweit sie sich hingegen im Grenzbereich bewegen und daher zulässig sind, lässt sich dies bei der [X.]ewertung des Schwierigkeitsgrads der Prüfungsaufgabe berücksichtigen ([X.]VerwG aaO - zur Prüfung als vereidigter [X.]uchprüfer).

7

Die Klägerin geht dagegen von einem unrichtigen Maßstab aus. Sie meint unter [X.]ezugnahme auf das Urteil des [X.] vom 6. Mai 2014 ([X.] 13.1953, juris Rn. 41), generell werde der Schwierigkeitsgrad der entsprechenden Aufgaben begrenzt. Nicht mehr zugelassen seien solche Fragen, die allein mit einem Grundwissen in dem bezeichneten Sachgebiet offensichtlich nicht zu lösen seien; dabei müsse die [X.]egrenzung so gefasst werden, dass lediglich Verständnis und Arbeitsmethoden abgeprüft werden dürften. Die Klägerin verkennt indes, dass sich die Ausführungen des [X.] nicht auf die Frage beziehen, was unter den "Grundzügen" eines Rechtsgebiets zu verstehen ist. Sie sind vielmehr zu einer § 5 Abs. 2 [X.] entsprechenden Regelung in § 58 Abs. 1 Satz 2 und 3 der [X.] vom 13. Oktober 2003 ergangen ([X.], ebenda). Gemäß § 5 Abs. 2 [X.] dürfen andere Rechtsgebiete - mithin solche, die nicht in § 5 Abs. 1 [X.] genannt sind - im Zusammenhang mit dem Prüfungsstoff zum Gegenstand der Prüfung gemacht werden, wenn sie in der notariellen Praxis typischerweise in diesem Zusammenhang auftreten oder soweit lediglich Verständnis und Arbeitsmethode festgestellt werden sollen und [X.] nicht vorausgesetzt wird, § 5 Abs. 2 [X.].

8

b) Das [X.] hat in Anwendung des von ihm zutreffend zugrunde gelegten Maßstabs zu Recht angenommen, dass sich der in der [X.]-87 abgeprüfte Stoff im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 [X.] hält. Es reicht aus, wenn sich die Fragen für einen Notar hin und wieder stellen, wobei [X.] in seltenen oder atypischen Spezialfragen, die sich in der beruflichen Praxis kaum jemals stellen können, in der Prüfung nicht als präsentes Wissen abgefragt werden dürfen.

9

Das war hier nicht der Fall. Der in der Klausur geprüfte Stoff bezieht sich vorrangig auf das Handelsrecht (§ 5 Abs. 1 Nr. 6 [X.]), das Recht der Personengesellschaften und Körperschaften (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 [X.]) sowie das notarielle Kostenrecht (§ 5 Abs. 1 Nr. 5 [X.]). Dabei musste neben der Anmeldung eines einzelkaufmännischen Unternehmens und einer neu errichteten [X.] zum Handelsregister auch ein Ausgliederungsvertrag entworfen werden, durch den das gesamte Vermögen des einzelkaufmännischen Unternehmens ausgegliedert und auf die [X.] übertragen wird. Dass sich eine solche Frage in der notariellen Praxis jedenfalls hin und wieder stellt, hat das [X.] zu Recht angenommen. Dagegen hat sich die Klägerin auch nicht gewendet. [X.]ei der Fertigung des Ausgliederungsvertrags war eine Vielzahl von Vorschriften des Umwandlungsgesetzes zu erkennen und zu erwägen. Mehr als eine Anwendung des jeweiligen Wortlauts der Vorschriften war aber - wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat und wogegen sich die Klägerin ebenfalls nicht wendet - nicht erforderlich. [X.] in seltenen und atypischen Spezialfragen wurde nicht abgefragt.

3. Ebenfalls zutreffend ist das [X.] davon ausgegangen, dass die Erörterungen der Klägerin in der [X.]-87 zu einer möglichen Umwandlung in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder eine offene Handelsgesellschaft nicht mehr vertretbar sind. Die [X.]ewertung des [X.] ist nicht fehlerhaft.

a) Nach ständiger Rechtsprechung dürfen zutreffende Antworten und brauchbare Lösungen nicht als falsch bewertet werden. Soweit die Richtigkeit oder Angemessenheit von Lösungen wegen der Eigenart der Prüfungsfrage nicht eindeutig bestimmbar sind, die [X.]eurteilung vielmehr unterschiedlichen Ansichten Raum lässt, muss dem Prüfling ein angemessener Antwortspielraum zugestanden werden. Eine vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung darf nicht als falsch gewertet werden. Fachliche Meinungsverschiedenheiten zwischen Prüfer und Prüfling sind der gerichtlichen Kontrolle nicht entzogen. Vielmehr hat das Gericht aufgrund hinreichend substantiierter Einwendungen des Prüflings notfalls mit sachverständiger Hilfe darüber zu befinden, ob die von dem Prüfer als falsch bewertete Lösung im Gegenteil richtig oder jedenfalls vertretbar ist. Unter Fachfragen sind alle Fragen zu verstehen, die fachwissenschaftlicher Erörterung zugänglich sind. Hierunter fallen sowohl Fragen, die fachwissenschaftlich geklärt sind, als auch solche, die in der Fachwissenschaft kontrovers behandelt werden. Demgegenüber wird dem Prüfer ein [X.]ewertungsspielraum zugebilligt, soweit komplexe prüfungsspezifische [X.]ewertungen - beispielsweise bei der Gewichtung verschiedener Aufgaben untereinander, bei der Einordnung des Schwierigkeitsgrades der Aufgabenstellung oder bei der Würdigung der Qualität der Darstellung - im Gesamtzusammenhang des Prüfungsverfahrens getroffen werden müssen und sich nicht ohne weiteres in nachfolgenden Verwaltungsstreitverfahren einzelner Prüflinge isoliert nachvollziehen lassen.

Es geht zunächst um Fachfragen, wenn bei einer [X.]eurteilung juristischer Prüfungsleistungen Methodik sowie Art und Umfang der Darstellung in [X.]ezug auf Lösungsansatz und zur Prüfung gestellte Normen in Rede stehen. Insbesondere ist der fachwissenschaftlichen Erörterung zugänglich, ob bei der Lösung eines mit der Aufgabe gestellten Rechtsproblems die Prüfung einer Norm geboten, vertretbar oder fernliegend ist. Erst wenn feststeht, dass Vorzüge und Mängel einer Arbeit unter [X.]eachtung des dem Prüfling zukommenden [X.] fachwissenschaftlich korrekt erfasst worden sind, und sich sodann die Frage nach der [X.]ewertung, insbesondere der richtigen [X.]enotung stellt, ist Raum für die Annahme des prüfungsrechtlichen [X.]ewertungsspielraums (st. Rspr., vgl. etwa Senatsbeschluss vom 13. März 2017 - [X.]([X.]) 6/16, [X.], 299 Rn. 4 [X.]; [X.]VerwG, NVwZ 1998, 738, juris Rn. 3 ff. [X.]; vom 13. März 1998 - 6 [X.]/98, juris Rn. 4; vom 28. Juni 2018 - 2 [X.]/17, juris Rn. 7 ff.; [X.], 140, juris Rn. 26; [X.]/[X.]/[X.], Prüfungsrecht, 7. Aufl., Rn. 879 ff.). Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle im Streit um die Rechtmäßigkeit der [X.]ewertung sind die angefochtenen Ursprungsbewertungen in der Gestalt, die sie durch die Stellungnahmen der Prüfer im Überdenkungsverfahren erhalten haben (st. Rspr., vgl. etwa Senatsbeschluss vom 13. März 2017 aaO Rn. 3 [X.]).

b) Nach diesen Maßstäben hat das [X.] die Ausführungen der Klägerin in der Klausur zu Recht als nicht mehr vertretbar beurteilt. Entgegen der Ansicht der Klägerin liegt der [X.]eurteilung des [X.]s kein Fehlverständnis der Aufgabenstellung zugrunde. Die Klägerin übergeht, dass es im ersten Absatz der Aufgabenstellung heißt, [X.] wolle "eine Personengesellschaft erwerben, in der weder er noch sonst eine natürliche Person unbeschränkt haftet." Damit schied die Errichtung einer offenen Handelsgesellschaft (§§ 105, 128 HG[X.]) ersichtlich unmittelbar aus. Zwar gibt es Gesellschaften bürgerlichen Rechts, in denen kein Gesellschafter eine natürliche Person ist, etwa bauwirtschaftliche Arbeitsgemeinschaften (vgl. z.[X.]. [X.]GH, Urteil vom 29. Januar 2001 - II ZR 331/00, [X.]GHZ 146, 341, 359). Eine solche Konstruktion kam hier aber zur Weiterführung des [X.] ersichtlich nicht in [X.]etracht. Ausführungen zur offenen Handelsgesellschaft und Gesellschaft bürgerlichen Rechts waren daher nicht mehr vertretbar. Dies gilt umso mehr, als es im zweiten Absatz der Aufgabenstellung heißt: "Der Empfehlung des Steuerberaters folgend soll eine [X.] geschaffen werden." Damit wurde den Prüflingen im Sinne einer Hilfestellung die Rechtsform der Personengesellschaft genannt, die die im ersten Absatz genannten Kriterien erfüllte.

c) Nach alledem leidet das gebotene Überdenkungsverfahren in [X.]ezug auf die Erstkorrektur der [X.]-87 entgegen der Ansicht der Klägerin nicht an einem Verfahrensfehler, der sich auf das Prüfungsergebnis hätte auswirken können.

Der Verfahrensfehler liegt nach Ansicht der Klägerin darin, dass eine Mitarbeiterin des [X.]eklagten den [X.], nachdem er im Rahmen des Überdenkungsverfahrens die Ausführungen der Klägerin als nicht vertretbar beurteilt hatte, telefonisch dahin beeinflusst habe, dass er diesem "Fehler" mit der "Schutzbehauptung" begegnet sei, die Ausführungen seien weder negativ noch positiv bewertet worden.

Nach den obigen Ausführungen liegt aber kein "Fehler" des [X.] vor. Der [X.], der die Ausführungen in seinem Erst-Votum als "unnötig" bezeichnet hat, hat mit der [X.]ewertung "nicht vertretbar" im Überdenkungsverfahren eine Formulierung der Klägerin in ihren [X.]eanstandungen aufgegriffen und damit verdeutlicht, dass er die Ausführungen nicht als vertretbare Lösung und daher nicht als fachlich richtig ("positiv") bewertet hat. Das war - wie ausgeführt - im gerichtlichen Verfahren voll überprüfbar und hat sich in der Sache als richtig erwiesen. Auswirkungen des Telefonats auf das Ergebnis der Prüfungsentscheidung können daher ausgeschlossen werden (vgl. [X.]VerwGE 105, 328, juris Rn. 21 f.; [X.]eschluss vom 13. März 1998 - 6 [X.]/98, juris Rn. 7).

4. Zu Recht hat das [X.] schließlich [X.]ewertungsfehler im Hinblick auf die [X.]-95 verneint. Die dagegen gerichteten [X.] der Klägerin greifen nicht durch.

a) Die Ansicht der Klägerin, die [X.]ewertung des [X.] im Rahmen der Aufgabe 2 sei widersprüchlich und damit willkürlich, der Erwartungshorizont lasse sich lediglich so verstehen, dass § 139 [X.]G[X.] zwar hätte begutachtet werden können, dies aber keineswegs zwingend sei, greift nicht durch. Zu Recht hat das [X.] bereits dem Gesamtzusammenhang des [X.] entnommen, dass der [X.] die Prüfung von § 139 [X.]G[X.] erwartete. In zutreffender Anwendung der oben unter 3 a genannten Maßstäbe (vgl. insbesondere Senatsbeschluss vom 13. März 2017 aaO) hat es ferner auf die Ursprungsbewertung in der Gestalt, die sie durch die Stellungnahme des [X.] im Überdenkungsverfahren erhalten hat, abgestellt und ausgeführt, dass dieser in seiner Stellungnahme deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass er eine Prüfung von § 139 [X.]G[X.] verlangt habe. Damit setzt sich die Klägerin nicht auseinander.

b) Der Rüge der Klägerin, sie habe im Rahmen der Aufgabe 5 ausdrücklich und inhaltlich zutreffend eine Entziehung des Pflichtteils von [X.] angesprochen und diese Ausführungen seien unberücksichtigt geblieben, obwohl bei verständiger Würdigung zu erkennen sei, dass die Klägerin sie auch der Aufgabe 3 zugeordnet habe, ist kein Erfolg beschieden.

aa) Das Vorbringen der Klägerin ist neu. Sie hat diese Rüge weder im Widerspruchsverfahren noch im Rahmen der ihr gemäß § 87b Abs. 1 VwGO gesetzten Frist in erster Instanz erhoben. Im Laufe des gesamten bisherigen Verfahrens hat sie die Ansicht vertreten, es sei fernliegend, einen Grund zur Pflichtteilsentziehung zu bejahen. Es hätte daher nicht negativ bewertet werden dürfen, dass sie § 2333 [X.]G[X.] im Rahmen der Aufgabe 3 - betreffend [X.] - nicht angesprochen habe. Der gegenteiligen Ansicht des [X.]s tritt die Klägerin nunmehr in [X.]ezug auf ihre Erörterungen im Rahmen der Aufgabe 3 aber nicht mehr entgegen.

bb) Soweit die Klägerin im Zulassungsantrag nun erstmals vorträgt, ihre im Rahmen der Aufgabe 5 erfolgten Ausführungen zu § 2333 [X.]G[X.] seien unberücksichtigt geblieben, ist sie mit diesem Vorbringen ausgeschlossen, § 87b Abs. 1, § 128a Abs. 1 VwGO. Zwar hat das [X.]erufungsgericht bei der Entscheidung über den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO grundsätzlich auch vom Antragsteller erstmals innerhalb der Antragsfrist vorgetragene und nach materiellem Recht entscheidungserhebliche Tatsachen zu berücksichtigen ([X.]VerwG, NVwZ-RR 2002, 894, juris Rn. 6). Das gilt indes nicht, wenn die Voraussetzungen des § 128a Abs. 1 VwGO vorliegen, unter denen das [X.]erufungsgericht neue Erklärungen und [X.]eweismittel ausnahmsweise zurückweisen kann ([X.]VerwG, aaO Rn. 7; [X.]ayVGH, [X.]eschluss vom 9. Oktober 2007 - 5 Z[X.] 07.2149, juris Rn. 11). So liegt es hier.

(1) Der Vorsitzende des Senats für Notarsachen des [X.]s hat der Klägerin mit ihr am 18. März 2019 zugestellter Verfügung vom 13. März 2019 aufgegeben, binnen einer Ausschlussfrist von zwei Monaten ab Zustellung die Tatsachen zu bezeichnen, durch deren [X.]erücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Prüfungsverfahren sie sich beschwert fühlt. Er hat ferner darauf hingewiesen, dass nach Ablauf der Frist vorgebrachte Erklärungen und [X.]eweismittel zurückgewiesen werden können, § 111b Abs. 1 [X.]NotO, § 87b VwGO.

(2) Die Klägerin hat innerhalb der ihr gesetzten Frist nicht gerügt, dass die Korrektoren ihre im Rahmen der Aufgabe 5 erfolgten Ausführungen zu § 2333 [X.]G[X.] nicht oder nicht richtig bewertet hätten. Wie die Prüfer die Ausführungen zu § 2333 [X.]G[X.] im Rahmen der Aufgabe 5 gewertet haben, ergibt sich nicht aus den Voten des Erst- und des [X.]. Da die Klägerin eine darauf bezogene Rüge im Widerspruchsverfahren nicht erhoben hat, hatten die Prüfer keinen Anlass, sich damit im Überdenkungsverfahren zu befassen (vgl. [X.]/[X.]/[X.], Prüfungsrecht, 7. Aufl., Rn. 789; [X.], Möglichkeiten und Grenzen der Anfechtbarkeit juristischer (Staats-)Prüfungen, 2016, [X.] ff.). Auch das [X.] musste nur solchen Einwendungen der Klägerin nachgehen, die diese "substantiiert" vorgebracht hat ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 17. Januar 1995 - 6 [X.] 39/94, juris Rn. 7 [X.]; vgl. auch [X.] aaO, S. 567 ff.). Die Zulassung der neuen Rüge würde die Erledigung des Rechtsstreits verzögern, zumal erneut ein Überdenkungsverfahren erforderlich wäre.

c) [X.] der Klägerin, das [X.] habe in [X.]ezug auf die Kritik des [X.] an der [X.]earbeitung der Aufgabe 4 (Ausführungen zu § 2333 [X.]G[X.] fernliegend) den Antwortspielraum der Klägerin verkannt, greift nicht durch.

Zu Recht hat die Vorinstanz in zutreffender Anwendung der oben unter 3a bereits genannten Maßstäbe in fachlicher Hinsicht überprüft, ob die [X.]eurteilung des [X.], die Ausführungen der Klägerin zu § 2333 [X.]G[X.] seien fernliegend, zutrifft. Es hat dies mit überzeugender [X.]egründung bejaht. Auch der Senat hält es für fernliegend, im Hinblick auf das nach der Aufgabenstellung schwer geistig und körperlich behinderte neunjährige Kind E die Entziehung des Pflichtteils gemäß § 2333 [X.]G[X.] in mehreren Sätzen zu prüfen. Darauf, dass nach dem - ohnehin nur pauschalen - Vorbringen der Klägerin "andere Votanten" eine Überprüfung der Voraussetzungen der Norm erwartet hätten, kommt es nicht an.

d) Schließlich ist auch der im Hinblick auf die [X.]-95 erhobenen Rüge der Klägerin, der [X.]ewertungsvorgang werde den an ihn anzulegenden Maßstäben nicht gerecht, und sie habe eine Leistung erbracht, die offensichtlich durchschnittlichen Anforderungen noch genüge, kein Erfolg beschieden.

aa) Die [X.]emessung der von einer Prüfungsaufgabe abverlangten Leistungsanforderungen gehört zu der fach- und prüfungsspezifischen [X.]eurteilung einer Prüfungsleistung. Ebenso wie die [X.]ewertung der Prüfungsleistungen im engeren Sinne beruht der dieser zu Grunde liegende [X.]eurteilungsmaßstab, mithin der Inhalt und die Höhe der Leistungsanforderungen, auf fachwissenschaftlichen und prüfungsspezifischen Gesichtspunkten, so dass dem Prüfer hierbei ein weiter [X.]eurteilungs- und [X.]emessungsspielraum eingeräumt ist. Die gerichtliche Kontrollbefugnis erstreckt sich insoweit lediglich auf die Einhaltung der einschlägigen prüfungsrechtlichen Vorschriften, namentlich auf die Vereinbarkeit mit dem Ziel und Zweck der Prüfung, sowie - neben den sonstigen rechtsstaatlichen Grundanforderungen - auf die Wahrung der allgemein gültigen [X.]ewertungsgrundsätze, wie das Willkürverbot, der Grundsatz der [X.]hancengleichheit und das [X.]estehen eines [X.] (vgl. [X.]VerfGE 84, 34, 54 f.; [X.], Urteil vom 29. April 2010 - 8 A 3247/09, juris Rn. 42; [X.]/[X.]/[X.], Prüfungsrecht, 7. Aufl., Rn. 639 ff.).

bb) Solche Fehler zeigt die Klägerin mit ihrer Rüge nicht auf und sind auch nicht ersichtlich. Zu Recht hat das [X.] angenommen, dass eine vollständige Neubewertung der Leistungen der Klägerin im Rahmen des Überdenkungsverfahrens durch die Korrektoren nicht erforderlich war. Entgegen der Ansicht der Klägerin steht die [X.]ewertung der Prüfer auch nicht im Widerspruch zu den Prinzipien der Sachbezogenheit und Systemgerechtigkeit. Die notarielle Fachprüfung dient dem Nachweis, dass und in welchem Grad ein Rechtsanwalt für die Ausübung des Notaramtes als Anwaltsnotar fachlich geeignet ist, § 7a Abs. 2 Satz 1, § 6 Abs. 1 [X.]NotO. Der Notar ist Träger eines öffentlichen Amts und übt einen gebundenen [X.]eruf aus. Ihm sind als selbständigem [X.]erufsträger gemäß § 1 [X.]NotO die [X.]eurkundung von Rechtsvorgängen und andere Aufgaben der vorsorgenden Rechtspflege übertragen. Mit der ihm übertragenen Funktion steht er [X.] nahe ([X.]VerfGE 131, 130, 139). Vor diesem Hintergrund sind Anhaltspunkte dafür, dass die von den Korrektoren gestellten Anforderungen an die Güte der im Rahmen der [X.]-95 abverlangten Leistung außer Verhältnis stünden zu den Anforderungen, die mit dem Ziel und Zweck der notariellen Fachprüfung vereinbar sind, weder vorgetragen noch ersichtlich.

Herrmann     

      

Roloff     

      

[X.]öttcher

      

[X.]rose-Preuß     

      

[X.]     

      

Meta

Notz (Brfg) 5/20

16.11.2020

Bundesgerichtshof Senat für Notarsachen

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend KG Berlin, 3. März 2020, Az: Not 5/19, Urteil

§ 7a BNotO, §§ 7aff BNotO, § 5 Abs 1 Nr 2 NotFV, § 18 Abs 2 NotFV

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.11.2020, Az. Notz (Brfg) 5/20 (REWIS RS 2020, 1195)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 1195

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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