Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.05.2008, Az. IX ZR 229/06

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 4055

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/06 Verkündet am: 8. Mai 2008 [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 48 Satz 2; BGB § 816 Abs. 1 Satz 1, § 818 Abs. 3 a) Unterliegt die unberechtigte Veräußerung einer fremden Sache der [X.] und hat der Verwalter diese an das Finanzamt abgeführt, kann der [X.]sberechtigte nur den [X.]. b) Liegt der dem Berechtigten gegenüber wirksamen Verfügung eine um-satzsteuerpflichtige Lieferung zugrunde und hat der Nichtberechtigte die Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt, kann er sich insoweit auf ei-nen Wegfall der Bereicherung berufen. [X.], Urteil vom 8. Mai 2008 - [X.]/06 - OLG [X.]

LG Erfurt - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren auf-grund der bis zum 3. April 2008 eingereichten Schriftsätze durch den [X.], [X.] und Dr. [X.], die Richterin [X.] und [X.] Pape für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.]n wird das Urteil des 1. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 9. November 2006 im Kostenpunkt sowie insoweit aufgehoben, als die Berufung des [X.]n gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des [X.] vom 17. Januar 2006 wegen eines Betrages von 3.520 • zu-rückgewiesen worden ist. Auf die Berufung des [X.]n wird das Urteil der 3. Zivilkammer des [X.] vom 17. Januar 2006 im Kostenpunkt sowie insoweit aufgehoben, als der [X.] zur Zahlung von 3.520 • verurteilt worden ist. Die auf Zahlung dieses Betrages ge-richtete Klage wird abgewiesen. Die weitergehende Berufung des [X.]n bleibt zurückgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz tra-gen der Kläger 2 % und der [X.] 98 %. Von den Gerichtskos-ten der Revisionsinstanz tragen der Kläger 16 % und der [X.] 84 %. Von den außergerichtlichen Kosten tragen der Kläger 8 % und der [X.] 92 %. Von Rechts wegen - 3 - Tatbestand: 1 Der Kläger ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Baugesellschaft J.

mbH (fortan: Muttergesellschaft), das am 1. April 2004 eröffnet worden ist. Der [X.] ist als Nachfolger des verstorbenen Rechtsanwalts [X.]

Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermö-gen der J.

GmbH M.

, einer hundertprozentigen Tochter der Muttergesellschaft (fortan: Tochtergesellschaft), das am 22. März 2004 eröffnet worden ist. Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger den [X.]n erfolg-reich auf Zahlung von 178.437,25 • nebst Zinsen in Anspruch genommen. Die gegen seine Verurteilung gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde des [X.]n hat der [X.] zurückgewiesen. Der Kläger hat außerdem beantragt, den [X.]n zur Zahlung eines Betrages von 3.520 • zu verurteilen. Damit hat es folgende Bewandtnis: Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Tochtergesellschaft veräußerte der [X.] einen nicht der Tochtergesellschaft gehörenden [X.] zum Preis von 25.250 • brutto und zog den Erlös zur Masse. Die im Kaufpreis enthaltene Umsatzsteuer von 3.520 • führte er an das zuständige Finanzamt ab. Im Verlauf des Rechtsstreits zahlte der [X.] an den Kläger 22.000 •. Streitig blieb, ob der [X.] auch den auf die Umsatzsteuer entfal-lenden Teil des Kaufpreises an den Kläger herauszugeben hat. Die [X.] haben den [X.]n auch insoweit antragsgemäß verurteilt. Mit seiner vom [X.] zugelassenen Revision will der [X.] weiterhin die Abweisung der auf Zahlung von 3.520 • gerichteten Klage erreichen. 2 - 4 - Entscheidungsgründe: 3 Die Revision hat im Umfang ihrer Zulassung Erfolg.
[X.] Das Berufungsgericht hat gemeint, die [X.] erstrecke sich auch auf die Umsatzsteuer. Dies folge auch aus § 48 Satz 1 [X.]; denn nach dieser Vorschrift könne der Gläubiger dann, wenn der Anspruch auf die Gegenleistung noch offen sei, Abtretung des gesamten Anspruchs verlangen, welcher auf den Bruttobetrag gerichtet sei. 4 I[X.] Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. 5 1. Veräußert der Insolvenzverwalter unberechtigt einen Gegenstand, dessen Aussonderung hätte verlangt werden können, so kann der Aussonde-rungsberechtigte die Abtretung des Rechts auf die Gegenleistung verlangen, soweit diese noch aussteht (§ 48 Satz 1 [X.]). Er kann die Gegenleistung aus der Insolvenzmasse verlangen, soweit sie in der Masse unterscheidbar vorhan-den ist (§ 48 Satz 2 [X.]). Im vorliegenden Fall kommt nur ein Anspruch aus § 48 Satz 2 [X.] in Betracht, weil der [X.] den Kaufpreis bereits für die Masse vereinnahmt hat. Die dem Käufer in Rechnung gestellte und von diesem gezahlte Umsatzsteuer kann der Kläger jedoch deshalb nicht mehr herausver-langen, weil dieser Teil des Kaufpreises sich nach der Weiterleitung an das zu-6 - 5 - ständige Finanzamt nicht mehr, wie § 48 Satz 2 [X.] es verlangt, in der Masse befindet. 7 a) Geld, welches der Verwalter durch Einziehung einer fremden Forde-rung für die Masse vereinnahmt hat, bleibt grundsätzlich auch bei Einzahlung auf ein allgemeines Bankkonto des Verwalters aussonderungsfähig, weil es aufgrund der Buchung und der dazu gehörenden Belege von dem übrigen dort angesammelten Guthaben unterschieden werden kann. Gleiches gilt für die auf ein solches Konto gezahlte Gegenleistung für einen sonstigen vom Verwalter veräußerten Gegenstand. Das Guthaben, das durch die belegmäßig dokumen-tierte Gutschrift des Entgelts für einen massefremden Gegenstand auf dem [X.] Konto des Verwalters entsteht, büßt seine Unterscheidbarkeit nicht allein dadurch ein, dass anschließend das Konto mit [X.] wird. Die [X.] und die [X.] eines laufenden Kontos sind keine realen Gegenstände, die miteinander vermischt oder voneinander getrennt werden könnten. Was für die [X.] zählt, ist das verfügbare Gut-haben. Steht ein bestimmter dem Konto gutgeschriebener Betrag materiell nicht der Masse, sondern einem anderen zu, so muss er so lange als noch vorhan-den gelten, wie das Konto eine ausreichende Deckung aufweist ([X.] 141, 116, 118 f; [X.], Urt. v. 19. Januar 2006 - [X.] ZR 154/03, [X.], 959, 961 Rn. 18 f). b) Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausgegangen. [X.] dann, wenn - was das Berufungsgericht angenommen, aber nicht ausdrück-lich festgestellt hat - ein Betrag in Höhe des [X.] noch auf dem Konto vorhanden wäre, ist der auf die Umsatzsteuer entfallende Anteil des [X.] jedoch nicht mehr Teil der Masse. 8 - 6 - [X.]) Die Veräußerung des [X.] unterlag der Umsatzsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Deren Abführung an das Finanzamt kann beliebigen ande-ren Zahlungen des Verwalters ohne Einfluss auf den [X.] nicht gleich-gesetzt werden. Zivilrechtlich gesehen ist die in einer Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG) zwar untrennbarer Bestandteil der vereinbarten und geschuldeten Leistung (vgl. [X.], [X.]. v. 17. März 1988 - [X.], NJW-RR 1988, 1012, 1013). Sie ist jedoch von vornherein zur Weiterleitung an das Finanzamt bestimmt, auch weil der Käufer sie bei [X.] der Voraussetzungen gem. §§ 15, 16 Abs. 2 UStG im Wege des [X.] geltend machen wird. Steuerschuldner (§ 13a Nr. 1 UStG) ist der Unternehmer, hier also die Tochtergesellschaft, deren Unternehmereigenschaft (§ 2 UStG) durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unberührt geblieben ist (vgl. [X.], 1778, 1779; ZIP 2003, 85, 86 f; [X.], [X.] 2008, 59). Gemäß § 34 Abs. 3 [X.] hatte der [X.] die Umsatzsteuer aus dem seiner Verwaltung unterliegenden Vermögen zu entrichten (§§ 35, 80 [X.]). Die Er-satzaussonderung nach § 48 Satz 2 [X.] ändert daran nichts. Insbesondere wird der [X.] durch die [X.] der zur Masse gelangten und dort noch vorhandenen Gegenleistung weder Unterneh-mer in Bezug auf den vorangegangenen steuerbaren Umsatz (§ 2 UStG) noch Steuerschuldner (§ 13a Abs. 1 Nr. 2 UStG). Die Abführung der Umsatzsteuer an das Finanzamt ist ebenso wie die Buchung des Kaufpreises auf dem [X.] als solche erkennbar und bestimmbar und führt dazu, dass der auf die Umsatzsteuer entfallende Teil der Gegenleistung sich nicht mehr unterscheid-bar in der Masse befindet. 9 - 7 - [X.]) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts steht dieses Ergebnis nicht im Widerspruch zur Regelung des § 48 Satz 1 [X.]. Nach § 48 Satz 1 [X.] kann der [X.] zwar dann, wenn die Gegenleistung für die unberechtigte Veräußerung noch aussteht, die Abtretung des Rechts auf die Gegenleistung verlangen. Im vorliegenden Fall wäre dies der Anspruch aus § 433 Abs. 2 BGB gewesen, der auf Zahlung des vereinbarten [X.] gerichtet war. Grundsätzlich steht dem Zessionar im Falle des § 48 Satz 1 [X.] also der [X.] zu. Die Rechtsfolge des Anspruchs aus § 48 Satz 2 [X.] unterscheidet sich jedoch von derjenigen des Anspruchs aus § 48 Satz 1 [X.]. Gemäß § 48 Satz 2 [X.] kann die Gegenleistung nur noch insoweit herausverlangt werden, als sie noch unterscheidbar in der Masse vor-handen ist. Das ist dann, wenn Umsatzsteuer angefallen und an das Finanzamt abgeführt worden ist, nicht der Fall. Weitergehende Ansprüche kann der Kläger allenfalls als Masseforderungen gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 3 [X.] oder aber gemäß § 60 [X.] gegen den [X.]n persönlich geltend machen. 10 2. Ein Anspruch aus § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 55 Abs. 1 Nr. 3 [X.] steht dem Kläger gleichfalls nicht zu. Der [X.] hat zwar als Nichtberechtig-ter eine dem Kläger gegenüber wirksame Verfügung über den [X.] getroffen. Er hat dadurch auch den [X.] erlangt. Die in einer Rech-nung gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer ist untrennbarer Bestandteil der zivilrechtlich geschuldeten Leistung ([X.], [X.]. v. 17. März 1988 - [X.], [X.]O). In Höhe der an das Finanzamt abgeführten Umsatzsteuer kann er sich jedoch auf einen Wegfall der Bereicherung berufen (§ 818 Abs. 3 BGB). Die Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB ist auf den Anspruch aus § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB anwendbar ([X.] 66, 150, 155; [X.], Urt. v. 30. September 1970 - [X.], NJW 1970, 2059). Tatsächlich gezahlte Umsatzsteuer mindert den Bereicherungsanspruch (vgl. [X.] 66, 150, 157; [X.], Urt. v. 30. [X.] - 8 - tember 1970 - [X.], [X.]O S. 2059; Prütting/[X.], [X.] Aufl. § 818 Rn. 25; [X.]/[X.], [X.]. [X.]). 12 3. Die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs aus §§ 990, 989 BGB, § 55 Abs. 1 Nr. 1 [X.] (vgl. zu § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO [X.], Urt. v. 8. Januar 1998 - [X.] ZR 131/97, [X.], 298, 300) oder aus § 823 Abs. 1 BGB, § 55 Abs. 1 Nr. 1 [X.] (vgl. dazu [X.], Urt. v. 17. September 1987 - [X.] ZR 156/86, [X.], 1398, 1400; [X.]/[X.], [X.] § 55 Rn. 11 ff; [X.]/[X.], [X.] 12. Aufl. § 55 Rn. 22) sind in den Tatsacheninstan-zen nicht dargelegt worden. Ansprüche gegen den [X.]n persönlich (vgl. dazu [X.], Urt. v. 1. Dezember 2005 - [X.] ZR 115/01, [X.], 194) sind nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. II[X.] Das angefochtene Urteil kann folglich keinen Bestand haben. Es ist auf-zuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der [X.] eine eige- 13 - 9 - ne Sachentscheidung zu treffen (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Klage auf Herausgabe der auf den Kaufpreis entfallenden Umsatzsteuer ist abzuweisen. [X.] Raebel [X.] [X.] Pape Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 17.01.2006 - 3 O 1024/05 - OLG [X.], Entscheidung vom 09.11.2006 - 1 U 161/06 -

Meta

IX ZR 229/06

08.05.2008

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.05.2008, Az. IX ZR 229/06 (REWIS RS 2008, 4055)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 4055

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.