Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 19.03.2003, Az. 17 U 78/02

17. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 3840

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Tenor

Auf die Berufungen der Beklagten wird das am 02.04.2002 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 12 O 293/01 - unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin als Gesamtschuldner 30.258,62 € nebst 6,2 % Zinsen seit dem 26.02.2000 bis zum 31.12.2000 und 6 % Zinsen seit dem 01.01.2001 zu zahlen.

Der Beklagte zu 1) wird weiter verurteilt, aus der Urteilssumme

14,2 % Zinsen für die Zeit vom 15.07.1998 bis zum 31.12.1998,

6,8 % Zinsen für die Zeit vom 01.01.1999 bis zum 31.12.1999,

6 % Zinsen für die Zeit vom 01.01.2000 bis zum 25.02.2000

an die Klägerin zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits - beider Rechtszüge - tragen die Klägerin zu 1/3 und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 2/3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

G R Ü N D E

  1. Wegen des zur Entscheidung stehenden Sachverhalts und der im ersten Rechtszug gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen das Urteil des Landgerichts, auf das auch im übrigen Bezug genommen wird, richten sich die Berufungen beider Beklagten, die jeweils an ihrem Klageabweisungsantrag festhalten.

Der Beklagte zu 1) macht zur Begründung seines Rechtsmittels geltend, das Landgericht habe die dem Beklagten zu 1) als bauleitenden Architekten obliegenden Pflichten fehlerhaft beurteilt. Der Beklagte zu 2) habe dafür Sorge tragen müssen, dass die Baustelle für den Zeitraum der Arbeitseinstellung abgesichert wurde und eine Entleerung der Wasserleitung erfolgte. Er selbst habe darauf vertrauen dürfen, dass der Beklagte zu 2) eigenverantwortlich und ordnungsgemäß arbeite. Das Landgericht habe ein der Klägerin zuzurechnendes Mitverschulden der Bauherren zu Unrecht verneint. Außerdem habe das Landgericht gegen ihm obliegende Hinweispflichten verstoßen, indem es den Parteien seine Rechtsauffassung nicht mitgeteilt habe.

Der Beklagte zu 2) stützt seine Berufung darauf, dass das Landgericht seinen Sachvortrag nicht hinreichend berücksichtigt und entscheidungserhebliche Beweisanerbieten übergangen habe. Entgegen der Auffassung des Landgerichts komme es für die Entscheidung des Rechtsstreits auf die Frage an, ob eine Dämmung der Kaltwasserleitung und des Spitzbodens erforderlich gewesen sei, denn bei ordnungsgemäßer Dämmung, für die der Beklagte zu 1) habe sorgen müssen, wäre der Frostschaden nicht eingetreten. Das Landgericht sei außerdem zu Unrecht von der ihm obliegenden Pflicht ausgegangen, für die Entleerung der Wasserleitung Sorge zu tragen. Nachdem er seine Arbeiten weitgehend beendet gehabt habe, sei es Sache der Bauherren bzw. des Beklagten zu 1) gewesen, etwa erforderliche Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Nach der bereits im September 1996 durchgeführten Inbetriebnahme und Überprüfung der Heizungsanlage habe er davon ausgehen dürfen, dass die Heizung fortlaufend in Betrieb blieb. Die Bauherren hätten bereits mit dem Einzug begonnen. Er behauptet, das Haus sei mit Rücksicht auf die von ihm noch auszuführenden geringfügigen Restarbeiten bezugsfertig gewesen. Der Beklagte zu 2) meint, besonderer Hinweise und Belehrungen wegen des Frostschutzes habe es gegenüber den Bauherren von seiner Seite nicht bedurft.

Der Beklagte zu 1) beantragt,

die gegen ihn gerichtete Klage unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Der Beklagte zu 2) beantragt,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils nach dem von ihm erstinstanzlich gestellten Schlussantrag zu erkennen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufungen der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung. Sie meint, der Beklagte zu 1) habe Planungs und Bauüberwachungsfehler zu verantworten, da er keine hinreichende Dämmung des Spitzbodens vorgesehen und nicht auf den erforderlichen Frostschutz geachtet habe. Ein Mitverschulden der Bauherren sei nicht gegeben. Der Beklagte zu 2) habe seine Arbeiten bei Eintritt des Schadens noch nicht fertig gestellt gehabt; eine Einweisung der Bauherren in die Benutzung der Warmwasseranlage sei ebenso wenig erfolgt wie eine Inbetriebnahme derselben durch die Bauherren.

Auch die Haftung des Beklagten zu 2) stehe, so meint die Klägerin, nicht durchgreifend in Frage. Sie behauptet, vor dem Schadenseintritt habe lediglich ein Probebetrieb der Heizungsanlage stattgefunden; die Steuerungsgeräte seien noch nicht installiert gewesen. Eine selbständige Inbetriebnahme sei daher für die Bauherren noch nicht möglich gewesen. Es treffe auch nicht zu, dass die Bauherren bereits mit dem Einzug begonnen hätten. Das Objekt sei wegen der noch ausstehenden Arbeiten noch nicht bezugsfertig gewesen. Die Bauherren hätten lediglich eine Einbauküche installieren lassen. Sie hätten nichts von der unterbliebenen Leitungsentleerung gewusst und auch keine Kenntnis davon gehabt, dass die Beklagten ihre Tätigkeit für mehrere Wochen einstellen wollten.

Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

  1. Die Berufungen beider Beklagten führen nur im erkannten Umfang zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Die Haftung der Beklagten für den von der Klägerin ausgeglichenen Frostschaden findet insoweit eine Begrenzung, als den Versicherungsnehmern der Klägerin, den Bauherren G., ein Mitverschulden am Eintritt des Frostschadens im Sinne von § 254 BGB anzulasten ist.

Im Einzelnen gilt Folgendes:

  1. Berufung des Beklagten zu 1) 18
  1. Die Berufung des Beklagten zu 1) ist zulässig, wenngleich die Berufungsbegründung nach den bereits mit Verfügung des Vorsitzenden vom 23.01.2003 erteilten Hinweisen keine geordnete Darstellung der Berufungsgründe im Sinne von §§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Nr. ZPO enthält. In Übereinstimmung mit der Klarstellung im Schriftsatz vom 27.01.2003 kann der fristgerecht eingereichten Berufungsbegründung letztlich ein Berufungsgrund im Sinne von § 513 Nr. 1 2. Halbs. ZPO entnommen werden, soweit geltend gemacht wird, die vom Landgericht festgestellten Tatsachen (vgl. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) müssten zu einer anderen Entscheidung führen. Hierin liegt zulässigkeitsbegründend die Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Mit dieser Zielrichtung greift das Rechtsmittel des Beklagten zu 1) auch teilweise durch.

Soweit seitens des Beklagten zu 1) mit dem bezeichneten Schriftsatz außerdem beanstandet wird, das Landgericht habe verfahrensfehlerhaft gegen ihm obliegende Hinweispflichten verstoßen, ermangelt es einer rechtzeitig erhobenen Rüge, die gemäß § 520 Abs. 3 S. 2 ZPO innerhalb der Begründungsfrist des § 520 Abs. 2 ZPO geltend zu machen gewesen wäre. Dieser Einwand geht aber auch in der Sache fehl.

Soweit der Beklagte zu 1) darüber hinaus mit seiner Berufungsbegründung neue Tatsachen und Beweismittel in den Rechtsstreit hat einführen wollen, können diese nach Hinweiserteilung auf die vorliegend nicht erfüllten Voraussetzungen der §§ 520 Abs. 2 Nr. 3 und 4 in Verbindung mit 529 Abs. 2, 531 Abs. 2 ZPO nicht berücksichtigt werden.

  1. Der Beklagte zu 1) beruft sich mit Recht darauf, dass der gesetzliche Forderungsübergang im Rahmen des § 67 Abs. 1 VVG sich um einen den Bauherren zuzurechnenden Mitverschuldensanteil reduzieren müsse. Soweit der Beklagte zu 1) seine Einstandspflicht darüber hinaus insgesamt in Frage stellen will, kann seinem Rechtsmittel kein Erfolg beschieden sein.
  1. Ein Pflichtverstoß ist dem Beklagten zu 1) unabhängig von dem Umstand anzulasten, dass der Beklagte zu 2) neben der Durchführung der Installationsarbeiten auch die technische Planung für diese Arbeiten übernommen hatte. Dies enthob den Beklagten zu 1) nicht von der Pflicht, die von dem Beklagten zu 2) zu erbringenden Leistungen darauf hin zu überwachen und zu kontrollieren, ob diese sich in das gesamte bauliche Konzept einfügten und nicht mit Risiken und Mängeln behaftet waren. Insoweit beschränkte sich der hier einschlägige Pflichtenkreis des Beklagten zu 1) nicht auf die Bauüberwachung im Sinne von Leistungsphase 8) zu § 15 Abs. 2 HOAI, sondern erstreckte sich auch auf weitere Planungs, Abstimmungs und Kontrollaufgaben. Dies beginnt im Rahmen der Grundlagenermittlung (gemäß Leistungsphase 1 zu § 15 Abs. 2 HOAI), zu der u.a. die "Auswahl anderer an der Planung fachlich Beteiligter" gehört, und reicht weiter über die Pflicht, im Bereich von Leistungsphase 2) und 3) die "Leistungen anderer an der Planung fachlich Beteiligter zu integrieren" und alle Planungsergebnisse "zusammenzustellen" und "zusammenzufassen" bis hin zu der Verpflichtung, im Zuge der Leistungsphasen 5) und 6) die technischen Vorgaben unter "Verwendung" der Planung anderer Beteiligter "durchzuarbeiten", die "Grundlagen" für die anderen Beteiligten zu "erarbeiten", deren "Beiträge zu integrieren" sowie letztlich die "Leistungsbeschreibungen" anderer Planungsbeteiligter "abzustimmen und zu koordinieren". Dazu tritt nach Leistungsphase 8) die Pflicht, "die Ausführung des Objekts" auf Übereinstimmung mit den zu beachtenden Vorgaben zu "überwachen" und in Bezug auf andere fachlich Beteiligte zu "koordinieren". Der Einheits-Architektenvertrag zwischen den Bauherren und dem Beklagten zu 1) vom 29.12.1994 (Bl. 113 ff. d.A.) enthält gegenüber dem aufgezeigten Pflichtenkreis auch keine einschränkenden Bestimmungen, sondern verweist (in Ziff. 2) seinerseits auf die vertragsgemäß zu erledigenden Leistungsphasen im Sinne von § 15 Abs. 2 HOAI.

Mit der Beauftragung eines Architekten räumt der Auftraggeber diesem auch im Rahmen der vorstehend umrissenen Aufgaben eine ganz zentrale Stellung bei der Planung und Durchführung eines Bauwerks ein. Nach der Rechtsprechung des BGH ist der Architekt deshalb maßgeblicher Sachwalter des Bestellers, der übergreifende Aufgaben bei der gesamten Koordinierung, Überwachung und Betreuung des Bauvorhabens wahrzunehmen hat, und zwar selbst unabhängig davon, ob er mit allen Leistungen, die zur Herstellung eines Bauwerks notwendig sind, befasst wurde (vgl. BGH BauR 1996, 418; BGH BauR 2002, 108 = MDR 2002, 86 ). Eine Beschränkung allein auf die Überwachung solcher Arbeiten, die der originären Planungstätigkeit des Architekten unterliegen, enthalten die Regelungen der HOAI damit entgegen der Zielrichtung der Rechtsverteidigung des Beklagten zu 1) nicht. Zwar ist ein Architekt nicht uneingeschränkt zur Kontrolle auch solcher Leistungen verpflichtet, die seinem Wissens und Erfahrungsstand schlechthin entzogen sind (vgl. Locher/Köble/Frik, HOAI, 8. Aufl., § 15 Rz. 31  m.w.N.-). Dass zur sachgerechten Überprüfung der vom Beklagten zu 2) erbrachten Leistungen etwa spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten unabdingbar waren, die sich dem Kenntnis und Erfahrungsbereich eines Architekten schlechthin entzogen, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Heizungs- und Installationsarbeiten in einem Wohnhaus, wie sie hier zur Planung und Durchführung anstanden, betreffen ganz alltägliche Baumaßnahmen, die nicht außerhalb des bautechnischen und –planerischen Standards anzusiedeln sind. Dasselbe gilt für Fragen des in diesem Bereich zu gewährleistenden Frostschutzes.

  1. Gegen die ihm obliegenden Überwachungs und Koordinierungspflichten hat der Beklagte zu 1) verstoßen, indem er die Leistungen des Beklagten zu 2) nicht auf die frostschutzgerechte Ausführung hin überprüfte und auch gegenüber den Bauherren nicht auf Schutzvorkehrungen hinwirkte. Insoweit folgt der Senat den Haftungsgrundsätzen, die das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg (NJW-RR 2001, 1534) im Zusammenhang mit einer vergleichbaren Konstellation zugrunde gelegt hat. Danach hätte sich dem Beklagten zu1) im Rahmen der Baukoordinierung und Überwachung die Notwendigkeit von Frostschutzmaßnahmen aufdrängen müssen. Er hätte gegenüber dem Beklagten zu 2) bzw. gegenüber den Bauherren auf Abhilfe hinwirken müssen. Nach dem unstreitigen Sachzusammenhang hat der Beklagte zu 1) an die Möglichkeit von Frostschäden ersichtlich nicht gedacht und keine einschlägige Kontroll, Hinweis- und Beratungstätigkeit entfaltet.
  1. Eine Intervention des Beklagten zu 1) war auch nicht unter dem Gesichtspunkt entbehrlich, dass es sich um einfache, gängige Arbeiten gehandelt hätte, von denen er annehmen durfte, dass sie auch ohne seine Kontrolle und Überwachung ordnungsgemäß erledigt würden. Zwar entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass der Architekt nicht ständig auf der Baustelle zugegen sein muss, um sämtliche Bauarbeiten im Einzelnen zu kontrollieren. Einfachen Arbeiten, bei deren Ausführung besondere Gefährdungen nicht zu erwarten sind, braucht der Architekt keine erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken (vgl. BGH BauR 1971, 131; BGH VersR 1969, 473; OLG München NJW-RR 1988, 336; OLG Hamm NJW-RR 1990, 158). Anders liegt es jedoch bei Bauleistungen, die besondere Gefahrenquellen in sich bergen und damit das Augenmerk des Architekten erfordern (vgl. BGH BauR 1974, 66; BGH BauR 1970, 62, BGH 1973, 255; BGH BauR 1976, 66; BGH NJW 1994, 1276; OLG BauR 1995, 269; OLG Celle OLGR 1995, 170).

Nach der Lebenserfahrung und der Verkehrsanschauung liegt es auf der Hand, dass ein noch nicht fertig gestelltes Bauobjekt mit wasserführenden Leitungen bei starken Frostperioden ganz erheblich gefährdet ist, wenn die kontinuierliche Beheizung des Objekts noch nicht gewährleistet ist oder wasserführende Leitungen während dieser Zeit nicht entleert werden (vgl. Hanseatisches OLG Hamburg a.a.O.). Dementsprechend sind in der Rechtsprechung bei starkem Frost Heizungskontrollen selbst im Abstand von zwei Tagen nicht als ausreichend erachtet worden (vgl. OLG Hamm VersR 1999, 1145), um den Vorwurf zumindest grob fahrlässigen Verhaltens auszuräumen. Die Gefahr von Rohrbrüchen bei strengem und länger andauernden Frost ist so nahe liegend und akut, dass sie sich jedermann und speziell einem Baufachmann aufdrängen muss (Hanseatisches OLG a.a.O.). Selbst mit Rücksicht auf das nachträgliche Vorbringen seitens des Beklagten zu 1) im Schriftsatz vom 24.6.2002 ergibt sich hier kein Anhaltspunkt dafür, dass der Beklagte zu 1) die Bauherren bzw. den Beklagten zu 2) auf die Erforderlichkeit von Schutzvorkehrungen hingewiesen hätte. Eine Intervention seitens des Beklagten zu 1) wäre selbst dann nicht entbehrlich gewesen, soweit die Bauherren von dem Beklagten zu 2) in die Benutzung der Anlage eingewiesen worden waren, denn die allgemeine Bedienung einer Heizungs und Warmwasseranlage steht mit der Abwendung von Frostschäden der hier in Rede stehenden Art nicht in unmittelbarem Zusammenhang. Der Beklagte zu 1) behauptet denn auch nicht, dass die Bauherren vom Beklagten zu 2) konkret auf diejenigen Risiken hingewiesen wurden, die sich später verwirklichten.

  1. Der Beklagte zu 1) macht jedoch mit Erfolg geltend, dass auch die Bauherren verpflichtet waren, drohenden Frostschäden vorzubeugen. Den Bauherren ist gemäß § 254 BGB ein Mitverschulden zuzurechnen, das den Forderungsübergang im Rahmen des § 67 Abs. 1 VVG zu Lasten der Klägerin begrenzt. Die abweichende Beurteilung durch das Landgericht vermag nicht zu überzeugen.

Die Bauherren haben nach dem unstreitigen Sachverhalt gegen eigene Obliegenheiten bei der Abwendung und Minderung von Schäden im Sinne von §§ 61, 62 VVG verstoßen. Der Senat geht (mit dem Hanseatischen OLG, vgl. a.a.O. mit dem Hinweis auf § 11 Ziff. 1 d VGB) davon aus, dass ein Versicherungsnehmer zur Abwehr akuter Gefahren beizutragen hat und in der kalten Jahreszeit Gebäude und Gebäudeteile beheizen und hinreichend kontrollieren muss. Frostgefährdete wasserführende Anlagen und Einrichtungen sind abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten. Bei Temperaturen, die auch tagsüber um oder unter 0 Grad liegen, müssen erforderliche Kontrollen und Vorkehrungen verschärft werden (vgl. Hanseatisches OLG Hamburg a.a.O. – m.w.N. -; zu entsprechenden Obliegenheiten anderer Nutzer wie Mieter und Pächter vgl. etwa OLG Düsseldorf OLGR 2001, 177; Amtsgericht Hersbruck WuM 1986, 307 –m.w.N.).

Die Gefahr von Rohrbrüchen bei besonders strengem und lang anhaltendem Frost musste sich selbst aus laienhafter Sicht als ganz nahe liegend aufdrängen. Unstreitig wussten die Eheleute G., dass die Heizungsanlage bereits – zumindest probehalber  in Betrieb genommen worden war, was zwangsläufig auch das Risiko indizierte, dass die Leitungen noch Wasser führten und einfrieren konnten. Den Bauherren konnte auch nicht verborgen bleiben, dass die Baustelle während der strengen Frostperiode über einen längeren Zeitraum hinweg unbeaufsichtigt war. Dass sie jemals an einen der Beklagten herangetreten wären, um sich einschlägiger Frostschutzmaßnahmen zu versichern, ist ebenso wenig dargetan wie eine sonstige Kontrolle des Objekts.

Der Annahme eines Mitverschuldens steht entgegen der im angefochtenen Urteil vertretenen und von der Klägerin geteilten Auffassung nicht der Umstand entgegen, dass die vom Beklagten zu 2) durchgeführten Arbeiten unstreitig erst am 25.1.1997 abgenommen wurden. Daraus ergibt sich keine Entlastung der Bauherren von der Erfüllung eigener Obliegenheiten ergeben. Der durch die Abnahme im Sinne von § 640 BGB bzw. § 12 Nr. 6 VOB/B bewirkte Gefahrübergang betrifft den Gefahrenübergang hinsichtlich der Vergütung, d.h. die Problematik, wer bei einer Beschädigung oder Zerstörung bereits fertig gestellter Leistungsteile (am Gewerk des betreffenden Handwerkers) das Risiko einer Neuherstellung zu tragen hat (vgl. nur Ingenstau/Korbion, VOB/B, 14. Aufl., § 7 Rz. 3  m.w.N. -), und nicht die hier einschlägige Schadensabwicklung bei übergreifenden Schäden an solchen Bauteile, die mit den Arbeiten des betroffenen Handwerkers gerade nicht unmittelbar in Zusammenhang stehen.

  1. Berufung des Beklagten zu 2)
  2. Auch die Berufung des Beklagten zu 2) ist zulässig. Mit der Berufungsbegründung sind Umstände aufgezeigt worden, aus denen sich eine Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben soll (§§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO), indem geltend gemacht worden ist, sein Sachvortrag sei nicht hinreichend berücksichtigt und entscheidungserhebliche Beweisanerbieten seien übergangen worden. Aus einer solchen Rüge können sich Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit von verfahrensfehlerhaft getroffenen Tatsachenfeststellungen und die Notwendigkeit neuer Feststellungen ergeben (§§ 520 Abs. 3 Nr. 3, 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
  1. In der Sache greifen auch die Einwendungen des Beklagten zu 2) nur hinsichtlich des den Bauherrn anzulastenden Mitverschuldensanteils durch. Im übrigen hat sich der Beklagte zu 2) ebenfalls schadensersatzpflichtig gemacht.

Der Ersatzanspruch rechtfertigt sich gemäß § 13 Nr. 7 Abs. 1 VOB/B daraus, dass der Beklagte zu 2) eine frostgefährdete und damit mangelhafte Heizungsanlage konzipierte und installierte. Die Geltung der VOB/B ergibt sich aus dem Bauvertrag vom 02.05.1996 (Bl. 96 ff. d.A.), der die Einbeziehung in Ziff. 3 ausdrücklich und in Ansehung des Umstands, dass auf Bauherrenseite der Beklagte zu 1) als Baufachmann auftrat, auch bedenkenfrei wirksam regelt.

Unstreitig oblag dem Beklagten zu 2) die Planung und Ausführung der Heizungs- und Sanitärinstallation. Diese Anlage kam in dem nicht hinreichend geschützten Dachbereich frostbedingt zu Schaden. Baulich technische Vorkehrungen für die Vermeidung von Frostschäden sind vom Beklagten zu 2) für den fraglichen Bereich unstreitig nicht vorgesehen und praktisch umgesetzt worden. Außerdem hat er es verabsäumt, die Bauherren gemäß § 4 Nr. 3 VOB/B schriftlich auf zu erwartende Gefahren hinzuweisen.

  1. Demgegenüber macht der Beklagte zu 2) ohne Erfolg geltend, das Landgericht habe entsprechend seinem Sachvortrag davon auszugehen gehabt, dass eine – allein vom Beklagten zu 1) zu gewährleistende  Dämmung des Spitzbodens den Schaden vermieden hätte. Dieses Vorbringen steht in offenem Widerspruch zu den allgemein bekannten – und dem Senat schon in anderen Verfahren uneingeschränkt bestätigten  physikalischen Grundlagen, wonach eine bloße Dämmung das Einfrieren von Wasserleitungen schlechterdings nicht verhindern kann, wenn es – wie hier – über längere Zeit hinweg zu anhaltend starkem Frost kommt. Dämmstoffe können lediglich kurzfristig als Puffer für Temperaturschwankungen dienen, ohne dass damit ein aktiver Frostschutz einherginge. Ein solcher Schutz kann bei dauerhaften Frosttemperaturen ausschließlich durch eine Beheizung von frostgefährdeten Teilen bewerkstelligt werden. Der Beklagte zu 2) hat in beiden Rechtszügen keinerlei Anknüpfungstatsachen dafür dargetan, dass im gegebenen Fall von einer – ggf. durch einen Sachverständigen näher zu untersuchenden – Konstellation auszugehen wäre, bei welcher eine Dämmung möglicherweise noch ausgereicht hätte, den Schaden zu verhindern. Vielmehr ist unstreitig, dass es zu einer lang anhaltenden Periode besonders strengen Frosts kam, bei der ein Einfamilienhaus ohne weiteres in allen Bauteilen bis zum Frostniveau hin auskühlen kann.

Selbst wenn zu unterstellen wäre, dass der Beklagte zu 1) es aus seinem Aufgabenbereich heraus verabsäumt hätte, eine Dämmung des Dachbereichs vorzusehen und eine solche Dämmung den Frostschaden hätte vermindern können, hätte der Beklagte zu 2) gemäß §§ 3 Nr. 3, 4 Nr. 3 VOB/B auf bestehende bauliche bzw. planerische Defizite und Risiken hinweisen müssen. Dass sich dem Beklagten zu 2) als Fachhandwerker die Frostgefährdung im ungeschützten Dachbereich als schadensträchtig erschließen musste, hat nach den unstreitigen Gegebenheiten als indiziert zu gelten, zumal der Beklagte zu 2) nicht nur bauausführendes Organ, sondern auch in die Planung der Anlage einbezogen war.

  1. Ohne Erfolg bleibt die Berufung des Beklagten zu 2) auch, soweit er den vom Landgericht angenommenen Verstoß gegen ihm obliegende Hinweis und Beratungspflichten in Bezug auf die jedenfalls erforderliche Entleerung der Wasserleitung in Abrede stellen will. Der Beklagte zu 2) hat es unstreitig verabsäumt, auf Gefahren hinzuweisen, die nach den bereits behandelten Gegebenheiten bei starkem Frostwetter zu erwarten waren. Nach § 4 Nr. 3 VOB/B hat der Auftragnehmer gebotene Hinweise schriftlich zu erteilen. Das ist unstreitig nicht geschehen. Auch im Übrigen hat der Beklagte zu 2) nicht dargetan, dass er die Bauherren oder den Architekten – ggf. mündlich  auf bestimmte zu erwartende Gefahren hingewiesen hätte. Die bloße Einweisung in die Benutzung der Heizungsanlage hatte – wie bereits aufzuzeigen war  mit der Abwehr des sich hier auswirkenden Gefahrenpotentials nichts zu tun. Bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt hätte es dem Beklagten oder seinen Erfüllungsgehilfen (vgl. § 278 BGB) aber ohne weiteres sich aufdrängen müssen, dass bei Frostwetter die akute Gefahr eines Leitungsbruches entstehen konnte.

Schon nach seinem eigenen Vortrag konnte der Beklagte zu 2) auch nicht damit rechnen, dass die Gefahrensituation sich deshalb nicht verwirklichen werde, weil das Haus ständig bewohnt und beheizt sei und von daher auch nicht für längere Zeit mit einem Stillstand des in den Leitungen befindlichen Wassers gerechnet werden musste. Insoweit kann dahinstehen, ob das Einfrieren der betreffenden Wasserleitung bei dem mit üblicher Benutzung einhergehenden Wasserdurchfluss vermieden worden wäre. Selbst nach dem Vorbringen des Beklagten zu 2) konnte gerade nicht davon ausgegangen werden, dass das Haus kontinuierlich beheizt und die Wasserleitungen in dem für Wohnzwecke üblichem Umfang betätigt wurden. Der Schadenseintritt indiziert schon für sich, dass dem nicht so war. Der Beklagte zu 2) hat hierzu auch nur vorgetragen, dass die Bauherren "mit dem Einzug begonnen" hätten. Die eigenen Installationen hat der Beklagte zu 2) nur als "im Wesentlichen fertig gestellt" beschrieben. Vor diesem Hintergrund entbehrte die Annahme, dass das Haus kontinuierlich zu Wohnzwecken genutzt werde, einer hinreichenden Grundlage.

Der Verstoß gegen die dem Beklagten zu 2) obliegenden Prüfungs- und Hinweispflichten war für den eingetretenen Schaden auch ursächlich. Dass die Bauherren oder der Beklagte zu 1) bereits positive Kenntnis von den drohenden Gefahren und von möglichen Abhilfemaßnahmen gehabt hätten und dass eigene Hinweise und Interventionen des Beklagten zu 2) von daher entbehrlich gewesen sein könnten, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.

  1. Aus denselben Gründen, wie sie bereits beim Beklagten zu 1) behandelt worden sind, ist den Bauherren auch gegenüber dem Beklagten zu 2) ein Mitverschulden anzulasten.

C. Haftungsverteilung

Für den eingetretenen Schaden, dessen Höhe nicht im Streit steht, haften beide Beklagten zu 2/3 als Gesamtschuldner. Das den Bauherren zuzuweisende Mitverschulden ist nach § 254 BGB mit dem restlichen Drittel zu veranschlagen.

  1. Entgegen dem Vorbringen des Beklagten zu 1) im Schriftsatz vom 27.01.2003 ist der Rechtsstreit insgesamt entscheidungsreif. Soweit der Beklagte zu 1) geltend macht, das Landgericht habe nach § 139 ZPO gebotene Hinweise nicht erteilt, weshalb die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht veranlasst sei, fehlt es schon an einem innerhalb der Berufungsbegründungsfrist geltend gemachten Berufungsgrund. Die Berufungsgründe im Sinne von § 520 Abs. 3 ZPO müssen nach der bezeichneten Vorschrift in der fristgebundenen Berufungsbegründung "enthalten" sein. Überdies fehlt es im Ansatz an der Darlegung, welchen Hinweis das Landgericht konkret verabsäumt haben und inwieweit dies sich auf den eigenen Sachvortrag ausgewirkt haben könnte. Die zur Entscheidung stehende Haftungsproblematik stellt sich im zweiten Rechtszug nicht anders als in erster Instanz dar. Letztlich ist nicht spezifiziert worden, welche Umstände im Einzelnen der Entscheidungsreife noch entgegenstehen sollen.
  1. Die vom Senat zugrunde gelegte Haftungsquote trägt (anders als bei der vom Hanseatischen Oberlandesgericht  a.a.O.  entschiedenen Fallgestaltung) dem Umstand Rechnung, dass den Bauherren vorliegend nur ein geringeres Mitverschulden angelastet werden kann. Die Pflichten und Obliegenheiten, die ein Hauseigentümer zu beachten hat, der sein Objekt bereits ständig bewohnt, sind höher anzusiedeln sein als beim Bauherrn eines noch herzustellenden Objekts. Bei einem noch nicht fertig gestellten Bau kann der Bauherr eher darauf vertrauen, dass sein Architekt und seine Handwerker sich fachgerecht um die Sicherung der Baustelle kümmern. Der Bauherr kann auch nicht stets in allen Einzelheiten überblicken, in welchem Stand sich die Arbeiten befinden. Wenngleich einem Bauherren ohne weiteres abzuverlangen ist, dass er sich an Ort und Stelle und ggf. zusätzlich im Benehmen mit seinen Handwerkern und seinem Architekten vergewissert, dass dem Bau keine aus laienhafter Sicht nahe liegenden Gefahren drohen, steht er dem Geschehen an einer Baustelle nicht so nahe wie der ständige Bewohner eines Gebäudes.
  1. Im Übrigen haften die Beklagten gemäß § 421 BGB als Gesamtschuldner. Wenn gleich Architekt und Werkunternehmer für die Errichtung eines Bauobjekts nicht als Gesamtschuldner einzustehen haben, ist anerkannt, dass sie für gemeinsam zu verantwortende Schäden und Mängel gesamtschuldnerisch haften (vgl. Palandt/Heinrichs a.a.O. § 421 Rz. 5 –m.w.N.). Die Frage, wie sich der interne Gesamtschuldnerausgleich nach § 426 BGB gestaltet, bedarf hier keiner Behandlung.
  1. Hinsichtlich des Zinsanspruchs betreffend den zuzuerkennenden Klagebetrag verbleibt es bei der vom Landgericht zugrunde gelegten und mit den Berufungen nicht angegriffenen Maßgabe.
  1. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

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17 U 78/02

19.03.2003

Oberlandesgericht Köln 17. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: U

Zitier­vorschlag: Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 19.03.2003, Az. 17 U 78/02 (REWIS RS 2003, 3840)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 3840

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